BGH Beschluss v. - 4 StR 104/22

Revision im Strafverfahren: Glaubhaftmachung der vorübergehenden Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung der Revisionsbegründung

Gesetze: § 32d S 3 StPO, § 32d S 4 Halbs 1 StPO, § 345 Abs 1 S 3 StPO

Instanzenzug: LG Hagen (Westfalen) Az: 52 KLs 8/19

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt, von der drei Monate wegen überlanger Verfahrensdauer als vollstreckt gelten.

21. Seine hiergegen eingelegte Revision ist nicht fristgerecht begründet worden und daher unzulässig. Denn die beiden Revisionsbegründungen sind dem Landgericht zwar innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 Satz 3 StPO, aber nicht in elektronischer Form (§ 32a StPO) und damit gemäß § 32d Satz 2 StPO nicht wirksam übermittelt worden (vgl. Rn. 2; OLG Oldenburg, Beschluss vom – 1 Ss 28/22, StraFo 2022, 147, 148 mit zutreffendem Hinweis auf die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/9416, S. 51).

3Ein Ausnahmefall gemäß § 32d Satz 3 StPO liegt nicht vor. Nach dieser Vorschrift ist eine Übermittlung in Papierform nur dann zulässig, wenn die elektronische Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist. Diese vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen (§ 32d Satz 4 Halbs. 1 StPO). Dies ist jeweils nicht geschehen. Die Revisionsbegründung von Rechtsanwalt K.     vom enthält keine Ausführungen dazu, warum die Einreichung mittels Telefax erfolgt ist. In der Revisionsbegründung von Rechtsanwalt M.   vom ist lediglich auf dem ersten Blatt links oben in fettgedruckten Großbuchstaben vermerkt: „PER FAX DA BEA DERZEIT HIER OHNE FUNKTION“. Aus dieser stichwortartigen Zustandsbeschreibung ergibt sich nicht, dass im Zeitpunkt der Übermittlung eine grundsätzlich einsatzbereite technische Infrastruktur existierte und eine nur vorübergehende technische Störung gegeben war. Die weiteren Ausführungen der Verteidiger in den – überdies nicht an das Landgericht, sondern an den Generalbundesanwalt gerichteten – Schriftsätzen vom 4., 7. und sind erst mehr als zwei Monate nach der Übermittlung der Revisionsbegründungen vom und vom und damit jedenfalls nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 32d Satz 4 StPO erfolgt.

42. Der Wiedereinsetzungsantrag ist ebenfalls unzulässig. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist auf Antrag demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten (§ 44 Satz 1 StPO). Der Antrag ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO). Dabei kommt es auf die Kenntnis des Angeklagten an (, StraFo 2019, 280). Diese Wochenfrist ist vorliegend nicht gewahrt. Der zum Wegfall des Hindernisses führende Hinweis des Generalbundesanwalts ist dem Angeklagten am zugestellt worden. Der daraufhin angebrachte Wiedereinsetzungsantrag vom ist erst am und damit nach Fristablauf beim Landgericht eingegangen.

53. Für eine gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 StPO von Amts wegen zu gewährende Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die versäumte Wiedereinsetzungsfrist besteht schon deshalb kein Anlass, weil insoweit ein Mitverschulden des Angeklagten mit Blick auf die ihm durch den Hinweis des Generalbundesanwalts bereits vermittelte Kenntnis von der formunwirksamen Revisionseinlegung durch seinen Verteidiger nicht ausgeschlossen erscheint (vgl. hierzu , BGHSt 25, 89, 90 ff.; Beschluss vom – 4 StR 68/22, juris Rn. 7).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:300822B4STR104.22.0

Fundstelle(n):
XAAAJ-26822