BAG Urteil v. - 4 AZR 500/21

Eingruppierung eines Schulhausmeisters

Gesetze: § 12 Abs 2 TVöD, Anl 1 Teil B Abschn XXIII Entgeltgr 7 TVöD, Anl 1 Teil B Abschn XXIII Entgeltgr 5 TVöD, § 29b Abs 1 TVÜ-VKA

Instanzenzug: ArbG Lüneburg Az: 4 Ca 509/20 E Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Niedersachsen Az: 4 Sa 522/21 E Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.

2Der Kläger, der eine Berufsausbildung zum Schlosser (Metallbau) abgeschlossen hat, ist seit 2005 bei der Beklagten als Schulhausmeister beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem „Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) in der ab geltenden Fassung und den diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.“

3Der Kläger wird in der W-Schule in L eingesetzt. Nach einer von der Beklagten erstellten „Arbeitsplatz-/Stellenbeschreibung“ vom hat er folgende Tätigkeiten auszuüben:

4In der W-Schule sind - für 200 Benutzer - 50 elektronische und 125 mechanische Schließungen vorhanden. Die Schule verfügt über eine elektronische Schließanlage der Firma Simons Voss, welche über eine Software gesteuert wird. Der Kläger hat unter Nutzung der Software an seinem Dienstcomputer eine sog. Berechtigungsmatrix - den Schließplan - zu erstellen. In die Matrix werden die Namen und Funktionen der Zutrittsberechtigten (Lehrkräfte und Externe) mit den jeweiligen Zutrittsrechten für die programmierten Bereiche und Zeiten eingegeben. Dabei können von ihm auch Benutzergruppen eingepflegt werden. Weiterhin werden die an die Nutzer ausgegebenen Transponder vom Kläger unter Anwendung der Software entsprechend der jeweiligen Berechtigung angepasst. Mittels der Software kann er auch prüfen, ob eine Tür abgeschlossen wurde und wer zuletzt den Raum auf- oder zugeschlossen hat. Er überwacht darüber hinaus Fehlermeldungen der Schließanlage und bearbeitet diese. Die vorstehenden Aufgaben sind allein dem Kläger übertragen.

5Die Beklagte vergütet den Kläger nach der Entgeltgruppe 5 Stufe 6 des TVöD in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geltenden Fassung (TVöD/VKA). Mit Schreiben vom und vom beantragte der Kläger eine Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 7 TVöD/VKA ab dem . Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom ab.

6Mit seiner der Beklagten am zugestellten Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er hat die Auffassung vertreten, die von ihm auszuübende Tätigkeit erfülle die tariflichen Merkmale eines Schulhausmeisters iSd. neuen Entgeltgruppe 7 Teil B Abschnitt XXIII der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA.

7Der Kläger hat beantragt

8Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, die Schließanlage der W-Schule erfülle nicht die tariflichen Anforderungen der begehrten Entgeltgruppe. Elektronische Schließanlagen seien aufgrund der heutigen technischen Standards in Schulen als übliche Einrichtungen zu verstehen. Der Kläger konfiguriere die Schließanlage auch nicht, sondern ordne lediglich die Transponder und damit konkrete Berechtigungen den Schlüsselinhabern zu. Zudem sei erforderlich, dass ein Schulhausmeister an mehr als nur einer Anlage im Tarifsinne tätig sei.

9Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Gründe

10Die Revision des Klägers ist überwiegend begründet. Das Landesarbeitsgericht durfte der Berufung der Beklagten nicht insgesamt stattgeben. Die Klage ist - mit Ausnahme eines Teils der Zinsforderung - begründet.

11I. Der Feststellungsantrag ist als allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO (vgl.  - Rn. 12) auch im Hinblick auf die Verzinsung der Entgeltdifferenzen ( - Rn. 10; - 4 AZR 355/13 - Rn. 9 mwN) zulässig.

