BGH Beschluss v. - 4 StR 70/23

Möglichkeit der Sekundärübertragung bei Vorliegen einer DNA-Mischspur; Pervertierung eines Verkehrsvorgangs zum Eingriff in den Straßenverkehr

Gesetze: § 315b Abs 1 Nr 3 StGB

Instanzenzug: LG Stade Az: 200 Ks 1/22

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten M.      wegen erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung, räuberischer Erpressung, Raubes, Computerbetrugs in zwei Fällen, Diebstahls und wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Körperverletzung, gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr und verbotenem Kraftfahrzeugrennen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt. Zudem hat es ihm die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis von drei Jahren festgesetzt. Die Angeklagte N.          hat das Landgericht wegen erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Der Angeklagte H.      ist wegen räuberischer Erpressung, Raubes, Computerbetrugs in zwei Fällen und Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt worden. Ferner hat das Landgericht bei den Angeklagten M.      und H.      als Gesamtschuldnern die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet. Darüber hinaus hat es diverse Tatmittel eingezogen. Gegen ihre Verurteilungen wenden sich die Angeklagten mit ihren auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel erzielen die aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolge; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

21. a) Die Beweiswürdigung in den Fällen II. 2. bis 5. der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

3aa) Im Fall II. 2. der Urteilsgründe hat die Strafkammer die Angeklagten M.      und H.     als Mittäter der räuberischen Erpressung schuldig gesprochen. Ihre Überzeugung davon, dass der Angeklagte H.      der – gegenüber der Geschädigten allein in Erscheinung getretene und Handschuhe tragende – Täter war, der diese u. a. in einen Würgegriff nahm und fesselte, hat die Strafkammer maßgeblich darauf gestützt, dass sich am Schal des Opfers eine „DNA-Spur des Angeklagten H.     “ befand, die nicht von einer Sekundärübertragung herrühre. Insoweit entspricht schon die Darstellung der Ergebnisse der molekulargenetischen Vergleichsuntersuchungen nicht den Anforderungen, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an sie zu stellen sind (vgl. ; Beschluss vom – 5 StR 50/17, BGHSt 63, 187; Henke, NStZ 2023, 13). Die Urteilsgründe teilen hinsichtlich der von mindestens drei Personen stammenden Mischspur zwar mit, wie viele untersuchte STR-Systeme mit der DNA des Angeklagten als Mitspurenverursacher übereinstimmen. Es fehlt aber die Mitteilung der biostatistischen Wahrscheinlichkeitsaussage in numerischer Form (vgl. nur ). Deshalb vermag der Senat nicht nachzuvollziehen, ob die Strafkammer der DNA-Mischspur einen zutreffenden Beweiswert beigemessen hat.

4bb) Auf diesem Rechtsfehler beruht der Schuldspruch gegen die Angeklagten im Fall II. 2. der Urteilsgründe. Der Senat kann nicht ausschließen, dass sich die Strafkammer von einer Täterschaft des Angeklagten H.     anhand der sonstigen herangezogenen Beweisumstände nicht hätte überzeugen können. Auch die Verurteilung des Angeklagten M.      beruht auf dem Rechtsfehler. Denn für sie hat das Landgericht im Rahmen einer Gesamtabwägung Indizien herangezogen, die mit dem Mitangeklagten zusammenhängen und deren Beweiswert an dessen Täterschaft anknüpft. Es kommt daher insoweit nicht mehr darauf an, dass im Ergebnis auch eine Mittäterschaft des Angeklagten M.      nicht belegt ist. Den Urteilsgründen ist keine tragfähige Begründung dafür zu entnehmen, dass seine angenommene Tatbeteiligung in diesem Fall über die Rolle eines Gehilfen hinausgegangen sein sollte.

5cc) Die Beweiswürdigung in den Fällen II. 3. bis 5. der Urteilsgründe, in denen das Landgericht die Angeklagten wegen Raubes und wegen Computerbetruges in zwei Fällen schuldig gesprochen hat, erweist sich ebenfalls als rechtsfehlerhaft. Hier hat die Strafkammer erneut eine Gesamtabwägung anhand von Indizien vorgenommen. Als einen solchen Beweisumstand hat sie – auch hinsichtlich der von einer Person an Geldautomaten vorgenommenen Abhebungen mit erbeuteten EC-Karten – jeweils ihre Überzeugung von der Schuld der Angeklagten M.      und H.      im Fall II. 2. der Urteilsgründe herangezogen. Da die Beweiswürdigung dort wie aufgezeigt an einem durchgreifenden Rechtsfehler leidet, kann das Urteil auch in den genannten weiteren Fällen keinen Bestand haben (§ 337 StPO). Zudem wäre eine mittäterschaftliche Beteiligung der Angeklagten an den Taten des Computerbetruges ohnehin nicht belegt; auch die festgestellte hälftige Teilung dieser Taterträge ist nicht beweiswürdigend unterlegt.

