BFH Urteil v. - VII R 34/22

Nutzungspflicht des beA für eine Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Leitsatz

Vor dem bestand für eine Rechtsanwaltsgesellschaft mbH als Bevollmächtigte keine Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs gemäß § 52d Satz 1 oder 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO), und zwar auch dann nicht, wenn sie durch einen Rechtsanwalt als Vertreter im Sinne des § 62 Abs. 2 Satz 3 FGO handelte.

Gesetze: FGO § 52a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2; FGO § 52d Satz 1, 2; BRAO § 31a; BRAO § 31b; BRAO § 59c; BRAO § 59l; GG Art. 19 Abs. 4

Instanzenzug: ,

Tatbestand

I.

1 Die Beteiligten streiten im Revisionsverfahren über die Frage, ob ab dem eine finanzgerichtliche Klage durch eine Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, die durch einen Rechtsanwalt in Prokura vertreten wurde, als elektronisches Dokument gemäß §§ 52a, 52d der Finanzgerichtsordnung (FGO) erhoben werden musste.

2 Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hatte gegen einen Haftungsbescheid Einspruch eingelegt. Dieser blieb erfolglos. Die Einspruchsentscheidung vom , die der damaligen Bevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am bekanntgegeben wurde, war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen, in der ein Hinweis auf eine Klageerhebung auf elektronischem Übermittlungsweg gemäß §§ 52a, 52d FGO nicht enthalten war.

3 Der Kläger erhob am Montag, dem per Telefax Klage vor dem Finanzgericht (FG). Er war dabei vertreten durch seine damalige Prozessbevollmächtigte, die X Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Zweigniederlassung Y (Rechtsanwalts-GmbH). Bereits seit dem bestand zugunsten dieser Rechtsanwalts-GmbH —seinerzeit unter einer anderen Firma— eine Vollmacht des Klägers.

4 Der Schriftsatz vom war unterzeichnet im Namen der Rechtsanwalts-GmbH von dem Prokuristen M und versehen mit dem Zusatz „Rechtsanwalt/Steuerberater“ und in der Folgezeile „Fachanwalt für Steuerrecht“. Auf dem Briefkopf der Rechtsanwalts-GmbH war M als „Ansprechpartner“ und in der Fußzeile des Briefkopfes als anwaltlicher Berufsträger benannt. Aufgrund eines gerichtlichen Hinweises vom auf § 52d Satz 1 FGO beantragte die Rechtsanwalts-GmbH —erneut unter einer anderen Firma— mit Schriftsatz vom zunächst eine Fristverlängerung und trug sodann innerhalb der ursprünglich gesetzten Frist schriftsätzlich am vor, § 52d FGO sei vor dem auf eine Rechtsanwaltsgesellschaft mbH nicht anwendbar. Die vorgenannten Schriftsätze gingen per Telefax beim FG ein. Mit Schriftsatz vom begründete die Rechtsanwalts-GmbH —unter der neuen Firma— die Klage in der Sache. Diesen Schriftsatz übermittelte eine für die Rechtsanwalts-GmbH tätige Rechtsanwältin über das für sie eingerichtete besondere elektronische Anwaltspostfach (beA).

5 Das FG wies die Klage als unzulässig ab. Es erklärte, die Klage sei nicht in der gesetzlichen Form gemäß §§ 52d, 52a FGO innerhalb der Klagefrist erhoben worden. Soweit die Rechtsanwalts-GmbH erstmals am einen den Anforderungen des § 52d FGO entsprechenden Schriftsatz elektronisch eingereicht habe, sei dies nicht innerhalb der Klagefrist erfolgt. Dabei habe die Klagefrist einen Monat betragen, da die in der Einspruchsentscheidung enthaltene Rechtsbehelfsbelehrung den Anforderungen des § 55 Abs. 1 FGO entsprochen habe. Wiedereinsetzungsgründe seien nicht ersichtlich. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2022, 1665 veröffentlicht.

6 Der Kläger, nunmehr vertreten durch die Z Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als Prozessbevollmächtigte, hat dagegen Revision eingelegt, die dem Bundesfinanzhof (BFH) durch ein elektronisches Dokument per beA übermittelt worden ist. Zur Begründung trägt er vor, der persönliche Anwendungsbereich des § 52d FGO habe zumindest bis zum , dem Zeitpunkt der Einführung von Gesellschaftspostfächern nach § 31b der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO), eine Rechtsanwaltsgesellschaft mbH nicht umfasst. Vor diesem Zeitpunkt habe für eine Rechtsanwaltsgesellschaft mbH kein sicherer Übermittlungsweg nach § 52a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO zur Verfügung gestanden. Eine Nutzungspflicht des beA ergebe sich auch nicht aus § 52d Satz 1 FGO, da die Klage nicht durch einen Rechtsanwalt eingereicht worden sei, sondern von einem Rechtsanwalt (M) als Vertreter der Rechtsanwalts-GmbH. Eine Rechtsanwaltsgesellschaft mbH sei nach § 59l BRAO prozessfähig, nach § 62 Abs. 2 FGO postulationsfähig und nehme Prozesshandlungen daher selbst vor.