12II. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts konnte die Klage nicht abgewiesen werden. Das Landesarbeitsgericht ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, eine Vergütung nach Entgeltgruppe 7 TVöD/VKA setze grundsätzlich voraus, dass der Beschäftigte mindestens zwei Anlagen bediene, überwache und konfiguriere, die im Klammerzusatz des Tätigkeitsmerkmals genannt sind.

131. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme die Regelungen des TVöD/VKA und des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) Anwendung.

142. Die Eingruppierung des Klägers bestimmt sich, da er einen Antrag nach § 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA gestellt hat, nach den §§ 12, 13 TVöD/VKA iVm. der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA.

15a) Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA gelten für die in den TVöD übergeleiteten Beschäftigten sowie für die zwischen dem Inkrafttreten des TVöD/VKA und dem neu eingestellten Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis über den hinaus fortbesteht, ab dem für (Neu-)Eingruppierungen § 12 und § 13 TVöD/VKA iVm. der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA. Eine Überprüfung und Neufeststellung der Eingruppierung anhand dieser Vorschriften fand jedoch anlässlich der Überleitung in die Entgeltordnung nicht statt (§ 29a Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA). Hierdurch sollte eine „Eingruppierungswelle“ vermieden und die öffentlichen Arbeitgeber entlastet werden (vgl. zu § 29a TVÜ-Länder  - Rn. 21, BAGE 172, 130). Vielmehr erfolgte die Überleitung zum gemäß § 29a Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA unter Beibehaltung der bisherigen Entgeltgruppe. Dies ist nach der Protokollerklärung zu § 29a Abs. 1 TVÜ-VKA diejenige, die nach Anlage 1 oder 3 TVÜ-VKA in der bis zum geltenden Fassung der Vergütungsgruppe des BAT, deren tarifliche Anforderungen die Tätigkeit erfüllte, zugeordnet war (vgl.  - Rn. 14 mwN).

16Bei unveränderter Tätigkeit kommt eine Eingruppierung nach § 12 TVöD/VKA nur in Betracht, wenn sich nach der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA eine höhere Entgeltgruppe als in der Anlage 1 oder 3 TVÜ-VKA vorgesehen ergibt, und der Beschäftigte bis zum eine dementsprechende Eingruppierung beantragt hat ( - Rn. 15).

17b) Der Kläger hat im Hinblick auf die seit dem geltenden neuen Tätigkeitsmerkmale mit den Schreiben vom und vom nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts fristgemäß einen Antrag nach § 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA gestellt. Nach den Tätigkeitsmerkmalen des TVöD/VKA ergibt sich - bei deren Vorliegen - für ihn eine höhere Entgeltgruppe.

183. Die für die Eingruppierung maßgebenden Bestimmungen im Teil B Abschnitt XXIII „Schulhausmeisterinnen und Schulhausmeister“ der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA lauten ua. wie folgt:

194. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass es sich bei den dem Kläger übertragenen Aufgaben eines Schulhausmeisters um einen einheitlichen Arbeitsvorgang iSv. § 12 Abs. 2 Satz 2 TVöD/VKA handelt.

20a) Nach § 12 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 TVöD/VKA ist der Beschäftigte in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Das ist der Fall, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. Bezugspunkt der tariflichen Bewertung ist danach der Arbeitsvorgang ( - Rn. 19; - 4 AZR 327/20 - Rn. 16; - 4 AZR 161/20 - Rn. 19).

