BGH Urteil v. - 4 StR 354/23

Gesetze: § 244 Abs 1 Nr 1 Buchst a StGB

Instanzenzug: LG Neuruppin Az: 11 KLs 17/22

Gründe

1Das Landgericht hat die Angeklagten wegen „Diebstahls im besonders schweren Fall“ in Tateinheit mit vorsätzlichem Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und gemeinschädlicher Sachbeschädigung sowie wegen vorsätzlichen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr, tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und unerlaubtem Entfernen vom Unfallort, den Angeklagten M.       überdies in weiterer Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung, jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es die Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt und den Vorwegvollzug eines Teils der Freiheitsstrafe angeordnet sowie gegen beide Angeklagten eine isolierte Fahrerlaubnissperre verhängt. Hiergegen richten sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten. Die vom Generalbundesanwalt teilweise vertretene Revision der Staatsanwaltschaft erstrebt die Verurteilung der Angeklagten wegen schwerer wiegender und weiterer tateinheitlich begangener Delikte. Der Angeklagte B.            wendet sich insbesondere gegen die Annahme einer konkreten Gefährdung im Zusammenhang mit seiner Verurteilung auch wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr.

2Die Rechtsmittel haben den aus der Urteilsformel ersichtlichen überwiegenden Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen sind sie unbegründet.

I.

31. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

4a) Die Angeklagten, die seit Jahren befreundet und gemeinsam in einem Munitionsbergungsunternehmen tätig sind, kamen in der Nacht vom 4. auf den überein, einen Fahrkartenautomaten an einem Bahnhof mit Hilfe von Feuerwerkskörpern aufzusprengen, das Automatengehäuse erforderlichenfalls mit einer mitgeführten Brechstange aufzustemmen und das darin vorgehaltene Bargeld zu entwenden. Als geeignetes Ziel fassten sie den Fahrkartenautomaten an dem rund 30 Kilometer entfernt gelegenen Bahnhof Ba.               ins Auge. In Ausführung dieses Tatplans fuhren die Angeklagten gegen ein Uhr morgens mit einem Kraftfahrzeug, welches der Angeklagte M.          , der ‒ wie beide wussten ‒ nicht über die hierfür erforderliche Fahrerlaubnis verfügte, steuerte, dorthin. Dabei führten sie neben einer rund 90 Zentimeter langen Brechstange einen Vorrat an „Böllern/Feuerwerkskörpern“ mit, die der Angeklagte M.        zu einem unbekannten Zeitpunkt aus Polen importiert hatte; unter ihnen befanden sich auch Feuerwerkskörper mit „Pulvermengen“ von jeweils mehr als 100 Gramm, die geeignet waren, eine echte Sprengwirkung zu erzielen.

5Am Bahnhof in Ba.               angelangt brachten die Angeklagten gegen 1.50 Uhr mindestens einen Feuerwerkskörper mit einer „Explosivmasse von mehr als 100 g“ im Ausgabefach des Fahrkartenautomaten zur Explosion, wodurch dieser weitgehend zerstört wurde; jedoch hielt der Schlossmechanismus dem Explosionsdruck stand, so dass die Angeklagten den Automaten mit der mitgeführten Brechstange aufhebelten. Es gelang ihnen nicht, die darin befindlichen Kassetten mit Münzgeld und Banknoten an sich zu bringen, weshalb sie sich darauf beschränkten, Scheine und Münzen im Gesamtwert von 2.440,40 € zu entnehmen, die sie in eine mitgeführte Tasche packten. Kurz vor zwei Uhr morgens begaben sich die Angeklagten mit ihrer Tatbeute zurück zum Pkw des Angeklagten M.         und fuhren davon. Am Fahrkartenautomaten der            GmbH und dem Betonsockel entstand ein Sachschaden in Höhe von insgesamt 20.532 € (Fall II. 1. der Urteilsgründe).

6b) Nunmehr entschlossen sich die Angeklagten spontan, einen weiteren Fahrkartenautomaten aufzusprengen. Hierzu steuerten sie den nächsten, rund 15 km entfernt gelegenen Bahnhof in G.        an, welchen sie gegen 2.30 Uhr erreichten. Dort waren infolge inzwischen eingeleiteter Fahndungsmaßnahmen zwei Streifenwagen mit insgesamt vier Polizeibeamten postiert. Die Angeklagten nahmen die Streifenwagen wahr und zogen hieraus den zutreffenden Schluss, dass ihre Tat in Ba.              entdeckt worden war, ihre Anwesenheit an dem menschenleeren Bahnhof deutlich außerhalb der Verkehrszeit dort haltender Züge verdächtig erscheinen würde und eine Fahrzeug- und Personenkontrolle bevorstand, bei der sie wahrscheinlich als Täter entlarvt werden würden. Sie entschlossen sich, ihren Plan der Automatensprengung aufzugeben und sich der drohenden Festnahme durch Flucht zu entziehen.

7In Umsetzung dieses Tatentschlusses fuhr der Angeklagte M.         zunächst mit noch mäßiger Geschwindigkeit an den beiden Streifenwagen vorbei, beschleunigte sodann stark und fuhr mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit auf der B 107 in Richtung H.          davon. Die Polizeibeamten nahmen unter Blaulichteinsatz die Verfolgung auf. Obwohl der Angeklagte M.       die über mehrere Kilometer gerade verlaufende Bundesstraße mit weit überhöhter Geschwindigkeit von bis zu 180 km/h befuhr, gelang es ihm zunächst nicht, den Beamten zu entkommen. Daher entschlossen sie sich, die noch im Fahrzeug befindlichen „schweren Böller/Sprengkörper“ zum Einsatz zu bringen, um die Beamten zu einer Aufgabe der Verfolgung zu bewegen. Während der Angeklagte M.       weiter den Pkw steuerte, zündete der Angeklagte B.             nacheinander zwei Feuerwerkskörper mit einer „Explosivmasse von etwa 140 g“ und warf sie jeweils aus dem linken hinteren Fahrzeugfenster auf die Fahrbahn. Dabei war den Angeklagten bewusst, dass sie weder sicher einschätzen noch beeinflussen konnten, wann und wo genau es letztlich zur Explosion der Sprengköper kommen würde. Den Angeklagten war zwar klar, dass eine Explosion in unmittelbarer Nähe eines der Polizeifahrzeuge angesichts der großen Sprengkraft der verwendeten Feuerwerkskörper erheblichen Sachschaden anrichten oder zu einem Verkehrsunfall führen könnte; sie „erwarteten oder hofften“ aber, dass die Polizeibeamten diese Gefahr erkennen und die Verfolgung aufgeben oder sich zumindest deutlich weiter zurückfallen lassen würden. Keine der beiden Explosionen erfolgte in so großer Nähe zu einem der Polizeifahrzeuge, dass daran ein Schaden entstanden wäre. Der erste Feuerwerkskörper explodierte erst, nachdem beide Streifenwagen die Stelle bereits „deutlich passiert“ hatten. Der zweite Feuerwerkskörper explodierte am linken Fahrbahnrand, nachdem ihn das erste Einsatzfahrzeug schon passiert hatte und das zweite Fahrzeug noch etwa 40 bis 60 Meter entfernt war. Ihr Ziel, die Polizeibeamten zu einer Aufgabe der Verfolgung zu bewegen, erreichten die Angeklagten nicht; beide Streifenwagen setzten die Verfolgung vielmehr fort. Die Angeklagten erkannten die Fruchtlosigkeit der Böllerwürfe und nahmen davon Abstand.