7 Zudem sei die Rechtsbehelfsbelehrung in der Einspruchsentscheidung unrichtig gewesen, sodass für die Klageerhebung die Jahresfrist gemäß § 55 Abs. 2 FGO gegolten habe. Diese Frist sei aufgrund des am beim FG per beA eingegangenen Schriftsatzes gewahrt worden.

8 Der Kläger beantragt,

die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

9 Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt) beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Gründe

II.

10 Die Revision ist begründet. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

11 1. Das FG hat die Klage zu Unrecht durch Prozessurteil als unzulässig abgewiesen. Die Sache ist zurückzuverweisen, da sich das FG nicht mit dem Vorbringen der Beteiligten in der Sache befasst und den Sachverhalt nicht festgestellt hat (, Rz 23, m.w.N.; Bergkemper in Hübschmann/Hepp/Spitaler —HHSp—, § 126 FGO Rz 38).

12 Die finanzgerichtliche Klage ist innerhalb der Monatsfrist des § 47 Abs. 1 Satz 1 FGO erhoben worden. Die am per Telefax beim FG vor Ablauf der Monatsfrist eingegangene Klage wahrte diese Frist, weil sie der von § 64 Abs. 1 FGO vorgegebenen Form entsprach und nicht den Vorgaben der §§ 52a, 52d FGO unterlag.

13 a) Nach § 52d Satz 1 FGO i.d.F. des Art. 6 Nr. 4 des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom (BGBl I 2013, 3786), der nach Art. 26 Abs. 7 des genannten Gesetzes am in Kraft getreten ist, sind vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln. Gleiches gilt —ebenfalls mit Wirkung ab dem — gemäß § 52d Satz 2 FGO für die nach diesem Gesetz vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 52a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO zur Verfügung steht. Wer vertretungsberechtigt ist, ergibt sich aus § 62 Abs. 2 FGO. Nach dessen Satz 1 in der bis zum geltenden Fassung können sich die Beteiligten durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen; zur Vertretung berechtigt sind auch Gesellschaften im Sinne des § 3 Nr. 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes in der bis zum geltenden Fassung (StBerG), die durch solche Personen handeln. Dazu gehören unter anderem auch Rechtsanwaltsgesellschaften mbH. Nach § 62 Abs. 2 Satz 3 FGO handeln Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragte Vertreter.

14 Das elektronische Dokument muss gemäß § 52a Abs. 3 Satz 1 FGO mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Sichere Übermittlungswege sind gemäß § 52a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO in der ab dem geltenden Fassung des Art. 17 des Gesetzes zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom (BGBl I 2021, 4607) der Übermittlungsweg zwischen dem beA nach § 31a BRAO oder einem entsprechenden, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach und der elektronischen Poststelle des Gerichts. § 52a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO enthält in der ab dem geltenden Fassung des Art. 21 des Gesetzes zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe vom (BGBl I 2021, 2363) —im Folgenden § 52a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO n.F.— einen Verweis auch auf das für Gesellschaften errichtete beA.

15 Nach § 31a Abs. 1 Satz 1 BRAO i.d.F. des Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe vom (BGBl I 2017, 1121) richtet die Bundesrechtsanwaltskammer für jedes im Gesamtverzeichnis eingetragene Mitglied einer Rechtsanwaltskammer ein beA empfangsbereit ein. Für Rechtsanwaltsgesellschaften beziehungsweise Berufsausübungsgesellschaften wurde eine entsprechende Vorschrift erst durch Art. 1 Nr. 6, Art. 36 Abs. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe vom (BGBl I 2021, 2363) —BRAO n.F.— mit Wirkung ab dem eingeführt. Gemäß § 31b Abs. 1 BRAO n.F. richtet die Bundesrechtsanwaltskammer für jede im Gesamtverzeichnis eingetragene Berufsausübungsgesellschaft ein beA empfangsbereit ein. Den Begriff der Berufsausübungsgesellschaft regeln die §§ 59b ff. BRAO n.F. mit Wirkung ebenfalls ab dem . Der Wortlaut des § 31a Abs. 1 Satz 1 BRAO n.F. wurde dahin klarstellend geändert, dass er nicht mehr von dem im Gesamtverzeichnis eingetragenen „Mitglied“, sondern von einer dort eingetragenen „natürlichen Person“ spricht.

