NWB Nr. 25 vom Seite 1681

Eine weitere Reform der Rentenbesteuerung wäre angezeigt

Prof. Dr. Matthias Hiller | Steuerberater | Professor für Rechnungswesen und Steuerlehre an der SRH Fernhochschule

Revision gegen die Entscheidung des FG des Saarlandes beim BFH anhängig

Durch das Alterseinkünftegesetz wurde der abzugsfähige Anteil der Rentenbeiträge – beginnend mit 60 % im Jahr 2005 – schrittweise auf 100 % im Jahr 2025 angehoben. Zeitgleich sollte sich der steuerpflichtige Anteil des Renteneinkommens auf 100 % im Jahr 2040 erhöhen. Der Gleichklang von nicht vollständiger Abzugsfähigkeit der Rentenbeiträge bei gleichzeitiger Besteuerung des Rentenbezugs wirft die Frage einer Doppelbesteuerung auf.

In einem aktuellen Fall musste sich das FG des Saarlandes mit der Frage einer möglichen Doppelbesteuerung der Rente befassen (vgl. , NWB VAAAJ-67632; Rev. anhängig unter X R 9/24). Im Verfahren wurden mehrere Einwendungen gegen das Alterseinkünftegesetz vorgetragen und ebenfalls die vom BFH entwickelte Methode zur Berechnung einer Doppelbesteuerung der Rente angegriffen. Nach dieser Methode liegt keine Doppelbesteuerung der Renten vor, wenn die Summe der voraussichtlich steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der aus versteuertem Einkommen aufgebrachten Altersvorsorgeaufwendungen, wobei bei dieser Berechnung das Nominalwertprinzip zugrunde zu legen ist (vgl. u. a. , NWB XAAAH-80103).

Entsprechend der Regelung im Alterseinkünftegesetz würde spätestens für Rentner, die ab dem Jahr 2040 in den Ruhestand gehen und bereits 2005 erwerbstätig waren, eine Doppelbesteuerung resultieren, da der Rentenbezug voll versteuert werden müsste und gleichzeitig die Einzahlungsbeträge in die Rente nicht voll steuerlich abgesetzt werden konnten.

Durch das JStG 2022 wurde die volle steuerliche Abzugsfähigkeit der Rentenbeiträge von 2025 auf 2023 vorgezogen und durch das Wachstumschancengesetz die Vollversteuerung der Renten von 2040 auf 2058 hinausgeschoben. Was nach einer großzügigen Regelung klingt, stellt tatsächlich eine minimale Reform der Rentenbesteuerung dar. Die Regelung im Alterseinkünftegesetz hätte den Besteuerungsanteil der Rente um jährlich 1 % ansteigen lassen. Das Wachstumschancengesetz reduziert die Erhöhung auf 0,5 %. Hierdurch wird die mögliche Doppelbesteuerung zwar reduziert, allerdings nicht vermieden.

Für die Beurteilung, ob eine Doppelbesteuerung im Einzelfall tatsächlich vorliegt, trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast. Zwar gelten Darlegungserleichterungen und insbesondere werden Schätzungen nicht ausgeschlossen (vgl. hierzu , NWB AAAAF-85043), allerdings werden in der Praxis Nachweisprobleme für die Schätzung gegeben sein, da diese das gesamte Erwerbsleben umfassen muss. Weitere Gerichtsverfahren sind daher zu erwarten.

Eine weitere Reform der Rentenbesteuerung zur vollständigen Vermeidung jeglicher Doppelbesteuerung wäre daher angezeigt; gleichzeitig könnte auch überlegt werden, die Pflichtveranlagungsfälle zu reduzieren, was zu einer Arbeitsentlastung von Steuerpflichtigen und Verwaltung führen würde. Ein möglicher Vorschlag könnte die Einführung einer „Rentenabzugsteuer“ sein, bei der die auszahlende Stelle analog zur Lohnsteuer eine Abzugsteuer abführt (vgl. DStV-News 5/2024).

Matthias Hiller

Fundstelle(n):
NWB 2024 Seite 1681
KAAAJ-69166