BFH Urteil v. - X R 9/99 BStBl 2003 II S. 596

Plant der Erwerber eines vermieteten Gebäudes bereits im Zeitpunkt der Anschaffung die Eigennutzung und nicht die weitere Vermietung, machen die von vornherein geplanten und nach Beendigung des Mietverhältnisses durchgeführten Baumaßnahmen das Gebäude betriebsbereit, wenn dadurch ein höherer Standard erreicht wird. Die betreffenden Aufwendungen sind daher Anschaffungskosten

Leitsatz

1. Plant der Erwerber eines vermieteten Gebäudes bereits im Zeitpunkt der Anschaffung die Eigennutzung und nicht die weitere Vermietung, machen die von vornherein geplanten und nach Beendigung des Mietverhältnisses durchgeführten Baumaßnahmen das Gebäude betriebsbereit, wenn dadurch ein höherer Standard erreicht wird. Die betreffenden Aufwendungen sind daher Anschaffungskosten.

2. Bei der Frage, ob Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen zu einer wesentlichen Verbesserung des Gebäudes und damit zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten i. S. von § 255 HGB führen, kommt es nicht auf die subjektiven Vorstellungen des Erwerbers, sondern allein auf die objektiven Auswirkungen der Maßnahmen auf den Nutzungswert des Gebäudes an. Auch Aufwendungen für die Beseitigung versteckter Mängel können den Nutzungswert eines Gebäudes steigern.

3. Der Gebrauchswert eines Wohngebäudes wird auch durch Erweiterungen i. S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 Variante 2 HGB bestimmt. Liegen insofern Herstellungskosten in einem der den Wohnstandard eines Gebäudes bestimmenden Bereiche vor, führen wesentliche Verbesserungen in wenigstens zwei weiteren Bereichen der Kernausstattung einer Wohnung zu Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten.

4. Aufwendungen, die mit Erweiterungen i. S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 Variante 2 HGB bzw. mit zu einer Hebung des Wohnstandards führenden Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen bautechnisch zusammenhängen, führen zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten. [1]

Gesetze: HGB § 255 Abs. 1 und 2EStG § 10e Abs. 6

Instanzenzug: FG Baden-Württemberg (Verfahrensverlauf),

Tatbestand

I.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarben mit notariellem Kaufvertrag vom als Miteigentümer je zur Hälfte ein im Jahr 1927 erbautes, im Erwerbszeitpunkt vermietetes Einfamilienhaus für 550 000 DM. Auf den Grund und Boden entfiel hiervon ein Anteil in Höhe von 175 000 DM. Besitz, Nutzen und Lasten gingen am auf die Kläger über. Im Kaufvertrag wurden die Gewährleistungspflichten des Verkäufers vollständig ausgeschlossen.

Nach der vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses gegen Zahlung einer Ablösesumme zum renovierten und modernisierten die Kläger das Gebäude umfassend. Die Gesamtkosten in Höhe von insgesamt 278 206,87 DM verteilen sich auf folgende Arbeiten:

Im Kellergeschoss wurde ein Gäste-WC mit Dusche abgemauert und eingerichtet. Ein Kellerraum wurde zum Wohnraum ausgebaut. Im Erdgeschoss wurde das vorhandene Gäste-WC entfernt und eine Speisekammer eingerichtet Der Ausgang zur Terrasse wurde verbreitert und im Wohnzimmer der Durchgang zum Anbau vergrößert. Die Wand zwischen Küche und Esszimmer wurde entfernt. Im 1. Obergeschoss wurde der Fußboden im Bereich des Badezimmers und der Diele erneuert. Das Badezimmer wurde neu abgemauert und eingerichtet sowie ein verfaulter Balken ausgetauscht. Im Dachgeschoss wurden erstmals ein Badezimmer eingerichtet und zwei Räume zu einem Zimmer zusammengelegt. Zudem wurde der Kachelofen neu erstellt. Die Kläger bauten eine witterungsgeführte Heizungsanlage (einschließlich neuer Steigleitungen und neuer Heizkörper mit Thermostatventilen) ein, durch die erstmals das Gebäude zentral mit Warmwasser versorgt wurde. Ferner ersetzten sie die einfach verglasten Fenster - bei teilweiser Vergrößerung der Fensteröffnungen - durch isolierverglaste Sprossenfenster.