16 Für Rechtsanwaltsgesellschaften vor dem regelte § 59c Abs. 1 BRAO i.d.F. des Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung, der Patentanwaltsordnung und anderer Gesetze vom (BGBl I 1998, 2600) —BRAO a.F.—, dass Gesellschaften mit beschränkter Haftung, deren Unternehmensgegenstand die Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten war, als Rechtsanwaltsgesellschaften zugelassen werden konnten. Die Rechtsanwaltsgesellschaft konnte gemäß § 59l Satz 1 BRAO a.F. als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigte beauftragt werden. Sie hatte dabei gemäß § 59l Satz 2 BRAO a.F. die Rechte und Pflichten eines Rechtsanwalts. Sie handelte gemäß § 59l Satz 3 BRAO a.F. durch ihre Organe und Vertreter, in deren Person die für die Erbringung rechtsbesorgender Leistungen gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen mussten.

17 b) Nach Maßgabe dieser gesetzlichen Grundlagen war die Rechtsanwalts-GmbH bei Einreichung der Klageschrift vom nicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs verpflichtet.

18 aa) Eine Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs ergab sich nicht aus § 52d Satz 2 FGO.

19 Für die Prozessbevollmächtigte des Klägers, eine Rechtsanwaltsgesellschaft mbH nach § 59c Abs. 1 BRAO a.F., stand ein sicherer Übermittlungsweg nach § 52a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO n.F. nämlich erst ab dem zur Verfügung. Erst ab diesem Zeitpunkt richtete die Bundesrechtsanwaltskammer nach § 31b Abs. 1 BRAO n.F. für eine —sodann auch als Berufsausübungsgesellschaft bezeichnete— Rechtsanwaltsgesellschaft mbH ein beA als Gesellschaftspostfach ein. Berufsausübungsgesellschaften im Sinne des § 59b BRAO n.F. sind daher erst seit dem zur Nutzung des beA gegenüber den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit verpflichtet (Schallmoser in HHSp, § 52d FGO Rz 13, 2. Spiegelstrich). Zuvor konnte ein beA nach § 31a Abs. 1 Satz 1 BRAO i.d.F. des Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe vom (BGBl I 2017, 1121) hingegen nur für als Rechtsanwalt eingetragene natürliche Personen eingerichtet werden (vgl. , Rz 8; AnwZ (Brfg) 69/18, Rz 8). Zudem enthielt § 52a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO in der vor dem geltenden Fassung auch keinen Verweis auf § 31b BRAO n.F.

20 Mangels sicheren Übermittlungswegs im Sinne des § 52a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO ergab sich für die Rechtsanwalts-GmbH, bei Einreichung der Klageschrift vom keine Nutzungspflicht gemäß § 52d Satz 2 FGO zur Übermittlung der Klageschrift als elektronisches Dokument. Denn der Begriff der „nach diesem Gesetz vertretungsberechtigten Personen“ in § 52d Satz 2 FGO ist im Sinne des § 62 Abs. 2 Satz 1 FGO zu verstehen. Dessen Halbsatz 2 in der bis zum geltenden Fassung erfasst als vertretungsberechtigte Personen auch Gesellschaften im Sinne des § 3 Nr. 2 und 3 StBerG. Beide Normen definieren die vertretungsberechtigten Personen einheitlich.

21 bb) Eine Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs für die Rechtsanwalts-GmbH ergab sich auch nicht aus § 52d Satz 1 FGO.

22 (1) § 52d Satz 1 FGO verpflichtet seit dem —neben Behörden und juristischen Personen des öffentlichen Rechts— lediglich Rechtsanwälte, die in ihrer beruflichen Funktion als Rechtsanwalt selbständig tätig sind und nach § 31a BRAO ein beA unterhalten müssen, vorbereitende und bestimmende Schriftsätze unter Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs als elektronisches Dokument zu übermitteln (vgl. , BFHE 278, 21, BStBl II 2023, 267, Rz 14 und 18; , BFHE 276, 566, BStBl II 2023, 83, Rz 3; Schallmoser in HHSp, § 52d FGO Rz 13, 1. Spiegelstrich).

