Instanzenzug: Az: 4 KLs 4/23
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten O. wegen bewaffneten Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit vorsätzlichem Besitz eines Schlagrings, wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln in „12“ Fällen und wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt sowie den Vorwegvollzug eines Teils der Strafe angeordnet und eine Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis von einem Jahr festgesetzt. Den Angeklagten K. hat es wegen bewaffneten Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln in „12“ Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Dagegen richten sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten; der Angeklagte O. beanstandet außerdem das Verfahren. Die Rechtsmittel führen zu den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Klarstellungen der Schuldsprüche; dasjenige des Angeklagten O. hat außerdem mit der Sachrüge in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen sind die Revisionen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
21. Die Schuldsprüche bedürfen der Korrektur.
3Eine Korrektur der Urteilsformel nach der Urteilsverkündung kommt nur bei einem offensichtlichen Schreib- bzw. Verkündungsversehen in Betracht. Dieses kann aufgrund des insoweit anzulegenden strengen Prüfungsmaßstabs nur angenommen werden, wenn sich der Fehler ohne Weiteres aus solchen Tatsachen ergibt, die für alle Verfahrensbeteiligten – auch ohne Neufassung – offensichtlich sind, und der auch nur entfernte Verdacht einer späteren inhaltlichen Änderung des verkündeten Urteils ausgeschlossen ist, die Berichtigung also lediglich dazu dient, die äußere Übereinstimmung der Urteilsformel mit der tatsächlich beschlossenen herzustellen (st. Rspr.; vgl. etwa , NStZ 2023, 440 mwN).
4So verhält es sich hier, soweit die Angeklagten in den Fällen 1 bis 13 der Urteilsgründe wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln in „12“ Fällen verurteilt worden sind. Dem liegt, wie das Landgericht in den Urteilsgründen ausgeführt hat, ein offensichtlicher Zählfehler zugrunde. Danach waren tatsächlich neben dem bewaffneten Bandenhandel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht nur zwölf, sondern 13 Fälle des Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln Gegenstand der Verhandlung und der Verurteilung.
5Der Senat stellt die Schuldsprüche in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO klar (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 204/14, Rn. 2; vom – 3 StR 351/22, Rn. 4 f.; jeweils mwN).
62. Der Ausspruch über die Unterbringung des Angeklagten O. in einer Entziehungsanstalt hält rechtlicher Überprüfung aufgrund der gemäß § 2 Abs. 6 StGB, § 354a StPO seit dem maßgeblichen Fassung des § 64 StGB (vgl. , Rn. 8) nicht stand.
7Die Urteilsgründe belegen schon nicht, dass er den Hang hat, alkoholische oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Angesichts der festgestellten Lebensumstände, insbesondere der beruflichen Tätigkeit des Angeklagten, hätte die Annahme einer „Abhängigkeit“ von Cannabinoiden und Amphetamin einer näheren Erörterung bedurft. Den Urteilsgründen lässt sich – wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift näher ausgeführt hat – nicht entnehmen, dass dadurch eine nach § 64 Satz 1 zweiter Halbsatz StGB nunmehr erforderliche dauernde und schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung, der Gesundheit, der Arbeits- oder der Leistungsfähigkeit des Angeklagten eingetreten ist.
8Das Landgericht hat seine Feststellungen an dem nunmehr geltenden strengeren Prüfungsmaßstab nicht ausrichten können. Die Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten O. in einer Entziehungsanstalt bedarf deshalb – wiederum unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) – neuer Verhandlung und Entscheidung. Der Senat hebt die zugehörigen Feststellungen auf, um dem neuen Tatgericht widerspruchsfreie neue Feststellungen zu ermöglichen.
9Die Aufhebung der Unterbringungsanordnung führt zum Wegfall der untrennbar damit verbundenen Entscheidung über den Vorwegvollzug eines Teils der Gesamtfreiheitsstrafe. Insoweit wird das nunmehr zur Entscheidung berufene Tatgericht gegebenenfalls die geänderte Fassung des § 67 Abs. 2 Satz 3, Abs. 5 erster Halbsatz StGB zu beachten haben (vgl. , Rn. 16).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:070224B6STR577.23.1
Fundstelle(n):
ZAAAJ-61339