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NWB Nr. 20 vom Seite 1374

Photovoltaikanlagen und Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 72 EStG: Aktuelle Brennpunkte

Referentenentwurf eines JStG 2024 sieht gravierende Änderungen bei der objektbezogenen Prüfung vor

Michael Seifert

[i]Martz, Photovoltaikanlage, Grundlagen, NWB ZAAAE-28828 Nachdem der Gesetzgeber mit dem JStG 2022 v.  (BGBl 2022 I S. 2294) eine Steuerbefreiung für bestimmte Photovoltaikanlagen mit Wirkung ab dem eingeführt hat, sieht der nunmehr vorliegende (interne) Referentenentwurf eines JStG 2024 bedeutsame Änderungen vor. Wird die geplante Neuregelung des § 3 Nr. 72 EStG umgesetzt, müssen alle Anlagen auf deren bisherige ertragsteuerliche Einordnung hin überprüft werden. Hierauf wird im nachfolgenden Beitrag ebenso wie auf aktuelle Entwicklungen in der Finanzverwaltung zu § 3 Nr. 72 EStG und auf die ersten Entscheidungen der Finanzgerichte zur Frage der Übertragbarkeit eines vor 2022 gebildeten Investitionsabzugsbetrags auf eine steuerbefreite Photovoltaikanlage eingegangen.

I. Aufwendungen mit wirtschaftlichem Bezug zum Zeitraum vor Einführung der Steuerbefreiung

[i]Aktuelle GesetzesfassungNach § 3 Nr. 72 EStG sind steuerfrei

„die Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb

a) von auf, an oder in Einfamilienhäusern (einschließlich Nebengebäuden) oder nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden vorhandenen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 30 kW (peak) und

b) von auf, an oder in sonstigen Gebäuden vorhandenen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 15 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit,S. 1375

insgesamt höchstens 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft. 2Werden Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 (EStG) erzielt und sind die aus dieser Tätigkeit erzielten Einnahmen insgesamt steuerfrei nach Satz 1, ist kein Gewinn zu ermitteln. 3In den Fällen des Satzes 2 ist § 15 Abs. 3 Nr. 1 (EStG) nicht anzuwenden.“

[i]Zeitliche AnwendungDie Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 EStG ist für Einnahmen und Entnahmen anzuwenden, die nach dem erzielt oder getätigt werden (§ 52 Abs. 4 Satz 28 EStG).

[i]Zurechnung von Einnahmen und EntnahmenDie Zurechnung der Einnahmen und Entnahmen zu einem Wirtschaftsjahr richtet sich nach der Gewinnermittlungsart:

  • Im Falle der Bilanzierung hat eine wirtschaftliche Zuordnung zu erfolgen.

  • Im Falle einer Einnahmenüberschussrechnung gelten die Zu- und Abflussregelungen u. a. unter Berücksichtigung der Zehn-Tage-Regelung.

Eine ausdrückliche Regelung zu Betriebsausgaben enthält das EStG nicht.

[i]Nachträgliche BetriebsausgabenBilanzierende mit einem Wirtschaftsjahr, das dem Kalenderjahr entspricht, haben die in den nachfolgenden Jahren zu zahlenden Betriebsausgaben gewinnmindernd im Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit zu erfassen. Wird der Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ermittelt, sind die Betriebsausgaben in der Regel im Abflussjahr zu erfassen. Auf die wirtschaftliche Zugehörigkeit der Ausgaben kommt es hingegen nicht an.

Im Hinblick auf die Steuerbefreiung der Einnahmen und Entnahmen ab dem Jahr 2022 stellt sich somit im Falle einer Einnahmenüberschussrechnung die Frage, ob Betriebsausgaben, deren Verursachung/Veranlassung in 2021 oder früher liegt, steuerwirksam in den Jahren 2022, 2023 oder später geltend gemacht werden können.

Beispiel 1:

A betreibt seit 2020 eine Photovoltaikanlage mit Gewinnerzielungsabsicht. Der steuerliche Gewinn wird durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelt. Die Einnahmen und Entnahmen werden ab 2022 nach § 3 Nr. 72 EStG steuerfrei gestellt. Nach langem Rechtsstreit wird in 2023 eine Handwerkerrechnung in Höhe von 3.500 € gezahlt. Die Handwerkerleistung wurde bereits im Jahr 2021 erbracht.

Nach [i]Finanzverwaltung: kein Abzug von Aufwendungen mit wirtschaftlichem Bezug zum Zeitraum vor Einführung der Steuerbefreiung Auffassung der Finanzverwaltung scheidet ein Betriebsausgabenabzug für Aufwendungen, die in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem Betrieb von nach § 3 Nr. 72 Satz 1 EStG begünstigten Photovoltaikanlagen stehen, aus ( BStBl 2023 I S. 1494, Rz. 21). Im Beispielsfall scheidet ein Betriebsausgabenabzug im VZ 2023 aus. Ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit einer steuerbefreiten Photovoltaikanlage soll nach der Verwaltungshandhabung selbst dann vorliegen, wenn in 2022 oder später Aufwendungen mit wirtschaftlichem Bezug zum Zeitraum vor Einführung der Steuerfreiheit gezahlt werden. Wenngleich der Wortlaut des BMF-Schreibens auch einen steuerwirksamen Betriebsausgabenabzug aufgrund des wirtschaftlichen Zusammenhangs mit Veranlagungszeiträumen vor 2022 zulässt, verneint die Finanzverwaltung in der Anwendungspraxis den Kostenabzug im vorliegenden Fall regelmäßig.

Praxishinweis:

[i]Musterverfahren anhängigDiese Verwaltungshandhabung überzeugt nicht. § 3c Abs. 1 Satz 1 EStG sieht ein Kostenabzugsverbot nur dann vor, wenn die Ausgaben mit steuerfreien Einnahmen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Bei Zahlungen in 2022 oder später für die Jahre 2021 oder früher existiert hingegen kein wirtschaftlicher Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen. Zu dieser Rechtsfrage ist beim FG Nürnberg unter dem Aktenzeichen 4 K 1440/23 ein erstes Musterverfahren anhängig. Vergleichbare Sachverhalte sollten im Einspruchsverfahren offen gehalten werden; die Finanzverwaltung dürfte das Ruhen des Verfahrens aus Zweckmäßigkeitsgründen (§ 363 Abs. 2 Satz 1 AO) gewähren. S. 1376

II. Referentenentwurf eines JStG 2024

1. Objektbezogene Prüfung

[i]Gebäudebezogene BetrachtungOb der Betrieb einer Photovoltaikanlage steuerfrei ist, richtet sich bislang auch nach der Gebäudeart. Für Photovoltaikanlagen auf, an oder in Einfamilienhäusern und nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden gilt eine starre 30 kWp-Grenze (§ 3 Nr. 72 Satz 1 Buchst. a EStG). Ist die Photovoltaikanlage auf einem sonstigen Gebäude installiert, werden durch die Anwendung einer Multiplikationsregelung 15 kWp je Wohn- oder Gewerbeeinheit akzeptiert (§ 3 Nr. 72 Satz 1 Buchst. b EStG).

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