23 Rechtsanwaltsgesellschaften im Sinne des § 59c Abs. 1 BRAO a.F. sind demgegenüber von dem Wortlaut des § 52d Satz 1 FGO nicht erfasst. Der Wortlaut des § 52d Satz 1 FGO enthält das Wort „Rechtsanwaltsgesellschaft“ —oder „Berufsausübungsgesellschaft"— nicht. Dass ein Rechtsanwalt und eine Rechtsanwaltsgesellschaft mbH jedoch zu unterscheiden sind, ergibt sich —neben ihrer unterschiedlichen Rechtsform als natürlicher Person und als juristischer Person gemäß § 59c Abs. 1 BRAO a.F., § 13 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG)— auch verfahrensrechtlich aus der Unterscheidung der Bevollmächtigten in § 62 Abs. 2 Satz 1 FGO. Denn diese Vorschrift differenziert einerseits zwischen Rechtsanwälten in § 62 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 FGO und andererseits den Gesellschaften im Sinne des § 3 Nr. 2 und 3 StBerG, zu denen auch Rechtsanwaltsgesellschaften nach § 59c BRAO a.F. gehören, in § 62 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 FGO in der bis zum geltenden Fassung. Diese Differenzierung muss auch für § 52d Satz 1 FGO gelten.

24 (2) Nichts anderes folgt aus dem Umstand, dass Rechtsanwaltsgesellschaften gemäß § 59l Satz 2 BRAO a.F. die Rechte und Pflichten eines Rechtsanwalts haben. Hierbei handelt es sich lediglich um eine berufsrechtliche Vorgabe, die an der Unterscheidung zwischen Rechtsanwalt und Rechtsanwaltsgesellschaft, wie sie die Finanzgerichtsordnung vornimmt, nichts zu ändern vermag.

25 cc) Eine Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs nach § 52d Satz 1 FGO ergab sich für die Rechtsanwalts-GmbH auch nicht aus dem Umstand, dass sie durch M als Vertreter handelte, der eine Zulassung als Rechtsanwalt besaß, auf dem Briefkopf der Rechtsanwalts-GmbH als „Ansprechpartner“ und in der Fußzeile des Briefkopfes als Berufsträger ausgewiesen war sowie die Klageschrift vom mit dem Zusatz „Rechtsanwalt/Steuerberater“ und in der Folgezeile „Fachanwalt für Steuerrecht“ unterzeichnete.

26 (1) Rechtsanwaltsgesellschaften handeln gemäß § 59l Satz 3 BRAO a.F. durch ihre Organe (z.B. Geschäftsführer gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG) und Vertreter, in deren Person die für die Erbringung rechtsbesorgender Leistungen gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen müssen. Daraus folgt, dass das Organ oder der Vertreter das für ihn nach § 31a BRAO eingerichtete beA nutzen könnte, wenn er für die Rechtsanwaltsgesellschaft mbH handelt. So hätte im Streitfall M als Vertreter der Rechtsanwalts-GmbH das für ihn persönlich seit dem eingerichtete beA bei der Prozessvertretung (§ 62 Abs. 2 Satz 3 FGO) nutzen können.

27 (2) Aus der Nutzungsmöglichkeit folgt aber keine Nutzungspflicht. Aus § 52d Satz 1 FGO ist eine solche Pflicht des Organs oder des Vertreters (§ 62 Abs. 2 Satz 3 FGO, § 59l Satz 3 BRAO a.F.) der Rechtsanwaltsgesellschaft mbH nicht abzuleiten.

28 Eine solche Pflicht ergibt sich nicht aus der gesetzlichen Formulierung „durch einen Rechtsanwalt“ in § 52d Satz 1 FGO. Zwar könnte diese Formulierung so verstanden werden, dass damit nicht nur der unmittelbare Bevollmächtigte —hier eine Rechtsanwaltsgesellschaft mbH—, sondern auch der mit der Prozessvertretung beauftragte Vertreter des Bevollmächtigten gemeint ist. Steht dem Vertreter des Bevollmächtigten —wie im Streitfall— als Rechtsanwalt ein beA zur Verfügung, könnte § 52d Satz 1 FGO so zu verstehen sein, dass der vorbereitende oder bestimmende Schriftsatz dann „durch einen Rechtsanwalt“ bei Gericht eingereicht wird und somit eine Nutzungspflicht des persönlichen beA des Rechtsanwalts besteht.

29 Der erkennende Senat lehnt ein solches Verständnis jedoch ab.

30 (a) Dagegen spricht, dass § 52d Satz 1 FGO neben der Formulierung „durch einen Rechtsanwalt“ im Folgenden die Formulierung „durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts“ verwendet. Bei der zweiten und dritten Verwendung des Wortes „durch“ stellt § 52d Satz 1 FGO jeweils auf die unmittelbar einreichende Person, nicht auf den Vertreter dieser Person ab. Das legt nahe, dass § 52d Satz 1 FGO auch bei der ersten Verwendung des Wortes „durch“, also mit der Formulierung „durch einen Rechtsanwalt“ lediglich auf den unmittelbaren Bevollmächtigten und nicht auf dessen Organ oder Vertreter abstellt. Unmittelbarer Bevollmächtigter ist hier aber —entsprechend der ausgestellten Vollmacht— die Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, die vom Wortlaut des § 52d Satz 1 FGO nicht erfasst ist.