21b) Maßgebend für die Bestimmung des Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis. Für die Beurteilung, ob eine oder mehrere Einzeltätigkeiten zu einem Arbeitsergebnis führen, sind eine natürliche Betrachtungsweise und die durch den Arbeitgeber vorgenommene Arbeitsorganisation ausschlaggebend. Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Einzeltätigkeiten können dann nicht zusammengefasst werden, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte von vornherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt sind. Hierfür reicht jedoch die theoretische Möglichkeit, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Beschäftigte zu übertragen, nicht aus. Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden. Dem Arbeitsvorgang hinzuzurechnen sind dabei nach Satz 1 der Protokollerklärung zu § 12 Abs. 2 TVöD/VKA auch Zusammenhangstätigkeiten. Das sind solche, die aufgrund ihres engen Zusammenhangs mit bestimmten Aufgaben eines Beschäftigten bei der tariflichen Bewertung zwecks Vermeidung tarifwidriger „Atomisierung“ der Arbeitseinheiten nicht abgetrennt werden dürfen, sondern diesen zuzurechnen sind. Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleibt dabei zunächst außer Betracht. Erst nachdem die Bestimmung des Arbeitsvorgangs erfolgt ist, ist dieser anhand des in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals zu bewerten ( - Rn. 20; - 4 AZR 161/20 - Rn. 20 mwN; ausf. - 4 AZR 195/20 - Rn. 27 ff., BAGE 172, 130 [zu § 12 TV-L]).

22c) Danach hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, die auszuübende Tätigkeit des Klägers bestehe entgegen der Darstellung in der Arbeitsplatzbeschreibung (vgl. zur Bedeutung der Stellenbeschreibung bei der Bestimmung der Arbeitsvorgänge  - Rn. 15 mwN) aus einem einheitlichen Arbeitsvorgang.

23aa) Bei dem Tarifbegriff des Schulhausmeisters iSv. Teil B Abschnitt XXIII der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA handelt es sich um ein sog. Funktionsmerkmal. Wird die Tätigkeit durch ein solches erfasst, ist regelmäßig von einem einheitlichen Arbeitsergebnis und damit einem einheitlichen Arbeitsvorgang auszugehen, solange nicht die verschiedenen Arbeitsschritte von vornherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt sind und zu einem unterschiedlichen Arbeitsergebnis führen ( - Rn. 23).

24bb) Der Kläger hat als Schulhausmeister - wie auch die Arbeitsplatz-/Stellenbeschreibung zeigt - sicherzustellen, dass das Schulgebäude und das dort befindliche Inventar für den vorgesehenen Zweck als Schulgebäude in einem ordnungsgemäßen Zustand zur Verfügung stehen. Alle damit im Zusammenhang stehenden Einzeltätigkeiten einschließlich der mit der elektronischen Schließanlage verbundenen Aufgaben sind ihm einheitlich und ohne organisatorische Trennung übertragen worden, dienen diesem Arbeitsergebnis und bilden daher einen Arbeitsvorgang (sh. auch  - Rn. 24 mwN). Das Landesarbeitsgericht hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass die Beklagte eine davon abweichende Organisation nicht dargetan hat. Hiergegen wendet sie sich auch nicht.

255. Das Landesarbeitsgericht hat aber zu Unrecht angenommen, die Tätigkeit des Klägers erfülle nicht die tariflichen Anforderungen der von ihm in Anspruch genommenen Entgeltgruppe 7 TVöD/VKA.

26a) Voraussetzung für eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 7 TVöD/VKA, die auf der Entgeltgruppe 5 TVöD/VKA aufbaut, ist zunächst, dass die Tätigkeit den Anforderungen der Ausgangsentgeltgruppe entspricht. Daran anschließend ist zu prüfen, ob sich die Tätigkeit aufgrund erhöhter technischer Anforderungen erheblich aus der Entgeltgruppe 5 TVöD/VKA heraushebt ( - Rn. 26).

27b) Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen der Entgeltgruppe 5 TVöD/VKA erfüllt sind. Der Kläger ist bei der Beklagten als Schulhausmeister iSd. Vorbemerkung Nr. 1 zum Teil B Abschnitt XXIII der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA beschäftigt. Er hat eine Ausbildung als Schlosser (Metallbau) absolviert. Damit liegt eine der nach der Vorbemerkung Nr. 2 zum Teil B Abschnitt XXIII der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA genannten einschlägigen Berufsausbildungen im Berufsfeld Metallbau vor.

