BGH Beschluss v. - VIII ZR 22/23

Instanzenzug: Az: 13 S 124/21vorgehend AG Kerpen Az: 107 C 75/19

Gründe

I.

1Der Beklagte war gemeinsam mit seiner Ehefrau, der am Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht beteiligten vormaligen Erstbeklagten, Mieter einer Fünfzimmerwohnung der Klägerin in F.     . Nach dem Auszug der Mieter forderte die Klägerin sie zur Beseitigung von Schäden in der Wohnung und dem zugehörigen Garten auf.

2Nachdem der Beklagte und seine Ehefrau darauf nicht reagierten, leitete die Klägerin ein selbständiges Beweisverfahren zur Feststellung der Schäden und zur Ermittlung der Instandsetzungskosten ein.

3Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin den Beklagten und dessen Ehefrau auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 12.840,84 € und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, jeweils nebst Zinsen, in Anspruch genommen sowie darüber hinaus beantragt, den Beklagten die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen.

4Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat, nachdem ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Ehefrau des Beklagten eröffnet worden war und es daraufhin das Verfahren gegen sie ausgesetzt hatte, die Berufung der Klägerin mit dem angegriffenen Teilurteil zurückgewiesen, soweit die Klage gegen den Beklagten abgewiesen worden ist.

5Das Berufungsgericht hat angenommen, der von der Klägerin gegen den Beklagten geltend gemachte Schadensersatzanspruch wegen Verschlechterung der Mietsache sei gemäß § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB verjährt.

6Mit der beabsichtigten Revision, deren Zulassung sie mit der Nichtzulassungsbeschwerde begehrt, möchte die Klägerin ihr Klagebegehren weiterverfolgen. Sie meint, der Wert der Beschwer betrage 22.734,84 €, da der Ausgang des Beschwerdeverfahrens präjudiziell sei für zwei weitere Klageverfahren, die sie gegen den Beklagten führe und in denen es um einen Mietausfall für die Monate Juli bis Dezember 2017 in Höhe von insgesamt 9.930 € aus demselben Mietverhältnis gehe. Diese Ansprüche seien von dem vorliegenden Verfahren insoweit abhängig, als auch dort Voraussetzung sei, dass sich die Wohnung bei Rückgabe in einem nicht vertragsgemäßen Zustand befunden habe. Darüber werde im vorliegenden Rechtsstreit mit Rechtskraftwirkung entschieden.

7Die Prozessbevollmächtigten des Beklagten haben im Beschwerdeverfahren mitgeteilt, dass der Beklagte mittlerweile verstorben sei und alle in Betracht kommenden Erben das Erbe ausgeschlagen hätten. Eine Aussetzung des Verfahrens haben weder die Prozessbevollmächtigten des Beklagten noch die Klägerin beantragt.

II.

81. Gemäß § 246 Abs. 1 Halbs. 1 ZPO ist das Beschwerdeverfahren mit Wirkung für den Rechtsnachfolger des Beklagten fortzusetzen, weil der Beklagte schon vor seinem Tod anwaltlich vertreten war und die Prozessvollmacht gemäß § 86 ZPO fortwirkt (vgl. , BGHZ 121, 263, 265; vom - II ZR 116/08, BGHZ 179, 13, Rn. 9). Wird - wie hier - ein Aussetzungsantrag nach § 246 Abs. 1 Halbs. 2, § 555 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht gestellt, so setzt sich der Prozess trotz der eingetretenen Veränderung fort. Wer Rechtsnachfolger geworden ist, bedarf keiner Entscheidung, weil der Rechtsstreit gemäß § 246 Abs. 1 Halbs. 1 ZPO unter der bisherigen Parteibezeichnung - mit oder ohne Hinweis auf die Rechtsnachfolge - fortgesetzt und entschieden werden kann (vgl. , aaO; vom - VI ZR 394/00, NJW 2002, 1430 unter 3 b; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 23. Aufl., § 246 Rn. 9; Musielak/Voit/Stadler, ZPO, 20. Aufl., § 246 Rn. 5; jeweils mwN).

92. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer lediglich 12.840,84 € beträgt und damit die gemäß § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Wertgrenze von mehr als 20.000 € nicht erreicht.