31 (b) Dieses Ergebnis wird von der gesetzgeberischen Entstehungsgeschichte des § 31b BRAO n.F. getragen.

32 Nach der Begründung des Gesetzentwurfs zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe (BTDrucks 19/27670 vom ) wollte der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 31b BRAO dem seit Einführung des beA „sowohl von Gerichten als auch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten geäußerten Wunsch“ nachkommen, „ein beA nicht nur für die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte persönlich, sondern auch für deren Berufsausübungsgesellschaften vorzusehen, soweit sie zugelassen sind“ (BTDrucks 19/27670, S. 130, ähnlich S. 157; vgl. dazu Jungbauer/Jungbauer, Das beA und der ERV, 4. Aufl. 2023, § 2 Rz 15 ff.). Weiter war in der Begründung des Gesetzentwurfs zunächst ausgeführt, das Gesellschaftspostfach solle „lediglich optional eingeführt werden, da es für die Funktionsfähigkeit des beA-Systems nicht zwingend erforderlich ist“ (BTDrucks 19/27670, S. 130, ähnlich S. 158). Ursprünglich war daher im Entwurf des § 31b Abs. 1 BRAO vorgesehen, dass die Bundesrechtsanwaltskammer für jede eingetragene Berufsausübungsgesellschaft „auf deren Antrag“ ein beA einrichtet (BTDrucks 19/27670, S. 12). Dadurch sollte „keine Pflicht geschaffen werden, ein weiteres kostenpflichtiges beA zu unterhalten“ (BTDrucks 19/27670, S. 158). Zunächst war für eine Berufsausübungsgesellschaft mithin beabsichtigt, dass diese grundsätzlich das beA des jeweils für sie als Vertreter handelnden Rechtsanwalts nutzen sollte.

33 Im weiteren Gesetzgebungsverfahren sind aber die Worte „auf deren Antrag“ gestrichen worden (§ 31b Abs. 1 BRAO n.F.). Dies zeigt, dass sich die Bedeutung dieses Postfachs gegenüber der ursprünglichen gesetzgeberischen Zielsetzung signifikant geändert hat. Durch die nunmehr verpflichtende Einführung eines Gesellschaftspostfachs sind die genannten Erwägungen eines Vorrangs des persönlichen beA eines Rechtsanwalts gegenüber dem Gesellschaftspostfach obsolet. Maßgeblich ist vielmehr, auf die verpflichtende Einführung des Gesellschaftspostfachs ab dem abzustellen.

34 (c) Bei der Auslegung des § 52d Satz 1 FGO berücksichtigt der Senat zudem das Gebot des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 des GrundgesetzesGG—).

35 (aa) Nach Art. 19 Abs. 4 GG darf der Zugang zu den Gerichten und den vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts —BVerfG— vom  - 2 BvR 912/15, Rz 22 und vom  - 1 BvR 249/92, BVerfGE 88, 118, unter B.I.1. der Gründe). Dies muss auch der Richter bei der Auslegung prozessualer Normen beachten. Er darf ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch eine überstrenge Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer leer laufen lassen (BVerfG-Beschlüsse vom  - 2 BvR 912/15, Rz 22 und vom  - 2 BvR 817/90, 2 BvR 728/92, 2 BvR 802/95, 2 BvR 1065/95, BVerfGE 96, 27, unter B.I. der Gründe). Formerfordernisse dürfen nicht weiter gehen, als es durch ihren Zweck geboten ist, da von ihnen die Gewährung des Rechtsschutzes abhängt (BVerfG-Beschlüsse vom  - 2 BvR 912/15, Rz 22 und vom  - 2 BvR 967/07, BVerfGK 14, 211, unter II.1.a der Gründe, m.w.N.).

36 (bb) Ein Verstoß gegen die Formvorschrift des § 52d FGO führt nach allgemeiner Auffassung zur Unwirksamkeit der Prozesshandlung; sie gilt als nicht vorgenommen (ständige Rechtsprechung, BFH-Beschlüsse vom  - XI B 8/22, Rz 12; vom  - VIII S 3/22, BFHE 276, 566, BStBl II 2023, 83, Rz 9; vom  - VIII B 88/22, Rz 6 und vom  - XI B 101/22, BFHE 279, 523, BStBl II 2023, 763, Rz 11; , EFG 2023, 344, Rz 30; , EFG 2022, 1547, Rz 12; , EFG 2022, 846, Rz 13; , EFG 2022, 592, Rz 17; Schallmoser in HHSp, § 52d FGO Rz 22 und 35; Brandis in Tipke/Kruse, § 52a FGO Rz 14 und § 52d FGO Rz 2; Schmieszek in Gosch, FGO § 52d Rz 8; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 52a Rz 31). In der Folge ist eine Klage durch Prozessurteil als unzulässig abzuweisen (Schallmoser in HHSp, § 52d FGO Rz 35).

