NWB Nr. 7 vom Seite 441

Mitgefangen, mitgehangen

Reinhild Foitzik | Verantw. Redakteurin | nwb-redaktion@nwb.de

Neues aus der Rechtsprechung

Nachdem Strahl schon in NWB 4/2024 S. 222 aus beratungsbezogener Sicht auf den Verfassungsgerichtsbeschluss zur Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften grundlegend eingegangen ist, beleuchtet Kraft in dieser Ausgabe auf den Beschluss noch einmal rechtssystematisch. Ausgehend vom Gesetzeswortlaut, fasst sie kurz und prägnant die divergierenden Auffassungen des I. und IV. BFH-Senats zusammen, um dann die Argumentationsschiene des BVerfG einer tiefergehenden Analyse zu unterziehen. Ihr Fazit: Das Gericht bleibt seiner am Wortlaut des Gesetzes orientierten Rechtsprechungslinie treu und leitet konsequent die Gleichheitswidrigkeit des § 6 Abs. 5 EStG ab, soweit danach keine Buchwertübertragungen zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften möglich sind.

Konsequent an der Rechtsprechungslinie des BFH orientiert hat sich das FG Hamburg in einem Kindergeldfall. Zu entscheiden war die Frage, welche Voraussetzungen an den Nachweis des Vorliegens einer Behinderung und deren Eintritt vor dem 25. Lebensjahr zu stellen sind, damit ein Kind über das 25. Lebensjahr hinweg im Rahmen des Familienleistungsausgleichs berücksichtigt werden kann. Im Ergebnis erteilte das Gericht den restriktiven Nachweiserfordernissen der Familienkasse insoweit eine Absage, als der Nachweis auch anderweitig erbracht werden kann. Für Kindergeldberechtigte bzw. steuerliche Berater in Kindergeldverfahren bietet dieses Urteil – so Bender auf – eine gewichtige Argumentationsgrundlage, um die unberechtigte Aufhebung einer ergangenen bzw. die Ablehnung einer beantragten Kindergeldfestsetzung durch Familienkassen abzuwehren.

Welche Macht der SCHUFA, der Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung, zukommt, weiß jeder, der schon einmal bei seiner Bank einen Kredit beantragt hat. Die SCHUFA erstellt sog. Score-Werte. Dazu wird – ohne im Einzelnen offenzulegen wie – aus bestimmten Merkmalen einer Person auf der Grundlage mathematisch-statistischer Verfahren für diese die Wahrscheinlichkeit eines künftigen Verhaltens, wie bspw. die Rückzahlung eines Kredits, prognostiziert. Die Erstellung von Score-Werten basiert auf der Annahme, dass durch die Zuordnung einer Person zu einer Gruppe anderer Personen mit bestimmten vergleichbaren Merkmalen, die sich in einer bestimmten Weise verhalten haben, ein ähnliches Verhalten vorausgesagt werden kann. Erinnert ein bisschen an „mitgefangen, mitgehangen“ – war man mit Räubern unterwegs und wurde gefangen, wurde man auch mit ihnen gehangen, obwohl man (vielleicht) gar kein Räuber war. Ob diese Art der Wahrscheinlichkeitswertermittlung unter Art. 22 Abs. 1 der Datenschutz-Grundverordnung fällt, diese Frage des VG Wiesbaden hatte nun der EuGH zu beantworten. Schur erläutert auf die Entscheidung des EuGH und zeigt mögliche Auswirkungen auf.

Beste Grüße

Reinhild Foitzik

Fundstelle(n):
NWB 2024 Seite 441
NWB NAAAJ-59257