OFD Hannover - S 0824- 30 - StH 553 S 0130 - 26 - StO 321

Mitteilungen im Rahmen des Berufsrechts der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten

1. Allgemeines

Gegen einen Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten, der seine Berufspflichten (§§ 57 bis 72 StBerG) verletzt, kann eine berufsgerichtliche Maßnahme verhängt werden. Zuständig für die Einleitung eines berufsrechtlichen Verfahrens ist die Steuerberaterkammer Niedersachsen bzw. Generalstaatsanwaltschaft Celle, eine evtl. notwendiges gerichtliches Verfahren findet vor der ordentlichen Gerichtsbarkeit statt (Landgericht Hannover, Oberlandesgericht Celle, BGH).

Über die Ahndung von Berufspflichtverletzungen hinaus ist die Bestellung als Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter zurückzunehmen oder zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen des § 46 StBerG (z. B. fehlende Berufshaftpflichtversicherung, unzulässige Arbeitnehmertätigkeit, unzulässige gewerbliche Tätigkeit, Vermögensverfall) gegeben sind. Zuständig ist ab dem die Steuerberaterkammer Niedersachsen, eine gerichtliche Klärung erfolgt durch ein Verfahren nach der FGO (NFG, BFH).

2 Berufspflichtverletzungen

2.1 Ein Steuerberater/Steuerbevollmächtigter muss seinen Beruf unabhängig, eigenverantwortlich, gewissenhaft, verschwiegen und unter Verzicht auf berufswidrige Werbung ausüben (§ 57 StBerG). Über die Nichtbeachtung dieser Pflichten kann die zuständige Steuerberaterkammer bzw. die Generalstaatsanwaltschaft Celle unterrichtet werden. Nicht jede berufliche Fehlleistung kann jedoch mitgeteilt werden. Der Steuerberater/Steuerbevollmächtigte muss vielmehr vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt haben. Bei offenkundig versehentlicher oder unverschuldeter Pflichtverletzung ist eine Mitteilung an die zuständigen Stellen grundsätzlich ermessensfehlerhaft.

2.2 Offenbarungsbefugnis

§ 10 Abs. 1 StBerG regelt die Mitteilungbefugnis der Finanzbehörden bei Verdacht einer Berufspflichtverletzung durch die in § 3 und § 4 Nrn. 1 und 2 StBerG genannten Personen, und ist damit eine gesetzliche Offenbarungsvorschrift i. S. des § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO. Zu den in § 3 StBerG genannten Personen gehören neben Steuerberatern und Steuerbevollmächtigten (§ 3 Nr. 1 StBerG) auch weitere Mitglieder des Vorstands, Geschäftsführer und vertretungsberechtigte persönlich haftende Gesellschafter von Steuerberatungsgesellschaften.

2.2.1 Die Mitteilungsberechtigung beschränkt sich nicht auf Pflichtverletzungen bei der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen, sondern betrifft auch Berufspflichtverletzungen, die nicht unmittelbar bei der Berufsausübung begangen wurden (z. B. Verfehlungen in eigenen Steuerangelegenheiten usw.). Ein Anfangsverdacht reicht für die Annahme einer Berufspflichtverletzung allerdings grundsätzlich nicht aus. Auch wenn erkennbar ist, dass sich trotz bekannt gewordener Tatsachen und tatsächlicher Umstände eine Berufspflichtverletzung nicht nachweisen lassen wird, ist auf eine Mitteilung zu verzichten. Es liegt im Rahmen des Ermessens der Finanzbehörde, ob sie Pflichtverletzungen den zuständigen Stellen mitteilt. Bei der Ermessensabwägung, ob die verdachtsbegründenden und für die Ermittlung des Sachverhalts bedeutsamen Tatsachen mitgeteilt werden, sind die Tatsachen zu gewichten, sowie ihre Bedeutung für ein Rügeverfahren oder ein berufsgerichtliches Verfahren einzuschätzen.

2.2.2 Es sind nur solche Pflichtverletzungen mitzuteilen, die aufgrund ihrer Gewichtung für die Einleitung berufsrechtlicher Maßnahmen als ausreichend angesehen werden. Eine Mitteilung kommt insbesondere bei schwerwiegenden Berufspflichtverletzungen, die im Interesse der Integrität und einer ordnungsgemäßen Berufsausübung des Berufsstands eine Ahndung erfordern, in Betracht. In Bagatellfällen ist im Allgemeinen von einer Mitteilung abzusehen.

