BGH Beschluss v. - 4 StR 170/24

Instanzenzug: Az: 39 Ks 19/22

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die nicht ausgeführte Formalrüge und die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

21. Die umfassende Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

32. Der Strafausspruch kann jedoch nicht bestehen bleiben. Auf der Grundlage der Feststellungen kann nicht geprüft und entschieden werden, ob das Landgericht zu Recht von einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung abgesehen hat.

4a) Laut den Feststellungen ist der Angeklagte nach dem verfahrensgegenständlichen Tötungsdelikt vom durch rechtskräftige Strafbefehle des und jeweils wegen Erschleichens von Leistungen zu Geldstrafen verurteilt worden. Weder deren Vollstreckungsstand noch die Tatzeitpunkte der zugrundeliegenden Delikte sind festgestellt. Im Rahmen der Strafzumessung verhalten sich die Urteilsgründe zu der Frage einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung nicht.

5b) Die lückenhaften Feststellungen gestatten dem Senat keine Überprüfung, ob eine der rechtskräftigen Geldstrafen nach § 55 Abs. 1 StGB in die verhängte Freiheitsstrafe von zehn Jahren hätte einbezogen werden können (vgl. zur notwendigen Darlegung von Vollstreckungsstand und Tatzeit nur Rn. 8 mwN; Beschluss vom – 5 StR 330/23 Rn. 5). Für die Geldstrafe von 40 Tagessätzen aus dem Strafbefehl vom ist dies der Fall, sollte sie noch nicht vollständig vollstreckt sein. Zugleich schiede dann wegen der Zäsurwirkung dieser Verurteilung (vgl. Rn. 13 mwN; Beschluss vom – 4 StR 53/18 Rn. 4) eine weitere Gesamtstrafenbildung mit den Strafen aus den späteren Erkenntnissen aus, wenn nicht die Tatzeiten der dort abgeurteilten Delikte ebenfalls vor dem Strafbefehl vom liegen. Wäre dieser Strafbefehl hingegen vor den weiteren Taten ergangen und vollständig vollstreckt, käme aufgrund des Entfallens seiner Zäsurwirkung (vgl. Rn. 5; Beschluss vom – 2 StR 450/18 Rn. 2 mwN) eine Gesamtstrafenbildung allein mit (einer der) später verhängten Strafen in Betracht. Ob stattdessen bei vollstreckungsbedingt (insgesamt) ausgeschlossener Gesamtstrafenbildung ein Härteausgleich veranlasst war (vgl. dazu mwN), lassen die Urteilsgründe ebenso wenig erkennen.

6c) Der Strafausspruch beruht auf dem aufgezeigten Rechtsfehler. In Ansehung der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten, denen zufolge eine Vollstreckung der Geldstrafen im Wege der Ersatzfreiheitsstrafe in Betracht kommt, kann seine Beschwer durch eine möglicherweise fehlerhaft unterbliebene Gesamtstrafenbildung oder einen unterlassenen Härteausgleich nicht ausgeschlossen werden (vgl. auch Rn. 13).

7Die Feststellungen können bestehen bleiben, denn sie sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen sind möglich; sie dürfen den bisher getroffenen Feststellungen nicht widersprechen.

Der Beschluss des Senats vom wird im Tenor zu Ziffer 1. wegen eines offensichtlichen Schreibversehens dahin berichtigt, dass das Datum des angefochtenen Urteils „“ anstatt „“ lautet.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:210524B4STR170.24.0

Fundstelle(n):
SAAAJ-70315