Im gesamten Gebäude ließen sie die Fußböden, die Elektroanlage sowie teilweise die Türen erneuern und neue Teppichböden, Fliesen sowie Parkett verlegen. Die Sanitäranlagen wurden vollständig erneuert. Ab dem nutzten die Kläger das Gebäude zu eigenen Wohnzwecken.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1989 machten die Kläger 37 671,38 DM für die Beseitigung ,,offener Mängel'' und 174 057,20 DM für die Beseitigung ,,versteckter Mängel'' gemäß § 10e Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Vorkosten geltend. Die übrigen Kosten von 66 478,29 DM bezogen sie als Herstellungskosten in die Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG ein.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ließ - nach Durchführung einer abgekürzten Außenprüfung - nur Aufwendungen in Höhe von 4 228,29 DM für den Austausch des verfaulten Balkens im Badezimmer des Obergeschosses zum Abzug als Vorkosten zu. Die Aufwendungen für die Heizungserneuerung in Höhe von 21 479,18 DM berücksichtigte das FA gemäß § 82a Abs. 1 Nr. 5 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) mit 10 v. H. jährlich. Im Übrigen behandelte es die durch die Renovierung und Modernisierung angefallenen Aufwendungen insgesamt als anschaffungsnahe Herstellungskosten und bezog sie in die Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG ein.

Mit der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage beantragten die Kläger, weitere 205 352 DM als Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG zu berücksichtigen. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Das FA habe die Aufwendungen zu Recht als anschaffungsnahe Herstellungskosten beurteilt. Entgegen der Auffassung der Kläger lägen keine Aufwendungen zur Beseitigung verborgener Mängel vor. Einem veralteten Objekt generell innewohnende Nachteile und Unzulänglichkeiten fielen nicht unter den Begriff des verborgenen Mangels; es liege insoweit ein wirtschaftlicher Verbrauch vor. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf die Veröffentlichung des Urteils in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 773 verwiesen.

Am erließ das FA aus den vorliegenden Rechtsstreit nicht berührenden Gründen einen geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr, der auf Antrag der Kläger Gegenstand des Verfahrens wurde.

Mit der Revision rügen die Kläger sinngemäß die Verletzung des § 10e Abs. 6 EStG. Während sie in der Revisionsbegründung geltend machten, dass weitere Aufwendungen in Höhe von 207 500,29 DM als Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG zu berücksichtigen seien, beantragen sie nunmehr, das FG-Urteil aufzuheben und unter Änderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids für 1989 insgesamt 271 830 DM als Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG zu berücksichtigen.

Das FA beantragt, die Revision hinsichtlich der betragsmäßigen Erweiterung des Begehrens in Höhe von 66 478 DM als unzulässig zu verwerfen und im Übrigen als unbegründet zurückzuweisen. Hilfsweise beantragt es, die Streitsache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Gründe

II.

1. Soweit die Kläger mit der Revision anstreben, dass Aufwendungen, die über den Betrag von 205 352 DM hinausgehen, wie Sonderausgaben nach § 10e Abs. 6 EStG abgezogen werden, ist die Revision unzulässig.

Nach dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem beantragte der Prozessbevollmächtigte der Kläger, den angefochtenen Bescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahin zu ändern, dass Aufwendungen in Höhe von 205 352 DM als Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG berücksichtigt werden.

Mit dem nun im Revisionsverfahren gestellten Antrag, Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG in Höhe von 271 830 DM wie Sonderausgaben abzuziehen, wird das erstinstanzielle Klagebegehren erweitert. Diese Erweiterung kann nicht berücksichtigt werden. Im Revisionsverfahren wird die Rechtmäßigkeit einer gerichtlichen Entscheidung überprüft. Über ein Begehren, das erstmals in der Revisionsinstanz durch Erweiterung des Klageantrags anhängig gemacht wird, ist gerichtlich noch nicht entschieden, so dass es insoweit an einem Gegenstand der revisionsgerichtlichen Nachprüfung fehlt. Bei einer Klageerweiterung im Revisionsverfahren ist der Revisionskläger durch das angefochtene Urteil formell nicht beschwert (vgl. Beschluss des Großen Senats des , BFHE 159, 4, BStBl II 1990, 327; , BFHE 174, 328, BStBl II 1994, 734, und vom IX R 78/94, BFHE 178, 549, BStBl II 1996, 16).