28c) Das Landesarbeitsgericht hat jedoch rechtsfehlerhaft angenommen, die Tätigkeit des Klägers hebe sich nicht aufgrund erhöhter technischer Anforderungen erheblich aus der Entgeltgruppe 5 TVöD/VKA heraus. Entgegen seiner Auffassung kann aus der Verwendung des Plurals im Klammerzusatz zur Entgeltgruppe 7 TVöD/VKA und der tariflich geforderten „erheblichen“ Heraushebung nicht gefolgert werden, dass „grundsätzlich mehrere (jedenfalls zwei) der im Klammerzusatz benannten elektronischen Anlagen“ bedient, überwacht und konfiguriert werden müssen.

29aa) Die Tarifvertragsparteien haben im Klammerzusatz zur Entgeltgruppe 7 TVöD/VKA das Heraushebungsmerkmal definiert ( - Rn. 35). Eine erhebliche Heraushebung aufgrund erhöhter technischer Anforderungen liegt danach vor, wenn die Schulhausmeisterin oder der Schulhausmeister elektronische Schließ-, Alarm-, Brandmeldeanlagen oder Anlagen der Gebäudeleittechnik mit erheblich erweiterten Möglichkeiten zur Steuerung eigenverantwortlich zu bedienen, zu überwachen und zu konfigurieren hat.

30bb) Es ist - anders als auch die Beklagte meint - ausreichend, wenn der Schulhausmeister eine der im Klammerzusatz der Entgeltgruppe 7 TVöD/VKA genannten Anlagen zu bedienen, zu überwachen und zu konfigurieren hat ( - Rn. 36; Donath in Sponer/Steinherr TVöD EntgeltO VKA Stand August 2022 Teil B XXIII Rn. 33; BeckOK TVöD EntgO/Stach Stand EntgO VKA Entgeltgruppe 7 Rn. 4). Das ergibt die Auslegung der Vorschrift (vgl. zu den Auslegungsgrundsätzen etwa  - Rn. 35 mwN, BAGE 164, 326).

31(1) Bereits der Wortlaut macht hinreichend deutlich, dass die Bedienung, Überwachung und Konfiguration einer der genannten Anlagen ausreicht. Das folgt aus der die Aufzählung der Anlagen abschließenden Konjunktion „oder“, durch die regelmäßig zwei oder mehrere Möglichkeiten, die zur Wahl stehen, verbunden werden (vgl. Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort: „oder“). Dem steht nicht die Verwendung des Plurals („Anlagen“) entgegen. Da der Plural durchgängig in der Norm verwendet wird, lässt dies auf seine Verwendung als bloßes Mittel zur Verallgemeinerung schließen (vgl.  - Rn. 36; vgl. auch - 4 AZR 42/19 - Rn. 20, BAGE 168, 13).

32(2) Die im Klammerzusatz genannten Anlagen sprechen ebenfalls für ein solches Auslegungsergebnis. Neben den elektronischen Schließ-, Alarm- und Brandmeldeanlagen werden dort auch „Anlagen der Gebäudeleittechnik“ genannt. Würde man der Verwendung des Plurals im Klammerzusatz entnehmen wollen, das Tarifmerkmal setze die Bedienung, Überwachung und Konfiguration von mindestens zwei Anlagen voraus, wäre dies auch bei einer von einem Schulhausmeister zu betreuenden „Anlage der Gebäudeleittechnik“ zu fordern. Unter Gebäudeleittechnik sind allerdings Einrichtungen zu verstehen, mit denen technische Gebäudeausrüstungen - wie etwa zentrale Heizungs- und Lüftungssysteme, Licht- und Beschattungsanlagen - im Wege der Gebäudeautomation über ein Anwendungsprogramm softwaregesteuert zentral überwacht und gesteuert werden können (vgl.  - Rn. 39). Diese - ggf. umfassende - Funktionalität einer Anlage der Gebäudeleittechnik steht der Annahme entgegen, dass die Tarifvertragsparteien davon ausgegangen sind, es müsste „daneben“ noch eine weitere der im Klammerzusatz aufgeführten Anlage von der auszuübenden Tätigkeit des Beschäftigten erfasst sein.

