OFD Karlsruhe/OFD Stuttgart - S 7134

§ 4 UStG Steuerbefreiungen bei Ausfuhrlieferungen im Einzelhandel

1. Allgemeines

Bei Ausfuhrlieferungen im Einzelhandel hat der Unternehmer durch Belege (§§ 8 bis 11 UStDV) und Aufzeichnungen (§ 13 UStDV) nachzuweisen, dass die Voraussetzungen des § 6 UStG vorliegen. Bei Ausfuhrlieferungen im Reiseverkehr erstreckt sich dieser Nachweis zusätzlich noch auf die zollamtliche Abnehmerbestätigung nach § 17 UStDV. Die 10 Jahre aufzubewahrenden Belege und die Aufzeichnungen sind Grundlage für die sachliche Überprüfung auf die inhaltliche Richtigkeit der Angaben ( BStBl 1995 II S. 515). Die zugelassenen Verfahren der Wiedergabe von Ausfuhrbelegen auf Datenträgern und zur Mikroverfilmung werden in Abschn. 131 Abs. 4 UStR erläutert.

Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Ausfuhr bearbeitet oder verarbeitet worden sein (§ 6 Abs. 1 Satz 2 UStG, § 8 Abs. 2 UStDV). Dies gilt selbst dann, wenn der Ausfuhrgegenstand im Auftrag des Abnehmers in einem anderen EU-Mitgliedstaat bearbeitet wird und erst dann in das Drittlandsgebiet gelangt.

1.1 Ausfuhrnachweis in Beförderungsfällen

Wird der Gegenstand durch den Einzelhändler in das Drittlandsgebiet befördert (z. B. in grenznahen Gebieten) dient als Ausfuhrnachweis die Ausfuhr- und Abfertigungsbestätigung auf einem handelsüblichen Beleg (z. B. Lieferschein, Rechnungsdurchschrift (Abschn. 132 Abs. 3 UStR). Der Ausfuhrnachweis kann auch durch einen zollamtlichen Ausgangsvermerk auf dem Exemplar Nr. 3 des Einheitspapiers (Abschn. 132 Abs. 4 Nr. 1 UStR) oder durch die im Falle eines zollamtlichen Versandverfahrens vorgesehene Ausfuhrbestätigung oder Abfertigungsbestätigung geführt werden (Abschn. 132 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 4 Nr. 2 UStR). Werden Exportgüter im T1- oder T2-Versandverfahren nicht bei der Bestimmungszollstelle gestellt, erteilt die Zollverwaltung hierzu eine Kontrollmitteilung.

Ein gleichartiger Ausfuhrnachweis ist auch erforderlich, wenn der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet befördert (Abholfall außerhalb des privaten Reiseverkehrs).

Handelt es sich beim Ausfuhrgegenstand um ein Kraftfahrzeug, das mit eigener Antriebskraft in das Drittlandsgebiet gelangt, sind die Sonderregelungen des Abschn. 135 Abs. 9 bis 11 UStR zu beachten. Danach sind Ersatzbetätigungen durch amtliche Stellen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland bei solchen Fahrzeugausfuhren nicht zulässig.

1.2 Ausfuhrnachweis in Versendungsfällen

Wird der Gegenstand durch den Unternehmer in das Drittlandsgebiet versendet, ist der Ausfuhrnachweis durch einen Versendungsbeleg zu führen (z. B. Eisenbahnfrachtbrief, Luftfrachtbrief). Andere bei einer Ausfuhr anfallende Belege (z. B. Lieferscheine, Frachtrechnungen) können in Verbindung mit weiteren Belegen als Ausfuhrnachweis anerkannt werden, wenn sich aus der Gesamtheit der Belege die Angaben nach § 10 Abs. 1 UStDV eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben.

Ist der Unternehmer nicht im Besitz von Versendungsbelegen, kann der Ausfuhrnachweis durch eine Spediteurbescheinigung nach amtlich bestimmten Muster geführt werden (Abschn. 133 Abs. 2 UStR). Bestehen Zweifel zu Angaben in Spediteurbescheinigungen, hat das für den Spediteur zuständige FA auf Antrag zu prüfen, ob tatsächlich ein Frachtauftrag ausgeführt worden ist und ob ggf. die Modalitäten und der Frachtpreis mit dem in der Spediteurbescheinigung dargestellten Sachverhalt übereinstimmen. Handelt es sich um Spediteure, denen die zuständige OFD die Verwendung eines Unterschriftsstempels oder den maschinellen Unterschriftsausdruck genehmigt hat, überwacht das zuständige FA die ordnungsgemäße Ausstellung der Bescheinigungen ( BStBl 1987 I S. 469). Auch wenn Hinweise auf Falschbescheinigungen nicht vorliegen, sind Spediteurbescheinigungen bei Außenprüfungen stichprobenweise zu prüfen.

Für Postsendungen (Abschn. 135 Abs. 5 UStR) und für Druckerzeugnisse (Abschn. 135 Abs. 6 bis 8 UStR) gelten Sonderregelungen. Bei Kurierdiensten kann das jeweilige Auftragsdokument als Ausfuhrnachweis anerkannt werden ( BStBl 2001 I S. 411).

1.3 Ausfuhrnachweis im privaten Reiseverkehr (§ 6 Abs. 3a UStG)

Zu den Ausfuhrlieferungen im nichtkommerziellen Reiseverkehr ist vom BMF das Merkblatt USt M 3 herausgegeben worden (BStBl 2000 I S. 1462). Wird danach der Gegenstand vom Abnehmer für private Zwecke erworben und im persönlichen Reisegepäckt in das Drittlandsgebiet ausgeführt, dient als Ausfuhrnachweis entweder der sog. Ausfuhrkassenzettel (Muster BStBl 2000 I, 179, 184-185) oder ein entsprechend gestalteter Tax-Free-Cheque der Firma Tax Free Shopping Deutschland GmbH (ETS GmbH). Zum Ausfuhrnachweis bei Zwischenschaltung der Firma Taxback GmbH vgl. Tz. 2.1 und zu Duty-Free-Lieferungen vgl. Tz. 2.2.

