BBK Nr. 23 vom Seite 1164

Bewertung unentgeltlicher oder verbilligt gewährter Mahlzeiten

Finanzverwaltung räumt Wahlrecht ein

Ingrid Geworske *

Häufig wird anlässlich von Schulungen und anderer firmeninterner Veranstaltungen die Verpflegung durch den Arbeitgeber unentgeltlich oder verbilligt gewährt. Bezüglich der Besteuerung der arbeitgeberseitig zur Verfügung gestellten Mahlzeiten hat der BFH in seinem Beschluss vom [1] die Abgrenzung zwischen der Anwendung der Sachbezugswerte und § 8 Abs. 2 EStG konkretisiert. Auch die Finanzverwaltung hat zur Behandlung dieser Aufwendungen durch den Arbeitgeber Stellung genommen [2]. Im Folgenden werden der BFH-Beschluss und das BMF-Schreiben erläutert und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten für die Praxis dargestellt.

I.

Im Urteilsfall hat ein Arbeitgeber anlässlich mehrtägiger [i]Mahlzeiten als geldwerter Vorteil?Fortbildungsveranstaltungen seinen Mitarbeitern kostenlos Mahlzeiten gereicht. Die Kosten wurden allein vom Arbeitgeber getragen. Strittig war die Annahme des Finanzamts, dass es sich hierbei um einen geldwerten Vorteil gemäß § 8 Abs. 2 Satz 6 EStG handelt. Der BFH entschied wie folgt:

  • Die Bewertung der Mahlzeiten richtet sich nicht nach der Sachbezugsverordnung [3] – und somit auch nicht nach § 8 Abs. 2 Satz 6 EStG –, [i]Keine Pauschalen zur Bestimmung des geldwerten Vorteilsda nach Auffassung des BFH diese nicht zur üblichen Beköstigung der Arbeitnehmer gereicht werden und somit nicht einer „auf eine gewisse Dauer” gerichteten Aufwendung entsprechen. Dies hat zur Folge, dass für die Bestimmung des geldwerten Vorteils keine pauschalen Werte angesetzt werden können, sondern die Anrechnung des um [i]Üblicher Preis am Abgabeortübliche Preisnachlässe geminderten, am Abgabeort üblichen Endpreises erfolgt.

  • Die Kostenübernahme durch den Arbeitgeber für die Verpflegung der Arbeitnehmer ist nicht als im ganz überwiegend betrieblichen Interesse des Arbeitgebers S. 1165 anzusehen und führt damit zu geringfügigen Vorteilen i. S. des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG und des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.

  • Die Bewertung von Vorteilen aufgrund einer [i]Verpflegung aus einmaligem AnlassVerpflegung aus einmaligem Anlass (hier: Fortbildung) erfolgt nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG, d. h. mit den am Abgabeort üblichen Endpreisen, welche um übliche Preisnachlässe gemindert wurden.

  • Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG bleiben Sachbezüge steuerfrei, wenn sie den Betrag von zurzeit 44 € brutto pro Monat nicht übersteigen.

  • In die Freigrenze von 44 € pro Monat sind [i]Keine steuerfreien Bezüge in die Freigrenze einbeziehensteuerfreie Bezüge gemäß § 3 Nr. 13 oder 16 i. V. mit § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG nicht einzubeziehen. Damit ist u. a. die Erstattung der Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von 6, 12 und 24 € in Abhängigkeit von der Abwesenheitsdauer gemeint.

  • Der Verpflegungsmehraufwand [i]Verpflegungsmehraufwand als Sachleistungkann auch durch Sach- statt Geldleistung dem Arbeitnehmer zugewendet werden, d. h. der Arbeitgeber kann statt der Erstattung der Verpflegungsmehraufwendungen dem Arbeitnehmer diese in Form einer Sachleistung, z. B. einer Mahlzeit, zuwenden. Nach den Ausführungen des BFH kommt § 3 Nr. 16 EStG auch in diesem Fall zur Anwendung.

Damit hat der BFH zum wiederholten Male die Anwendung der SachBezV nur auf dauerhafte und nicht auf einmalige Anlässe beschränkt.

II.

Das BMF hat den oben dargestellten Beschluss des BFH nicht mit einem Nichtanwendungserlass belegt, sondern wendet die darin enthaltenen Grundsätze an. Gleichzeitig wird aber ausgeführt, dass die Regelungen in R 8.1 Abs. 8 Nr. 2 LStR weiterhin anwendbar bleiben. Damit eröffnet das BMF ein [i]Faktisches Wahlrechtfaktisches Wahlrecht zur Behandlung entsprechender Mahlzeitengestellungen, sofern diese nicht dauerhaft sind. Welche Möglichkeiten konkret bestehen, wird im Folgenden dargestellt.

