BVerwG Beschluss v. - 2 VR 3/23

Konkurrentenstreit um die Vergabe eines höherwertigen Dienstpostens

Leitsatz

1. Die Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens vermittelt keine rechtlich gesicherte Position auf die Vergabe des höherwertigen Statusamts.

2. Art. 33 Abs. 2 GG vermittelt ein grundrechtsgleiches Recht auf fehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Hieraus folgt kein Anspruch auf die (weitere) Verengung des möglichen Bewerberfeldes durch die Vorgabe eines Anforderungsprofils.

3. Die fehlende Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten kann gemäß § 46 VwVfG unbeachtlich sein.

Gesetze: Art 19 Abs 4 S 1 GG, Art 33 Abs 2 GG, § 99 Abs 1 S 1 VwGO, § 123 Abs 1 S 2 VwGO, § 9 S 1 BBG 2009, § 22 Abs 2 BBG 2009, § 54 Abs 1 Nr 3 BBG 2009, § 27 Abs 1 Nr 1 Buchst b BGleiG 2015, § 27 Abs 2 BGleiG 2015, § 37 BGleiG 2015, § 46 VwVfG, § 49 Abs 3 BLV 2009

Gründe

I

1Das Verfahren betrifft die Vergabe eines Beförderungsdienstpostens beim Bundesnachrichtendienst (BND).

2Der 1974 geborene Antragsteller ist Bundesbeamter und wird seit 2012 beim BND verwendet. Im Jahr 2017 beförderte ihn die Beklagte zum Direktor beim BND (Besoldungsgruppe B 3 BBesO); seitdem war er als Leiter eines Leitungsstabs, als Leiter der Abteilung A und zuletzt als Leiter eines Direktorats tätig.

3Der streitgegenständliche, der Besoldungsgruppe B 6 BBesO zugeordnete Dienstposten Bereichsleitung X ist im Rahmen der Neuorganisation des BND zum August 2022 neu geschaffen worden und umfasst im Wesentlichen die Arbeitsbereiche der früheren Abteilungen A, B und C. Er wurde zunächst ämtergleich mit Herrn S. besetzt, der anschließend aber zum Bundesministerium der Verteidigung versetzt wurde. Seit dem ist dem Beigeladenen - zusätzlich zu seinem originären Aufgabenbereich als Direktoratsleiter Z - die Vakanzvertretung übertragen.

4Aufgrund eines Besetzungsvermerks vom , der keine Erwägungen zu möglichen anderen Bewerbern enthielt, entschied der Präsident des BND nach Zustimmung der Gleichstellungsbeauftragten am , den Dienstposten mit dem Beigeladenen nachzubesetzen. Nachdem das Bundeskanzleramt um Zustimmung gebeten worden war, wies der im BND für förderliche Dienstpostenbesetzungen zuständige Fachbereich darauf hin, dass auch im Fall des Absehens von einer Ausschreibung zur Wahrung der für eine förderliche Dienstpostenvergabe maßgeblichen Anforderungen aus Art. 33 Abs. 2 GG von Amts wegen ein Leistungsvergleich der in Betracht kommenden Beamten mit einem Statusamt der Besoldungsgruppe B 3 BBesO anhand der Anforderungen des Dienstpostens erfolgen müsse. Ein daraufhin unter dem erstelltes Anforderungsprofil gab das Bundeskanzleramt nach Berücksichtigung beanstandeter "Gender-Anpassungen" am frei. Anschließend wurden Anlassbeurteilungen für diejenigen (drei) Beamten eingeholt, die den zwingenden Anforderungen des Anforderungsprofils - einer Bewährung in mindestens zwei B 3-Führungsverwendungen mit einer Mindestdauer von insgesamt vier Jahren - genügten. Sowohl der Antragsteller als auch der Beigeladene wurden dabei mit der Bestnote beurteilt. Am übermittelte der BND das Anforderungsprofil an die Gleichstellungsbeauftragte.

5Auf Grundlage des Auswahlvermerks vom entschied der Präsident des BND nach Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten am , den Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen. Mit Schreiben vom erteilte das Bundeskanzleramt seine Zustimmung.

6Nach Bekanntgabe des Ergebnisses des Auswahlverfahrens hat der Antragsteller beim Bundesverwaltungsgericht um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Er beantragt,

der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum Ablauf von zwei Wochen nach der Bekanntgabe einer erneuten Auswahlentscheidung zu untersagen, den Dienstposten Bereichsleitung X mit dem Beigeladenen zu besetzen, diesen auf den Dienstposten zu befördern oder den Dienstposten anderweitig endgültig zu besetzen.

7Die Antragsgegnerin ist dem Vorbringen entgegengetreten und beantragt,

den Antrag abzulehnen.

8Der Beigeladene hat sich nicht geäußert und auch keine Anträge gestellt.

II

9Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, über den der Senat gemäß § 123 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO in erster und letzter Instanz zu befinden hat, ist nicht begründet. Der Antragsteller hat zwar die Eilbedürftigkeit einer gerichtlichen Entscheidung glaubhaft gemacht (1.). Der Antrag zeigt aber keine Bedenken an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen auf, sodass dem Antragsteller kein Anspruch auf vorläufige Unterlassung ihres Vollzugs zukommt (2.).

101. Dem Antragsteller steht ein Anordnungsgrund i. S. v. § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO für den begehrten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Seite.