2.3 Verfahren

2.3.1 Im Interesse einer einheitlichen Handhabung unterrichtet das Finanzamt, das die Pflichtverletzung festgestellt hat, die Steuerberaterkammer Niedersachsen nicht direkt, sondern berichtet zunächst die Steuerabteilung Hannover, die über eine Unterrichtung der Steuerberaterkammer entscheidet. Ist wegen der Pflichtverletzung gleichzeitig auch das zuständige Finanzamt für Fahndung und Strafsachen mit der Sache befasst, so hat dieses zu berichten. Liegt eine Berufspflichtverletzung vor, ist bereits dann zu berichten, wenn ein ausreichender Verdacht besteht; der Ausgang eines etwaigen Straf- oder Ordnungswidrigkeitsverfahrens ist nicht abzuwarten.

Ausgenommen vom Verbot einer unmittelbaren Mitteilung an die für die Verfolgung von Berufspflichtverletzungen zuständigen Stellen bleiben Mitteilungen nach § 411 AO.

2.3.2 Im Bericht sind nur die Tatsachen anzugeben; die im Zusammenhang mit dem Verdacht einer Berufspflichtverletzung für die Ermittlung des Sachverhalts von Bedeutung sind. Über den objektiven Tatbestand hinaus ist auch zu der Frage Stellung zu nehmen, aus welchen Umständen geschlossen wird, dass der Berufsangehörige schuldhaft gehandelt hat. Der Bericht muss den Sachverhalt so darstellen, dass er ohne Hinzuziehung weiterer Unterlagen verständlich ist. Bei Berichten über Pflichtverletzung in eigenen Steuerangelegenheiten ist außerdem anzugeben, welche steuerlichen Maßnahmen gegen den Berufsangehörigen durchgeführt worden sind und ob der Betroffene sich ggf. auch bei der Erledigung der Steuerangelegenheiten von Mandanten pflichtwidrig verhalten hat.

2.3.3 Sofern zur Erläuterung zusätzliche Unterlagen notwendig sind (z. B. Teile der Steuerakten, Bußgeldbescheide, Stellungnahmen, gerichtliche Entscheidungen), sind diese dem Bericht in Kopie beizufügen. Verhältnisse Dritter sind zu neutralisieren, soweit sie für den Nachweis einer Berufspflichtverletzung nicht relevant sind. Ist in gleicher Sache ein Strafverfahren bei der Staatsanswaltschaft anhängig, sollte im Bericht das dortige Aktenzeichen angegeben werden.

2.3.4 Änderungen im Verfahren sind unaufgefordert zu ergänzen.

3 Rücknahme bzw. Widerruf der Bestellung

3.1 Die Bestellung als Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter ist u. a. dann zu widerrufen, wenn der Berufsangehörige in Vermögensverfall geraten ist, d. h. wenn der Steuerberater/Steuerbevollmächtigte wegen ungeordneter wirtschaftlicher Verhältnisse außer Stande ist, seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen und davon ausgegangen werden kann, dass sich dies in absehbarer Zeit nicht ändern wird. Bei einer Eintragung im Schuldnerverzeichnis nach § 915 ZPO oder § 26 Abs. 2 InsO liegt kraft gesetzlicher Vermutung ein Vermögensverfall vor (§ 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG). Vollstreckbare Steuerschulden von mehr als 25.000 Euro i. V. m. der Nichteinhaltung von Tilgungsvereinbarungen und fehlenden Vollstreckungsmöglichkeiten sind ein deutlicher Hinweis auf einen Vermögensverfall. Lediglich in Ausnahmefällen, in denen Mandanteninteressen nicht gefährdet sind, ist von einem Widerruf abzusehen; die Beweislast hierfür obliegt dem Steuerberater/Steuerbevollmächtigten.

3.2 Weitere Widerrufsgründe sind z. B. eine Arbeitnehmertätigkeit außerhalb des § 58 StBerG (beispielsweise als Angestellter eines gewerblichen Unternehmensberaters), gewerbliche Tätigkeiten eines Steuerberaters/Steuerbevollmächtigten oder eine Unterbrechung der Berufshaftpflichtversicherung.

3.3 Bei Vorliegen eines Widerrufsgrunds ist die Bestellung als Steuerberater/Steuerbevollmächtigter zu widerrufen. Das Finanzamt hat daher der Steuerabteilung Hannover über entsprechende Sachverhalte zu berichten.

3.4 Offenbarungsbefugnis

§ 10 Abs. 2 StBerG enthält für die dort abschließend genannten Fallgestaltungen eine gesetzliche Offenbarungsbefugnis i. S. des § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO, so dass das Steuergeheimnis einer entsprechenden Mitteilung nicht entgegensteht.

OFD Hannover v. - S 0824- 30 - StH 553S 0130 - 26 - StO 321

Fundstelle(n):
NWB EN 661/2002
BAAAA-88163