Online-Nachricht - Donnerstag, 16.05.2024

Einkommensteuer | Beiträge an einen Solidarverein können Sonderausgaben sein (FG)

Beiträge an einen Solidarverein zur Erlangung von Krankenversicherungsschutz sind als Sonderausgaben abzugsfähig, wenn sich aus der Auslegung der Satzung und den weiteren Gesamtumständen ein Rechtsanspruch der Mitglieder auf Leistungen ergibt (, rechtskräftig).

Sachverhalt und Verfahrensgang: Die Kläger zahlten an einen Solidarverein Beiträge für ihre Absicherung im Krankheits- und Pflegefall. Bei diesem Verein handelt es sich ausweislich seiner Satzung um eine aufsichtsfreie Personenvereinigung und nicht um eine Krankenkasse oder Krankenversicherung. In der Satzung ist ferner geregelt, dass sich die Mitglieder gegenseitig rechtlich verbindlich eine umfassende flexible Krankenversorgung zusichern, die in Quantität und Qualität mindestens dem Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht.

Die Höhe der von den Mitgliedern zu leistenden Beiträge ist einkommensabhängig. Nach der Zuwendungsordnung besteht freie Therapiewahl und es wird ein Zuwendungsrahmen festgelegt, der Obergrenzen für einzelne Behandlungsleistungen enthält. In einem „Argumentarium“ werden die maßgeblichen Prinzipien des Vereins benannt, zu denen unter anderem das Prinzip „Zuwendung statt Anspruch“ gehört. Auch im Aufnahmebogen des Vereins ist die Formulierung enthalten, dass kein Rechtsanspruch auf bestimmte Leistungen bestehe.

Das Finanzamt erkannte den von den Klägern beantragten Sonderausgabenabzug für die Mitgliedsbeiträge nicht an, da es an einem Rechtsanspruch auf Leistungen fehle. Das FG Münster wies die hiergegen erhobene Klage im ersten Rechtsgang mit ab. Der BFH hob dieses Urteil mit Gerichtsbescheid vom - X R 21/22 (NV) auf und verwies die Sache an das FG zurück.

Im zweiten Rechtsgang hat der 11. Senat des FG Münster der Klage nunmehr weitgehend stattgegeben:

  • Die Beiträge zur Krankheitsvorsorge sind als Sonderausgaben anzuerkennen, nicht jedoch die Beiträge zur Pflegeabsicherung.

  • Die für die Vorsorge im Krankheitsfall geleisteten Beiträge sind zur Erlangung eines sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlich, da der Ersatz der Krankheitskosten nach der Satzung das Niveau der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung erreichen soll.

  • Obwohl die Satzung einen ausdrücklichen Leistungsanspruch nicht vorsieht, besteht ein rechtsverbindlicher Anspruch auf Leistungen im Krankheitsfall. Dies ergibt sich aus der Auslegung der Satzung und der weiteren Begleitumstände.

  • Die rechtliche Selbsteinschätzung des Vereins, die einen Rechtsanspruch ausschließt, dient lediglich dem Zweck, eine aufsichtsrechtliche Einordnung als Krankenversicherung zu verhindern.

  • Vielmehr ergibt sich aus der Satzung, dass in Fällen medizinischer Notwendigkeit ein Anspruch auf Leistungen besteht, der demjenigen der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht und auch ein entsprechendes Leistungsniveau garantiert.

  • Dies wird auch durch die von den Klägern übersandten Protokolle der Mitgliederversammlungen gestützt, aus denen sich über einen Zeitraum von acht Jahren keinerlei Streitigkeiten über Leistungsansprüche ergeben haben. Auch im „Argumentarium“ finden sich Anhaltspunkte dafür, dass die Mitglieder im Krankheitsfall verlässlich und vollumfänglich abgesichert sind.

  • Da der Verein eine solche Absicherung im Krankheitsfall gewährt, ist es unschädlich, dass er keine Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland hat.

  • Demgegenüber sind die der Pflegevorsorge dienenden Beiträge nicht als Sonderausgaben abzugsfähig, da nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung nur Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung begünstigt sind.

Hinweis:

Der Senat hat zwar die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Diese wurde von den Beteiligten jedoch nicht eingelegt.

Der Volltext der Entscheidung ist in der Rechtsprechungsdatenbank des Landes NRW veröffentlicht.

Quelle: FG Münster, Newsletter Mai 2024 (il)

Fundstelle(n):
FAAAJ-67095