Ein erster Schritt
Wachstumschancen für die Wirtschaft?
Für deutsche Unternehmen sind die hohe Steuerlast und die immense Bürokratie hierzulande ein echter Standortnachteil im internationalen Vergleich. Um die Wirtschaft zukünftig wettbewerbsfähig aufzustellen, legte das BMF einen Entwurf für ein „Wachstumschancengesetz“ vor. Das Ziel: die Liquidität der Unternehmen stärken, Impulse für Investitionen setzen und das Steuersystem vereinfachen.
Erfreulich ist, dass das BMF zahlreiche Maßnahmen aufgreift, welche die BStBK seit Langem fordert. So soll u. a. der steuerliche Verlustabzug endlich ausgebaut werden. Konkret sieht der Entwurf vor, den Verlustrücktrag auf künftig bis zu drei Jahre und dauerhaft 10 bzw. 20 Mio. € auszuweiten. Auch soll temporär ein uneingeschränkter Verlustvortrag für die Jahre 2024 bis 2027 möglich sein. Das freut uns. Zudem plant das BMF, die steuerliche Forschungszulage auszuweiten und die Investitionsprämie in einem eigens dafür geschaffenen Gesetz für die Jahre 2024 bis 2027 einzuführen. Durch Letztere sollen Anreize für notwendige Investitionen in den Klimaschutz geschaffen werden. Investieren Unternehmen in den nächsten Jahren in klimafreundliche Technologien, können sie unter bestimmten Voraussetzungen 15 % der Investitionssumme vom Staat zurückerhalten. Davon profitieren auch Betriebe, die Verluste erzielen. Nach dem Koalitionsvertrag sollte die Prämie auch für Investitionen in Digitalisierung gelten. Dass dies jetzt unter den Tisch fällt, sehen wir kritisch. Denn damit deutsche Unternehmen auch in Zukunft wettbewerbsfähig sind, braucht es dringend mehr Digitalisierung.
Mit der bundesweiten Einführung der verpflichtenden E-Rechnung im B2B-Bereich will das BMF die Grundlage für ein transaktionsbezogenes Meldesystem schaffen. Primäres Ziel ist die Betrugsbekämpfung. Ein wichtiger Vorstoß für Unternehmen und uns Steuerberater. Denn damit einher geht das Potenzial, sowohl die Digitalisierung als auch die Automatisierung der Rechnungsstellungs- und Buchhaltungsprozesse voranzubringen. Allerdings sollten u. a. die im Entwurf vorgesehene Ausnahmeregelung für Kleinbetragsrechnungen gestrichen, KMU mit niederschwelligen und kostengünstigen IT-Angeboten unterstützt und technische Rahmenbedingungen festgelegt werden.
Entsetzt hat mich die geplante Mitteilungspflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen. Diese lehnen wir strikt ab. Wieso sollte man etwas einführen, von dem man schon weiß, dass es nichts bringt? Die bisherige Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen hat schon zu keinem wesentlichen Erkenntnisgewinn geführt und steht in keiner Kosten-Nutzen-Relation. Das Ganze jetzt noch auf inländische Sachverhalte auszudehnen, ist schlicht nicht nachvollziehbar. Die Politik sollte dringend einlenken und die nationalen Anzeigepflichten in der Schublade lassen.
Alles in allem hat der Gesetzentwurf viele positive Ansätze, kann jedoch nur ein erster Schritt sein, um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken. Mit höchster Priorität sollte die Politik künftig mehr bürokratischen Ballast abwerfen und alles tun, um die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen voranzubringen. Dafür machen wir uns weiterhin stark.
Hartmut Schwab
Fundstelle(n):
NWB 2023 Seite 2001
NWB WAAAJ-44437