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infoCenter (Stand: März 2023)

Festsetzungsverjährung

Peter Gerlach

I. Definition der Festsetzungsverjährung

Auch Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis unterliegen aus Gründen der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens der Verjährung.

Verfahrensrechtlich sind erstmalige Steuerfestsetzungen sowie deren Korrekturen (Änderungen, Aufhebungen, Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten) nach Ablauf der Festsetzungsfrist nicht mehr zulässig (§ 169 Abs. 1 Satz 1, 2 AO ). Materiell-rechtlich führt der Eintritt der Festsetzungsverjährung zum Erlöschen des Steueranspruchs, § 47 AO. Dies schließt aber Ermittlungshandlungen der Finanzbehörden im Einzelfall nicht aus. Die AO kennt als Erlöschenstatbestand neben der Festsetzungsverjährung u.a. auch die Verjährung des (i.d.R. festgesetzten) Zahlungsanspruchs, die sog. Zahlungsverjährung (§§ 228 - 232 AO). Die Regelungen zur Zahlungsverjährung bestimmen, wie lange ein i.d.R. bereits festgesetzter Anspruch erhoben (und vollstreckt) werden kann (AEAO vor §§ 169 bis 171).

Die Festsetzungsfrist für Verbrauchsteuern beträgt i.d.R. ein Jahr, für die übrigen Steuern vier Jahre. Verlängerte Fristen ergeben sich bei leichtfertig verkürzten oder hinterzogenen Steuern (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 2, Satz 2 AO). Für Zinsen, Verspätungszuschläge, Vollstreckungskosten, Haftungsansprüche sowie Feststellungs- und Messbescheide gelten teilweise abweichende Regelungen in der AO (s. II.). Für Einfuhr- und Ausfuhrabgaben gehen die Vorschriften des Zollkodex der Abgabenordnung vor.

II. Anwendungsbereich

§§ 169 - 171 AO betreffen erstmalige Steuerfestsetzungen sowie Änderungen und Aufhebungen von Steuerfestsetzungen einschließlich der Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten.

Für gesonderte Feststellungen sind die Regelungen zur Festsetzungsfrist sinngemäß anzuwenden (Feststellungsfrist, vgl. § 181 AO). Einzelheiten s. VII.2.

Die Regelungen über die Festsetzungsfrist gelten auch für die Festsetzung von Realsteuermessbeträgen einschließlich der Zerlegung und Zuteilung entsprechend (§ 184 Abs. 1 Satz 3, §§ 185, 190 AO).

Spezielle Regelungen zur Verjährung finden sich außerdem in § 174 Abs. 1, 3 und 4, § 175 Abs. 1 Satz 2, § 175a Satz 2 AO sowie in materiellen Steuergesetzen (vgl. z.B. § 10d Abs. 1 EStG, § 11 Abs. 1 EigZulG).

Steuerliche Nebenleistungen i.S.d. § 3 Abs. 4 AO unterliegen der Festsetzungsverjährung nur, soweit dies ausdrücklich geregelt ist:

  • Für Zinsen besteht eine eigenständige Regelung, siehe § 239 Abs. 1 AO;

  • Säumniszuschläge und Zwangsgelder unterliegen ausschließlich der Zahlungsverjährung;

  • Verspätungszuschläge unterliegen ebenso nicht der Festsetzungsfrist. Die Festsetzung erfolgt regelmäßig zusammen mit der Steuer, Nachholung ist noch binnen eines Jahres möglich (AEAO zu § 169 ). Von der erstmaligen Festsetzung eines Verspätungszuschlags wird jedoch grundsätzlich abgesehen, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuer abgelaufen ist (AEAO zu § 169 Nr. 5).

  • zu Vollstreckungskosten vgl. § 346 Abs. 2 AO.

Für Haftungsbescheide sind nach § 191 Abs. 3 AO die Vorschriften über die Festsetzungsfrist entsprechend anzuwenden. Einzelheiten s. VII.1 (AEAO zu § 191 ).

III. Fristwahrung

Nach § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 AO ist die Frist gewahrt, wenn der Steuerbescheid vor Ablauf der Festsetzungsfrist den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat. Im Fall der elektronischen Übermittlung muss die entsprechende Benachrichtigung beim Empfänger tatsächlich zugegangen sein (AEAO zu § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1).

Die Festsetzungsfrist ist nicht gewahrt, wenn der Steuerbescheid, der vor Ablauf der Festsetzungsfrist den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat, dem Empfänger nicht zugeht.

§ 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 AO bezweckt nicht, in Fällen, in denen dem Steuerpflichtigen der vom Finanzamt zur Post gegebene Steuerbescheid gar nicht zugeht, den Ablauf der Festsetzungsfrist bis zu einer wirksamen Bekanntgabe des Bescheids hinauszuschieben.

Nach § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 AO liegt Fristwahrung im Falle der öffentlichen Zustellung bei rechtzeitigem Aushang der Benachrichtigung nach § 15 Abs. 2 VwZG vor.

Die Festsetzungsfrist ist nicht wiedereinsetzungsfähig.

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