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Jahresabschluss 2022: Bilanzielle Überlegungen im Zeichen der Krisen
Gestaltungstipps und Praxishinweise zur aktuellen Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung
[i]Wiechers, Jahresabschluss 2022: Erstellung in schwierigen Zeiten, BBK 24/2022 S. 1140 NWB VAAAJ-28862 Wie schon in den beiden Vorjahren ist auch der Jahresabschluss 2022 krisengeprägt. Bilanzielle Fragestellungen ergeben sich nach wie vor aus der Corona-Pandemie, hinzukommen aktuell die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs und deren wirtschaftliche Folgen. Der Beitrag nennt die wichtigsten Punkte, die bei der Erstellung des Jahresabschlusses 2022 beachtet werden sollten. Dabei werden die aktuelle Rechtsprechung des BFH und die jüngsten BMF-Schreiben sowie das JStG 2022 berücksichtigt; zahlreiche Beispiele und Hinweise helfen bei der Umsetzung in der Praxis.
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I. Vorbemerkungen und Vorprüfungen
1. Auswirkungen der Corona-Krise und des Ukraine-Kriegs
1.1 Corona-Krise
[i]Corona-Krise wirkt sich weiterhin ausWie in den Vorjahren 2021 und 2020 sind etwaige Auswirkungen der Corona-Krise bei der Erstellung des Jahresabschlusses auf den zu berücksichtigen. Auch wenn die Corona-Maßnahmen in der zweiten Jahreshälfte 2022 deutlich zurückgefahren worden sind, ist es denkbar, dass sich diese noch zum auf die Unternehmenswerte auswirken, z. B. bei der Bewertung von Wirtschaftsgütern, insbesondere Teilwertabschreibungen, oder bei der Fortführungsprognose im Rahmen der Bewertung gem. § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB (vgl. Abschnitt I.1.3).
Wegen weiterer Einzelheiten vgl. Rätke, Jahresabschluss 2021: Weitere Auswirkungen der Corona-Pandemie, BBK 2/2022 S. 66 NWB KAAAI-01387. S. 20
1.2 Ukraine-Krieg
[i]Ukraine-Krieg kann sich zum 31.12.2022 bilanziell auswirkenIm Jahr 2022 begann der Krieg Russlands in der Ukraine, der ebenso wie die nachfolgenden Sanktionen gegen Russland auch wirtschaftliche Folgen hatte. Der Krieg in der Ukraine ist unter bilanziellen Gesichtspunkten als sog. wertbegründendes Ereignis zum zu berücksichtigen. Auswirkungen können sich ergeben für Forderungen gegenüber russischen oder ukrainischen Vertragspartnern, bei der Bewertung von Beteiligungen oder Kapitalanlagen in Russland oder der Ukraine oder aber bei der Fortführungsprognose, soweit das Unternehmen bis zum Kriegsbeginn einen erheblichen Teil seiner Umsätze mit russischen oder ukrainischen Vertragspartnern erzielt oder seinen Wareneinkauf aus einem der beiden Staaten bezogen hatte.
1.3 Bewertung nach der Fortführungsprognose?
[i]Sikora, Fortbestehensprognose im Insolvenz- und Bilanzrecht, Teil 1, BBK 12/2022 S. 565 NWB AAAAI-62814 Die Corona-Krise sowie der Krieg in der Ukraine können Anlass dazu geben, eine Fortführungsprognose zu erstellen, falls das Unternehmen durch eine der beiden Krisen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist oder nach dem Bilanzstichtag geraten wird. Die Bilanzierung im Jahresabschluss erfolgt grundsätzlich nach dem Going Concern-Prinzip gem. § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB, also unter der Annahme, dass das Unternehmen fortgeführt wird. Der Prognosezeitraum beträgt zwölf Monate, so dass die Fortführungsprognose positiv ausfällt, wenn das Unternehmen voraussichtlich mindestens bis zum fortgeführt wird.
Die insolvenzrechtliche Verkürzung der Fortführungsprognose des § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO von zwölf Monaten auf vier Monate durch § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SanInsKG führt nicht zu einer Verkürzung des zwölfmonatigen Prognosezeitraums des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB.
[i]Eggert, Beurteilung der Going Concern-Annahme in der Corona-Krise, BBK 10/2020 S. 467 NWB GAAAH-48154 Die Prognose ist auf den zu erstellen und darf nicht auf den Tag der Bilanzerstellung verschoben werden. Dabei ist zu beachten, dass bei einem Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Jahresabschluss innerhalb von zwei bis drei Monaten nach dem zu erstellen ist.