33(3) Schließlich bestätigen auch Sinn und Zweck ein solches Verständnis. Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass mit der Bedienung, Überwachung und Konfiguration von mindestens zwei in der Tarifvorschrift beschriebenen Anlagen - etwa bei zwei identischen elektronischen Schließanlagen - ggf. zwar eine quantitative Steigerung des Arbeitsaufwands des Beschäftigten, nicht aber zwingend eine qualitative Erhöhung der technischen Anforderungen verbunden wäre.

34III. Das führt zur Aufhebung der Berufungsentscheidung (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann nach § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, da die dafür notwendigen Feststellungen getroffen sind. Der Kläger bedient, überwacht und konfiguriert eine elektronische Schließanlage iSd. Klammerzusatzes zur Entgeltgruppe 7 TVöD/VKA.

351. Die W-Schule verfügt über eine elektronische Schließanlage, die erheblich erweiterte Möglichkeiten zur Steuerung aufweist.

36a) Die Anforderung „mit erheblich erweiterten Möglichkeiten zur Steuerung“ bezieht sich nicht nur auf Anlagen der Gebäudeleittechnik, sondern auch auf die elektronischen Schließ-, Alarm-, Brandmeldeanlagen (Breier/Dassau/Faber/Hoffmann TVöD Entgeltordnung VKA Stand Juli 2022 EntgO (VKA) Teil B XXIII D  Erl. 4.2 Rn. 36; Donath in Sponer/Steinherr TVöD EntgeltO VKA Stand August 2022 Teil B XXIII Rn. 34). Allerdings wäre allein nach dem Wortlaut auch ein Verständnis möglich, nach dem nur die Anlage der Gebäudeleittechnik erheblich erweiterte Steuerungsmöglichkeiten aufweisen muss. Aus dem Zweck des Klammerzusatzes, das Tarifmerkmal der „erhöhten technischen Anforderungen“ zu definieren, und dessen Systematik ergibt sich aber, dass sich die Anforderung auf alle Anlagen bezieht. Die Handhabung einer elektronischen Schließ-, Alarm- oder Brandmeldeanlage stellt nicht zwingend erhöhte technische Anforderungen. Vielmehr hängen die technischen Anforderungen in erster Linie vom Umfang der Steuerungsmöglichkeiten ab. Es ergäbe sich ein Wertungswiderspruch, wenn bei einer Anlage der Gebäudeleittechnik, die schon ihrem Begriff nach elektronisch und typischerweise komplex ist, zusätzlich erheblich erweiterte Steuerungsmöglichkeiten erforderlich wären, nicht aber bei elektronischen Schließ-, Alarm- oder Brandmeldeanlagen.

37b) Eine elektronische Schließ-, Alarm-, Brandmeldeanlage oder eine Anlage der Gebäudeleittechnik mit erheblich erweiterten Möglichkeiten zur Steuerung ist anzunehmen, wenn sie deutlich mehr Steuerungsmöglichkeiten aufweist als eine herkömmliche Anlage ( - Rn. 42). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Steuerungsmöglichkeiten über diejenigen gängiger Anlagen in Schulen oder über den üblichen Stand der Technik hinausgehen. Maßgebend ist vielmehr, ob die Anlage über erheblich mehr Steuerungsmöglichkeiten verfügt als eine einfache elektronische Schließ-, Alarm- oder Brandmeldeanlage oder eine einfache Anlage der Gebäudeleittechnik (aA Breier/Dassau/Faber/Hoffmann TVöD Entgeltordnung VKA Stand Juli 2022 EntgO (VKA) Teil B XXIII D  Erl. 4.2 Rn. 36 f.; Lamcke ZTR 2022, 76, 78). Für dieses Verständnis spricht bereits der Wortlaut. Diesem lässt sich die Unterscheidung zwischen (einfachen) elektronischen Schließ-, Alarm- oder Brandmeldeanlagen und Anlagen der Gebäudeleittechnik einerseits und solchen mit erweiterten Steuerungsmöglichkeiten entnehmen. Er enthält weder einen Verweis auf den an Schulen üblichen technischen Standard noch eine Bestimmung des dafür maßgebenden Beurteilungszeitpunkts. Der Zweck der geänderten Eingruppierungsmerkmale für Schulhausmeister bestätigt dieses Verständnis. Mit der Einführung der Entgeltgruppe 7 im Teil B Abschnitt XXIII der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA sollte den durch die Digitalisierung und dem zunehmenden Technikeinsatz gestiegenen Anforderungen Rechnung getragen werden ( - Rn. 54). Das Merkmal „erheblich erweiterte Möglichkeiten zur Steuerung“ beschreibt und erfasst die Anforderungen beim Einsatz der Anlagen. Diese bestehen unabhängig davon, ob an anderen Schulen vergleichbare Anlagen installiert sind. Bei einem anderen Verständnis wäre die Bestimmung nicht praktikabel, weil ein „üblicher Standard“ der technischen Ausrüstung von Schulen nicht erfasst wird und damit kaum feststellbar sein dürfte (Lamcke ZTR 2022, 76, 78).