11Zwar ist Gegenstand des Verfahrens nicht die Vergabe eines statusrechtlichen Amts, die nach Ernennung des ausgewählten Bewerbers nach dem Grundsatz der Ämterstabilität nur noch rückgängig gemacht werden könnte, wenn der unterlegene Bewerber unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG an der Ausschöpfung seiner Rechtsschutzmöglichkeiten gehindert worden wäre (vgl. 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 Rn. 27 und vom - 2 A 5.18 - BVerwGE 164, 84 Rn. 22 ff.). Anforderungsprofil und Auswahlentscheidung sind vielmehr ausdrücklich nur auf die Vergabe eines Dienstpostens bezogen. Diese kann nachträglich aufgehoben und der Dienstposten anderweitig besetzt werden, sodass dem Antragsteller nachgelagerter Rechtsschutz zur Verfügung steht ( 2 VR 3.11 - Buchholz 232.1 § 48 BLV Nr. 1 Rn. 19).

12Mit der Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens ist auch keine "Anwartschaft" oder in sonstiger Weise rechtlich gesicherte Position im Hinblick auf die Vergabe des höherwertigeren Statusamts verbunden (a. A. für das Soldatenrecht offenbar 1 WB 29.21 - BVerwGE 176, 248 Rn. 31). Die Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens begründet keinen Anspruch auf Beförderung ( 6 C 55.68 - BVerwGE 36, 218 <222> und vom - 2 C 51.13 - BVerwGE 151, 114 Rn. 16). Die Einstufung und Wertigkeit des Dienstpostens, den der Beamte innehat, ist vielmehr kein den Vorgaben des Grundsatzes der Bestenauswahl aus Art. 33 Abs. 2 GG entsprechendes Kriterium ( 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <103>; Beschluss vom - 2 B 117.07 - DÖD 2009, 99 <100>; ebenso - NVwZ 2013, 1603 Rn. 22 f.).

13Die Auswahlentscheidung vermittelt dem Beigeladenen auch keinen Anspruch darauf, den höherwertigen Dienstposten künftig unverändert ausüben zu dürfen (vgl. 2 C 30.78 - BVerwGE 60, 144 <151>). Der Beamte muss vielmehr eine Änderung seines dienstlichen Aufgabenbereichs nach Maßgabe seines Amts im statusrechtlichen Sinn aus jedem sachlichen organisations- oder personalwirtschaftlichen Grund hinnehmen (vgl. 2 A 6.13 - BVerwGE 153, 246 Rn. 18).

14Die von der Antragsgegnerin getroffene Auswahlentscheidung für die Dienstpostenvergabe vermag die Rechtsstellung des Antragstellers aus Art. 33 Abs. 2 GG aber dennoch zu beeinträchtigen, weil sie Vorwirkungen auf die nachfolgende Vergabe von Statusämtern entfalten kann (vgl. 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 14 ff. m. w. N.). Der von der Antragsgegnerin zur Nachbesetzung vorgesehene und mit der Besoldungsgruppe B 6 BBesO bewertete Dienstposten stellt für den Antragsteller, der ein Amt der Besoldungsgruppe B 3 BBesO innehat, einen höherwertigen Dienstposten dar. Die Übertragung schafft daher die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für eine spätere Beförderung (§ 22 Abs. 2 BBG; vgl. zur ämtergleichen Umsetzung dagegen 2 A 6.13 - BVerwGE 153, 246 Rn. 18). Diese Vorwirkung ist mit der bewusst "förderlichen" Besetzung des Dienstpostens durch Beamte mit einem Statusamt der niedrigeren Besoldungsgruppe B 3 BBesO von der Antragsgegnerin auch beabsichtigt.

152. Der Antragsteller hat aber keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Die Notwendigkeit, die Dienstpostenübertragung vorläufig zu untersagen, ergibt sich weder aus einer Verhinderung der Wahrnehmung effektiven Rechtsschutzes (a) noch hat der Antragsteller durchgreifende Bedenken an der formellen (b) oder materiellen (c) Rechtmäßigkeit der zugunsten des Beigeladenen getroffenen Auswahlentscheidung aufgezeigt.

16a) Soweit der Antragsteller die Dokumentation und Aktenführung der Antragsgegnerin rügt, ist zuzugeben, dass die vorgelegten Unterlagen - die über weite Strecken aus mehrfach ausgedruckten E-Mails bestehen und die dort benannten Anlagen nicht durchgängig enthalten - weder geordnet noch vollständig sind.

17Damit wird sowohl die Rechtsverfolgung des Antragstellers als auch die Arbeit des Gerichts beeinträchtigt und erschwert. Die Einhaltung des Grundsatzes der Aktenklarheit, -wahrheit und -vollständigkeit dient gerade dem Zweck, die Betroffenen und das Gericht in die Lage zu versetzen, die getroffenen Entscheidungen nachzuvollziehen und eine ordnungsgemäße Prüfung sicherzustellen (vgl. etwa BVerfG, Kammerbeschlüsse vom - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178 <1179> = juris Rn. 17 ff. und vom - 2 BvR 2474/14 - juris Rn. 19). Verwaltungsgerichte haben den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO); der Anspruch auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes verbürgt auch eine Überprüfung des Streitgegenstands in tatsächlicher Hinsicht (vgl. - BVerfGE 85, 337 <345>). Die Aufklärung von Verwaltungsvorgängen setzt aber ordnungsgemäße Verwaltungsakten und wahrheitsgemäße Behördenangaben voraus.

