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StuB Nr. 19 vom Seite 728

Ertragsteuerliche Folgewirkungen von Anwachsungsvorgängen

Ausgewählte Steuerfallen bei anwachsungsbedingten Vermögensübertragungen

StB Marcel Jordan, M.Sc.

Die Umstrukturierung von Unternehmen kann durch vielfältige Erwägungen impliziert sein. Zuvorderst geben geänderte wirtschaftliche oder rechtliche Rahmenbedingungen sowie unternehmerische oder persönliche Motivationen ggf. Anlass zur Änderung der Unternehmensstruktur. Neben Umwandlungen nach dem UmwG und Übertragungen im Wege der Einzelrechtsnachfolge können bei Beteiligung von Personengesellschaften zugleich Anwachsungsvorgänge als Gestaltungsinstrument in Betracht kommen. Gleichwohl sind die Folgeauswirkungen als etwaige Steuerfallen eines Anwachsungsmodells im Blick zu halten. Der Beitrag zeigt überblicksartig einzelne steuerliche Risiken aus ertragsteuerrechtlicher Sicht auf.

Kusch, Formwechsel, Grundlagen, NWB QAAAF-77023

Kernfragen
  • Welche Anwachsungsmodelle gilt es, zu unterscheiden?

  • Wie wirken sich Anwachsungsvorgänge auf steuerliche Verluste aus?

  • In welchen Fällen verletzen Anwachsungsvorgänge steuerliche Sperrfristen?

I. Umwandlung durch Anwachsungsvorgänge

[i]Jordan, Die Umwandlung einer GmbH & Co. KG in eine GmbH, NWB 32/2022 S. 2258, NWB BAAAJ-18965 Im Rahmen von Unternehmensumstrukturierungen können neben den im UmwG normierten Umwandlungsmaßnahmen anwachsungsimplizierende Vorgänge unter vergleichsweise erleichterten Bedingungen in Erwägung gezogen werden, wenn eine Personengesellschaft an der Umwandlung teilnimmt. Zu unterscheiden ist zwischen der einfachen und erweiterten Anwachsung.

Im Zuge des einfachen Anwachsungs- oder Austrittsmodells scheiden sämtliche Gesellschafter mit Ausnahme des letzten Gesellschafters gegen oder unter Verzicht auf eine Abfindung aus der Personengesellschaft aus. Die Gesellschaft wird ipso iure liquidationslos beendet, da eine Gesellschaft mit nur einem Gesellschafter nicht fortbestehen kann. Das Gesellschaftsvermögen wächst dem verbleibenden Gesellschafter gem. § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB (i. V. mit §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB) ohne besondere Übertragungsakte an. Hierbei geht das Vermögen der Gesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge über. Ebenjene wird zugleich durch eine zeit- und kostenintensivere Verschmelzung unter den Voraussetzungen des UmwG erreicht.

Bei der erweiterten Anwachsung geht der Gesellschaftsanteil des vorletzten Gesellschafters durch Abtretung im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf den letzten Gesellschafter über. Regelmäßig erfolgt die Abtretung im Rahmen einer Kapitalerhöhung (z. B. Barkapitalerhöhung mit Erbringung eines Sachagios) und mithin gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten (Kapitalerhöhungsmodell). Möglich ist zugleich eine Vermögensübertragung durch Gesamtrechtsnachfolge, wie bspw. die Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 UmwG, oder die Verschmelzung des vorletzten Gesellschafters auf den Zielrechtsträger zur Aufnahme gem. § 2 Nr. 1 UmwG. In diesen Fällen kommt es zur Auflösung der Personengesellschaft ohne Abwicklung und Anwachsung des Gesellschaftsvermögens beim übernehmenden Rechtsträger.

II. Ertragsteuerliche Grundzüge von Anwachsungsmodellen

1. Einfache Anwachsung

Die Auswirkungen einer einfachen Anwachsung durch Austritt bis auf den letzten Gesellschafter bestimmen sich nach S. 729den allgemeinen ertragsteuerrechtlichen Vorschriften. Da im Zuge des Ausscheidens keine neuen Anteile gewährt werden, wird der Tatbestand des § 20 Abs. 1 UmwStG nicht verwirklicht. Wird eine Bar- oder Sachabfindung an die ausscheidenden Gesellschafter geleistet, erzielen jene einen Veräußerungsgewinn i. S. von § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 EStG, wenn und soweit die Abfindung den Buchwert des Kapitalkontos übersteigt. Demgegenüber liegt im Falle des entschädigungslosen Austritts eine unentgeltliche Leistung vor, die dem Grunde nach vom Anwendungsbereich des § 6 Abs. 3 EStG erfasst wird. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn Wirtschaftsgüter anwachsungsbedingt auf eine letztverbleibende Kapitalgesellschaft, an welcher die austretenden Gesellschafter beteiligt sind, übergehen.

Nach überwiegender Auffassung ist das abfindungslose Ausscheiden aus einer Personengesellschaft zugunsten einer Kapitalgesellschaft regelmäßig durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Insoweit ist eine verdeckte Einlage anzunehmen. Da die Regelungen zur verdeckten Gewinnausschüttung und verdeckten Einlage vorgehen, ist der Anwendungsbereich von § 6 Abs. 3 EStG nicht eröffnet. Mithin liegt nach h. M. eine Aufgabe des Mitunternehmeranteils gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 EStG unter Aufdeckung sämtlicher in den Mitunternehmeranteilen verhafteten stillen Reserven und eine verdeckte Einlage in die aufnehmende Kapitalgesellschaft vor.

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