2. Im Übrigen ist die Revision begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Zu Unrecht hat das FG den Abzug der streitigen Aufwendungen als Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG allein wegen ihrer Höhe und zeitlichen Nähe zur Anschaffung des Gebäudes versagt.

a) Aufwendungen, die vor der erstmaligen Nutzung einer Wohnung zu eigenen Wohnzwecken entstehen, sind nur dann nach § 10e Abs. 6 EStG als Vorkosten abziehbar, wenn sie nicht zu den Herstellungs- oder Anschaffungskosten der Wohnung oder zu den Anschaffungskosten des Grund und Bodens gehören. Welche Aufwendungen dies sind, bestimmt sich bei den Gewinn- und Überschusseinkünften nach § 255 des Handelsgesetzbuchs - HGB - (vgl. , BFHE 198, 74, BFH/NV 2002, 968, zu II. 3. b). § 10e Abs. 6 EStG enthält keine davon abweichende Definition. Vielmehr folgt aus der Bezugnahme zum Begriff der Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, dass die Begriffe Anschaffungskosten und Herstellungskosten in dem im Einkommensteuerrecht verwendeten Sinn zu verstehen sind (Senatsbeschluss vom X B 5/91, BFH/NV 1992, 379).

b) Anschaffungskosten gemäß § 255 Abs. 1 HGB sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, ferner die Nebenkosten und nachträglichen Anschaffungskosten.

Ein Vermögensgegenstand (Wirtschaftsgut, hier: ein Gebäude) ist betriebsbereit, wenn er entsprechend seiner Zweckbestimmung genutzt werden kann (BFH-Urteil in BFHE 198, 74, BFH/NV 2002, 968, zu II. 2. b; Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., § 255 HGB, Tz. 13). Zu den Anschaffungskosten zählen daher die Aufwendungen, die erforderlich sind, um den erworbenen Vermögensgegenstand bestimmungsgemäß nutzen zu können.

c) Nutzt der Erwerber ein Hausgrundstück ab dem Zeitpunkt des Erwerbs, d. h. ab Übergang der Nutzungen und Lasten, hat er eine solche Zweckbestimmung getroffen; das genutzte Wirtschaftsgut befindet sich bereits in einem betriebsbereiten Zustand und kann nicht mehr in diesen Zustand versetzt werden (vgl. im Einzelnen , BFHE 198, 85, BFH/NV 2002, 966, zu II. 2. b aa).

Wird hingegen - wie im Streitfall - ein bestehendes Mietverhältnis kurz nach Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten aufgelöst und soll das Gebäude nun erstmals zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden, zählen die Aufwendungen zu den Erhaltungs- oder Anschaffungskosten. Da der Nutzungszweck des Gebäudes durch den Erwerber bestimmt wird und bereits im Zeitpunkt der Anschaffung die Eigennutzung und nicht die weitere Vermietung des Gebäudes geplant war, dienen die von vornherein beabsichtigten und nach Beendigung des Mietverhältnisses durchgeführten Baumaßnahmen dazu, das Wirtschaftsgut entsprechend den Anforderungen und Bedürfnissen der neuen Eigentümer nutzen zu können (vgl. , BFH/NV 2003, 103, unter II. 1. a). Der gegenteiligen Meinung von Wolff-Diepenbrock (Der Betrieb 2002, 1286) ist nicht zu folgen, weil das Gebäude aus Sicht des Erwerbers nicht zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bestimmt war, auch wenn diese während einer kurzen, einige Monate umfassenden Übergangszeit tatsächlich erzielt wurden.