18Dass der Antragsteller hierdurch an der effektiven Wahrnehmung seiner Rechte gehindert wäre, ist indes nicht dargetan. Auch der Antrag begnügt sich insoweit mit allgemein gehaltener Kritik und benennt nicht, hinsichtlich welcher konkreter Sachverhalte weitergehende Informationen erforderlich gewesen wären.

19Entsprechendes gilt für die - umfangreichen - Schwärzungen, die die Antragsgegnerin zur Wahrung des Personaldaten- und Geheimnisschutzes an den vorgelegten Unterlagen angebracht hat. Damit werden die Lektüre und das Verständnis der Verwaltungsvorgänge zwar nicht unerheblich erschwert; dass eine weitere Kenntnis von im Einzelnen bezeichneten Vorgaben für die effektive Rechtsverfolgung erforderlich gewesen wäre, ist indes weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Antragsgegnerin hat hierzu auch eine weitere Prüfung im Fall konkreter Benennung angeboten, von welcher der Antragsteller keinen Gebrauch gemacht hat.

20Die Vorgehensweise der Antragsgegnerin gibt indes Anlass zu dem Hinweis, dass auch der BND zur Vorlage der gerichtlich angeforderten Akten verpflichtet ist (§ 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Ihm steht nicht die Befugnis zur eigenmächtigen Schwärzung zu, weil entsprechende Erklärungen gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO nur von der zuständigen obersten Aufsichtsbehörde - hier also dem Bundeskanzleramt (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 BNDG) - abgegeben werden können (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 20 F 1.08 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 50 Rn. 10 und vom - 20 F 5.21 - juris Rn. 22 ff. sowie VGH Mannheim, Beschluss vom - 1 S 188/19 - VBlBW 2019, 325 = juris Rn. 17; zum Umfang des Akteneinsichtsrechts auch 6 C 30.72 - BVerwGE 49, 89 <93 f.>).

21b) Der Antragsteller hat auch keine formellen Mängel an der zugunsten des Beigeladenen getroffenen Auswahlentscheidung dargelegt. Insbesondere ist diese nicht deshalb zu beanstanden, weil die Gleichstellungsbeauftragte bei der Abfassung des Anforderungsprofils nicht rechtzeitig beteiligt wurde.

22Allerdings liegt die streitbefangene förderliche Dienstpostenbesetzung im Anwendungsbereich des Bundesgleichstellungsgesetzes. Es ist weder ein in § 37 BGleiG für den BND geregelter Abweichungsfall gegeben noch führt der Umstand, dass der Dienstposten in seiner Wertigkeit zum Statusamt eines politischen Beamten gehört (vgl. § 54 Abs. 1 Nr. 3 BBG), zum Ausschluss der Beteiligungsvorschriften (vgl. hierzu ausdrücklich die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. 18/3784 S. 104).

23Zuzugeben ist dem Antragsteller auch, dass die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten im Hinblick auf die Erstellung des Anforderungsprofils nicht "frühzeitig" i. S. v. § 27 Abs. 2 BGleiG gewesen wäre. Voraussetzung der hierfür geforderten "Gestaltungsfähigkeit" ist jedenfalls, dass die von der Gleichstellungsbeauftragten vorgebrachten Bedenken oder Anregungen noch in den Entscheidungsprozess hätten einfließen können (vgl. hierzu Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. 18/3784 S. 105). Eine derartige Mitwirkung bei der Willensbildung war hier ausgeschlossen, weil die Beteiligung erst nach der Freigabe des Anforderungsprofils durch das Bundeskanzleramt und der hierauf gestützten Sichtung des Bewerberfelds erfolgte.

24Ein beachtlicher Verfahrensverstoß liegt gleichwohl nicht vor. Dabei kann offenbleiben, ob den Beteiligungserfordernissen bereits dadurch Genüge getan worden ist, dass die Gleichstellungsbeauftragte hinsichtlich der Dienstpostenbesetzung schon im November 2022 beteiligt worden war und in ihrer Stellungnahme vom keine Einwände gegen die Auswahl des Beigeladenen für die Nachbesetzung des Dienstpostens erhoben hatte.

25Offenbleiben kann auch, ob der Beteiligungstatbestand der Vorbereitung einer Umsetzung von Beschäftigten i. S. v. § 27 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b BGleiG - trotz des Fehlens einer ausdrücklichen Benennung (vgl. 2 A 3.20 - BVerwGE 173, 213 Rn. 26) - bereits die Erstellung eines Anforderungsprofils für den zu vergebenden Dienstposten umfasst (vgl. 5 P 2.21 - juris Rn. 20 zu dem wegen des auf den Dienstposten bezogenen Sachbezugs fehlenden Beteiligungsrecht des Personalrats; hierzu auch 2 VR 1.16 - BVerwGE 157, 168 Rn. 18).