10a) Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts (vgl. Senatsbeschlüsse vom - VIII ZR 255/20, WM 2021, 2262 Rn. 15; vom - VIII ZR 38/21, NJW-RR 2022, 1023 Rn. 9; vom - VIII ZR 421/21, juris Rn. 9). Dieses Interesse ist nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO zu ermitteln (vgl. BGH, Beschlüsse vom - VIII ZR 369/19, juris Rn. 8; vom - VI ZR 1191/20, VersR 2021, 668 Rn. 5; vom - VIII ZR 255/20, aaO; vom - VIII ZR 421/21, aaO). Über die Höhe der Beschwer hat das Revisionsgericht selbst zu befinden (vgl. Senatsbeschlüsse vom - VIII ZR 290/19, NJW-RR 2020, 1517 Rn. 14; vom - VIII ZR 369/19, aaO; vom - VIII ZR 255/20, aaO; vom - VIII ZR 421/21, aaO). Um dem Revisionsgericht diese Prüfung zu ermöglichen, muss der Beschwerdeführer innerhalb laufender Begründungsfrist darlegen und glaubhaft machen, dass er mit der beabsichtigten Revision das Berufungsurteil in einem Umfang, der die Wertgrenze von 20.000 € übersteigt, abändern lassen will (vgl. BGH, Beschlüsse vom - V ZR 140/20, WuM 2021, 333 Rn. 4; vom - VI ZR 1265/20, NZM 2021, 822 Rn. 5; vom - VIII ZR 38/21, aaO; vom - V ZR 132/22, NJW-RR 2023, 1056 Rn. 3).

11b) Diesen Anforderungen wird die Nichtzulassungsbeschwerde nicht gerecht. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) entspricht vorliegend dem Gegenstandswert des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde.

12aa) Die Klägerin ist durch die Klageabweisung in Höhe von 12.840,84 € beschwert. Die auf Zinszahlung aus der Hauptforderung sowie auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichteten Anträge bleiben als Nebenforderungen bei der Wertermittlung außer Betracht (§ 4 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO). Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens stellen grundsätzlich gerichtliche Kosten der Hauptsache dar und sind daher im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 104 ff. ZPO geltend zu machen (st. Rspr.; vgl. , NJW 2018, 402 Rn. 13; Beschlüsse vom - VII ZB 34/03, juris Rn. 8; vom - VII ZB 59/05, NJW-RR 2006, 810 Rn. 14; vom - V ZB 188/16, NJW 2018, 625 Rn. 13; vom - VIII ZB 61/12, Rn. 19; MünchKommZPO/Schreiber, 6. Aufl., § 485 Rn. 32 mwN). Bei dem Antrag, dem Beklagten auch diese Kosten aufzuerlegen, handelt es sich daher nicht um einen streitwerterhöhenden Sachantrag.

13bb) Entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde ist der Wert des Beschwerdegegenstands vorliegend nicht wegen einer vermeintlichen Bedeutung des Rechtsstreits für zwei andere - nach dem Vorbringen der Nichtzulassungsbeschwerde - gegen den Beklagten in Bezug auf dasselbe Mietverhältnis geführte Klageverfahren erhöht.

14Aus dem von der Nichtzulassungsbeschwerde angeführten , juris Rn. 2) lässt sich nichts Anderes herleiten. Soweit in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unter bestimmten Voraussetzungen auch die Auswirkungen der zu treffenden Entscheidung auf andere Verfahren zur Bemessung des Streitwerts herangezogen worden sind (vgl. zur einseitigen Erledigungserklärung BGH, Beschlüsse vom - V ZR 90/58, NJW 1958, 2016; vom - XII ZR 295/02, NJW-RR 2005, 1728 unter II; vom - IX ZR 214/07, juris Rn. 2; vom - III ZR 540/16, NJOZ 2018, 1270 Rn. 8; vom - II ZR 149/17, juris Rn. 4; vom - VIII ZR 38/21, NJW-RR 2022, 1023 Rn. 14; zum Teilanerkenntnis , juris Rn. 8), liegt eine solche Fallgestaltung hier nicht vor. Überdies ist eine Rechtskrafterstreckung auf die von der Nichtzulassungsbeschwerde angeführten Parallelverfahren nicht im Ansatz dargetan und auch sonst nicht ersichtlich.

III.

15Die Nichtzulassungsbeschwerde wäre im Übrigen auch unbegründet, da die von ihr geltend gemachten Revisionszulassungsgründe nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) erforderlich.

16Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 544 Abs. 6 Satz 2 ZPO ab.

IV.

17Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:121223BVIIIZR22.23.0

Fundstelle(n):
ZAAAJ-57899