1. Lohnsteuerliche Behandlung bei Anwendung des BFH-Beschlusses

Die Bewertung der Mahlzeiten mit dem am Abgabeort um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG wird von der Finanzverwaltung akzeptiert. Die Steuerfreiheit der Verpflegungsmehraufwendungen gemäß § 3 Nr. 16 EStG wird auch dann angewendet, wenn der Betrag nicht als Zuschuss an den Arbeitnehmer ausbezahlt wird, sondern mit der gewährten Mahlzeit verrechnet wird. In die Prüfung der 44 €-Freigrenze gemäß § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG ist der steuerfreie Teil der Leistung nicht einzubeziehen.

Des Weiteren weist die Finanzverwaltung [i]Kein Werbungskosten-abzugdarauf hin, dass bei Erstattung der Verpflegungsmehraufwendungen durch den Arbeitgeber ein Werbungskostenabzug in der Einkommensteuererklärung des Arbeitnehmers ausgeschlossen ist.

Beispiel 1

Anlässlich einer eintägigen Fortbildungsveranstaltung stellt der Arbeitgeber den teilnehmenden Arbeitnehmern ein Mittagessen zur Verfügung. Der Wert der gestellten Mahlzeit beträgt 14 €. Die Abwesenheitsdauer der Arbeitnehmer beträgt zehn Stunden. [4]

Variante a: Der Arbeitgeber stellt die Mahlzeit und leistet keinen Zuschuss

Der geldwerte Vorteil aus der gestellten Mahlzeit wird mit dem Wert nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG von 14 € angesetzt. Hiervon sind nach § 3 Nr. 13 oder 16 EStG 6 € steuerfrei. Der den steuerfreien Teil übersteigende Betrag von 8 € ist in die Prüfung der 44 €-Freigrenze S. 1166einzubeziehen. Der Arbeitnehmer kann keine Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machen, weil er einen steuerfreien Sachbezug in Höhe des Pauschbetrags für Verpflegungsmehraufwendungen erhalten hat.

Variante b: Der Arbeitgeber stellt die Mahlzeit und leistet einen Zuschuss von 5 €

Der geldwerte Vorteil aus der gestellten Mahlzeit wird mit dem Wert nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG von 14 € angesetzt. Der Zuschuss von 5 € und 1 € vom Wert der Mahlzeit sind nach § 3 Nr. 13 oder 16 EStG steuerfrei. Der den steuerfreien Teil übersteigende Betrag von 13 € ist in die Prüfung der 44 €-Freigrenze einzubeziehen. Der Arbeitnehmer kann keine Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machen, weil er insgesamt steuerfreie Leistungen in Höhe des Pauschbetrags für Verpflegungsmehraufwendungen erhalten hat (= Zuschuss von 5 € + Sachbezug von 1 €).

2. Lohnsteuerliche Behandlung bei Anwendung der LStR

[i]Fall 1: Wert ≤ 40 €Die Regelung von R 8.1 Abs. 8 Nr. 2 LStR für die dauerhafte Verpflegung der Arbeitnehmer im Rahmen von Auswärtstätigkeiten – sofern der Wert der Mahlzeit 40 € nicht übersteigt – bleibt auch für einmalige Mahlzeitengestellungen anwendbar. Damit kann der Arbeitgeber die Mahlzeiten auch mit dem Sachbezugswert nach der SachbezV bzw. der SvEV ansetzen. In diesen Fällen ist aber weder die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 13 oder 16 EStG noch die 44 €-Freigrenze anwendbar.

Wird zusätzlich zu einer mit dem Sachbezugswert angesetzten Mahlzeit der Verpflegungsmehraufwand gemäß § 3 Nr. 13 oder 16 i. V. mit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG gewährt, so bleibt dieser steuerfrei, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind.

[i]Fall 2: Wert > 40 €Bei Mahlzeiten, deren Wert über 40 € liegt, sind zwangsweise die Grundsätze des BFH-Beschlusses anzuwenden. Damit wird die Mahlzeit mit dem am Abgabeort üblichen Endpreis angesetzt, gemindert um die üblichen Preisnachlässe.

Beispiel 2

Anlässlich einer eintägigen Fortbildungsveranstaltung stellt der Arbeitgeber den teilnehmenden Arbeitnehmern ein Mittagessen zur Verfügung. Der Wert der gestellten Mahlzeit beträgt 14 €. Die Abwesenheitsdauer der Arbeitnehmer beträgt zehn Stunden. [5]

Variante a: Der Arbeitgeber stellt die Mahlzeit und leistet keinen Zuschuss

Da der Wert der Mahlzeit die Üblichkeitsgrenze von 40 € unterschreitet, ist der geldwerte Vorteil aus der gestellten Mahlzeit mit dem Sachbezugswert von 2,73 € (2009) anzusetzen und zu versteuern. Der Arbeitnehmer kann den Pauschbetrag für Verpflegungsmehraufwendungen von 6 € als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machen.