38c) Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei der in der W-Schule installierten elektronischen Schließanlage um eine solche iSd. Klammerzusatzes zur Entgeltgruppe 7 TVöD/VKA.

39aa) Eine Schließanlage besteht aus mehreren innerhalb eines Gebäudes eingebauten (Tür-)Schlössern, deren verschiedene Schlüssel jeweils nur zu einer bestimmten Kombination von Schlössern passen (vgl. Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort: „Schließanlage“). Bei elektronischen Schließanlagen werden die Schlüssel durch ein elektronisches Identifikationsmedium (etwa Transponder, Schlüsselkarten oder programmierbare Schlüssel) ersetzt. Dieses vermittelt die Zutrittsmöglichkeit. Das ist bei der Schließanlage, an der der Kläger tätig ist, der Fall. Die mechanischen Schlüssel werden durch Transponder ersetzt, die die Türen ansteuern.

40bb) Die Schließanlage verfügt im Vergleich zu einer einfachen elektronischen Schließanlage über erheblich erweiterte Möglichkeiten zur Steuerung. Über die von der Beklagten eingesetzte elektronische Schließanlage wird eine softwaregesteuerte, komplexe Steuerung des Zutrittskontrollsystems ermöglicht. Es können nicht nur die bisherigen Schlüssel durch Transponder ersetzt werden. Darüber hinaus kann über die zum Einsatz kommende Software ein umfassender und zugleich individuell auf die jeweiligen Zutrittsberechtigungen sowie -zeiten der einzelnen Nutzer abgestimmter Schließplan - die sog. Berechtigungsmatrix - erstellt werden. Auch können die Berechtigungen über die Software fortlaufend anhand der aktuellen Zutrittsberechtigungen angepasst werden. Schließlich ist unter Verwendung der elektronischen Schließanlage die Überprüfung möglich, ob Türen verschlossen sind oder nicht.

412. Der Kläger hat die elektronische Schließanlage iSd. Klammerzusatzes zur Entgeltgruppe 7 TVöD/VKA eigenverantwortlich zu bedienen, zu überwachen und zu konfigurieren.

42a) Die Eingruppierung in die Entgeltgruppe 7 TVöD/VKA setzt voraus, dass der Schulhausmeister die Anlage bedient, überwacht und konfiguriert. Es handelt sich um eine kumulative Aufzählung, wie die abschließende Konjunktion „und“ ergibt ( - Rn. 47).

43b) Die Tarifregelung definiert die Begriffe „bedienen“, „überwachen“, „konfigurieren“ und „eigenverantwortlich“ nicht. Bei der Wortlautauslegung ist anzunehmen, dass ein Begriff in dem Sinne verwendet wird, der dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem der beteiligten Kreise entspricht, wenn nicht sichere Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung gegeben sind ( - Rn. 25 mwN; - 4 AZR 41/08 - Rn. 21, BAGE 129, 355).