d) Zur Zweckbestimmung eines Gebäudes, das Wohnzwecken dient, gehört auch die Entscheidung, welchem Standard es entsprechen soll (sehr einfacher, mittlerer oder sehr anspruchsvoller Standard). Auf die Frage, ob Reparatur- und Modernisierungsaufwendungen in zeitlicher Nähe zur Anschaffung anfallen und im Verhältnis zum Kaufpreis hoch sind bzw. ob sie durch versteckte Mängel, die zu keiner Kaufpreisminderung geführt haben, verursacht sind (so noch , BFH/NV 1996, 116), kommt es nach alledem nicht mehr an. Der gegenteiligen Meinung von Risthaus (Der Steuerberater - StB - 2002, 370) kann nicht gefolgt werden. Für die Frage, ob die Aufwendungen nach dem Erwerb eines Gebäudes als sofort abzugsfähige Erhaltungskosten oder als Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten zu behandeln sind, sind nicht die subjektiven Vorstellungen des Erwerbers vom Zustand des Gebäudes maßgebend. Entscheidend sind die objektiven Auswirkungen der Maßnahmen auf den Nutzungswert des Gebäudes. Sie allein und nicht die Vorstellungen des Erwerbers bestimmen, ob mit den Maßnahmen eine Veränderung des Wohnstandards einhergeht.

e) Eine Steigerung des Wohnstandards setzt voraus, dass die Kernbereiche der Ausstattung einer Wohnung wesentlich verbessert werden; das ist der Fall, wenn bei mindestens drei der Bereiche Heizung, Sanitär- und Elektroinstallation sowie Fenster der Nutzungswert durch die Baumaßnahmen deutlich gesteigert wird. Reparaturen oder auch das Ersetzen des Vorhandenen durch Gleichwertiges in zeitgemäßer Form erweitern den Nutzungswert nicht (vgl. dazu im Einzelnen BFH-Urteil in BFHE 198, 74, BFH/NV 2002, 968, zu II. 3. a).

Zu einer Hebung des Wohnstandards kann aber nicht nur ein Bündel von Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen führen, die für sich allein als Erhaltungsmaßnahmen zu beurteilen wären. Treffen Baumaßnahmen, die ihrer Art nach - z. B. als Erweiterung i. S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 Variante 2 HGB - stets zu Herstellungskosten führen und einen der den Nutzungswert eines Gebäudes bestimmenden Bereiche betreffen, mit der Verbesserung von mindestens zwei weiteren Bereichen zusammen, ist ebenfalls eine Hebung des Wohnstandards anzunehmen (hierzu unten f cc).

f) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann der Senat aufgrund der Feststellungen des FG für das Streitjahr nicht abschließend entscheiden, welche Kosten der Baumaßnahme gemäß § 255 HGB als Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten oder aber als Erhaltungsaufwand zu werten sind (§ 118 Abs. 2 FGO).

aa) Soweit im Keller- und im Dachgeschoss erstmals ein Gäste-WC bzw. ein Badezimmer eingerichtet wurde, führen diese Aufwendungen bereits unter dem Gesichtspunkt der Erweiterung (§ 255 Abs. 2 Satz 1 Variante 2 HGB) zu Herstellungskosten. Insofern ist von einer Substanzvermehrung auszugehen, die eine ,,Erweiterung der Nutzungsmöglichkeiten des Gebäudes'' zur Folge hat (Senatsurteil vom X R 26/97, BFH/NV 2001, 306, m. w. N.). Diese Einzelbaumaßnahmen führen ihrem Wesen nach zu Herstellungsaufwand und nicht zu Erhaltungsaufwand (vgl. G. Söffing, Deutsche Steuer-Zeitung - DStZ - 2002, 587, unter 3.2.2). Gleiches gilt für die Kosten, die durch den Umbau eines Kellerraums in einen Wohnraum und des ursprünglichen Gäste-WCs in eine Speisekammer verursacht sind. Sofern im 1. Obergeschoss das Mauerwerk des Badezimmers nicht lediglich instandgesetzt, sondern ein neues, größeres Bad eingerichtet wurde, liegen insoweit nach § 255 Abs. 2 Satz 1 Variante 2 HGB ebenfalls Herstellungskosten vor.