26Ein entsprechender Verfahrensverstoß wäre jedenfalls gemäß § 46 VwVfG unbeachtlich (vgl. - juris Rn. 16; hierzu auch 2 C 62.11 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 19 Rn. 12 ff. für die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten im Disziplinarverfahren sowie Beschluss vom - 2 C 24.18 - Buchholz 316 § 46 VwVfG Nr. 28 Rn. 3 zur Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung). Nachdem die Beachtung von geschlechtsneutralen Formulierungen bereits vom Bundeskanzleramt angemahnt worden war und die in der nachfolgenden Stellungnahme der Gleichstellungsbeauftragten geforderte Berücksichtigung des "Gender Mainstreamings" im Anforderungsprofil - unter dem Anforderungspunkt Führungskompetenz - bereits ausdrücklich enthalten war, sind alle von der Gleichstellungsbeauftragten angesprochenen Punkte berücksichtigt worden. Es kann daher ausgeschlossen werden, dass ohne den etwaigen Verfahrensfehler eine andere Entscheidung getroffen worden wäre.

27Die nachfolgende Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten und ihre Mitwirkung bei der förderlichen Besetzung des Dienstpostens selbst war rechtzeitig und begegnet auch im Übrigen keinen Bedenken.

28c) Der Antrag hat auch keine Zweifel an der materiellen Rechtmäßigkeit der getroffenen Auswahlentscheidung aufgezeigt.

29Dem Antragsteller ist zwar zuzugeben, dass dem konkreten Verfahrensablauf entnommen werden kann, dass der Beigeladene schon vor Durchführung eines Auswahlverfahrens vom Präsidenten des BND als der am besten geeignete Kandidat angesehen worden ist. Hieraus ergibt sich indes nicht, dass diese Einschätzung fehlerhaft gewesen sein müsste. Anhaltspunkte dafür, dass das nachfolgende, an den Vorgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG ausgerichtete Auswahlverfahren ergebnisorientiert geführt oder gelenkt worden wäre, sind nicht ersichtlich. Weder die Formulierung des Anforderungsprofils (aa) - dessen Merkmale auch der Antragsteller vollumfänglich erfüllt - noch die Abfassung der dienstlichen Beurteilungen (bb) deuten darauf hin, dass sachfremde Erwägungen in das Verfahren eingeflossen sind. Der Antrag hat darüber hinaus keine Fehler hinsichtlich der vom Präsidenten des BND getroffenen Auswahlentscheidung aufgezeigt (cc).

30aa) Zweifel an der Rechtmäßigkeit des der Auswahlentscheidung zugrunde liegenden Anforderungsprofils sind mit dem Antrag weder vorgebracht worden noch sonst ersichtlich.

311) Die im Anforderungsprofil beschriebenen Merkmale sind auf ein Führungsamt der Besoldungsgruppe B 6 BBesO bezogen und sachlich begründet. Dies gilt auch für die geforderte Verwendungsbreite der vorangegangenen Führungserfahrungen, die im Hinblick auf die abteilungsübergreifende Aufgabe des Ersten Direktors beim Bundesnachrichtendienst auf die Maßstäbe aus § 9 Satz 1 BBG/Art. 33 Abs. 2 GG gestützt werden kann. Unzutreffende Vorgaben oder Verengungen hat der Antragsteller weder vorgebracht noch ist Derartiges sonst ersichtlich.

32Insbesondere ist eine manipulative Abfassung der zwingend geforderten Anforderungen nicht erkennbar. Vielmehr wies das vom BND unter dem erstellte und mit der Bitte um Freigabe an das Bundeskanzleramt übermittelte Anforderungsprofil - mit der Vorgabe von zwei unterschiedlichen B 3-Führungsverwendungen mit einer Mindestdauer von je zwei Jahren - zwingende Merkmale auf, die der Beigeladene nicht erfüllt hätte. Angesichts dieses Umstands kann ausgeschlossen werden, dass der BND gezielt und planmäßig eine Auswahl des Beigeladenen betrieben hat. Denn nach den von ihm selbst erstellten Vorgaben wäre eine Auswahl des Beigeladenen nicht mehr möglich gewesen.

33Die Änderung der zwingenden Merkmale im Anforderungsprofil kam auch anschließend nicht auf Initiative des BND, sondern aufgrund der Intervention des Bundeskanzleramts zustande (vgl. E-Mail vom , Bl. 146 der vorgelegten Verwaltungsakte). Durch die Neufassung des Abschnitts ist die geforderte Führungsverwendung auf Tätigkeiten bei einer obersten Bundesbehörde erweitert und auf eine Mindestgesamtdauer von vier Jahren umgestaltet worden. Damit dürfte das Bundeskanzleramt eine mögliche Einbeziehung auch von bei ihm in einer entsprechenden Führungsposition verwendeten Beamten im Blick gehabt haben.

34Anhaltspunkte dafür, dass mit der Gestaltung der zwingenden Merkmale eine unsachliche Bevorzugung des Beigeladenen beabsichtigt worden wäre, ergeben sich jedenfalls nicht; Entsprechendes hat auch der Antragsteller nicht vorgetragen. Insbesondere ist keine Gestaltung gewählt worden, die den Antragsteller vom Auswahlverfahren ausgeschlossen hätte.

352) Ob die ursprünglich gewählte Formulierung der zwingenden Merkmale im Anforderungsprofil zulässig gewesen wäre oder eine zu weitgehende Einengung des potentiellen Bewerberkreises mit sich gebracht hätte, kann offenbleiben.

36Die Befugnis des Dienstherrn, über die Eignungsanforderungen für einen Dienstposten vorab durch die Vorgabe eines Anforderungsprofils zu befinden, folgt aus seiner Organisationsgewalt ( 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 25). Diese wird nicht durch subjektive Rechte von Bewerbern beschränkt (vgl. 2 C 11.11. - BVerwGE 145, 237 Rn. 20; hierzu auch Urteile vom - 2 A 2.14 - BVerwGE 156, 193 Rn. 20 und vom - 2 C 27.15 - BVerwGE 156, 272 Rn. 35 m. w. N.).