44aa) Danach ist unter dem „Bedienen“ einer Anlage deren Handhabung oder Steuerung und unter dem „Überwachen“ deren Beobachtung zur Kontrolle ihrer Funktionsfähigkeit zu verstehen (vgl. Duden Deutsches Universalwörterbuch 9. Aufl. Stichwort: „Bedienung“ und Stichwort: „überwachen“).

45bb) Von einem „Konfigurieren“ ist auszugehen, wenn Systemeinstellungen der zu betreuenden Anlage im Rahmen der durch den Hersteller eingeräumten Steuerungsmöglichkeiten unter Anwendung der Systemsoftware abweichend von der Grund- oder Werkseinstellung bedarfsgerecht angepasst werden. „Eingriffe in die Programmier- und Servicesoftware“ iSe. Änderung der vom Hersteller vorgenommenen Programmierung sind - anders als die Beklagte es in der Berufungsinstanz geltend gemacht hat - nicht erforderlich (sh. dazu ausf.  - Rn. 50 - 54).

46cc) Unter „Verantwortung“ versteht man im allgemeinen Sprachgebrauch die mit einer bestimmten Stellung oder Aufgabe verbundene Verantwortung, dh. die Verpflichtung, der jeweiligen Stellung oder Aufgabe entsprechend dafür zu sorgen, dass innerhalb eines bestimmten Rahmens oder Lebensbereichs alles einen guten, sachgerechten und geordneten Verlauf nimmt. In diesem allgemeinen Sinne ist unter Eigenverantwortung iSd. Tarifmerkmals die Verpflichtung des Angestellten zu verstehen, selbst für die sachgerechte, pünktliche und vorschriftsmäßige Ausführung der im Dienst- oder Arbeitsbereich übertragenen Tätigkeit einzustehen ( - Rn. 55 mwN).

47c) Danach ist dem Kläger die Bedienung, Überwachung und Konfiguration der elektronischen Schließanlage eigenverantwortlich übertragen.

48aa) Dem Kläger obliegt neben dem Bedienen, Verwalten und Warten der Schließanlage (Arbeitsplatz-/Stellenbeschreibung Nr. 1, zweiter Unterpunkt) auch deren Konfiguration. Unter Nutzung der vom Hersteller der Schließanlage eingeräumten softwarebasierten Steuerungsmöglichkeiten erstellt er die sog. Berechtigungsmatrix (Rn. 40). Er passt nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in diesem Zusammenhang unter Nutzung der Software auch die digitalen Schließzylinder und die Transponder an die jeweiligen Berechtigungen an. Weiterhin überwacht der Kläger die elektronische Schließanlage. Er ist für deren Funktionsfähigkeit und dabei auch für Fehlerbehebungen, etwa hinsichtlich der Schließberechtigungen, zuständig.

49bb) Diese Tätigkeiten hat der Kläger eigenverantwortlich auszuführen. Ihm ist nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts „als ständigem und einzigem Ansprechpartner“ die Bedienung, Überwachung und Konfiguration der elektronischen Schließanlage übertragen.

50d) Das Heraushebungsmerkmal liegt in rechtlich erheblichem Ausmaß vor.

51aa) Es ist nicht erforderlich, dass die für die Höherwertigkeit maßgebenden Einzeltätigkeiten innerhalb des Arbeitsvorgangs in dem von § 12 Abs. 2 Satz 2 und Satz 5 TVöD/VKA bestimmten Maße anfallen. Mangels Festlegung eines notwendigen zeitlichen Anteils einer höherwertigen Tätigkeit innerhalb des Arbeitsvorgangs durch die Tarifvertragsparteien ist auf den kleinsten relevanten Anteil, mithin das „rechtlich erhebliche Ausmaß“, abzustellen. Ein solches ist jedenfalls erreicht, wenn ohne die Tätigkeit ein sinnvoll verwertbares Arbeitsergebnis nicht erzielt werden kann ( - Rn. 60; - 4 AZR 195/20 - Rn. 64 - 68 mwN, BAGE 172, 130).