bb) Die Baumaßnahmen zur Umgestaltung der Räume im Erdgeschoss - Zusammenlegung von Küche und Esszimmer, Verbreiterung des Durchgangs zum Anbau im Wohnzimmer und des Ausgangs zur Terrasse - führen zu einer Erweiterung des Gebäudes. Zwar erhöht das Entfernen oder Versetzen von Zwischenwänden unter dem Gesichtspunkt der wesentlichen Verbesserung den objektiven Gebrauchswert des Hauses nicht notwendigerweise (, BFHE 183, 470, BStBl II 1997, 807; vom IX R 72/95, BFH/NV 1999, 761; , BStBl I 1996, 1442 Tz. 2.3). Wird jedoch durch Baumaßnahmen ein größerer Raum geschaffen und damit zugleich die Wohnfläche vergrößert, ist dies eine Erweiterung i. S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB. Aufwendungen für eine solche sind stets als nachträgliche Herstellungskosten zu beurteilen, auch wenn die Erweiterung nur geringfügig ist (, BFHE 178, 32, BStBl II 1996, 628, und IX R 69/92, BFHE 178, 36, BStBl II 1996, 630; in BFH/NV 1999, 761).

cc) Nach den Feststellungen des FG durch Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung des FA wurde auch zumindest in zwei der den Standard einer Wohnung bestimmenden Bereiche - Fenster und Heizung - der Nutzungswert durch die Baumaßnahmen der Kläger deutlich gesteigert. Einfachverglaste Fenster wurden durch isolierverglaste Sprossenfenster ersetzt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 198, 74, BFH/NV 2002, 968, unter II. 3. a cc). Zudem haben die Kläger nicht lediglich eine technisch überholte Zentralheizung gegen eine dem Stand der Technik entsprechende Heizung (witterungsgeführt, Thermostatventile) ausgetauscht, sondern durch diese Anlage das ganze Haus erstmals zentral mit Warmwasser versorgt. Dadurch wurde der Gebrauchswert der Heizungsanlage insgesamt deutlich erweitert. Daraus folgt, dass die hierdurch verursachten Aufwendungen zusammen mit Kosten für den Einbau der isolierverglasten Fenster zu den Anschaffungskosten des Gebäudes zählen, weil in einem weiteren der den Wohnstandard eines Gebäudes bestimmenden Bereiche - der Sanitärinstallation - Herstellungskosten nach § 255 Abs. 2 Satz 1 Variante 2 HGB vorliegen.

dd) Das FG hat - aus seiner Sicht zu Recht - keine Feststellungen zu dem technischen Stand und dem Gebrauchswert der Elektroausstattung des Gebäudes vor dem Einbau der neuen Elektroinstallation getroffen. Im zweiten Rechtsgang wird das Gericht nun festzustellen haben, ob durch diese Baumaßnahme lediglich bereits Vorhandenes durch Gleichwertiges in zeitgemäßer Form ersetzt wurde oder aber - was durch die Steigerung der Anforderungen an die Elektroinstallation in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten nahe liegt - der Nutzungswert deutlich gesteigert wurde. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Leitungskapazität beispielsweise durch den Einbau eines leistungsfähigeren Sicherungskastens und dreiphasiger anstelle zweiphasiger Elektroleitungen maßgeblich aufgebessert und die Zahl der Anschlüsse deutlich gesteigert wurde (vgl. BFH-Urteil in BFHE 198, 74, BFH/NV 2002, 968, unter II. 3. a cc). In einem solchen Fall der Steigerung der Leistungsfähigkeit der Elektroinstallation als Ganzes kommt es für die Annahme einer wesentlichen Verbesserung - anders als in dem vom IX. Senat im Urteil in BFH/NV 2003, 103 entschiedenen Fall der Anpassung der Elektroinstallation an bestehende Sicherheitsvorschriften - nicht auf ein vorheriges Tätigwerden der Behörde an.