8Der Angeklagte M.        unternahm sein Möglichstes, um die Verfolger doch noch „abzuschütteln“. Dazu setzte er die Fahrt mit höchstmöglicher Geschwindigkeit bis zur nächsten Ortschaft fort. Dort versuchte er durch wiederholtes plötzliches Abbiegen in Nebenstraßen den Sichtkontakt zu seinen Verfolgern abreißen zu lassen. Anschließend verließ er die Ortschaft auf einer Landstraße, die er wiederum mit höchstmöglicher Geschwindigkeit befuhr. Währenddessen kletterte der Angeklagte B.          in den Laderaum des Fahrzeugs und löste die Steckverbindungen der Rücklichter, um die Verfolgung zu erschweren. Die Polizeibeamten verloren nach einigen Kilometern tatsächlich den Sichtkontakt zum Fahrzeug der Angeklagten. Dennoch brachen sie die Verfolgung nicht ab. Auch die Angeklagten rechneten nicht mit einer Aufgabe der Verfolgung. Dementsprechend setzte der Angeklagte M.        die Fahrt weiterhin mit sehr hoher Geschwindigkeit fort. Dabei streifte er in einer Ortschaft ein ordnungsgemäß am rechten Fahrbahnrand parkendes Fahrzeug, das hierdurch beschädigt wurde. Er nahm den Unfall wahr, setzte die Fahrt aber gleichwohl fort, ohne Feststellungen zu seiner Unfallbeteiligung zu ermöglichen. Ob auch der Angeklagte B.            die Kollision wahrgenommen hatte, war nicht festzustellen.

9Schließlich erfasste ein inzwischen eingesetzter Polizeihubschrauber das Fluchtfahrzeug mit einer Wärmebildkamera und koordinierte die verfolgenden Einsatzfahrzeuge der Polizei am Boden, um den Angeklagten etwaige Fluchtwege abzuschneiden. Im Zuge dieser Verfolgungssituation steuerte der Angeklagte M.       , per Handy-Navigation durch den Angeklagten B.         unterstützt, den Pkw einen Feldweg entlang, auf dem ihnen ein Einsatzfahrzeug der Bundespolizei entgegenkam. Dieses wurde schräg zur Fahrtrichtung abgestellt, um den Pkw der Angeklagten zum Anhalten zu zwingen. Die Angeklagten wollten die Flucht dennoch nicht aufgeben. Daher beschleunigte der Angeklagte M.         sein Fahrzeug auf eine Geschwindigkeit von etwa 80 km/h und versuchte im Einvernehmen mit dem Angeklagten B.        , das Fluchtfahrzeug in Fahrtrichtung rechts an dem Einsatzfahrzeug vorbeizusteuern. Dabei geriet der Angeklagte M.        infolge der Dunkelheit, schlechter Fahrbahnverhältnisse und hoher Fahrgeschwindigkeit so weit nach links, dass er das Einsatzfahrzeug dennoch streifte. Dessen Fahrer erlitt infolge der Kollision ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma sowie Schmerzen im Rückenbereich und an der linken Hüfte; am Einsatzfahrzeug der Polizei entstand ein Sachschaden in Höhe von 48.718,65 €. Beide Angeklagten bemerkten den Unfall, waren sich aber darüber einig, die Fluchtfahrt fortzusetzen, ohne Feststellungen zu ihrer Unfallbeteiligung zu ermöglichen.

10Als die Angeklagten die nächste Ortschaft mit einer Geschwindigkeit von etwa 90 km/h passierten, wurde eine Straßensperre improvisiert. Dazu stellten die Polizeibeamten ein Einsatzfahrzeug vom Typ Mercedes Vito quer zur Fahrbahn ab und verließen es. Als der Angeklagte M.        nach einer Kurve aus etwa 200 Metern Entfernung freien Blick auf die Straßensperre erlangte, nahm er ‒ irrig ‒ an, dass es ihm gelingen werde, rechts an dem Polizeifahrzeug vorbeizufahren; er setzte seine Fahrt daher ohne nennenswerte Verringerung der Geschwindigkeit fort. Dabei kollidierte er mit dem linken Heckbereich des Einsatzfahrzeugs, wodurch an diesem ein Sachschaden in Höhe von 15.720,67 € entstand. Wiederum bemerkten beide Angeklagten den Unfall; sie waren sich weiterhin einig, die Flucht fortzusetzen und Feststellungen zu ihrer Unfallbeteiligung nicht zu ermöglichen. Nach einer weiteren Fahrtstrecke von etwa 280 Metern blieben sie jedoch liegen, da ihr Fahrzeug durch die Kollision erheblich beschädigt worden war. Die Angeklagten setzen die Flucht zunächst zu Fuß fort, wurden jedoch zeitnah festgenommen (Fall II. 2. der Urteilsgründe). Der Pkw des Angeklagten M.        samt der darin befindlichen Feuerwerkskörper, der Brechstange und des erbeuteten Bargelds wurde sichergestellt.

112. Das Landgericht hat das Tatgeschehen im Fall II. 1. der Urteilsgründe ‒ neben den tateinheitlich verwirklichten Tatbeständen der § 308 Abs. 1 StGB und § 304 Abs. 1 StGB ‒ als Vergehen des Diebstahls (§ 242, § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StGB) gewertet. Die Qualifikation des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) Alt. 2 StGB hat es nicht als verwirklicht angesehen, weil es sich bei der von den Angeklagten mitgeführten und verwendeten Brechstange um einen verwendungsneutralen Gegenstand handele, der nach den konkreten Umständen der Vollendung der Wegnahme selbst gedient habe und daher nicht als gefährliches Werkzeug im Sinne dieser Strafvorschrift anzusehen sei. Das Landgericht hat das Tatgeschehen im Fall II. 2. der Urteilsgründe als vorsätzliches Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion (§ 308 Abs. 1 StGB), gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3, § 315 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b) StGB), tätlichen Angriff auf und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 3, § 114 Abs. 1, Abs. 2 StGB), unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB) ‒ hinsichtlich des Angeklagten M.        in weiterer Tateinheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort sowie fahrlässiger Körperverletzung ‒ gewertet. Eine auf die Verabredung der Aufsprengung des Fahrkartenautomaten in G.       gestützte Strafbarkeit wegen Vorbereitung eines Explosionsverbrechens (§ 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB) sowie eine tateinheitliche Verurteilung auch wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens (M.      ) bzw. Beihilfe zum verbotenen Kraftfahrzeugrennen (B.       ) hat es nicht als gegeben erachtet; das Fahrverhalten des Angeklagte M.        sei nicht als rücksichtslos im Sinne von § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB zu bewerten. Sachverständig beraten ist die Kammer ferner zu der Überzeugung gelangt, dass die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit der Angeklagten bei Begehung der Taten weder aufgehoben noch erheblich vermindert war.

II. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft

12Die zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft haben überwiegend Erfolg.

131. Der Schuldspruch im Fall II. 1. der Urteilsgründe hält einer sachlich-rechtlichen Nachprüfung nicht stand, soweit die Angeklagten wegen Diebstahls und nicht wegen Diebstahls mit Waffen verurteilt worden sind. Das Landgericht ist bei der Prüfung, ob die von den Angeklagten mitgeführte Brechstange ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) Alt. 2 StGB darstellt, von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab ausgegangen.

14a) Als ein anderes gefährliches Werkzeug im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) Alt. 2 StGB ist ein Gegenstand anzusehen, der nach seiner objektiven Beschaffenheit geeignet ist, einem Opfer erhebliche Verletzungen zuzufügen (vgl. Rn. 19; Beschluss vom ‒ 5 StR 286/12 Rn. 4; Urteil vom ‒ 3 StR 556/09, StV 2010, 628; Beschluss vom – 3 StR 246/07, BGHSt 52, 257, Rn. 32; siehe auch , NStZ-RR 2021, 107, 108). Ob ein Gegenstand diese Voraussetzungen erfüllt, ist allein nach objektiven Kriterien zu bestimmen. Für ein zusätzliches subjektives Element zur Eingrenzung dieses Tatbestandsmerkmals ist dabei ‒ gerade auch mit Rücksicht auf die Abgrenzung zu den sonstigen Werkzeugen oder Mitteln im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) StGB, die erst durch die ihnen von Seiten des Täters in der konkreten Situation beigelegte Zwecksetzung tatbestandsmäßig werden – kein Raum (vgl. ‒ 4 StR 481/22 Rn. 19 mwN). Bei der Prüfung ist die objektive Bestimmung und die Beschaffenheit des jeweiligen Gegenstands in den Blick zu nehmen. Für die daran anknüpfende Bewertung als „gefährlich“ kommt es maßgeblich darauf an, ob von dem Gegenstand eine abstrakte Gefahr ausgeht, die derjenigen einer Waffe im technischen Sinne nahekommt, sodass allein deshalb ein Mitführen dieses Gegenstands bei der Tat als latent gefährlich angesehen werden muss (vgl. , BGHSt 52, 257, Rn. 34 f. [Taschenmesser] mwN; daran anknüpfend ‒ 1 StR 347/20, NStZ-RR 2021, 107 [Zimmermannshammer]; Beschluss vom – 5 StR 286/12 Rn. 4 [Schraubendreher bei objektiv gegebener Eignung zur Verwendung als Stichwerkzeug]). Aus diesem Grund verlieren objektiv gefährliche Werkzeuge diese Eigenschaft nicht dadurch, dass der Täter sie in der konkreten Situation allein etwa zum Aufbruch oder Aufsprengen eines Behältnisses verwenden will (vgl. Rn. 19; , StV 2020, 250; , NJW 2009, 2756, 2758; Vogel/Brodowski in LK-StGB, 13. Aufl., § 244 Rn. 14; Kindhäuser/Hoven in NK-StGB, 6. Aufl., § 244 Rn. 11; Schmitz in MüKo-StGB, 4. Aufl., § 244 Rn. 19; jew. mwN). Entgegen der vom Landgericht unter Berufung auf Stimmen in der Literatur vertretenen Auffassung scheiden sog. „verwendungsneutrale“ Gegenstände, die nach der konkreten Zwecksetzung durch den Täter der Vollendung der Wegnahme selbst dienen, nicht aus dem Anwendungsbereich des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) Alt. 2 StGB aus (so aber Fischer, StGB, 71. Aufl., § 244 Rn. 24; Chr. Jäger, JuS 2000, 651, 654 f.). Die subjektive Zwecksetzung erlangt erst im Rahmen der Strafzumessung Bedeutung und ist beispielsweise bei der Prüfung der Frage in den Blick zu nehmen, ob ein minder schwerer Fall im Sinne von § 244 Abs. 3 StGB vorliegt (vgl. Rn. 5).

15b) Nach diesem Maßstab handelt es sich bei der gegenständlichen rund 90 cm langen Brechstange um ein „anderes gefährliches Werkzeug“ im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) Alt. 2 StGB. Sie ist – einem Zimmermannshammer oder Schraubendreher ähnlich – ein alltägliches Werkzeug, das seiner Beschaffenheit nach dazu geeignet und bestimmt ist, eine Kraft gegen ein anderes Objekt zu entfalten oder zu verstärken, und das sich dementsprechend ohne weitreichende Veränderung der vorgesehenen Einsatzform einer verbotenen Waffe vergleichbar gegen Menschen einsetzen lässt (vgl. Rn. 20). Für eine restriktive Anwendung von § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) Alt. 2 StGB lassen die Feststellungen keinen Raum (vgl. in diesem Zusammenhang für „Stemmeisen“ inzident auch Rn. 4 ff.).

16c) Der Senat ändert den Schuldspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst ab. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil die ‒ geständigen ‒ Angeklagten sich nicht wirksamer als geschehen hätten verteidigen können.

17d) Die Schuldspruchänderung zieht die Aufhebung des Strafausspruchs im Fall II. 1. der Urteilsgründe nach sich.

182. Der Schuldspruch im Fall II. 2. der Urteilsgründe hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Er weist Rechtsfehler zu Gunsten und zu Ungunsten (vgl. § 301 StPO) der Angeklagten auf.

19Die Strafkammer geht zwar zutreffend davon aus, dass alle Gesetzesverletzungen, die ‒ wie hier ‒ im Verlauf einer einzigen, ununterbrochenen Fluchtfahrt begangen werden, eine Tat i.S.d. § 52 StGB bilden (vgl. Rn. 3 mwN). Auch ist eingedenk des eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs (st. Rspr.; vgl. nur Rn. 21; Beschluss vom – 4 StR 457/21 Rn. 7; Beschluss vom ‒ 4 StR 441/78, BGHSt 29, 18, 20 f. mwN; Franke in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 337 Rn. 117 ff. mwN) gegen die Beweiswürdigung der Strafkammer nichts zu erinnern, soweit sie sich im Zusammenhang mit den beiden Kollisionen nicht vom Vorliegen der Voraussetzungen für eine Strafbarkeit nach § 315b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3, § 315 Abs. 3 Nr. 1 lit. b) StGB zu überzeugen vermochte. Auf Grundlage der insoweit getroffenen Feststellungen setzte der Angeklagte M.       sein Fahrzeug jedenfalls nicht bewusst zweckwidrig ein, um den Verkehrsvorgang zu einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr zu „pervertieren“ (vgl. Rn. 7). Bei der Prüfung der weiteren in Betracht kommenden Delikte ist das Landgericht indes mehrfach von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab ausgegangen.