37 (cc) Die Unzulässigkeit einer Klage führt dazu, dass der durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG garantierte Rechtsweg nicht eröffnet ist. Eine solche Einschränkung des Gebots des effektiven Rechtsschutzes ist anerkanntermaßen insofern zulässig, dass die gerichtliche Rechtsschutzgewährung der normativen Ausgestaltung durch die Verfahrensordnungen bedarf; diese dürfen auch besondere formelle Voraussetzungen und Einschränkungen für den Rechtsuchenden vorsehen (, BVerfGE 88, 118, unter B.I.1. der Gründe). Ausgehend hiervon darf die Einreichung von vorbereitenden und bestimmenden Schriftsätzen für bestimmte Gruppen professioneller Verfahrensteilnehmer durchaus an die Form des elektronischen Rechtsverkehrs geknüpft werden. Unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Tragweite der Einschränkung des Gebots des effektiven Rechtsschutzes, die im Falle einer Zuwiderhandlung zu einer vollständigen Ineffektivität des Rechtsmittels führt, muss der einschränkende Effekt nach Auffassung des erkennenden Senats jedoch eng auf die Reichweite des gesetzlichen Wortlauts begrenzt werden, damit es nicht zu einer unverhältnismäßigen Belastung des einzelnen Rechtsuchenden kommt. Nach Maßgabe des Gebots des effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG darf daher eine Klage nur dann aufgrund eines Verstoßes gegen die Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs nach § 52d FGO als unzulässig abgewiesen werden, wenn ein eindeutiger Verstoß gegen § 52d FGO vorliegt. In Zweifelsfällen —etwa dann, wenn es unklar erscheint, ob eine Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von dem Normbefehl erfasst ist oder nicht— ist einer rechtsschutzgewährenden Auslegung der Norm der Vorrang einzuräumen und die Klage als zulässig anzusehen.

38 Das gilt unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes insbesondere auch dann, wenn es —wie im Fall der Einführung des § 31b BRAO n.F.— nur um einen Übergangszeitraum von sieben Monaten geht.

39 (3) Der erkennende Senat entscheidet dies in Anlehnung an die Rechtsprechung des IX. und des XI. Senats des BFH. Diese haben —allerdings für eine Steuerberatungsgesellschaft mbH— entschieden, dass eine (noch) nicht nutzungspflichtige Prozessbevollmächtigte in Gestalt einer GmbH nicht dadurch (im Sinne des § 52d Satz 1 FGO) nutzungspflichtig wird, dass für sie ein gesetzlicher Vertreter handelt, der in seiner beruflichen Funktion als Rechtsanwalt nach § 52d Satz 1 FGO nutzungspflichtig wäre, wenn er als solcher selbst dem Gericht gegenüber auftreten würde (, BFHE 278, 21, BStBl II 2023, 267, Rz 21; , zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt). Ebenso hat der II. Senat des BFH entschieden, dass ein Rechtsanwalt, der nicht als Einzelanwalt, sondern als gesetzlicher Vertreter einer prozessbevollmächtigten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mbH handelt, im Jahr 2022 noch nicht nutzungspflichtig im Sinne des § 52d Satz 1 FGO war ( (AdV), nicht veröffentlicht).

40 Die BFH-Rechtsprechung differenziert demnach zwischen der als Prozessbevollmächtigte auftretenden Gesellschaft und dem für diese handelnden Rechtsanwalt. Die Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs richtet sich nach der Nutzungspflicht der bevollmächtigten Gesellschaft, nicht des für sie handelnden Rechtsanwalts (a.A.: FG-Rheinland-Pfalz, Urteil vom  - 4 K 1341/22, EFG 2023, 65, zu einem für eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft handelnden Rechtsanwalt). Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung der genannten Senate des BFH an mit der Maßgabe, dass für eine Rechtsanwaltsgesellschaft mbH eine Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs gemäß § 52d Satz 2 FGO i.V.m. § 31b BRAO n.F. erst ab dem bestand, und zwar auch dann, wenn die Rechtsanwaltsgesellschaft mbH durch einen Rechtsanwalt als Organ oder Vertreter im Sinne des § 62 Abs. 2 Satz 3 FGO handelt.