37Im Hinblick auf die sich aus einem Anforderungsprofil ergebenden Vorwirkungen auf die Vergabe eines öffentlichen Amtes kann ein Bewerber zwar geltend machen, selbst in unzulässiger Weise von der Vergabe eines öffentlichen Amtes ausgeschlossen worden zu sein, wenn die Einengung des Bewerberfelds mit den Vorgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG nicht vereinbar war ( 2 VR 1.16 - BVerwGE 157, 168 Rn. 17 m. w. N.). Auch der Bewerbungsverfahrensanspruch vermittelt jedoch keinen Anspruch darauf, dass der Dienstherr den Kreis des möglichen Bewerberfeldes durch ein restriktiveres Anforderungsprofil noch weiter einschränkt. Art. 33 Abs. 2 GG schützt nicht vor Konkurrenz; er vermittelt nur ein grundrechtsgleiches Recht auf fehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl.

383) Die zwingenden Merkmale des vom Bundeskanzleramt freigegebenen und der Auswahlentscheidung zugrundeliegenden Anforderungsprofils erfüllt der Beigeladene; insbesondere liegt die Bewährung in zwei unterschiedlichen B 3-Führungsverwendungen mit einer Mindestdauer von vier Jahren auch ohne Berücksichtigung der Vakanzvertretung auf dem streitbefangenen Dienstposten vor (vgl. 2 VR 2.15 - BVerwGE 155, 152 Rn. 26).

39bb) Der Antragsteller hat auch keine Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der für den Beigeladenen erstellten dienstlichen Beurteilung aufgezeigt.

401) Aus dem Umstand, dass der Präsident des BND als Beurteiler des Beigeladenen einen vorab vom Vizepräsidenten des BND A erstellten Entwurf weitgehend wortgleich übernommen und nur hinsichtlich der Befähigungseinschätzung ergänzt hat, ergibt sich nicht, dass er befangen oder zu einer objektiven Beurteilung nicht Willens gewesen wäre.

41Der konkrete Verfahrensablauf geht darauf zurück, dass erst nach Erstellung des Entwurfs einer Erstbeurteilung durch den Vizepräsidenten festgestellt worden war, dass dieser dasselbe Statusamt wie der zu beurteilende Beamte bekleidet und daher keine formale Beurteilerstellung ausüben darf (vgl. 2 A 10.17 - BVerwGE 161, 240 Rn. 16; Beschluss vom - 2 VR 1.16 - BVerwGE 157, 168 Rn. 31).

42Hieraus folgt indes nicht, dass der als Präsident zuständige Beurteiler auf die vom Vizepräsidenten angestellten Erwägungen nicht zurückgreifen dürfte. Vielmehr ist ein Beurteiler verpflichtet, sich ein vollständiges Bild von den Leistungen des zu beurteilenden Beamten zu verschaffen und dazu auch Informationen einzuholen, soweit er keine aus eigener Anschauung gewonnene Erkenntnis besitzt (vgl. 2 C 21.16 - BVerwGE 157, 366 Rn. 21). Diese sind ebenso wie eigene Beobachtungen unverzichtbare Grundlage der Beurteilung ( 2 A 2.10 - NVwZ-RR 2013, 54 Rn. 16). Unabhängig von der formalen Stellung als Beurteiler sind die vom Vizepräsidenten angestellten Erwägungen in seinem Entwurf der dienstlichen Beurteilung daher eine zulässige Erkenntnisquelle für den Präsidenten als Beurteiler.

43Er ist auch nicht daran gehindert, auf die vorbereitete Textfassung zurückzugreifen; Derartiges ist vielmehr weder unüblich noch sachwidrig. Die Vorgehensweise liegt umso näher, wenn - wie im Schriftsatz der Antragsgegnerin vom (S. 15) ausgeführt - bereits der vorbereitete Entwurf des Vizepräsidenten in Abstimmung mit dem Präsidenten erstellt worden war.

44Die weitgehend unveränderte Übernahme der bereits erstellten Vorlage einer dienstlichen Beurteilung dürfte nach dem konkreten Verfahrensablauf dem Termindruck zur ausstehenden Vorlage an das Bundeskanzleramt geschuldet sein. Aus ihr kann nicht geschlossen werden, dass der Präsident nicht Willens oder nicht in der Lage gewesen wäre, den Beigeladenen sachlich und gerecht zu beurteilen (vgl. 2 A 8.03 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 43 S. 6 = juris Rn. 26).

452) Bedenken folgen auch nicht aus dem Umstand, dass der Beigeladene den streitgegenständlichen Dienstposten zum Stichtag bereits innehatte. Denn die vertretungsweise Übertragung des Dienstpostens ist bei der Erstellung der dienstlichen Beurteilung nicht berücksichtigt worden.

46Durch das "Ausblenden" der höherwertigen Aufgabenwahrnehmung kann verhindert werden, dass dem Beigeladenen aus der Vakanzvertretung des streitgegenständlichen Dienstpostens ein Vorsprung zu Lasten des Antragstellers erwächst (vgl. 2 VR 2.15 - BVerwGE 155, 152 Rn. 26 und 33). Praktische Bedenken an der Vorgehensweise der Antragsgegnerin bestehen vorliegend nicht, weil der Beigeladene die Vakanzvertretung zusätzlich zu seinen bisherigen dienstlichen Aufgaben wahrgenommen hat und diese daher als Grundlage der dienstlichen Beurteilung bestehen blieben.