6b) Darüber hinaus ist der Schuldspruch gegen den Angeklagten M.      wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gemäß § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB im Fall II. 7. der Urteilsgründe rechtsfehlerhaft.

7aa) Nach den insoweit getroffenen Feststellungen wollte sich der von Polizeikräften observierte Angeklagte am gegen 2.40 Uhr deren Zugriff entziehen. Hierzu bog er mit dem von ihm geführten Pkw Opel Insignia auf einen einspurigen asphaltierten Waldweg ab. Neben dem beidseits 1,5 Meter breiten Grünstreifen begann jeweils die Bewaldung. Auf dem Waldweg kam dem Angeklagten ein ziviles Einsatzfahrzeug der Polizei entgegen, das er als ein solches erkannte. Der Polizeibeamte hielt sein Fahrzeug „inmitten des Waldweges mit voller Beleuchtung“ an, nachdem er in einer Entfernung von ca. 250 Metern die Scheinwerfer des von dem Angeklagten geführten Pkw wahrgenommen hatte.

8Der Polizeibeamte befürchtete aufgrund der vom Angeklagten fortgesetzten Fahrt, bei der dieser eine Geschwindigkeit von 66 km/h erreichte, eine Kollision und entschied sich, seinen Pkw auf der Fahrerseite in die Bewaldung zu verlassen. Er stieg daher aus und stand etwa einen Schritt von der Fahrertür entfernt. Aufgrund der bereits erfolgten Annäherung des Pkw des Angeklagten schien dem Polizeibeamten ein Ausweichen nach links nicht mehr sicher möglich, weshalb er sich nunmehr über das Einsatzfahrzeug hinweg in Sicherheit bringen wollte. Hierzu machte er einen Schritt zurück und stützte sich an Dachkante und Fensterholm seines Pkw hoch. In diesem Augenblick kollidierte das Fahrzeug des Angeklagten mit einer Geschwindigkeit nicht unter 38 km/h mit der geöffneten Fahrertür des Einsatzfahrzeugs. Diese wurde zugeschlagen und klemmte den Polizeibeamten in Höhe des Oberschenkels zwischen Dach- und Türoberkante ein, was u. a. zu einer Prellung führte. Dem Angeklagten war bei dem Fahrmanöver in Anbetracht der beengten örtlichen Gegebenheiten bewusst, dass der Zeuge hierdurch erheblich verletzt werden könnte. Dies nahm er jedoch billigend in Kauf, um seine Flucht erfolgreich fortsetzen zu können.

9bb) Diese Feststellungen reichen nicht aus, um einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr gemäß § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB bejahen zu können.

10(1) Ein vorschriftswidriges Verhalten im – wie hier – fließenden Verkehr wird von § 315b StGB nur erfasst, wenn ein Fahrzeugführer das von ihm gesteuerte Kraftfahrzeug in verkehrsfeindlicher Einstellung bewusst zweckwidrig einsetzt, er mithin in der Absicht handelt, den Verkehrsvorgang zu einem Eingriff in den Straßenverkehr zu „pervertieren“, und es ihm darauf ankommt, hierdurch in die Sicherheit des Straßenverkehrs einzugreifen. Ein vollendeter gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr erfordert zudem, dass durch den tatbestandsmäßigen Eingriff Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert konkret gefährdet werden (st. Rspr.; vgl. etwa Rn. 3 f.; Beschluss vom – 4 StR 408/09 Rn. 4). Bei Vorgängen im fließenden Verkehr muss zu einem bewusst zweckwidrigen Einsatz des Fahrzeugs in verkehrsfeindlicher Absicht ferner hinzukommen, dass das Fahrzeug mit zumindest bedingtem Schädigungsvorsatz missbraucht wurde (vgl. Rn. 4; Beschluss vom – 4 StR 240/20 Rn. 26; Urteil vom – 4 StR 228/02, BGHSt 48, 233, 237 f.).