41 (4) Der erkennende Senat folgt demgegenüber nicht der zu der Parallelvorschrift des § 55d der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ergangenen Rechtsprechung des Sächsischen Oberverwaltungsgericht (OVG). Dieses hat entschieden, dass die elektronische Einreichungspflicht gemäß § 55d Satz 1 VwGO seit dem Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsgesellschaften umfasse. Die Rechtsanwaltsgesellschaft sei nicht wegen des (zunächst) fehlenden eigenen beA vom bis zum von der elektronischen Einreichungspflicht entbunden gewesen, da sie sich zur Erfüllung dieser Pflicht unter anderem des beA ihrer Organe oder etwa eines De-Mail-Kontos gemäß § 55a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 VwGO habe bedienen können (Sächsisches OVG, Beschlüsse vom  - 3 A 364/22.A, Rz 10 und vom  - 1 A 189/22.A, Rz 11 ff.). Dieser Auffassung ist bereits deshalb nicht zu folgen, da § 55d Satz 2 VwGO nur auf § 55a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 VwGO und nicht auf Nr. 1 verweist —ebenso wie § 52d Satz 2 FGO nur auf § 52a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO— und das Sächsische OVG damit von falschen Voraussetzungen ausgegangen ist.

42 dd) Nach diesen Grundsätzen bestand im Streitfall vor dem keine Pflicht für die Rechtsanwalts-GmbH, welche durch Rechtsanwalt M als Vertreter im Sinne des § 62 Abs. 2 Satz 3 FGO, § 59l Satz 3 BRAO a.F. handelte, zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs gemäß § 52d Satz 1 oder 2 FGO.

43 Denn im Streitfall wurde der Kläger nicht durch M als unmittelbaren Bevollmächtigten vertreten, sondern durch die Rechtsanwalts-GmbH. Die Prozessvollmacht des Klägers vom bestand zugunsten der Rechtsanwalts-GmbH. Die am beim FG per Telefax erhobene Klage war wirksam. Daran vermag auch nichts zu ändern, dass M den Schriftsatz mit dem Zusatz „Rechtsanwalt/Steuerberater“ und in der Folgezeile „Fachanwalt für Steuerrecht“ unterzeichnete.

44 c) Der erkennende Senat weicht damit nicht von anderer höchstrichterlicher Rechtsprechung ab.

45 aa) Es liegt keine Abweichung zu Entscheidungen anderer Senate des BFH vor.

46 (1) Allerdings haben der IX. und der XI. Senat des BFH im Zusammenhang mit der Nutzungspflicht einer Steuerberatungsgesellschaft mbH gemäß § 52d Satz 1 FGO Folgendes ausgeführt: Auch „gemischte“ Berufsausübungsgesellschaften, bei denen neben Steuerberatern auch andere Berufsträger (Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Notare) tätig seien und die neben steuerlichen Beratungsleistungen auch Dienstleistungen anböten, die über die Befugnisse des § 3 StBerG hinausgingen, könnten nach § 52d Satz 1 FGO ab dem nutzungspflichtig sein, wenn ein verantwortlicher, im Briefkopf der Berufsausübungsgesellschaft namentlich aufgeführter Berufsträger mit Mehrfachzulassung („Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater“) einen (vorbereitenden oder) bestimmenden Schriftsatz an das Gericht übermittele; ein solches Dokument dürfe nach dem nicht mehr schrift(sätz)lich oder per Telefax, sondern nur noch elektronisch bei Gericht eingereicht werden (, BFHE 278, 21, BStBl II 2023, 267, Rz 19; , zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt; ebenso Schallmoser in HHSp, § 52d FGO Rz 15, 5. Spiegelstrich, der allerdings auf die Berufsausübungsgesellschaft selbst, der auch Rechtsanwälte angehören, abstellt, und nicht auf die Person des Zeichnenden).

47 (2) Der erkennende Senat ist dennoch nicht zu einer Anfrage gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 FGO verpflichtet, weil er nicht gemäß § 11 Abs. 2 FGO in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweicht. Die hier betroffene Rechtsfrage war für die Entscheidungen des IX. und des XI. Senats des BFH nicht entscheidungserheblich (zur Notwendigkeit einer Entscheidungserheblichkeit für § 11 Abs. 2 FGO: Beschlüsse des Großen Senats des , BFHE 263, 225, BStBl II 2019, 262, Rz 34 und vom  - GrS 2/12, BFHE 250, 338, BStBl II 2015, 1007, Rz 31 ff.; , BFHE 272, 423, BStBl II 2021, 844, Rz 26 ff.; Müller-Horn in Gosch, FGO § 11 Rz 7; Gräber/Teller, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 11 Rz 11).