473) Der Einwand, die Tatsachengrundlage für die dienstliche Beurteilung des Beigeladenen sei jedenfalls schon dadurch erschüttert, dass er als Leiter der Abteilung B den aktuellen "Verratsfall L" zu verantworten habe, ist vom Präsidenten des BND durch die Plausibilisierung der dienstlichen Beurteilung vom entkräftet worden.

48Danach handele es sich bei den vom Antragsteller geäußerten Vermutungen zu internen Ursachen des Verratsfalls um bloße Spekulationen. Für ein Fehlverhalten des Beigeladenen in diesem Zusammenhang gebe es keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr sei der schnelle Ermittlungserfolg und die Identifizierung des Beschuldigten dem Einsatz des Beigeladenen als hausinternem Ermittlungsleiter und seiner herausragenden Kommunikationsfähigkeit zu verdanken.

49Ausgehend hiervon bestehen keine Bedenken an der Tatsachengrundlage der der Auswahlentscheidung zugrunde liegenden dienstlichen Beurteilung des Beigeladenen. Auch ein Abteilungsleiter "haftet" nicht für den Erfolg der von ihm geleiteten Abteilung. Unabhängig davon, dass er die Vorgänge in seiner Abteilung zu verantworten hat, kann ihm im Rahmen einer dienstlichen Beurteilung nur dann ein Vorwurf gemacht werden, wenn etwaige Defizite erkennbar und - ggf. durch organisatorische Maßnahmen - vermeidbar gewesen wären. Anhaltspunkte für ein etwaiges Fehlverhalten oder Versäumnisse des Beigeladenen im Zusammenhang mit dem "Verratsfall Carsten L" liegen nach der Plausibilisierung des Präsidenten des BND indes nicht vor.

50Aus dem Vorbringen des Antragstellers im Schriftsatz vom folgt nichts anderes. Auch insoweit wird allein eine generelle Verantwortlichkeit des Beigeladenen für Personalentscheidungen in Bezug auf L reklamiert, aus der für sich genommen - auch bei Annahme eines nachfolgenden "Verrats" - nicht auf ein persönliches Fehlverhalten des zu beurteilenden Beamten geschlossen werden könnte.

51Entsprechendes gilt für die weiter vom Antragsteller vorgetragenen Fälle der Nachbesetzung der Referatsleitung E und der Nichtbeachtung eines negativen Sicherheitsvotums im Rahmen einer im Jahr 2022 getroffenen Verwendungsentscheidung. Weder aus dem - völlig unsubstantiierten - Vortrag noch aus den vorgelegten Unterlagen lässt sich ein irgendwie geartetes Fehlverhalten des Beigeladenen entnehmen.

524) Soweit der Antragsteller rügt, die Ausführungen der Erstbeurteiler ließen erkennen, dass nicht von identischen Beurteilungsmaßstäben ausgegangen worden sei, verkennt er die unterschiedlichen Funktionen der an der Erstellung einer dienstlichen Beurteilung beteiligten Personen.

53Die Rechtmäßigkeit einer dienstlichen Beurteilung setzt voraus, dass die ausgesprochenen Bewertungen auf einer hinreichenden Tatsachengrundlage beruhen. Kennt der für die Letztbeurteilung zuständige Beurteiler die Leistung des zu beurteilenden Beamten im maßgeblichen Zeitraum nicht aus eigener Anschauung, muss daher eine zweite Person an der dienstlichen Beurteilung mitwirken, die dem Letztbeurteiler hinreichende Kenntnis von den Leistungen des zu beurteilenden Beamten und damit eine aussagekräftige Erkenntnisgrundlage verschafft (vgl. auch § 50 Abs. 1 Satz 1 BLV). Während die Mitwirkung dieses "Erstbeurteilers" der Gewährleistung einer hinreichenden Sachkenntnis von Leistung und Person des zu beurteilenden Beamten dient, stellt der Letztbeurteiler die Einhaltung eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabs für die maßgebliche Vergleichsgruppe sicher. Die Maßstabsverbindlichkeit wird dadurch gewährleistet, dass die dienstlichen Beurteilungen abschließend von einem Letztbeurteiler verantwortet werden, der einen vollständigen Überblick über die gesamte Vergleichsgruppe besitzt (vgl. 2 C 21.16 - BVerwGE 157, 366 Rn. 37 f.). Die Forderung, bereits die Erstbeurteiler müssten stets von einem völlig kongruenten Maßstab ausgehen, verkennt daher sowohl die tatsächlichen Gegebenheiten als auch die rechtlichen Anforderungen für die Abfassung dienstlicher Beurteilungen.

54Im Übrigen tragen die vom Antragsteller zitierten Passagen die Annahme einer Maßstabsabweichung der Erstbeurteiler nicht. Dies folgt schon daraus, dass mit dem ausschnittsweisen Herausgreifen einzelner Satzteile der jeweils angelegte Maßstab nicht erfasst werden kann. Insbesondere aber zielt die Kritik gerade nicht auf die Darstellung der geschilderten Leistungen und Fähigkeiten, sondern auf deren Bewertung, und damit gerade ein Beurteilungselement, das dem Letztbeurteiler zukommt.