11(2) Zwar hat das Landgericht einen bedingten Körperverletzungsvorsatz des Angeklagten hinsichtlich des Polizeibeamten festgestellt und tragfähig belegt. Den Urteilsgründen kann aber auch unter Berücksichtigung ihres Gesamtzusammenhangs nicht entnommen werden, dass der Angeklagte darüber hinaus sein Fahrzeug in verkehrsfeindlicher Einstellung bewusst zweckwidrig einsetzte, also in der Absicht handelte, den Verkehrsvorgang zu einem Eingriff in den Straßenverkehr zu pervertieren. Denn die Strafkammer macht insoweit vornehmlich Ausführungen zur Sicht des Zeugen, nicht aber zu dem insoweit maßgeblichen Vorstellungsbild des Angeklagten. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind Feststellungen zu dieser weitergehenden Absicht hier auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Angeklagte sein Fahrzeug zwar in erster Linie als Fluchtmittel einsetzte, zugleich aber mit bedingtem Verletzungsvorsatz auf den Polizeibeamten bzw. sein Fahrzeug zufuhr. Soweit das Landgericht sich insoweit auf das Urteil des Senats vom (4 StR 121/18) stützt, lag dieser Entscheidung eine anders gelagerte Fallkonstellation zugrunde. Danach war der Angeklagte dort mit seinem Kraftfahrzeug mit hoher Beschleunigung auf einen Mitarbeiter zugefahren, der ihm die Ausfahrt von einem Parkplatz versperrte. Bei diesem Zufahren war es dem Angeklagten zwar allein auf seine Flucht angekommen; zugleich war ihm aber ein kollisionsvermeidendes Verhalten – etwa ein Ausweichen oder ein Herumfahren um den Mitarbeiter – nicht möglich gewesen. Bei dieser Sachlage lag der bewusst zweckwidrige Einsatz des Kraftfahrzeugs in verkehrsfeindlicher Absicht auf der Hand.

12Dass der Angeklagte im vorliegenden Fall sein Fahrzeug bewusst einsetzte, um sich den Weg etwa frei zu rammen, belegt auch nicht schon die spätere Kollision mit der Fahrertür des Einsatzfahrzeugs. Bei einem hierauf gerichteten Fahrmanöver des Angeklagten wäre dessen verkehrsfeindliche Absicht zwar zu bejahen. Die Urteilsgründe schließen aber ungeachtet der Feststellungen zu den beengten räumlichen Verhältnissen am Tatort schon nicht aus, dass er trotz der Öffnung der Tür – was mit seinem festgestellten bedingten Körperverletzungsvorsatz vereinbar ist – bis zuletzt ein kollisionsfreies Passieren des Einsatzfahrzeugs für möglich hielt und anstrebte, er also den Verkehrsvorgang für sein Fortkommen nicht pervertierte (vgl. Rn. 7; Beschluss vom – 4 StR 240/20 Rn. 29; Beschluss vom – 4 StR 446/06). Im Rahmen der rechtlichen Würdigung ist insoweit sogar ausgeführt, dass es dem Angeklagten „in erster Linie“ darauf ankam, das Einsatzfahrzeug zu umfahren.

13c) Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall II. 7. der Urteilsgründe erfasst auch die tateinheitlich ausgeurteilten Delikte (vgl. Rn. 26). Die Feststellungen zum äußeren Tathergang sind hier von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht betroffen (§ 353 Abs. 2 StPO) und können daher bestehen bleiben. Die Aufhebung des Urteils in den Fällen II. 2. bis 5. und II. 7. der Urteilsgründe entzieht zugleich den Gesamtstrafenaussprüchen gegen die Angeklagten M.     und H.     , dem Maßregelausspruch gegen den Angeklagten M.      sowie der auf diese Taten gestützten Einziehung gegen beide Angeklagte die Grundlage. Unberührt bleibt hingegen die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 4.541,25 € im Fall II. 6. der Urteilsgründe.

142. Der verbleibende Einziehungsausspruch, der die auf § 74 StGB gestützte Einziehung von Tatmitteln betrifft, hat ebenfalls keinen Bestand.

15a) Bei der Einziehung von zwei Mobiltelefonen lassen die Urteilsgründe rechtsfehlerhaft zum Nachteil aller drei Angeklagten die Voraussetzungen von § 74 Abs. 1 und 3 StGB nicht erkennen. Denn es bleibt schon unklar, ob einer der Angeklagten oder die Angeklagte die ihm oder ihr gehörenden Geräte im Rahmen einer der – nicht ohnehin der Aufhebung unterliegenden – Taten verwendete oder dies zumindest vorgesehen war. Mit Zustimmung des Generalbundesanwalts sieht der Senat daher gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 2 StPO aus prozessökonomischen Gründen, insbesondere auch zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gegen die Angeklagte N.           , insoweit von der Einziehung ab.