48 Im (BFHE 278, 21, BStBl II 2023, 267) war mandatierte Prozessbevollmächtigte der Kläger im Verwaltungs- und Klageverfahren die X-Steuerberatungsgesellschaft mbH, gesetzlich vertreten durch den Rechtsanwalt und Steuerberater A und weiterhin vertreten durch den abhängig beschäftigten Rechtsanwalt B. Entscheidungserheblich war in diesem Fall, dass es sich um eine Steuerberatungsgesellschaft mbH handelte, die nach § 52d Satz 2 FGO grundsätzlich erst ab dem zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs verpflichtet war (, BFHE 278, 21, BStBl II 2023, 267, Rz 16). Die zitierten Ausführungen des IX. Senats zu „gemischten“ Berufsausübungsgesellschaften stellten lediglich ein obiter dictum dar. Ebenso handelte es sich bei den zitierten Ausführungen des XI. Senats im (zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt) um ein obiter dictum. Auch in diesem Verfahren trat eine Steuerberatungsgesellschaft mbH, vertreten durch einen Rechtsanwalt, und keine „gemischte“ Berufsausübungsgesellschaft als Prozessbevollmächtigte auf.

49 (3) Im Übrigen betreffen die zitierten Ausführungen des IX. und des XI. Senats des BFH lediglich „gemischte“ Berufsausübungsgesellschaften, bei denen neben Steuerberatern auch andere Berufsträger (Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Notare) tätig sind. Im vorliegenden Streitfall handelt es sich hingegen um eine „reine“ Rechtsanwaltsgesellschaft mbH ohne andere Berufsträger. Damit betrifft der Streitfall einen anderen Sachverhalt als die zitierten Entscheidungen des IX. und des XI. Senats des BFH. Diese Entscheidungen enthalten auch keine Aussage zu der Frage, ob eine „reine“ Rechtsanwaltsgesellschaft mbH —im Wege eines a majore ad minus-Schlusses— hinsichtlich der hier fraglichen Rechtsdienstleistungen möglicherweise genauso zu behandeln sein könnte wie eine „gemischte“ Berufsausübungsgesellschaft.

50 bb) Soweit der BGH mit Beschlüssen vom  - IX ZB 11/22 (zu einem anwaltlichen Insolvenzverwalter), vom  - XIII ZB 90/22 (zu einem anwaltlichen Verfahrenspfleger) und vom  - XII ZB 428/22 (zu einem anwaltlichen Berufsbetreuer) die Pflicht zur Nutzung des beA des jeweils betreffenden Rechtsanwalts bejaht hat, folgte dies aus dem unmittelbaren anwaltlichen Vertretungsverhältnis im jeweiligen gerichtlichen Verfahren. Der BGH hat bei dem anwaltlichen Insolvenzverwalter zur Begründung der Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs gemäß § 130d Satz 1 der Zivilprozessordnung explizit darauf abgestellt, dass es sich bei dem Insolvenzverwalter um einen im eigenen Namen handelnden anwaltlichen Amtsträger handelte (, Rz 14). Mit einem Rechtsanwalt, der —wie vorliegend— als gesetzlicher Vertreter einer prozessbevollmächtigten Rechtsanwaltsgesellschaft mbH handelt, ist dies nicht vergleichbar (vgl. , zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt).

51 cc) Soweit das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seinem Beschluss vom  - 10 AZB 18/22 die Nutzungspflicht eines Syndikusrechtsanwalts, der für einen Arbeitgeberverband erlaubte Rechtsdienstleistungen gegenüber den Verbandsmitgliedern erbringt, bejaht hat, weicht der Senat —mangels vergleichbarer Ausgangslage— hiervon nicht ab, da die Tätigkeit eines Syndikusrechtsanwalts für einen Arbeitgeberverband nicht vergleichbar ist mit derjenigen eines Rechtsanwalts für eine Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Zudem werden Arbeitgeberverbände —anders als Berufsausübungsgesellschaften— erst mit Wirkung ab dem in die Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs einbezogen durch § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes i.d.F. des Art. 10 des Gesetzes zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom (BGBl I 2021, 4607), sodass die Rechtslage auch insoweit nicht vergleichbar ist.

52 Soweit das die Nutzungspflicht eines Verbandsvertreters, der nicht als Syndikusrechtsanwalt zugelassen ist, selbst für den Fall verneint hat, dass dieser außerhalb des Arbeitsverhältnisses zum Verband über eine Zulassung als Rechtsanwalt verfügt, stützt dies die Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. , zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt).

53 d) Die Fragen, ob die Frist für die Erhebung der finanzgerichtlichen Klage aufgrund einer unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung in der Einspruchsentscheidung vom auf ein Jahr verlängert war (§ 55 Abs. 2 FGO) und ob eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren war, können vor diesem Hintergrund dahinstehen.

54 2. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2024:U.160124.VIIR34.22.0- 17 -

Fundstelle(n):
DStR-Aktuell 2024 S. 10 Nr. 23
DAAAJ-68247