20a) Die Erwägungen, mit denen das Landgericht eine Strafbarkeit der Angeklagten wegen Vorbereitung eines Explosionsverbrechens gemäß § 310 Abs. 1 Nr. 2, § 25 Abs. 2 StGB verneint hat, halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

21aa) Nach den insoweit getroffenen Feststellungen handelt es sich bei den als Tatmittel zur Sprengung des Fahrkartenautomaten in G.        vorgesehenen Feuerwerkskörpern um Sprengstoffe im Sinne von § 308 Abs. 1, § 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Hierunter fallen alle Stoffe, die bei Entzündung eine gewaltsame und plötzliche Ausdehnung dehnbarer (elastischer) Flüssigkeiten und Gase hervorrufen und geeignet sind, dadurch den Erfolg einer Zerstörung herbeizuführen. Es kommt nicht darauf an, ob der Stoff fest, flüssig oder gasförmig ist, ob er Beständigkeit hat oder nur im Augenblick der Herstellung anwendbar und wirksam ist oder ob die Explosion auf Zündung von außen oder auf Selbstzündung beruht (vgl. , BGHSt 61, 84 Rn. 6 ff.; so schon RG, Urteil vom ‒ III 372/32, RGSt 67, 35, 37 f.). Da die von den Angeklagten mitgeführten Feuerwerkskörper als pyrotechnische Gegenstände zu Unterhaltungszwecken gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 SprengG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 3, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 SprengG selbst dem engeren Anwendungsbereich des Sprengstoffgesetzes unterfallen, kann an ihrer Subsumtion unter den Sprengstoffbegriff im strafrechtlichen Sinne grundsätzlich kein Zweifel bestehen. Der Senat kann ferner offen lassen, ob § 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB einschränkend dahin auszulegen ist, dass Feuerwerkskörper, die auf dem inländischen Markt an Personen ohne Erlaubnis oder Befähigungsschein gemäß § 7 Abs. 1, § 20 Abs. 1 Satz 1, § 27 Abs. 1 SprengG vertrieben werden dürfen, nicht erfasst sind (für ein restriktives Verständnis bzw. eine tatbestandsspezifische Geringfügigkeitsgrenze im Rahmen des § 308 StGB vgl. etwa BeckOK-StGB/Bange, 61. Ed., § 308 Rn. 8; LK-StGB/Valerius, 13. Aufl., § 308 Rn. 7; MüKo-StGB/Krack, 4. Aufl., § 308 Rn. 4; entsprechend für „kleinste Feuerwerkskörper“ bereits BT-Drucks. IV/650, S. 502). Denn jedenfalls für Feuerwerkskörper, welche ‒ wie hier ‒ in ihrer Explosionswirkung erheblich über die Ware hinausgehen, die in Deutschland für die Überlassung an Verbraucher ohne Fachkenntnisse vorgesehen sind, kommt eine Restriktion des Tatbestands nicht in Betracht (vgl. für § 308 Abs. 1 StGB bereits Rn. 4; Urteil vom – 1 StR 488/14 Rn. 27; s. ferner Rn. 3 f.).

22bb) Beide Angeklagte haben in der Variante des „Verwahrens“ ferner eine Vorbereitungshandlung im Sinne des § 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB verwirklicht, indem sie die gegenständlichen Feuerwerkskörper im Pkw des Angeklagten M.        gemeinsam zum vorgesehenen Tatort, dem Bahnhof G.      , verbrachten.

23(1) § 310 StGB pönalisiert in allen Tatbestandvarianten den Umgang mit Stoffen, die schon vor Versuchsbeginn in der Hand des Täters eine besondere Gefahr bedeuten ( Rn. 9; vgl. zu § 326 StGB aF BT-Drucks. IV/650, S. 504). Verwahren ist dabei gleichzusetzen mit der Ausübung tatsächlicher Herrschaftsgewalt im Sinne des strafrechtlichen Gewahrsamsbegriffs (vgl. LK-StGB/Valerius, 13. Aufl., § 310 Rn. 12; Fischer, StGB, 71. Aufl., § 310 Rn. 3; Heine/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl., § 310 Rn. 6; MüKo-StGB/Krack, 4. Aufl., § 310 Rn. 8). Die Vorbereitungshandlung muss sich auf eine in der Vorstellung des Täters hinsichtlich des Angriffsziels und des Zeitpunkts ihrer Begehung konkretisierte Tat beziehen, die in ihren Grundzügen bereits Gestalt angenommen hat ( Rn. 9).

24(2) Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht der Verwirklichung der Tatbestandsvariante des Verwahrens nicht entgegen, dass die Feuerwerkskörper lange zuvor zu einem anderen Verwendungszweck beschafft worden sind. Dem Gesetzgeber kam es gerade darauf an, den gefahrgeneigten Umgang mit dem Tatmittel Sprengstoff im Vorfeld eines Verbrechens gemäß § 308 Abs. 1 StGB umfassend unter Strafe zu stellen. Soll aber der Tatbestandsvariante des Verwahrens neben den weiteren Tathandlungen des Herstellens, Sich-Verschaffens und Überlassens eine eigenständige Bedeutung zukommen, so ist für die Prüfung, ob sich die Tathandlung auf eine in der Vorstellung des Täters hinsichtlich des Angriffsziels und des Zeitpunkts ihrer Begehung konkretisierte Tat bezieht, nicht auf den Zeitpunkt der Gewahrsamsbegründung abzustellen (vgl. zur Frage des insoweit erforderlichen Vorsatzgrades einerseits: Fischer, StGB, 71. Aufl., § 310 Rn. 5; LK-StGB/Valerius, 13. Aufl., § 310 Rn. 15; MüKo-StGB/Krack, 4. Aufl., § 310 Rn. 10; NK-StGB/Kargl, 6. Aufl., § 310 Rn. 13; Heine/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl., § 310 Rn. 7; andererseits: BayObLG NJW 1973, 2038; BeckOK-StGB/Bange, 61. Ed., § 310 Rn. 14; SSW-StGB/Wolters, 6. Aufl., § 310 Rn. 5). Die Änderung des Verwahrungszwecks kann vielmehr strafbarkeitsbegründend wirken. So liegt es hier. Als die Angeklagten den ersten Tatort verließen, fassten sie den gemeinschaftlichen Entschluss, unmittelbar im Anschluss den Bahnhof G.       anzusteuern und die in ihrem (Mit-)Gewahrsam befindlichen Feuerwerkskörper nunmehr konkret dazu zu verwenden, den dortigen Fahrkartenautomaten aufzusprengen. Dieses Verhalten erfüllt den Straftatbestand des § 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB.

