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NWB Nr. 42 vom Seite 2969

Neues zum Vorsteuerabzug bei Holdinggesellschaften

Anmerkungen zum

Dr. Timo Hartman

[i] EuGH, Urteil v. 8.9.2022 - C-98/21, NWB DAAAJ-22828 Der (NWB DAAAJ-22828) eine für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung von Holdingsachverhalten weitreichende und praxisrelevante Entscheidung getroffen. Das Judikat betrifft die Zwischenschaltung einer Führungsholding, die durch Gesellschafterbeiträge ihre Tochtergesellschaft unterstützt, wobei die Beiträge für steuerfreie Ausgangsumsätze der Tochtergesellschaft Verwendung finden. Nach bisherigem Verständnis in der umsatzsteuerrechtlichen Literatur besaß eine solche Führungsholding keine nichtwirtschaftliche Sphäre, das Halten der Beteiligung an der Tochtergesellschaft wurde durch die umsatzsteuerbaren und -pflichtigen Eingriffsleistungen überlagert. Dies sollte zur Folge haben, dass Eingangsleistungen der Holdinggesellschaft, die der Tochtergesellschaft als Gesellschaftereinlage zur Verfügung gestellt werden, nicht für das nichtsteuerbare Halten der Beteiligung, sondern vielmehr für die insgesamt steuerbare und steuerpflichtige Beteiligungsverwaltung verwendet werden. Dem ist der EuGH entgegengetreten: Er stellt heraus, dass auch im Fall einer Führungsholding für die Frage der vorsteuerschädlichen Verwendung auf die tatsächliche Verwendung der Leistungen sowie auf den ausschließlichen Entstehungsgrund des fraglichen Umsatzes abzustellen ist. Dies führt bei Gesellschafterbeiträgen der Führungsholding dazu, dass diese dem nichtwirtschaftlichen Bereich des Haltens der Beteiligung zuzurechnen sind und damit eine vorsteuerschädliche Verwendung darstellen.

I. Zugrunde liegender Sachverhalt

Die W-GmbH war im Streitjahr beherrschend als Holding an den Gesellschaften X-KG und Y-KG beteiligt. Eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft bestand jedoch nicht. Die geschäftlichen Tätigkeiten der X-KG und der Y-KG bestanden in der Errichtung und Veräußerung von Wohneinheiten. Die hiermit zusammenhängenden Umsätze waren S. 2970umsatzsteuerbefreit. Die W-GmbH erbrachte in der Folge zum einen als Sacheinlage im Rahmen ihrer Gesellschafterstellung unentgeltliche Dienstleistungen an von den KGs zu errichtenden Gebäuden und zum anderen entgeltliche Buchführungs- und Geschäftsführungsleistungen an die KGs. Den Vorsteuerabzug auf Eingangsleistungen im Zusammenhang mit den an die KGs erbrachten Dienstleistungen nahm die W-GmbH in voller Höhe in Anspruch.

II. Problemstellung

1. Zwischenschaltung von Holdinggesellschaften

[i]BFH, Beschluss v. 23.9.2020 - XI R 22/18, BStBl 2017 II S. 604Die steuerrechtliche Konstruktion, die dem Vorabentscheidungsersuchen zugrunde liegt, weckt den Eindruck, dass hier durch eine geschickte Steuergestaltung der Versuch unternommen wird, systemwidrig einen an sich nicht zustehenden Vorsteuerabzug zu erlangen. Die vorgenommene „Zwischenschaltung“ einer Holdinggesellschaft soll einen an sich bei den Tochtergesellschaften nicht zulässigen Vorsteuerabzug für Eingangsleistungen, die für die zu veräußernden Wohneinheiten verwendet werden, ermöglichen: Denn hätten die Tochtergesellschaften die Dienstleistungen selbst erbracht, stünde ihnen aufgrund der von ihnen getätigten steuerfreien Ausgangsumsätze nach § 15 Abs. 2 UStG für ihre diesbezüglichen Eingangsleistungen kein Vorsteuerabzug zu. Durch die Zwischenschaltung der W-GmbH, die die Dienstleistungen an die Tochtergesellschaften erbringt, sollte erreicht werden, dass der Ausschlusstatbestand des § 15 Abs. 2 UStG umgangen wird. Folglich hat sich sowohl die Finanzverwaltung als auch der BFH in seinem Vorabentscheidungsersuchen u. a. darauf berufen, dass es sich bei der Zwischenschaltung von Holdinggesellschaften, wie sie im Besprechungsfall erfolgt ist, um einen Gestaltungsmissbrauch handele. Der BFH sprach wörtlich von der Gefahr einer „Vorschalt-Welle“, die systemwidrig einen Vorsteuerabzug trotz vorsteuerschädlicher Ausgangsumsätze i. S. des § 15 Abs. 2 UStG ermögliche (vgl. EuGH-Vorlage mit , BStBl 2021 II S. 325). Prüfungstechnisch stellt dies indes erst einen zweiten Schritt dar. Zuvor ist denklogisch zu klären, ob im Besprechungsfall überhaupt die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Vorsteuerabzugs vorliegen.

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