555) Die Begründung der dienstlichen Beurteilung des Beigeladenen trägt auch die vergebene Spitzennote.

56Etwaige Unklarheiten im Hinblick auf die in der dienstlichen Beurteilung verwendete Formulierung des "Gelingens" sind jedenfalls durch die Plausibilisierung des Präsidenten des BND zur dienstlichen Beurteilung vom ausgeräumt worden. Darin ist ausgeführt, dass mit der Umschreibung eine ausgezeichnete Leistungsbilanz beschrieben werden sollte, die verdeutliche, dass der Beigeladene die an ihn gestellten Anforderungen durch stets besonders herausragende Leistungen erfüllt hat.

57Diese Erläuterung vom Verständnis eines "Gelingens" als umfassende Bewältigung der anstehenden Aufgaben steht in Übereinstimmung mit dem übrigen Aussagegehalt der in Rede stehenden Passagen. Die Formulierung, es "gelinge" dem Beigeladenen, seine breiten und tiefen Fachkenntnisse so für den Dienst einzusetzen, dass er gerade in der aktuellen komplexen Übergangszeit der Neuorganisation sowie angesichts der besonderen Probleme eines Verratsfalls ein Garant dafür sei, dass der Dienst seinen Herausforderungen begegnen könne, legt bereits in ihrem Satzkontext ein Verständnis des "Gelingens" als umfassende Problembewältigung nahe. Dementsprechend werden dem Beigeladenen "herausragende Leistungen für die gesamtdienstliche Entwicklung" bescheinigt, aufgrund derer er eine "wesentliche Stütze des Dienstes" darstelle.

58Im Übrigen findet sich die Formulierung des "Gelingens" auch in der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers. Dort wird bescheinigt, es "gelinge" dem Antragsteller, seine belastbaren und beeindruckenden Arbeitsergebnisse präzise auf den Punkt zu bringen.

596) Fehl geht schließlich der Einwand, mit den Aussagen zur Geeignetheit von Führungsaufgaben überschreite die Beurteilung in sachfremder Weise ihren Aufgabenbereich und enthalte bereits Vorgaben für die zu treffende Auswahlentscheidung. Derartiges gehört vielmehr zum zulässigen und im Fall der Anlassbeurteilung auch gebotenen Inhalt einer dienstlichen Beurteilung (vgl. § 49 Abs. 3 BLV; hierzu auch 2 C 12.14 - BVerwGE 151, 333 Rn. 43).

60cc) Der Antrag hat schließlich auch keine Mängel der vom Präsidenten des BND getroffenen Auswahlentscheidung aufgezeigt.

611) Die Rüge, dem Auswahlvermerk fehle hinsichtlich der Anforderung des "Gender-Mainstreaming" eine hinreichende Tatsachenanknüpfung, verkennt den durch § 21 Abs. 1 Satz 1 BBG dem Dienstherrn eingeräumten Beurteilungsspielraum (vgl. hierzu 2 C 21.16 - BVerwGE 157, 366 Rn. 17).

62Steht eine auf Wertungen beruhende Beurteilung zur gerichtlichen Überprüfung, kann das Verwaltungsgericht nicht die Darlegung und den Nachweis der einzelnen Tatsachen verlangen, die dem jeweiligen Werturteil zugrunde liegen und es tragen. Mit der Beurteilungsbefugnis ist dem Dienstherrn vielmehr auch das Recht zuerkannt, die einzelnen im Beurteilungszeitraum liegenden Vorgänge in einer Gesamtschau zusammenzufassen und zu bewerten ( 2 A 10.17 - BVerwGE 161, 240 Rn. 32 m. w. N.). Diese Beurteilungsermächtigung hat auch die durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verlangte gerichtliche Kontrolle zu wahren. Hält der beurteilte Beamte oder ein Mitbewerber im Konkurrentenstreitverfahren die Beurteilung für nicht hinreichend plausibel, liegt es an ihm, konkrete Punkte zu benennen, die weiterer Konkretisierung oder Plausibilisierung bedürfen. Die Erforderlichkeit derartiger Erläuterungen macht die dienstliche Beurteilung aber nicht fehlerhaft. Im Übrigen enthält auch die dienstliche Beurteilung des Antragstellers hinsichtlich des "Gender Mainstreaming" ausschließlich Werturteile, ohne dass die dem zugrunde liegenden Tatsachen offengelegt wären.

63Richtig ist allerdings, dass die dienstliche Beurteilung des Beigeladenen zur Bewertung des "Gender Mainstreaming" keine ausdrücklichen Erwägungen enthält. Wie im Auswahlvermerk (S. 17) bereits ausgeführt, kann angesichts der konkreten Umstände indes davon ausgegangen werden, dass die Fähigkeiten des Beigeladenen im Bereich des "Gender Mainstreaming" - wie im ursprünglichen Anforderungsprofil vorgesehen - im Rahmen des Anforderungskriteriums Führungskompetenz bewertet worden sind. Dem entspricht, dass in der schriftlichen Begründung der dienstlichen Beurteilung die Kommunikation mit den Mitarbeiterinnen und das "besonders ausgeprägte Gespür für die Förderung besonders befähigter und geeigneter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter" ausdrücklich hervorgehoben worden sind. Auf eine bewusste Einbeziehung der Anforderungen des "Gender Mainstreaming" deutet schließlich hin, dass die entsprechenden Ausführungen im Auswahlvermerk gerade im Anschluss und als Reaktion auf die entsprechende Kritik der Gleichstellungsbeauftragten in ihrer Stellungnahme vom (Bl. 285 der vorgelegten Verwaltungsvorgänge) aufgenommen worden sind.