25b) Das Landgericht hat den festgestellten Sachverhalt ferner nicht unter allen rechtlichen Gesichtspunkten geprüft und damit gegen die ihm obliegende allseitige Kognitionspflicht (§ 264 StPO) verstoßen. Die getroffenen Feststellungen hätten Anlass zur Prüfung der Frage geben müssen, ob sich die Angeklagten tateinheitlich wegen einer Verabredung des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion (§ 308 Abs. 1, § 30 Abs. 2 Var. 3 Alt. 1 StGB) strafbar gemacht haben; insoweit bestünde Tateinheit mit § 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB, da die sich aus § 30 Abs. 1 StGB ergebende Strafandrohung diejenige für die Vorbereitungshandlung übersteigt und die Delikte einen unterschiedlich gelagerten Unrechtsgehalt aufweisen (vgl. ; Beschluss vom – 5 StR 635/19 Rn. 12; Beschluss vom – StB 14-16/16 Rn. 7; Beschluss vom ‒ 3 StR 438/15, BGHSt 61, 84 Rn. 19 – jew. mwN).

26aa) Die umfassende gerichtliche Kognitionspflicht gebietet, dass der – durch die zugelassene Anklage abgegrenzte – Prozessstoff durch vollständige Aburteilung des einheitlichen Lebensvorgangs erschöpft wird (st. Rspr.; vgl. nur Rn. 6, NStZ 2010, 222, 223 mwN). Der Unrechtsgehalt der Tat muss ohne Rücksicht auf die dem Eröffnungsbeschluss zugrundeliegende Bewertung ausgeschöpft werden (vgl. § 264 Abs. 2 StPO), soweit keine rechtlichen Gründe entgegenstehen (vgl. Rn. 4; Schmitt in Meyer-Goßner, StPO, 67. Aufl., § 264 Rn. 27; KK-StPO/Tiemann, 9. Aufl., Rn. 27 ff.).

27bb) Dies hat die Strafkammer unterlassen. Ihren Feststellungen zufolge fassten die Angeklagten nach Vollendung der Tat II. 1. der Urteilsgründe einen neuen Tatentschluss dahingehend, gemeinschaftlich nach dem gleichen Tatschema einen weiteren Fahrkartenautomaten am nahe gelegenen Bahnhof in G.       mit „großvolumigen“ Feuerwerkskörpern aufzusprengen, und steuerten in der Absicht, diesen Tatplan sogleich umzusetzen, den Tatort an. Von der tatsächlichen Ausführung des Verbrechens nahmen die Angeklagten noch vor Eintritt in das Versuchsstadium Abstand, weil sie am Zielbahnhof angelangt auf zwei Einsatzfahrzeuge der Polizei trafen. Vor diesem Hintergrund hätte die Strafkammer prüfen und entscheiden müssen, inwieweit dieses Verhalten den Straftatbestand der Verbrechensverabredung erfüllt (§ 308 Abs. 1, § 30 Abs. 2 Var. 3 Alt. 1 StGB).

28c) Schließlich hält auch die Begründung, mit der die Strafkammer eine tateinheitliche Verurteilung der Angeklagten wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens gemäß § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB (M.       ) bzw. einer Teilnahme hieran (B.       ) abgelehnt hat, rechtlicher Überprüfung nicht stand.

29aa) Die Regelung des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB erfasst diejenigen Fälle, in denen nur ein einziges Fahrzeug objektiv und subjektiv ein Kraftfahrzeugrennen nachstellt. Es handelt sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt (vgl. BT-Drucks. 18/12964, S. 5; , BVerfGE 160, 284 Rn. 10, 127; , BGHSt 66, 27 Rn. 12 und 15). Die Strafvorschrift setzt in objektiver Hinsicht ein Sich-Fortbewegen mit nicht angepasster Geschwindigkeit voraus, das sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls als grob verkehrswidrig und rücksichtslos darstellt. Für die Auslegung der Tatbestandsmerkmale grob verkehrswidrig und rücksichtslos gelten die Auslegungsgrundsätze, welche die Rechtsprechung für § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB entwickelt hat (vgl. Rn. 17; , BVerfGE 160, 284 Rn. 107; siehe auch BT-Drucks. 18/12964 S. 5). Die grobe Verkehrswidrigkeit des Fahrens mit nicht angepasster Geschwindigkeit kann sich allein aus der besonderen Massivität des Geschwindigkeitsverstoßes oder aus begleitenden anderweitigen Verkehrsverstößen ergeben, die in einem inneren Zusammenhang mit der nicht angepassten Geschwindigkeit stehen. Bei der Auslegung des Rechtsbegriffs der Rücksichtslosigkeit muss von der in § 1 StVO aufgestellten Grundregel ausgegangen werden, wonach jeder Verkehrsteilnehmer zur möglichsten Rücksichtnahme auf die übrigen Verkehrsteilnehmer verpflichtet ist. Rücksichtslos handelt demnach ein Fahrer, der sich im gegebenen Falle seiner Pflicht bewusst ist, aber aus eigensüchtigen Gründen, etwa seines ungehinderten Vorwärtskommens wegen, sich über sie hinwegsetzt, mag er auch darauf vertraut haben, dass es zu einer Beeinträchtigung anderer Verkehrsteilnehmer nicht kommen werde. Rücksichtslos handelt ferner, wer sich aus Gleichgültigkeit auf seine Pflichten als Fahrer nicht besinnt, Hemmungen gegen seine Fahrweise gar nicht erst aufkommen lässt und unbekümmert um die Folgen seines Verhaltens drauflosfährt (grundlegend , BGHSt 5, 392, 395; vgl. auch Beschluss vom – 4 StR 225/20, BGHSt 66, 27 Rn. 19). Die grobe Verkehrswidrigkeit und die Rücksichtslosigkeit lassen sich dabei vielfach bereits aus dem Umstand erschließen, dass es sich um ein Fahrverhalten im Rahmen eines Alleinrennens handelte (vgl. für den Fall des § 315c StGB bei einem Rennen gemäß § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB ‒ 4 StR 511/20 Rn. 46, insoweit in BGHSt 66, 294 nicht abgedruckt). Die Tathandlung muss ferner im Sinne einer überschießenden Innentendenz von der Absicht des Täters getragen sein, nach seinen Vorstellungen auf einer nicht ganz unerheblichen Wegstrecke die unter den konkreten situativen Gegebenheiten – wie Motorisierung, Verkehrslage, Streckenverlauf, Witterungs- und Sichtverhältnissen etc. – maximal mögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Diese Absicht braucht nicht Endziel oder Hauptbeweggrund des Handelns zu sein. Es reicht vielmehr aus, dass der Täter das Erreichen der situativen Grenzgeschwindigkeit als aus seiner Sicht notwendiges Zwischenziel anstrebt, um ein weiteres Handlungsziel zu erreichen (vgl. ‒ 4 StR 225/20, BGHSt 66, 27 Rn. 16; Beschluss vom ‒ 4 StR 109/20 Rn. 5). Dieses Verständnis des Absichtsmerkmals in § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB hat zur Folge, dass beim Vorliegen der weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen auch sogenannte Polizeifluchtfälle von der Strafvorschrift erfasst werden, sofern festgestellt werden kann, dass es dem Täter darauf ankam, als notwendiges Zwischenziel für eine erfolgreiche Flucht über eine nicht ganz unerhebliche Wegstrecke die höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen (vgl. zum Ganzen Rn. 9; Beschluss vom ‒ 4 StR 225/20, BGHSt 66, 27 Rn. 17 – jew. mwN).