52bb) Nach diesen Maßstäben übt der Kläger Tätigkeiten aus, die sich aufgrund erhöhter technischer Anforderungen erheblich herausheben. Die von ihm auszuübende Tätigkeit dient der Funktionsfähigkeit des Schulgebäudes, das ohne eine intakte Schließanlage nicht bestimmungsgemäß genutzt werden kann.

533. Der Kläger hat die tarifliche Ausschlussfrist nach § 37 Abs. 1 TVöD/VKA für die begehrten Entgeltansprüche gewahrt. Die Höhergruppierungsanträge vom und vom enthielten eine ausreichende Geltendmachung. Mit diesen hat er zugleich zum Ausdruck gebracht, dass er mindestens eine Vergütung nach Entgeltgruppe 7 TVöD/VKA beansprucht (zu den Maßstäben einer ausreichenden Geltendmachung ausf.  - Rn. 57 ff.; - 4 AZR 354/21 - Rn. 64 ff.).

544. Das auf die Zinsforderungen bezogene Feststellungsbegehren ist lediglich teilweise begründet.

55a) Die Differenzentgeltansprüche für die Zeit von Januar 2017 bis November 2017 sind nach § 286 Abs. 2 Nr. 3, § 288 Abs. 1 BGB erst ab dem zu verzinsen.

56aa) Für die nachzuzahlenden Differenzentgeltansprüche ist eine Mahnung nicht gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB entbehrlich, da für diese eine Zeit nach dem Kalender nicht bestimmt ist. Aufgrund des konstitutiven Charakters des Höhergruppierungsantrags nach § 29b TVÜ-VKA sind die Ansprüche nach der neuen Entgeltordnung für die Monate Januar bis November 2017 erst ab Zugang des Antrags entstanden. Sie wurden, da die Fälligkeit eines Anspruchs regelmäßig nicht vor seiner Entstehung eintritt, erst ab diesem Zeitpunkt fällig. § 24 Abs. 1 Satz 2 TVöD/VKA ist insoweit nicht einschlägig, so dass die Entgeltansprüche nicht schon ab dem Ersten des jeweiligen Folgemonats zu leisten waren ( - Rn. 71).

57bb) Eine Mahnung ist erst mit der endgültigen Ablehnung des Höhergruppierungsantrags durch die Beklagte in ihrem Schreiben vom überflüssig geworden, § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Dadurch befand sich die Beklagte hinsichtlich der Zahlung der Differenzentgeltansprüche in Verzug. Der Kläger kann daher nach § 187 Abs. 1 BGB Zinsen ab dem verlangen.

58b) Für die ab Dezember 2017 fällig gewordenen Differenzentgeltansprüche schuldet die Beklagte nach § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB Verzugszinsen, die dem Kläger gemäß § 187 Abs. 1 BGB ab dem Tag nach Eintritt der Fälligkeit zustehen. Als Teil des monatlich zu zahlenden Entgelts waren sie aufgrund des konstitutiven Charakters des Höhergruppierungsantrags durch die der Beklagten spätestens am zugegangenen Schreiben vom oder vom entstanden (vgl.  - Rn. 32, BAGE 168, 13) und nach § 24 Abs. 1 Satz 2 TVöD/VKA am letzten Tag des Monats (Zahltag) für den laufenden Kalendermonat auf ein vom Kläger benanntes Konto zu zahlen.

59c) Die Zinsansprüche sind nicht nach § 37 Abs. 1 TVöD/VKA verfallen. Durch die Geltendmachung eines Entgeltanspruchs wird die tarifliche Ausschlussfrist auch für Ansprüche auf Zahlung von Verzugszinsen - als von der Hauptforderung abhängige Nebenforderungen - gewahrt ( - Rn. 74).

60IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

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ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2022:191022.U.4AZR500.21.0

Fundstelle(n):
OAAAJ-34134