BBK Nr. 12 vom Seite 521

Einzelaufzeichnungspflicht in der Praxis: artikelgenau oder Warengruppenverdichtung?

Christoph Linkemann | verantw. Redakteur | bbk-redaktion@nwb.de

In [i]Reckendorf, Was sind eigentlich Programmierprotokolle? ? Adäquater Manipulationsschutz für Kassensysteme, Trugbild oder nur ein großes Missverständnis?, BBK 17/2017 S. 796 NWB KAAAG-54734 der Praxis der Außenprüfung konnten und können Unternehmen und ihre Berater immer wieder beobachten, dass die Prüfer vermeintliche oder tatsächliche formale Mängel in der Buchführung aufgriffen, die dann die Basis einer Hinzuschätzung bilden sollten. Einen häufigen Streitpunkt bildeten bis zur Einführung der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung die ominösen „Programmierprotokolle“, aus denen alle Einstellungen eines Kassensystems hervorgehen sollten, um dann damit, jedenfalls in der Theorie, Manipulationen oder zumindest Fehler in der Kassenführung zu belegen. Gesetzliche Grundlage sollte die Anforderung sein, Unterlagen vorlegen zu können, die für das Verständnis der Buchführung notwendig sind. Das Argument ist zwar formal richtig, in der Realität stellte es sich dann aber überwiegend als nutzlos heraus. Jens Reckendorf hat dies in BBK 17/2017 S. 796 instruktiv analysiert und die Programmierprotokolle als das entlarvt, was sie sind: eine Chimäre, ein Trugbild.

Ebenfalls das Zeug zum Trugbild entwickelt womöglich die Frage, ob in einem ERP- oder Kassensystem die Artikel einzeln hinterlegt sein müssen oder ob nach Warengruppen verdichtet werden kann. Die Finanzverwaltung wünscht sich für die retrograde oder progressive Prüfbarkeit ohne Zweifel eine artikelgenaue Programmierung, die sich aber nun einmal nicht immer sinnvoll realisieren lässt. Sinnbildlich dafür steht ein aktueller Praxisfall, in dem ein Betriebsprüfer einem großen Unternehmen eine Zuschätzung androhte, weil in den elektronischen Aufzeichnungssystemen keine artikelgenaue Programmierung vorlag. Dies war die einzige Feststellung, die der Prüfer dem Leiter der Steuerabteilung des Unternehmens mitteilte, und diese Feststellung sollte eine erhebliche Hinzuschätzung rechtfertigen. Daniela Jope und Tobias Teutemacher gehen in ihrem Beitrag ab nun der Frage nach, ob diese Schätzung gerechtfertigt sein könnte. Sie analysieren dazu die Gesetzeslage und kommen letztlich zu dem Schluss: Vielleicht mag es ein formaler Mangel sein, ohne weitere Mängel der Buchführung kann die Frage „Warengruppenprogrammierung oder nicht?“ keinen Ausschlag geben. Gleichzeitig machen sie Vorschläge, wie in bestimmten Branchen Waren- oder Warengruppen sinnvoll aufgeschlüsselt werden können und welche Bezeichnungen zu ungenau sind.

Außerdem in diesem Heft: Im Buchführungs-Seminar zeigt ab StB Karl-Hermann Eckert diesmal die unentgeltlichen Lieferungen und ihre Abbildung in Voranmeldung und Jahreserklärung. Falco Hänsch und Sebastian Schmidt stellen ab den Vorbehaltsnießbrauch als Mittel der Unternehmensnachfolge vor, während Jörg Romanowski im Update Sozialversicherung ab zeigt, dass die Leistungserbringung durch eine GmbH nicht vor Scheinselbständigkeit schützen muss.

Beste Grüße

Christoph Linkemann

Fundstelle(n):
BBK 2023 Seite 521
NWB LAAAJ-41571