30bb) Nach diesem Maßstab halten die Ausführungen der Strafkammer zur fehlenden Rücksichtslosigkeit des Fahrverhaltens des Angeklagten M.         sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand. Wenn das Landgericht darauf abstellt, dass angesichts menschenleerer Straßen kein sonstiges Verkehrsgeschehen stattgefunden habe, auf das der Angeklagte M.       hatte Rücksicht nehmen können oder müssen, so verkennt es, dass § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB die Individualrechtsgüter der anderen Verkehrsteilnehmer ebenso wie die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs abstrakt schützen soll. Eine konkrete Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen Dritter muss weder objektiv eingetreten noch subjektiv intendiert oder in Kauf genommen worden sein. Hierauf aufbauend verfehlt die anschließende Argumentationslinie der Strafkammer, welche darauf hinausläuft, die verfolgenden Polizeibeamten – offensichtlich im Sinne einer eigenverantwortlichen Selbstgefährdung – aus dem Schutzbereich der Norm auszunehmen, in Anbetracht der Rechtsprechung zu den sog. Herausforderungsfällen (vgl. ; Urteil vom − VI ZR 43/11, BGHZ 192, 261 Rn. 8) sogar in mehrfacher Hinsicht den rechtlichen Prüfungsmaßstab. Für die Frage der Rücksichtslosigkeit als eines schuldsteigernden Gesinnungsmerkmals wäre stattdessen die für das Fahren mit nicht angepasster Geschwindigkeit ursächliche Motivation des Angeklagten M.         in den Blick zu nehmen gewesen; das Landgericht hätte erörtern müssen, inwieweit dem Fahrverhalten eine extrem verwerfliche Verkehrsgesinnung im Zeitpunkt der Verfehlung beigemessen werden kann (vgl. , NJW 1962, 2165, 2166). Auf Grundlage der getroffenen Feststellungen kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte M.        sich über die von ihm erkannten Belange anderer potenzieller Verkehrsteilnehmer eigensüchtig hinwegsetzte, allein um seinen Fluchtwillen zu realisieren. Neben der Zielsetzung, sich einer Festnahme zu entziehen, spricht hierfür zumindest indiziell das den Urteilsgründen zu entnehmende „wiederholte plötzliche Abbiegen in Nebenstraßen“ während der Verfolgungsfahrt durch die Ortschaft H.          . Die akzessorische Prüfung einer Teilnahmestrafbarkeit des Angeklagten B.              ist damit ebenfalls mangelbehaftet.

31d) Die Schuldsprüche weisen aber auch Rechtsfehler zu Ungunsten der Angeklagten auf (§ 301 StPO). Die Verurteilung der Angeklagten wegen „vorsätzlichen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr“ begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil die Urteilsfeststellungen den Eintritt eines Gefährdungserfolgs im Sinne des § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB und des § 308 Abs. 1 StGB nicht belegen.

32aa) Eine konkrete Gefahr im Sinne von § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB setzt voraus, dass die Tathandlung über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus in eine kritische Situation geführt hat, in der – was nach der allgemeinen Lebenserfahrung aufgrund einer objektiv nachträglichen Prognose zu beurteilen ist – die Sicherheit einer bestimmten Person oder Sache so stark beeinträchtigt worden ist, dass es nur noch vom Zufall abhing, ob das Rechtsgut verletzt wurde oder nicht. Erforderlich ist ein „Beinahe-Unfall“, also ein Geschehen, bei dem ein unbeteiligter Beobachter zu der Einschätzung gelangt, dass „das noch einmal gut gegangen sei“ (st. Rspr.; vgl. zum Ganzen nur Rn. 4; Urteil vom – 4 StR 471/95, BGHR StGB § 315b Abs. 1 Gefährdung 3). Während der Tatbestand des § 315b Abs. 1 StGB den Eintritt einer verkehrsspezifischen Gefahr voraussetzt, erfordert § 308 Abs. 1 StGB einen konkreten Gefährdungserfolg, welcher auf der spezifischen Gefährlichkeit einer Explosion beruht (vgl. Fischer, StGB, 71. Aufl., § 308 Rn. 5; MüKo-StGB/Krack, 4. Aufl., § 308 Rn. 10; SSW-StGB/Wolters, 6. Aufl., § 308 Rn. 4). Um dem Charakter der Vorschrift des § 308 Abs. 1 StGB als Verbrechen bereits im Grundtatbestand Rechnung zu tragen, wird ferner die Wertgrenze für die Annahme der Gefährdung einer Sache von bedeutendem Wert im Rahmen von § 308 Abs. 1 StGB doppelt so hoch angesetzt wie bei § 315b Abs. 1 StGB (vgl. Rn. 40 f.; Urteil vom – 1 StR 488/14 Rn. 58).

33bb) Gemessen hieran belegen die Feststellungen auch unter Berücksichtigung ihres Zusammenhangs nicht den Eintritt einer kritischen Verkehrssituation im Sinne eines Beinaheunfalls. Die Feuerwerkskörper explodierten zwar auf der Fahrbahn und damit im öffentlichen Verkehrsraum. Dies geschah nach den Feststellungen jedoch nicht in so großer Nähe zu den Einsatzfahrzeugen der Polizei, dass hiermit eine Gefährdung der Insassen oder der Kraftfahrzeuge verbunden gewesen wäre. Beide Fahrzeuge setzten ihre Fahrt vielmehr ungehindert fort. Damit ist ein Gefahrerfolg im Sinne des § 315b Abs. 1 StGB nicht belegt.

