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Die planmäßige Abschreibung im deutschen Steuerrecht – bürokratisch, kompliziert und restriktiv
Handhabung in der Bilanzierungspraxis
In diesem Beitrag sollen die aktuellen steuerlichen Vorschriften zur planmäßigen Abschreibung dargestellt und Vorschläge zur Verbesserung erörtert werden. Die Wirksamkeit der Abschreibung ist nicht nur von der Abschreibungsmethode und der Höhe des Abschreibungssatzes abhängig, sondern auch von der formalen gesetzgeberischen Ausgestaltung. Je komplizierter die Norm ausgestaltet ist, desto schwieriger ist die Handhabung in der Bilanzierungspraxis.
Hänsch, Planmäßige Abschreibungen (HGB, EStG), infoCenter, NWB JAAAE-71075
Wie ist das gegenwärtige System der planmäßigen Abschreibung im Steuerrecht ausgestaltet?
Wie kann die planmäßige Abschreibung attraktiver werden, um die Investitionsneigung von Unternehmen positiv zu stimulieren?
Welche Vorteile hat die degressive Abschreibung anhand einer Formel zur Bestimmung des Abschreibungssatzes?
I. Vorbemerkungen
[i]AfA-Tabellen – Berechnungsprogramm, NWB CAAAB-87782 Marx, in: Kanzler/Kraft/Bäuml, EStG Kommentar, § 7, NWB LAAAJ-28164 Fast 90 Jahre nach der Einführung des § 7 EStG durch das Steueranpassungsgesetz von 1934 ist es höchste Zeit, die Vorschrift grundlegend zu überarbeiten und die planmäßige Abschreibung neuzudenken. Denn steuerliche Kalküle – wie die planmäßige Abschreibung – können bei Investitionsentscheidungen eine entscheidende Rolle spielen. Die Wiedereinführung der degressiven Abschreibung war ein Versuch des Gesetzgebers, die Investitionsneigung von Unternehmen zu stimulieren: Eine Investition ins Anlagevermögen stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und erhöht die gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Jedoch ist der § 7 EStG in seiner Ausgestaltung sehr komplex und restriktiv. Dass es auch einfacher geht, zeigt das Handelsrecht. Denn im Gegensatz zum Steuerrecht kennt das Handelsrecht mit dem § 253 Abs. 3 Satz 1 und 2 HGB eine übergreifende Vorschrift zur planmäßigen Abschreibung für alle abnutzbaren Anlagegüter.
II. Planmäßige Abschreibung im Steuerrecht
1. Funktion der planmäßigen Abschreibung
Die grds. steuerliche Funktion der planmäßigen Abschreibung liegt darin, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Nutzungsdauer des abnutzbaren Anlageguts zu verteilen, um den technischen und wirtschaftlichen Werteverzehr, der durch den Gebrauch entsteht, zu erfassen (sog. Wertverzehrthese). Die Abschreibung wird steuerlich als Absetzung für Abnutzung bezeichnet. Trotz des Werteverzehrs kann der Teilwert des Anlageguts im Laufe der Nutzungsdauer stagnieren oder sogar steigen. In diesem Fall entstehen stille Reserven. Die planmäßige Abschreibung ist verbindlich und muss zwingend durchgeführt werden. Es gibt somit keine Möglichkeit, planmäßig nicht abzuschreiben. Dies gilt auch für Krisenzeiten, wenn die Kapazitäten im Unternehmen runtergefahren und dementsprechend die Maschinen nicht ausgelastet werden oder sogar stillstehen. Es soll ein betrieblicher Aufwand in der Handels- bzw. Steuerbilanz abgebildet werden, da die Einbuchung des Wirtschaftsguts im Zeitpunkt der Erstbewertung gewinnneutral mit den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten erfolgt. Der betriebliche Aufwand soll in der jeweiligen Periode gem. § 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB erfasst werden (sog. Aufwandsverteilungsthese). Dieser Aufwand soll einem Ertrag gegenübergestellt werden, der voraussichtlich durch S. 402den Einsatz des Anlageguts erzielt werden kann. Die Abschreibung führt zu einer Steuersenkung (sog. steuerliches Nettoprinzip).