BGH Beschluss v. - 4 StR 220/22

Konkurrenz zwischen versuchter Nötigung und Bedrohung

Gesetze: § 22 StGB, § 23 StGB, § 52 StGB, § 240 StGB, § 241 Abs 1 StGB vom , § 241 Abs 2 StGB

Instanzenzug: LG Essen Az: 52 KLs 21/20

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Freiheitsberaubung in zwei Fällen und mit Nötigung sowie wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter Nötigung und mit Bedrohung mit einem Verbrechen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf eine nicht ausgeführte Verfahrensrüge und auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zur Änderung des Schuldspruchs in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang; im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Im Fall II. 2 der Urteilsgründe hat die tateinheitliche Verurteilung wegen Bedrohung mit einem Verbrechen zu entfallen, sodass es bei der Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter Nötigung verbleibt.

3a) Nach den hierzu getroffenen Feststellungen kündigte der Angeklagte dem zuvor im Zusammenwirken mit weiteren Personen misshandelten Geschädigten am an, dass er ihn töten werde, falls er nach Deutschland zurückkehren, Kontakt zu einer weiteren Geschädigten aufnehmen oder die Polizei über die zu seinem Nachteil begangenen Straftaten unterrichten sollte. Diese Ankündigung hielt den Geschädigten jedoch nicht davon ab, die jeweiligen Handlungen vorzunehmen.

4b) Das Landgericht hat das Verhalten des Angeklagten zutreffend als gefährliche Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB) in Tateinheit mit versuchter Nötigung (§ 240 Abs. 1, Abs. 3, §§ 22, 23 StGB) bewertet. Für die Annahme einer tateinheitlich begangenen Bedrohung war daneben kein Raum.

5aa) Gemäß § 2 Abs. 3 StGB ist vorliegend § 241 Abs. 1 StGB in der bis zum geltenden Fassung anzuwenden, weil § 241 Abs. 2 StGB in der seit dem geltenden Fassung nicht das mildere Gesetz ist. Nach der zu § 241 StGB aF ergangenen Rechtsprechung tritt die Bedrohung auch hinter einer nur versuchten Nötigung zurück, wenn – wie hier – die Nötigungshandlung in einer Bedrohung mit einem gegen den Geschädigten gerichteten Verbrechen besteht (vgl. ; Beschluss vom – 5 StR 20/14 Rn. 4; Beschluss vom – 4 StR 389/21 Rn. 7).

6bb) Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob auch in Zukunft an dieser Rechtsprechung festzuhalten ist (dafür wohl ‒ 3 StR 161/22 Rn. 4). Angesichts der durch das Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität vom (BGBl. I S. 441 i.V.m. S. 448) für die Bedrohung mit einem Verbrechen gemäß § 241 Abs. 2 StGB auf zwei Jahre erhöhten Strafrahmenobergrenze, der unterschiedlichen geschützten Rechtsgüter, nämlich der Freiheit der Willensentschließung und -betätigung bei § 240 StGB einerseits (vgl. BVerfG 73, 206) und des subjektiven Rechtsfriedens des Einzelnen bei § 241 StGB andererseits (vgl. BVerfG, NJW 1995, 2776, 2777), sowie des Grundsatzes, dass Gesetzeseinheit in Form der Konsumtion nur anzunehmen ist, wenn der Unrechtsgehalt der fraglichen Handlung durch einen der anzuwendenden Straftatbestände bereits erschöpfend erfasst wird (vgl. , BGHSt 39, 100, 108; Beschluss vom – 2 StR 481/17, BGHSt 63, 253 zur Konkurrenz von versuchtem Einbruchdiebstahl und Sachbeschädigung; Urteil vom – 4 StR 272/98, BGHSt 44, 196 zur Konkurrenz von versuchtem Tötungsdelikt und vorsätzlicher Körperverletzung), hegt der Senat zur Annahme von Tateinheit (Idealkonkurrenz).

72. Der Strafausspruch kann bestehen bleiben. Die Beschränkung des Schuldspruchs im Fall II. 2 der Urteilsgründe lässt die dem Strafrahmen des § 224 Abs. 1 StGB entnommene maßvolle Einzelstrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe unberührt.

83. Mit Blick auf den nur geringen Teilerfolg erscheint es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:200722B4STR220.22.0

Fundstelle(n):
WAAAJ-28999