34Die Feststellungen ergeben weiterhin auch keinen konkreten Gefährdungserfolg im Sinne des § 308 Abs. 1 StGB. Insoweit genügt es ‒ entgegen der Auffassung des Landgerichts ‒ nicht, dass die Angeklagten die Kontrolle über das Geschehen aus der Hand gaben und es lediglich vom Zufall abhing, dass die Explosionen nicht näher an den Einsatzfahrzeugen erfolgten. Damit ist letztlich nicht mehr als eine latente (abstrakte) Gefährlichkeit und nicht der Eintritt eines konkreten Gefahrerfolgs im Sinne des § 308 Abs. 1 StGB umschrieben.

353. Diese Rechtsfehler führen zur Aufhebung der Strafaussprüche, die ungeachtet dessen nicht hätten bestehen bleiben können, weil sie einen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten aufweisen (vgl. § 301 StPO). Denn die Annahme uneingeschränkter Schuldfähigkeit begegnet rechtlichen Bedenken.

36Zwar ist sicher auszuschließen, dass die Schuldfähigkeit der Angeklagten zur Tatzeit aufgehoben war (§ 20 StGB). Die Erwägungen, mit denen das Landgericht eine Einschränkung der Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB verneint hat, sind jedoch lückenhaft.

37a) Steht eine alkoholbedingt erhebliche Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit im Raum, so bedarf die Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 StGB grundsätzlich einer Gesamtwürdigung, in die sowohl die ermittelte Blutalkoholkonzentration als auch psychodiagnostische Leistungskriterien einzustellen sind (vgl. Rn. 27 mwN; Urteil vom – 2 StR 115/15, BGHR StGB, § 21 Blutalkoholkonzentration 44; Urteil vom – 4 StR 329/99). Auch wenn es keinen gesicherten medizinisch-statistischen Erfahrungssatz darüber gibt, dass ohne Rücksicht auf psychodiagnostische Beurteilungskriterien allein wegen einer bestimmten Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit in aller Regel vom Vorliegen einer alkoholbedingt erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit ausgegangen werden muss (vgl. , BGHSt 43, 66), ist der Wert doch immerhin ein je nach den Umständen des Einzelfalls gewichtiges, wenn auch keinesfalls allein maßgebliches Beweisanzeichen für die Beurteilung der Schuldfähigkeit ( Rn. 23 mwN; Beschluss vom ‒ 4 StR 557/12 Rn. 9). Im Rahmen der Anwendung psychodiagnostischer Kriterien sind nur solche Umstände zu berücksichtigen, die aussagekräftige Hinweise darauf geben können, ob das Hemmungsvermögen des Täters bei Begehung der Tat erhalten geblieben ist oder nicht ( Rn. 8 mwN). Aus planvollem und situationsgerechtem Vorgehen, das lediglich die Verwirklichung des Tatvorsatzes darstellt (vgl. Rn. 11 mwN), oder der Flucht des Täters vom Tatort (vgl.  Rn. 8 mwN) lassen sich regelmäßig keine tragfähigen Schlüsse auf die Steuerungsfähigkeit des Täters ziehen. Bei hoher Alkoholgewöhnung können äußeres Leistungsverhalten und innere Steuerungsfähigkeit zudem durchaus weit auseinanderfallen ( − 1 StR 492/21 Rn. 2). Eine Beeinflussung der Auswirkungen des Alkoholgenusses auf die Schuldfähigkeit des Täters durch zusätzlich konsumierte Betäubungsmittel kann gleichfalls in den Blick zu nehmen sein (vgl. Rn. 23; Beschluss vom – 1 StR 492/21 Rn. 3; Beschluss vom – 4 StR 116/88 Rn. 2).

38b) Diesen Grundsätzen werden die Ausführungen des Tatgerichts in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht.

39aa) Zwar hat das Landgericht festgehalten, dass die Angeklagten am Tatabend Amphetamin und Bier – der alkoholabhängige Angeklagte B.             sogar eine „erhebliche Menge Alkohol“ (UA 19) – konsumierten. Der Inhalt ihrer Einlassung und ihre Angaben zu ihrem Konsumverhalten und der konkreten Trinkmenge am Tatabend werden aber weder mitgeteilt noch einer Würdigung unterzogen. Die Urteilsgründe sind auf die Mitteilung beschränkt, dass dem Angeklagten B.            eine Blutprobe nicht entnommen worden sei und der Angeklagte M.            zum Zeitpunkt der Blutabnahme gegen sechs Uhr morgens keine messbare Blutalkoholkonzentration mehr aufgewiesen habe. Dies entbindet die Strafkammer jedoch nicht von der Pflicht, die Trinkmengenangaben der Angeklagten im Einzelnen festzustellen, einer kritischen Prüfung zu unterziehen und die Tatzeit-Blutalkoholkonzentration gegebenenfalls im Wege der Schätzung und durch Rückrechnung zu ermitteln. Die Erwägung zu einem möglichen Alkoholabbau bezüglich des Angeklagten M.          sind in Ermangelung von Feststellungen zu einem etwaigen Trinkende nicht nachvollziehbar.

40bb) Auch eine Gesamtschau aller wesentlichen objektiven und subjektiven Umstände, die sich auf das Erscheinungsbild der Angeklagten vor, während und nach der Tat beziehen, ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. „Selbstschilderungen“ und „Fremdbeschreibungen“ werden insoweit von der Strafkammer in Bezug genommen, ohne diese zumindest auszugsweise inhaltlich wiederzugeben. Mangels Darlegung der entsprechenden Anknüpfungstatsachen wird mithin nicht deutlich, auf welcher Grundlage der Sachverständige – und ihm folgend die Strafkammer – auf ein erhaltenes äußeres Leistungsverhalten und eine innere Steuerungsfähigkeit der Angeklagten geschlossen hat. Welche psychodiagnostischen Kriterien auf das Verhalten der Angeklagten angewendet worden sind und ob diesen in Bezug auf das Hemmungsvermögen der Angeklagten Aussagekraft zukommt, entzieht sich somit in unzulässiger Weise einer revisionsgerichtlichen Überprüfung.

414. Die Maßregelaussprüche nach § 64 StGB haben keinen Bestand.

42a) Der Senat hat insoweit die Vorschrift des am in Kraft getretenen § 64 StGB in der Fassung vom (BGBl. I Nr. 203, S. 2) zu Grunde zu legen, die strengere Anforderungen an die Annahme sowohl eines Hangs als auch eines symptomatischen Zusammenhangs zwischen diesem und einer Anlasstat sowie an die Erfolgsprognose stellt (vgl. zur Intention der Gesetzesänderung auch BR-Drucks. 687/22, S. 78 ff.). Die Neufassung ist mangels einer die Maßregelanordnung erfassenden Übergangsvorschrift gemäß § 2 Abs. 6 StGB, § 354a StPO im vorliegenden Fall anwendbar (vgl. Rn. 6; Urteil vom – 6 StR 327/23 Rn. 8; Urteil vom – 4 StR 136/23 Rn. 14).

