Online-Nachricht - Mittwoch, 03.07.2024

Einkommensteuer | Unentgeltliche Übertragung eigener Anteile auf den Alleingesellschafter als verdeckte Gewinnausschüttung (FG)

Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt vor, wenn eine GmbH ihrem Alleingesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen von ihr als eigene Anteile gehaltenen Geschäftsanteil unentgeltlich zuwendet, wohingegen ein fremder Dritter hierfür einen – im Streitfall am Markt unstreitig erzielbaren – Kaufpreis hätte zahlen müssen (, Revision nicht zugelassen).

Hintergrund: Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen u.a. sonstige Bezüge aus Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Zu diesen sonstigen Bezügen gehören nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auch verdeckte Gewinnausschüttungen.

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) bei den Einkünften aus Kapitalvermögen des Klägers.

Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger war zu Beginn des Streitjahres alleiniger Gesellschafter der A GmbH. Er hielt zwei Drittel der Geschäftsanteile, das restliche Drittel hielt die A GmbH als eigene Anteile selbst.

Nach § 8 der Satzung der A GmbH konnte eine Verfügung über Geschäftsanteile nur mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter erfolgen.

Mit notariellem Vertrag vom XX.XX.2016 verpflichtete sich die A GmbH, den ihr selbst gehörenden Geschäftsanteil von einem Drittel an der A GmbH auf den Kläger zu Alleineigentum zu übertragen. Der Kläger nahm die Verpflichtung an. Eine Gegenleistung war hierfür nicht zu erbringen. In der selben Urkunde wurde sodann die dingliche Übertragung des Geschäftsanteils vorgenommen.

Im Jahr 2019 fand bei dem Kläger eine Außenprüfung statt. Im Prüfungsbericht vertrat der Prüfer die Auffassung, dass in der unentgeltlichen Übertragung der eigenen Anteile auf den Kläger eine vGA in Höhe des übertragenen Anteils des gemeinen Werts der GmbH zu sehen sei. Die vGA führe nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu Einkünften aus Kapitalvermögen und unterliege der Abgeltungssteuer.

Der Beklagte folgte dieser Auffassung. Hiergegen legten die Kläger Einspruch und anschließend Klage ein.

Die Richter des FG Baden-Württemberg bejahen die streitige Frage, ob die unentgeltliche Übertragung der eigenen Anteile von der A GmbH auf den Kläger dem Grunde nach eine vGA darstellt:

  • Eine vGA i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG liegt nach der ständigen Rechtsprechung des BFH vor, wenn eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat (vgl. z.B. , BStBl 2016 II S. 778). Das ist in der Regel der Fall, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer diesen Vorteil einem Nichtgesellschafter nicht zugewendet hätte (, BStBl 2015 II S. 638).

  • Die Art des Vermögensvorteils ist für die Erfassung als sonstiger Bezug i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG unerheblich. Jeder hinreichend bestimmte, messbare Vorteil reicht aus.

  • Ob eine vGA beim Anteilseigner i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG vorliegt, ist unabhängig davon zu beurteilen, ob eine vGA auf der Ebene der Körperschaft anzunehmen ist. Dies gilt sowohl für die Beurteilung der materiellen Voraussetzungen einer vGA als auch für die formell-rechtlichen Zusammenhänge, denn nach der ständigen Rechtsprechung des BFH stehen der Körperschaftssteuerbescheid und der Einkommensteuerbescheid nicht im Verhältnis von Grundlagen- zu Folgebescheid.

  • Entgegen der Ansicht des Klägervertreters umfassen die auf der Ebene der Gesellschaft anknüpfenden handelsrechtlichen Änderungen durch das BilMoG keine Neuregelung hinsichtlich der hier in Rede stehenden Gesellschafterebene (so bereits , BStBl 2019 II S. 213). Insofern spielt es keine Rolle, dass die Übertragung der eigenen Anteile auf der Ebene der Gesellschaft nach § 272 Abs. 1b HGB nicht als Veräußerungsgeschäft, sondern als Kapitalerhöhung zu werten ist. Auf der Ebene des Gesellschafters handelt es sich auch nach dem BilMoG weiterhin um einen Anschaffungsvorgang.

  • Die A GmbH hat als Kapitalgesellschaft dem Kläger, welcher ihr alleiniger Gesellschafter war, außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung durch die unentgeltliche Übertragung der von ihr als eigene Anteile gehaltenen Geschäftsanteile i. H. von 1/3 des Stammkapitals einen Vermögensvorteil zuwendet. Diese Zuwendung hatte ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis, da ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer einem Nichtgesellschafter unstreitig die Geschäftsanteile nicht unentgeltlich übertragen hätte.

  • Entgegen der Ansicht der Klägerseite hat der Kläger durch die unentgeltliche Übertragung einen Vermögensvorteil erhalten. So hat er den Geschäftsanteil unentgeltlich erhalten, wohingegen ein fremder Dritter hierfür einen Kaufpreis hätte zahlen müssen. Ein solcher wäre unstreitig am Markt zu erzielen gewesen. Dieser ersparte Aufwand ist sein Vermögensvorteil.

Quelle: ; NWB Datenbank (pz)

Fundstelle(n):
VAAAJ-70246