16b) Im Übrigen kann der Einziehungsausspruch – der sich jedenfalls über die Mobiltelefone hinaus nicht gegen die Angeklagte N.           richtet – bereits deshalb keinen Bestand haben, weil die Strafkammer das ihr eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt hat („Die … Gegenstände waren … einzuziehen.“). Nach § 74 Abs. 1 StGB können Tatmittel eingezogen werden. Den Urteilsgründen muss grundsätzlich zu entnehmen sein, dass sich das Tatgericht bewusst war, eine Ermessensentscheidung zu treffen, und welche Gründe für die Ausübung des Ermessens gegeben waren (vgl. Rn. 6; Beschluss vom – 2 StR 452/18 Rn. 5; s. bereits zur früheren Rechtslage etwa , BGHR StGB § 74b Abs. 2 Einziehung 2 Rn. 10 mwN). Einer solchen, auf § 74f Abs. 1 StGB Bedacht nehmenden Begründung bedurfte es vorliegend insbesondere insoweit, als die Strafkammer auch das – im Fall II. 1. der Urteilsgründe bei der Tatbegehung eingesetzte – Kraftfahrzeug des Angeklagten M.      im Wert von rund 20.000 € eingezogen hat.

173. Die Einzelstrafen gegen die Angeklagten M.      und H.      in den Fällen II. 1. und 6. der Urteilsgründe können bestehen bleiben.

18Die Aufhebung des Einziehungsausspruchs lässt sie unberührt. Das Landgericht hat zugunsten des Angeklagten M.       bei der Zumessung aller Einzelstrafen bereits die Einziehung von dessen Pkw berücksichtigt (vgl. hierzu Rn. 3 mwN). Er wäre durch einen Wegfall dieser Einziehung daher nur begünstigt (vgl. § 358 Abs. 2 Satz 2 StPO). Hinsichtlich der weiteren womöglich noch einzuziehenden Gegenstände steht kein bedeutender Wert in Rede, der eine strafmildernde Berücksichtigung ihrer Einziehung erfordern könnte.

19Bei dem Angeklagten M.      schließt der Senat zudem mit Blick auf die maßvollen, im Fall II. 1. der Urteilsgründe ohnehin aus dem Strafrahmen des minder schweren Falls (§ 239a Abs. 2 StGB) zugemessenen Einzelstrafen aus, dass das Landgericht diese niedriger bemessen hätte, wenn es die dienstrechtlichen Folgen für den als Feldjäger tätigen Angeklagten ausdrücklich bedacht hätte (vgl. auch Rn. 10).

204. Für die neue Hauptverhandlung gegen die Angeklagten M.     und H.      weist der Senat auf Folgendes hin:

21Das nunmehr zur Entscheidung berufene Tatgericht wird sich im Fall II. 2. der Urteilsgründe auch – ggf. mit sachverständiger Hilfe – näher mit einer möglichen Sekundärübertragung der dem Angeklagten H.       zugeschriebenen DNA zu befassen haben (vgl. hierzu allgemein etwa Vennemann u. a., NStZ 2022, 72, 75 f.). Denn in sichergestellten und als Tatmittel in diesem Fall zumindest in Betracht kommenden Arbeitshandschuhen befand sich eine Mischspur von „mindestens zwei bzw. drei Personen“. Auch wenn der Angeklagte insoweit der Hauptspurenverursacher war, bietet zumindest dieser Umstand Anlass zur Prüfung und Erörterung der Frage, ob ein anderer – womöglich auch die späteren Abhebungen an Geldautomaten vornehmender – Täter Handschuhe mit DNA-Anhaftungen des Angeklagten getragen haben könnte, die von dort an den Schal der Geschädigten gelangt sind.

22Im Fall II. 7. der Urteilsgründe kann das neue Tatgericht auch ergänzende Feststellungen zum äußeren Tathergang treffen, die den bisherigen Feststellungen hierzu nicht widersprechen dürfen. Es wird bei der erneuten Prüfung eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr zu bedenken haben, dass die verkehrsfeindliche Absicht des Angeklagten auch seine Vorstellung voraussetzen würde, eine ggf. erst als sicher erkannte Kollision mit der geöffneten Fahrertür noch vermeiden zu können (vgl. auch Rn. 24 ff.; Urteil vom – 4 StR 399/17, BGHSt 63, 88 Rn. 13 ff. mwN). Hierfür kann bedeutsam sein, wie sehr sich das Fahrzeug des Angeklagten bereits dem Einsatzfahrzeug angenähert hatte, als der Polizeibeamte die Fahrertür öffnete. Sollte das neue Tatgericht zudem erneut das Regelbeispiel gemäß § 114 Abs. 2, § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB bejahen, wird es auch zu belegen haben, dass der Angeklagte die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung für den Polizeibeamten erkannte und zumindest billigend in Kauf nahm (vgl. allgemein Fischer, StGB, 70. Aufl., § 113 Rn. 38, § 225 Rn. 18).

23Bei der neuen Entscheidung über die Einziehung der Kleidungsstücke und Werkzeuge ist ggf. zu beachten, dass ihre Anordnung auch nach § 74b StGB nur in Betracht kommt, wenn es sich um Tatmittel einer der abgeurteilten Taten handelte (vgl. Rn. 6 mwN).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:060623B4STR70.23.0

Fundstelle(n):
UAAAJ-46396