Online-Nachricht - Donnerstag, 21.11.2024

Kindergeld | Vereinbarkeit des § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG mit höherrangigem Recht (BFH)

Die Regelung des § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG, dass die Auszahlung von festgesetztem Kindergeld rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats erfolgt, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist, ist sowohl verfassungsgemäß als auch unionsrechtskonform. Auch für inländische Saisonarbeitnehmer gilt die Rechtsprechung des "Chief Appeals Officer u.a.", dass ein im Heimatland (z.B. gleich nach der Geburt des Kindes) gestellter Kindergeldantrag nur dann als ein auch für die inländische Familienkasse relevanter Antrag zu verstehen ist, wenn die antragstellende Person ihr Recht auf Freizügigkeit im Zeitpunkt ihres im Heimatland gestellten Antrags bereits ausgeübt hat (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Klägerin ist rumänische Staatsangehörige und war im Streitzeitraum Juni 2017 bis August 2017, Juni 2018 bis August 2018 und April 2019 als Saisonarbeitnehmerin in Deutschland be-schäftigt. Streitig ist das Kindergeld für ihre im Februar 2013 und Mai 2015 geborenen Kinder C und D, die in Rumänien lebten.

Auf Antrag der Klägerin v. - eingegangen am selben Tag - setzte die Familienkasse mit Bescheid v. Differenzkindergeld für die Monate Juni 2017 bis August 2017, Juni 2018 bis August 2018 und April 2019 bis Oktober 2019 zu Gunsten der Klägerin fest. Eine Nachzahlung von Kindergeld ergebe sich auf Grund der gesetzlichen Änderung in § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG allerdings erst ab Mai 2019 (rückwirkend für die letzten sechs Kalendermonate vor dem Eingang des Antrags bei der Familienkasse am ). Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg (Vorinstanz: ).

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Auszahlung des für den Streitzeitraum festgesetzten Kindergelds hatte.

  • Nach dieser vom Senat bereits als verfassungsgemäß angesehenen Norm (vgl. , BStBl II 2023, 249 und v. - III R 27/22) erfolgt die Auszahlung von festgesetztem Kindergeld rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kindergeld bei der Familienkasse eingegangen ist.

  • Im Gegensatz zur vorherigen Vorschrift des § 66 Abs. 3 EStG i.d.F. des Steuerumgehungsbekämpfungsgesetzes v. , BStBl I 2017, 865) - EStG a.F. - betrifft § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht mehr das Festsetzungsverfahren, sondern das Erhebungsverfahren. § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG normiert ein spezialgesetzliches Auszahlungshindernis (, BStBl II 2023, 249, Rz 20).

  • Gegen diese Auslegung des § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG bestehen keine unionsrechtlichen Bedenken. Dies folgt insbesondere aus dem "Chief Appeals Officer u.a." sowie aus dem Senatsurteil v. - III R 31/23).

  • Die Rechtsprechung des EuGH ( "Chief Appeals Officer u.a."), dass ein im Heimatland (z.B. gleich nach der Geburt des Kindes) gestellter Kindergeldantrag nur dann als ein auch für die inländische Familienkasse relevanter Antrag zu verstehen ist, wenn die antragstellende Person ihr Recht auf Freizügigkeit im Zeitpunkt ihres im Heimatland gestellten Antrags bereits ausgeübt hat, gilt auch für inländische Saisonarbeitnehmer.

  • Im Übrigen begegnet § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG keinen unionsrechtlichen Zweifeln. Insbesondere liegt keine Verletzung des Diskriminierungsverbots oder des Äquivalenzprinzips vor.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
HAAAJ-79451