Fällt die Fortführungsprognose negativ aus, dürfen nur die Liquidationswerte angesetzt werden, aber es darf nicht nach Going-Concern-Prinzipien bewertet werden. Außerdem ist dies im Anhang gem. § 284 Abs. 2 Nr. 2 HGB anzugeben und zu begründen.
Sofern [i]Fortführungsprognose ist von der Geschäftsführung zu erstelleneine Fortführungsprognose zu erstellen ist, trifft diese Pflicht den Unternehmer bzw. den gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft, nicht aber den Steuerberater. Zu Einzelheiten bei der Erstellung der Fortführungsprognose sowie zur Abgrenzung von der insolvenzrechtlichen Hinweis- und Warnpflicht des Steuerberaters nach § 102 StaRUG vgl. Rätke, Jahresabschluss 2021: Weitere Auswirkungen der Corona-Pandemie, BBK 2/2022 S. 66, 67 NWB KAAAI-01387. S. 21
2. Außenprüfung im Jahr 2022?
[i]Anpassung an Prüferbilanz erforderlich?Falls es 2022 eine Außenprüfung für Vorjahre gegeben hat, in der die Bilanzwerte beanstandet worden sind, sollten die Eröffnungsbilanzwerte zum an die Prüferbilanzwerte angepasst werden.
Falls das Unternehmen die Prüfungsfeststellungen aus bilanzrechtlich vertretbaren Gründen nicht übernehmen will und die Änderungsbescheide angefochten hat, ist es zulässig, an den eigenen Bilanzwerten festzuhalten. Der Steuerpflichtige sollte dann aber in einem Freifeld der Steuererklärung gem. § 150 Abs. 7 Satz 1 AO darauf hinweisen, dass er von den Prüferfeststellungen abweicht.
II. Aktiva
1. Grundstücke und Gebäude
1.1 Kaufpreisaufteilung
[i]Graf/Nacke, Grundsätze der Kaufpreisaufteilung erneut auf dem Prüfstand, NWB 12/2022 S. 822 NWB PAAAI-57755 Bei Erwerb eines bebauten Grundstücks ist der Kaufpreis auf den Grund und Boden einerseits und auf das abschreibbare Gebäude andererseits aufzuteilen. Zwar hat die Finanzverwaltung ihre Excel-Arbeitshilfe aufgrund der Beanstandung durch den BFH im Jahr 2021 angepasst und im August 2022 aktualisiert; die Probleme bei der Aufteilung sind damit aber nicht aus der Welt, weil die Aufteilung zu finanzamtsfreundlich ausfällt.
[i]Vertraglicher Aufteilungsmaßstab sinnvoll! Weiterhin dürfte es empfehlenswert sein, den vom Finanzamt mittels Arbeitshilfe ermittelten Wert nicht zu akzeptieren, sondern stattdessen im Kaufvertrag eine Kaufpreisaufteilung vorzunehmen und – falls diese vom Finanzamt nicht akzeptiert wird – ein Gutachten durch einen öffentlich bestellten Sachverständigen erstellen zu lassen. Der BFH akzeptiert Gutachten, die auf der Grundlage der ImmoWertV erstellt werden, und hält die drei Bewertungsverfahren der ImmoWertV, d. h. Ertragswert-, Sachwert- und Vergleichswertverfahren, grundsätzlich für gleichwertig.
1.2 Baumaßnahmen am betrieblichen Gebäude
[i]Cremer, Aktivierung anschaffungsnaher Herstellungskosten, BBK 13/2018 S. 608 NWB KAAAG-87721 Aufwendungen für Baumaßnahmen am betrieblichen Gebäude können entweder sofort abziehbare Betriebsausgaben oder aktivierbare Aufwendungen sein, die sich nur über die AfA nach § 7 Abs. 4 EStG auswirken. Zu den aktivierbaren Aufwendungen gehören zum einen nachträgliche Anschaffungskosten gem. § 255 Abs. 1 HGB und zum anderen nachträgliche Herstellungskosten gem. § 255 Abs. 2 HGB sowie anschaffungsnahe Aufwendungen i. S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG.
§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG erfasst Aufwendungen für Modernisierung und Instandsetzung, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung der bebauten Immobilie durchgeführt werden und die 15 % der Gebäudeanschaffungskosten übersteigen. Sollte diese Grenze überschritten werden, müssen die Kosten aktiviert werden, sofern sie nicht ohnehin nach § 255 Abs. 1 oder 2 HGB als nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu aktivieren sind.S. 22