64Soweit der Antragsteller rügt, mit der Bezugnahme auf das Gespür für die Förderung besonders befähigter und geeigneter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden die Anforderungen an den Inhalt der aus dem "Gender Mainstreaming" folgenden Anforderungen verkürzt, trifft dies zwar zu. Mit der kritisierten Passage im Auswahlvermerk wird indes allein belegt, dass die Anforderungen im Bereich des "Gender Mainstreaming" Gegenstand der dienstlichen Beurteilung gewesen waren. Aus ihr folgt nicht, dass die entsprechende Bewertung auf das benannte Kriterium verengt worden ist.

65Die vom Antragsteller hinsichtlich des "Gespürs" für die Förderungswürdigkeit von Mitarbeitern vorgetragene Kritik - die sich insbesondere auf den "Verratsfall Carsten L" bezieht - weist keinen Bezug zum "Gender Mainstreaming" auf. Anlass, die Antragsgegnerin zu verpflichten, eine weitere Plausibilisierung der dienstlichen Beurteilung des Beigeladenen vorzulegen, begründet sie daher nicht.

662) Soweit der Antragsteller verschiedene Verstöße gegen die Richtlinie zur Durchführung von Verfahren zur internen förderlichen Besetzung von Dienstposten und Auswahl von Bewerberinnen und Bewerbern (m/w/d) im Bundesnachrichtendienst - Förderungsrichtlinie BND - rügt, gehen die Einwände schon deshalb fehl, weil sich deren Anwendungsbereich nicht auf die förderliche Vergabe eines Dienstpostens der Wertigkeit B 6 BBesO erstreckt (vgl. Nr. II 1.2.1 der Förderungsrichtlinie BND i. V. m. Nr. II 1.2.2 Buchst. a deren Anlage 1). Hierauf ist im Auswahlvermerk (S. 16) auch ausdrücklich verwiesen.

67Unabhängig hiervon ist es nicht zu beanstanden, dass der Beigeladene im Hinblick auf seine bei Betrachtung aller Einzelmerkmale bessere Beurteilung für die Dienstpostenvergabe ausgewählt worden ist. Auch bei im Wesentlichen gleicher Leistungsbeurteilung ist der Dienstherr befugt, den nach Beurteilungslage etwas besseren Bewerber auszuwählen ( 2 VR 1.14 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 65 Rn. 41).

68Sind Bewerber sowohl im Gesamturteil als auch in der Beurteilung der im Anforderungsprofil als maßgeblich benannten Kriterien im Wesentlichen gleich bewertet worden, muss der Dienstherr die Beurteilungen unter Anlegung gleicher Maßstäbe umfassend inhaltlich auswerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis nehmen (vgl. 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 46 m. w. N.; hierzu auch - NVwZ-RR 2008, 433 <434> = juris Rn. 8).

69Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers wird durch den Vergleich der Einzelnoten nicht die Gesamtbewertung unterlaufen. Diese Vorgabe betrifft nur Konstellationen, in denen ein Vergleich der Gesamturteile keine im Wesentlichen gleiche Bewertung ergibt. In dieser Situation darf die Unterschiedlichkeit der Gesamtbeurteilung nicht durch einen Rückgriff auf die Betrachtung von Einzelfeststellungen überspielt werden (vgl. - NVwZ 2013, 573 Rn. 13 f.).

70Soweit der Antragsteller einen "deutlich positiveren Bewertungstext" seiner dienstlichen Beurteilung reklamiert, beschreibt er damit nur seine eigene Bewertung. Die Einschätzung trifft indes schon im Hinblick auf die Gesamtbeurteilung nicht zu. Während dem Antragsteller bescheinigt wird, er sei für die Übernahme einer Bereichsleitung "mehr als nur geeignet" und besitze die notwendigen Fähigkeiten und Managementeigenschaften, um einen Bereich im BND "erfolgreich" zu leiten, wird dem Beigeladenen attestiert, ein "besonders herausragender führender Mitarbeiter" des BND zu sein, der schon seit Längerem eine wesentliche Stütze des Dienstes darstelle und "für die höchsten dienstlichen Führungsaufgaben in Betracht" komme. Die Begründung der Gesamtbeurteilung ergibt damit jedenfalls keinen Vorrang des Antragstellers.

713. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat und damit kein Kostenrisiko eingegangen ist (§ 154 Abs. 3 VwGO), kann er billigerweise auch keine Kostenerstattung für etwaige außergerichtliche Kosten beanspruchen (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO).

72Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 52 Abs. 1 und in Orientierung an § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG. Da der Antragsteller mit dem streitgegenständlichen Eilverfahren nur eine vorläufige Freihaltung der Stelle erreichen kann und nicht eine Vergabe an sich selbst, ist eine weitere Halbierung des Betrags geboten, sodass der Wert auf ein Viertel des sich aus § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG berechneten Betrags festzusetzen ist (vgl. 2 VR 2.19 - Buchholz 232.0 § 9 BBG Nr. 9 Rn. 43).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2023:061023B2VR3.23.0

Fundstelle(n):
XAAAJ-50947