43b) Den hieraus folgenden Anforderungen, die das Landgericht zum Zeitpunkt seiner Urteilsfassung noch nicht zu beachten hatte, werden die Erwägungen zur Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nicht gerecht. Es ist für keinen der Angeklagten festgestellt, geschweige denn belegt, dass die bei beiden bestehende Polytoxikomanie – und im Fall des Angeklagten B.              die zusätzlich gegebene Abhängigkeit von Alkohol – eine dauernde und schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung, der Gesundheit, der Arbeits- oder der Leistungsfähigkeit mit sich bringt und daher die Voraussetzungen eines Hangs nach § 64 Satz 1 StGB nF erfüllt. Erforderlich sind insoweit äußere, überprüfbare Veränderungen in mindestens einem der genannten Bereiche der Lebensführung (vgl. BT-Drucks. 20/5913, S. 45 f.; Rn. 12). Die Urteilsgründe bieten hierfür selbst in ihrem Gesamtzusammenhang keinen Anhaltspunkt. Auch ein symptomatischer Zusammenhang dergestalt, dass die Anlasstaten überwiegend auf den Hang der Angeklagten zurückgehen, kann den Urteilsgründen nicht entnommen werden.

44c) Der Aufhebung unterliegt zugleich die mit der Maßregel jeweils untrennbar zusammenhängende Entscheidung über den Vorwegvollzug eines Teils der Freiheitsstrafe. Insoweit wird die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer die geänderte Fassung des § 67 Abs. 2 Satz 3, Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 StGB zu beachten haben (vgl. Rn. 16).

III.

Die Revisionen der Angeklagten

45Die Revisionen der Angeklagten haben den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg.

461. Aus den im Rahmen der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft dargelegten Gründen führen die Revisionen der Angeklagten im Fall II. 1. der Urteilsgründe jeweils zur Aufhebung des Strafausspruchs, im Fall II. 2. der Urteilsgründe jeweils zur Aufhebung des Schuldspruchs; dies entzieht den Aussprüchen über die Gesamtstrafen die Grundlage. Weiterhin können auch die Maßregelaussprüche aus den bereits dargelegten Gründen nicht bestehen bleiben.

472. Die weitergehende umfassende Prüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der beiden Angeklagten ergeben.

IV.

48Der Senat sieht Anlass zu folgenden Hinweisen:

491. Das zu neuer Verhandlung und Entscheidung berufene Tatgericht wird im Hinblick auf Fall II. 2. der Urteilsgründe auf Konkurrenzebene in den Blick zu nehmen haben, dass die ursprünglich geplante Tat am Bahnhof in G.         zu den Verhaltensweisen während der anschließenden Polizeiflucht im Verhältnis der Tatmehrheit (§ 53 Abs. 1 StGB) stehen dürfte. Demgegenüber bilden alle Gesetzesverletzungen, die die Angeklagten im Verlauf der ununterbrochenen Fluchtfahrt begangen haben, eine Tat im Sinne des § 52 StGB, weil sie von einem einheitlichen Fluchtwillen getragen sind (vgl. Rn. 3; Beschluss vom – 4 StR 556/00 Rn. 5; Urteil vom – 4 StR 441/67, BGHSt 22, 67, 76 f.).

502. Mit Blick auf den Straftatbestand des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB werden ‒ soweit möglich ‒ genauere Feststellungen zu treffen und diese umfassend beweiswürdigend zu belegen sein. Namentlich die situativen Gegebenheiten (Motorisierung, Witterungs-, Sicht- und Straßenverhältnisse, Streckenverlauf, erlaubte Geschwindigkeiten) und das konkrete Fahrverhalten des Angeklagten M.           (zurückgelegte Wegstrecken, gefahrene Geschwindigkeiten, Beschleunigungs-, Brems- und Lenkverhalten) sind eingehender aufzuklären und darzulegen, um gegebenenfalls einen tragfähigen Schluss auf das Vorliegen der strafbarkeitsbegründenden Absicht im Sinne des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB zu erlauben (grundlegend ).

51Sollte das zu neuer Verhandlung und Entscheidung berufene Tatgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass das Verhalten des Angeklagten M.         den Straftatbestand des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB erfüllt und der Angeklagte B.                    als Teilnehmer dieses Delikts zu bestrafen ist, so ist für die aufgrund der Regelvermutung des § 69 Abs. 2 Nr. 1a StGB zu erörternde (vgl. ) Frage der Maßregelanordnung gemäß § 69, § 69a StGB zu beachten, dass insoweit zwar kein eigenhändiges Führen des Kraftfahrzeugs erforderlich ist (vgl. , BGHSt 10, 333). Bei der Maßregelanordnung gegen einen Beifahrer sind jedoch besonders gewichtige Hinweise zu fordern, aus denen sich die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen ergibt; dies kommt namentlich in Betracht, wenn der Täter in einer seine Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen belegenden Art auf die Fahrweise des Kraftfahrzeugführers eingewirkt hat ( ‒ 4 StR 205/23 Rn. 3; Beschluss vom – 4 StR 585/03 mwN).

523. Sollte das Tatgericht im Fall II. 2. der Urteilsgründe im Zusammenhang mit dem Werfen der Feuerwerkskörper auf die Fahrbahn nicht die Überzeugung vom Eintritt eines Gefahrerfolgs, aber in subjektiver Hinsicht von einem konkreten Gefährdungsvorsatz der Angeklagten gewinnen können und folgerichtig eine Versuchsstrafbarkeit gemäß § 315b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3, § 315 Abs. 3 Nr. 1 lit. b), § 22, § 23 Abs. 1 Alt. 1 StGB bzw. § 308 Abs. 1, § 22, § 23 Abs. 1 Alt. 1 StGB in Erwägung ziehen, wird es sich eingehend mit der Frage eines Rücktritts (§ 24 StGB) zu befassen haben. Insoweit wird es maßgeblich auf den Rücktrittshorizont ankommen; das Scheitern außertatbestandlicher Zielerreichung (Abschütteln der Verfolger) stünde der Annahme eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch nicht entgegen (vgl. z.B. Rn. 7). Weiterhin wird das neue Tatgericht das Vorstellungsbild der Angeklagten mit Blick auf § 114 StGB dahingehend zu untersuchen haben, inwieweit diese bei der Tat eine unmittelbar auf den Körper der Polizeibeamten zielende Einwirkung vor Augen hatten (vgl. ).

534. Sollte der Angeklagte M.           das Eigentum an dem Tatfahrzeug wirksam auf den Justizfiskus übertragen haben, wird im Rahmen der Strafzumessung zu beachten sein, dass hierin – abhängig vom Wert des Pkw – ein bestimmender Strafzumessungsgrund i.S.v. § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO liegen könnte (vgl. z.B. Rn. 13 mwN; Beschluss vom – 4 StR 422/20 Rn. 5).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:140324U4STR354.23.0

Fundstelle(n):
CAAAJ-74078