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BBK Nr. 24 vom Seite 1096

Neuerungen durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz – Zurück in die Zukunft

Einordnung des Maßnahmenpakets im Gesellschafts-, Steuer- und Kapitalmarktrecht für die Praxis

Daniela Stephan und Benedikt Hoffmann

„Zukunft made in Germany“ – Deutschland zum führenden Standort für Start-ups und Wachstumsunternehmen zu machen ist der Leitgedanke, unter den das Bundesfinanzministerium und das Bundesjustizministerium das gemeinsam erarbeitete Gesetz zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen (Zukunftsfinanzierungsgesetz, ZuFinG) gestellt haben. Erreicht werden soll dies durch ein umfangreiches Maßnahmenpaket im Gesellschafts-, Steuer- und Kapitalmarktrecht. Der folgende Beitrag erläutert die wesentlichen Neuerungen der im November von Bundestag und Bundesrat verabschiedeten Gesetzesfassung unter besonderer Berücksichtigung ihrer Bedeutung für Start-ups, Wachstumsunternehmen und KMU.

I. Einordnung und Ziele des Zukunftsfinanzierungsgesetzes

Bereits [i]Förderung der steuerrechtlichen Attraktivität von Zukunftsinvestitionen im Herbst 2020 wurde auf EU-Ebene ein Aktionsplan zur Förderung der Kapitalmarktunion vorgelegt, mit dem das Ziel formuliert wurde, den Kapitalmarktzugang für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu erleichtern und attraktiver zu gestalten. Neben Vereinfachungen der Börsenzulassungs- und Einbeziehungsvoraussetzungen sollen u. a. Strukturen von Mehrstimmaktien in Gesellschaften geschaffen werden. Diese Ziele fanden auch Eingang in den Koalitionsvertrag 2021 der sog. Ampel-Regierung. In der Folge beschäftigte sich das BMF mit Maßnahmen zur Förderung der steuerrechtlichen Attraktivität von Zukunftsinvestitionen, insbesondere der Attraktivierung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen und der Lösung der sog. Dry-Income Problematik. S. 1097

Nachdem [i]Zwei Schritte nach vorn und ein Schritt zurück – Abschwächung des ZuFinG zunächst am der Referentenentwurf (Ref-E) veröffentlicht wurde, folgte am der Regierungsentwurf des ZuFinG (Reg-E), welcher zahlreiche Vorhaben bereits im Vorgriff auf geplante EU-Maßnahmen berücksichtigte. Zudem enthielt der Reg-E noch Maßnahmen zur Förderung der Energiewende im Fondsbereich und zur Digitalisierung des Kapitalmarkts. Der Gesetzesentwurf wurde am in erster Lesung vom Bundestag beraten und am fand eine öffentliche Anhörung im Finanzausschuss statt. Gemäß dem empirischen Grundsatz, dass kein Gesetz das Parlament so verlässt, wie es eingebracht wurde, hat das ZuFinG in der am vom Bundestag und am vom Bundesrat verabschiedeten Gesetzesfassung noch einige Abschwächungen erfahren, die eher als Rückschritte einzuordnen sind. Das Gesetz tritt weitgehend am Tag nach Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft, einige Regelungen – insbesondere die steuerrechtlichen Änderungen – gelten aber erst ab dem .

II. Gesellschaftsrechtliche Änderungen

1. (Wieder-)Zulassung von Mehrstimmrechtsaktien

Gemäß der aktuell geltenden Fassung des § 12 Abs. 2 AktG sind Mehrstimmrechte in Deutschland gesetzlich ausgeschlossen, während sie z. B. in den USA weit verbreitet sind (dual class shares).

Dieses [i]Verbot für Mehrstimmrechte in Deutschland wird gestrichenVerbot wird im Zuge des ZuFinG (wieder) durch Aufhebung des § 12 Abs. 2 AktG gestrichen. Auf diese Weise sollen für die Gattung der Namensaktien Anreize für die Einwerbung von Eigenkapital über den Kapitalmarkt geschaffen werden. Der Gesetzgeber hat dabei etwa Gründer im Blick, denen ermöglicht werden soll, Eigenkapital aufzunehmen, ohne wesentlich an unternehmerischem Einfluss zu verlieren und so ihre Expertise weiterhin umfassend in das Unternehmen einbringen können. Folglich kann die Satzung Namensaktien mit Mehrstimmrechten vorsehen und damit einem Gesellschafter mehr Stimmrechte zuweisen, als seiner Kapitalbeteiligung entspricht (§ 135a Abs. 1 Satz 1 AktG n. F.). Denkbar wären aus unserer Sicht auch verschieden ausgestaltete Mehrstimmrechtsaktien, die jeweils mit unterschiedlicher Stimmkraft ausgestattet sind (vgl. § 135a Abs. 2 Satz 6 AktG n. F.).

Um [i]Höchstens das Zehnfache des „normalen“ Stimmrechts und Zustimmung aller Aktionäreökonomischen und kapitalmarktrechtlichen Bedenken Rechnung zu tragen, balanciert das ZuFinG die Einführung der Mehrstimmrechtsaktien mit komplementären Regelungen zum Anleger- und Minderheitenschutz aus. Mehrstimmrechte können demnach höchstens das Zehnfache des „normalen“ Stimmrechts vermitteln und bedürfen der Zustimmung aller Aktionäre (§ 135a Abs. 1 Satz 2 und 3 AktG n. F.). Da für die Einführung die Zustimmung aller Aktionäre erforderlich ist, ist die erstmalige Begründung von Mehrstimmrechten nach einem Börsengang mit breitem Streubesitz faktisch ausgeschlossen.

Bei [i]Bundesrat kritisierte spezifische Regelungen für das Erlöschen von Mehrstimmrechten börsennotierten Gesellschaften erlöschen die Mehrstimmrechte mit Übertragung der Aktie, spätestens aber zehn Jahre nach der Börsennotierung, wenn die Satzung keine kürzere Frist vorsieht (§ 135a Abs. 2 Satz 1 und 2 AktG n. F.). Das Erlöschen kann frühestens ein Jahr vor Ablauf der Frist (einmalig) durch Beschluss der Hauptversammlung mit einer Mehrheit von ¾ des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals um bis zu zehn weitere Jahre verlängert werden (§ 135a Abs. 2 Satz 3 bis 8 AktG n. F.). Der Bundesrat kritisierte die spezifischen Regelungen für das Erlöschen von S. 1098Mehrstimmrechten nach einem Börsengang und drängte auf einen einheitlichen Rechtsrahmen für alle Unternehmen – entweder durch Streichung oder durch Anwendung der Regelungen auf alle Unternehmen unabhängig von einem Börsengang. Dies lehnte die Bundesregierung jedoch ab und hat keinen Eingang in die verabschiedete Gesetzesfassung gefunden.

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