ee) Sofern die weiteren Feststellungen des FG ergeben, dass hinsichtlich des Bades im 1. Obergeschoss nicht von Herstellungskosten nach § 255 Abs. 2 Satz 1 Variante 2 HGB auszugehen ist, wird weiter zu prüfen sein, ob die Modernisierung nur die äußere Form, z. B. den Austausch von Fliesen und den technisch gleichwertigen Ersatz der vorhandenen Ausstattungsgegenstände betraf, oder ob bei dieser Gelegenheit auch funktionstüchtigere und zweckmäßigere Armaturen und zusätzliche Ausstattungsgegenstände (z. B. eine zusätzliche Dusche, ein zweites Waschbecken oder ein Doppelwaschbecken) eingebaut wurden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 198, 74, BFH/NV 2002, 968, unter II. 5.).

ff) Schließlich fehlen Feststellungen, welche weiteren Baumaßnahmen mit den Erweiterungen i. S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 Variante 2 HGB bzw. den wesentlichen Verbesserungen des Gebäudes bautechnisch zusammenhängen. Mussten beispielsweise die Innenwände des Hauses wegen der im Zuge der Baumaßnahmen eingezogenen Heizungs- und Wasserrohre neu verputzt, mussten die Bodenbeläge wegen des Zusammenlegens zweier Räume oder der Verbreiterung eines Durchgangs neu verlegt werden, sind insoweit Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten anzunehmen.

gg) Die Kläger tragen die Feststellungslast hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen für den Abzug von Aufwendungen als Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG. Sie haben somit nicht nur die Kosten nachzuweisen, sondern auch darzulegen, welche Baumaßnahmen dem Grunde nach zu Modernisierungs- und Instandhaltungsaufwendungen führen. Die Feststellungslast hinsichtlich der Tatsachen, die eine wesentliche Verbesserung begründen und damit die Behandlung als Anschaffungskosten, trägt das FA (vgl. BFH-Urteil in BFHE 198, 74, BFH/NV 2002, 968, unter II. 4.).

Hinsichtlich des bautechnischen Zusammenhangs weiterer Baumaßnahmen mit den für den Wohnstandard wesentlichen Bereichen und den Erweiterungen i. S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 Variante 2 HGB trägt das FA die Feststellungslast.

g) Dem Abzug von Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG steht nicht entgegen, dass das Haus im Zeitpunkt des Übergangs von Besitz, Nutzen und Lasten noch vermietet war. Zwar wird nach der Rechtsprechung der für den Vorkostenabzug erforderliche unmittelbare Zusammenhang von Modernisierungsaufwendungen mit der Anschaffung gelöst, wenn der Steuerpflichtige

- die Wohnung nach der Anschaffung zunächst vermietet hat (, BFH/NV 1995, 108; vom IX R 81/93, BFH/NV 1996, 533; vom IX R 48/93, BFHE 178, 155, BStBl II 1996, 151; vom X R 4/95, BFH/NV 1998, 1221),

- die Wohnung wegen eines darauf lastenden Wohnungsrechtes zunächst nicht zu eigenen Wohnzwecken nutzen kann (, BFH/NV 1996, 472) oder

- in einen nicht kurzfristig kündbaren Mietvertrag eintritt (BFH-Entscheidungen vom X R 98/92, BFH/NV 1996, 401, und vom X B 129/97, BFH/NV 1998, 699).

Da im Streitfall das Mietverhältnis jedoch bereits wenige Monate nach Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten beendet wurde, blieb der unmittelbare Zusammenhang der Modernisierungsmaßnahmen mit der Anschaffung erhalten.

Fundstelle(n):
BStBl 2003 II Seite 596
BB 2003 S. 1430 Nr. 27
BB 2003 S. 726 Nr. 14
BFH/NV 2003 S. 706
BFH/NV 2003 S. 706 Nr. 5
BFHE S. 256 Nr. 201
BStBl II 2003 S. 596 Nr. 11
DB 2003 S. 696 Nr. 13
DStR 2003 S. 501 Nr. 13
DStRE 2003 S. 575 Nr. 9
FR 2003 S. 462 Nr. 9
INF 2003 S. 364 Nr. 10
KÖSDI 2003 S. 13672 Nr. 4
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