Variante b: Der Arbeitgeber stellt die Mahlzeit und leistet einen Zuschuss von 5 €

Da der Wert der Mahlzeit die Üblichkeitsgrenze von 40 € unterschreitet, wäre der geldwerte Vorteil aus der Mahlzeit mit dem Sachbezugswert von 2,73 € (2009) anzusetzen und zu versteuern. Der Zuschuss von 5 € ist nach § 3 Nr. 13 oder 16 EStG steuerfrei. Der Arbeitnehmer kann Verpflegungsmehraufwendungen von 1 € als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machen. S. 1167

Variante c: Der Arbeitgeber stellt die Mahlzeit und leistet einen Zuschuss von 5 €, von dem er den Sachbezugswert von 2,73 € (2009) einbehält

Da der Wert der Mahlzeit die Üblichkeitsgrenze von 40 € unterschreitet, wäre der geldwerte Vorteil aus der Mahlzeit mit dem Sachbezugswert von 2,73 € (2009) anzusetzen. Die Hinzurechnung dieses geldwerten Vorteils zum steuerpflichtigen Arbeitslohn entfällt, da die Kürzung des Zuschusses um 2,73 € als Zahlung durch den Arbeitnehmer gilt, die auf den geldwerten Vorteil anzurechnen ist. Der Zuschuss von 5 € ist nach § 3 Nr. 13 oder 16 EStG steuerfrei und nach § 4 Abs. 2 LStDV aufzuzeichnen. Der Arbeitnehmer kann Verpflegungsmehraufwendungen von 1 € als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machen.

III. Auswirkungen auf die Praxis

Durch die Anwendbarkeit des über den Einzelfall hinaus und die gleichzeitige Akzeptanz [i]Wahlrechtder Regelung in R 8.1 Abs. 8 Nr. 2 LStR eröffnet die Finanzbehörde dem Arbeitgeber faktisch zwei Möglichkeiten zur Behandlung entsprechender Verpflegung der Arbeitnehmer anlässlich einer Auswärtstätigkeit.

Somit ist zu prüfen, welche der beiden Methoden tatsächlich günstiger für Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist. Werden vom Arbeitgeber den Arbeitnehmern andere Sachbezüge gewährt, die unter die 44 €-Freigrenze fallen, so dürften die Bewertung mit dem Sachbezugswert gemäß der SachbezV bzw. der SvEV und eventuell die Verrechnung mit dem Verpflegungsmehraufwand günstiger sein. Wird die Freigrenze nicht ausgeschöpft, kann den Arbeitnehmern auf diese Weise ein Vorteil zugewendet werden, ohne den Gegenwert zu versteuern.

Zu beachten ist allerdings auch, dass die tatsächlichen Werbungskosten bei den Arbeitnehmern häufig unter dem Werbungskosten-Pauschbetrag bleiben, und der Werbungskostenabzug damit oft ins Leere läuft.

Fazit

Insgesamt ist es erfreulich, dass die Finanzverwaltung faktisch ein Wahlrecht zur Bewertung der nicht dauerhaft gewährten Mahlzeiten ermöglicht. Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer ergibt sich hieraus ein Gestaltungsspielraum, der von den Arbeitnehmern positiv aufgenommen werden dürfte. Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass dadurch für den Arbeitgeber ein höherer Verwaltungsaufwand entsteht. Diesem Problem kann aber ggf. durch betriebsinterne allgemein gültige Verfahrensregelungen begegnet werden.

Autorin

Ingrid Geworske ist als selbständige Steuerberaterin in Stuttgart tätig. Zu den Schwerpunkten ihrer Tätigkeit gehört die Erstellung von Finanzbuchhaltungen, Jahresabschlüssen und Steuererklärungen für Unternehmen sämtlicher Rechtsformen und ihrer Gesellschafter. Des Weiteren ist Ingrid Geworske als Steuerberaterin in einer großen Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in Stuttgart angestellt. Ihre Aufgaben dort beinhalten im Wesentlichen die Teilnahme an Jahresabschlussprüfungen sowie die Erstellung von Jahresabschlüssen und Steuererklärungen (www.geworske-stb.de).

Fundstelle(n):
BBK 2009 Seite 1164 - 1167
ZAAAD-32926