Grundsteuer | Regelung zur Grundsteuer B in Baden-Württemberg verfassungsgemäß (FG)
Das Grundsteuergesetz des Landes Baden-Württemberg v. ist verfassungsgemäß ( und 8 K 1582/23; Revisionen zugelassen).
Hintergrund: Das BVerfG hatte im Jahr 2018 die Vorschriften zur Einheitsbewertung, die bisher Grundlage für die Bemessung der Grundsteuer waren, für verfassungswidrig erklärt, weil die Einheitswerte der Grundstücke bezogen auf ihren Verkehrswert in ihrer Relation nicht realitäts- und gleichheitsgerecht bemessen waren, sondern zu Wertverzerrungen geführt hatten. Das BVerfG gab dem Gesetzgeber auf, eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen. Der Landesgesetzgeber hat in der Folge durch das Gesetz zur Regelung einer Landesgrundsteuer (Landesgrundsteuergesetz) v. von seiner Möglichkeit, ein vom Grundsteuergesetz des Bundes abweichendes Landesgesetz zu erlassen, Gebrauch gemacht.
Das Landesgrundsteuergesetz unterwirft u.a. das Grundvermögen der Grundsteuer (sog. Grundsteuer B). Der Grundsteuerwert der Grundstücke ermittelt sich durch Multiplikation der Fläche des Grund und Bodens mit dem jeweiligen von den Gutachterausschüssen der Kommune festgesetzten Bodenrichtwert. Durch Multiplikation des Grundsteuerwerts mit der sog. Steuermesszahl (bei üblichen Wohngrundstücken 0,91 Promille) wird der Grundsteuermessbetrag ermittelt, auf den sodann der von der jeweiligen Gemeinde festgelegte Hebesatz zur Berechnung der Grundsteuer angewandt wird. Gegen das Landesgrundsteuergesetz, vor allem gegen die Bemessung des Grundsteuerwerts, wurden von den Klägern in den beiden Musterverfahren zahlreiche verfassungsrechtliche Einwände vorgetragen. Diese hat das Finanzgericht allesamt zurückgewiesen.
Nach Auffassung des FG ist es mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes vereinbar, dass der Landesgesetzgeber entgegen der bisherigen Einheitsbewertung und auch abweichend von den Neuregelungen sowohl im Bund als auch in anderen Bundesländern die Grundsteuer ausschließlich auf den Grund und Boden ohne Berücksichtigung der aufstehenden Gebäude erhebt:
Der Gesetzgeber hat nach der gefestigten Rechtsprechung des BVerfG bei der Auswahl des Steuergegenstands einen weiten Spielraum. Es ist deshalb zulässig, dass der Landesgesetzgeber nur den Grund und Boden eines Grundstücks mit Grundsteuer belastet und die Gebäude außer Acht lässt.
Das maßgebliche und verfassungsrechtlich zulässige Bemessungsziel beim Grundsteuerwert ist der Verkehrswert des Grund und Bodens. Im Verkehrswert bildet sich sowohl das durch die kommunale Infrastruktur beeinflusste Nutzenpotential des Grund und Bodens als auch die objektive Leistungsfähigkeit des Eigentümers ab, denn es gilt: Je höher der mit dem Grund und Boden erzielbare Ertrag, desto höher der Verkehrswert und desto höher zugleich die objektive Leistungsfähigkeit des Eigentümers.
Die Heranziehung der Bodenrichtwerte zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage ist folgerichtig, weil der von den Gutachterausschüssen mit Hilfe der Kaufpreissammlung abgeleitete Bodenrichtwert auf die Ermittlung des Verkehrswerts abzielt und daher geeignet ist, die Grundstücke – wie vom BVerfG gefordert – im Verhältnis zueinander realitätsgerecht zu bewerten. Dass dadurch bislang in Form der Einheitsbewertung stark unterbewertete Grundstücke einer höheren Grundsteuer unterworfen werden, ist Folge der Entscheidung des BVerfG und verfassungsrechtlich hinzunehmen.
Der Ansatz des Bodenrichtwerts einer Zone für alle Grundstücke dieser Zone, ohne Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls, ist verfassungsrechtlich zulässig, weil erstens jede Verkehrswertermittlung eine mit Ungenauigkeiten verbundene Schätzung ist und zweitens angesichts der großen Zahl zu bewertender Grundstücke – wie die alte Einheitsbewertung gezeigt hat – andernfalls die Gefahr eines unüberwindlichen Verwaltungsaufwands der erforderlichen periodischen Aktualisierung der Werte entgegenstehen würde.
Der mit dieser pauschalen Regelung angestrebte Wertkorridor von plus/minus 30 % bezogen auf den Verkehrswert ist deshalb verfassungsrechtlich hinnehmbar und kann durch die sog. Öffnungsklausel, wonach die Eigentümer im Einzelfall durch Sachverständigengutachten einen abweichenden Verkehrswert nachweisen können, auch in Ausnahmefällen eingehalten werden.
Die Ermittlung der Bodenrichtwerte erfordert besondere fachliche Kenntnisse und Ortsnähe. Es ist deshalb mit dem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz zu vereinbaren, dass den Gutachterausschüssen bei der Feststellung der Bodenrichtwerte ein Beurteilungsspielraum zuerkannt wird und die Überprüfung durch die Finanzgerichte sich auf etwaige Unzulänglichkeiten bei der Sachverhaltsfeststellung, methodische Fehler und die Einhaltung der hierzu ergangenen gesetzlichen Vorschriften beschränkt.
Das öffentliche Interesse an der vom BVerfG angeordneten Reform der Grundsteuer überwiegt das Interesse der Grundstückseigentümer an der Vorhersehbarkeit der Grundsteuerlast für den Übergangszeitraum von der erstmaligen Feststellung der neuen Grundsteuerwerte durch die Finanzämter bis zur erstmaligen Festsetzung der Grundsteuer durch die Kommunen nach dem neuen Gesetz. Es ist deshalb hinzunehmen, dass die konkrete Höhe der Grundsteuer derzeit noch nicht beziffert werden kann, weil die Kommunen die ab geltenden Hebesätze noch nicht bestimmt haben.
Der Volltext der Entscheidungen ist derzeit noch nicht verfügbar.
Quelle: FG Baden-Württemberg, Pressemitteilung v. (il)
Fundstelle(n):
UAAAJ-68639