Der Unternehmer hat das Einhalten der Dreimonatsfrist des § 6 Abs. 3a UStG durch Angabe des Tages der Ausfuhr im Ausfuhrbeleg nachzuweisen. Beschränkt sich die Bestätigung der Grenzzollstelle auf einen Stempel ohne Datumsangabe, muss der Unternehmer den Tag der Ausfuhr durch andere nachprüfbare Unterlagen nachweisen (Abschn. 137 Abs. 5 UStR). Von der Einhaltung der Dreimonatsfrist kann ausgegangen werden, wenn die USt innerhalb dieser Frist an den Abnehmer ausbezahlt wird, weil dies den vorherigen Eingang des Ausfuhrkassenzettels beim Unternehmer belegt.

1.4 Lieferungen zur Ausrüstung und Versorgung privater Beförderungsmittel (§ 6 Abs. 3 UStG)

Bei Lieferungen zur Ausrüstung und Versorgung privater Beförderungsmittel ist die Steuerbefreiung der Ausfuhr ausgeschlossen (Abschn. 130 UStR). Der (BStBl 2000 II S. 14) entschieden, dass es sich bei einem Ölwechsel an einem Privatfahrzeug eines ausländischen Kunden um eine stpfl. Lieferung zur Versorgung eines Beförderungsmittels handelt (§ 6 Abs. 3 UStG). Bei einer Inspektion mit Ölwechsel handelt es sich nach Auffassung des BFH um eine sonstige Leistung (einheitliche Dienstleistung), die nicht in den Anwendungsbereich des § 6 UStG fällt. Zur Begründung verweist der BFH auf das (UR 1996, 220) und eigene Entscheidungen v. (BStBl 1997 II S. 160) und v. (BFH/NV 1995, 553). Wurde das Fahrzeug für Zwecke der Inspektion eingeführt und hat die Grenzzollstelle die Ausfuhr des Fahrzeugs (auf der Rechnung) bestätigt, fällt die sonstige Leistung als Lohnveredelung in den Anwendungsbereich des § 7 UStG (zum Buchnachweis vgl. Abschn. 143 Abs. 3 UStR).

2. Sonderregelungen bei Lieferungen im nichtkommerziellen Reiseverkehr

2.1 Ausfuhr durch die Taxback GmbH als zwischengeschalteter Unternehmer

Soweit Einzelhändler mit der Firma Taxback GmbH zusammen arbeiten, werden Ausfuhren als Reihengeschäfte durchgeführt. Nach der Vertragsgestaltung erwirbt der Endabnehmer in Ausfuhrfällen die Ware nicht vom Ladeninhaber, sondern von der Firma Taxback GmbH. Mit der Übergabe der Ware durch den Ladeninhaber an den Endabnehmer kommt es im gleichen Lieferzeitpunkt zu einer stpfl. Lieferung des Händlers an die Firma Taxback GmbH und einer unter den sonstigen Voraussetzungen des § 6 UStG steuerbefreiten Ausfuhrlieferung der Firma Taxback GmbH an den Endabnehmer.

Diese Gestaltung ist nach einer Entscheidung der obersten FinBeh des Bundes und der Länder anzuerkennen, wenn den Kunden z. B. durch ein Hinweisschild deutlich gemacht wird, dass diese nicht beim Einzelhändler, sondern bei der Taxback GmbH einkaufen.

2.2 Steuerbefreiung bei Duty-Free-Lieferungen an Reisende

Ladenverkäufe im nichtkommerziellen Reiseverkehr in den Shops im Transitbereich eines Flughafens an Fluggäste mit Reiseziel im Inland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet sind umsatzsteuerbar und umsatzstpfl.. Die Steuerbefreiung nach der sog. Duty-Free-Regelung ist seit auf Ausfuhrlieferungen in das Drittlandsgebiet beschränkt. Nach Erörterung der Angelegenheit durch die obersten FinBeh des Bundes und der Länder gilt zum Ausfuhr- und Buchnachweis und zu der im Reiseverkehr erforderlichen besonderen Abnehmerbestätigung Folgendes:

  • Ausfuhrnachweis

    Bei sog. Duty-Free-Shops (DFS) - darunter sind Geschäfte zu verstehen, die sog. Duty-Free-Waren, z. B. Tabakwaren, alkoholische Getränke, Kosmetika verkaufen - wird der Ausfuhrnachweis als erbracht angesehen, wenn das Flughafenzollamt dem DFS täglich summarisch bestätigt, dass die in der Tabellierung (Abrechnung der täglichen Abgänge vom und Zugänge zum Zollaufschublager) als verkauft ausgewiesenen Waren unter zollamtlicher Überwachung im Flugreiseverkehr ausgeführt worden sind. Dabei wird vorausgesetzt, dass sich aus der Tabellierung zunächst die über die einzelnen Kassen im DFS erzielten Verkaufserlöse und aus den Kassenstreifen dann die einzelnen Verkäufe feststellen lassen. Bei den übrigen Shops - das sind insbesondere Läden, die höherwertige Waren wie z. B. Kameras, Uhren, Schmuck, Porzellan verkaufen - wird der Ausfuhrnachweis dadurch erbracht, dass die Ausgangsrechnungen täglich nachträglich dem Flughafenzollamt vorgelegt werden und das Zollamt die Ausfuhr dann bestätigt.

  • Bestätigung zu Namen und Anschrift des Abnehmers

    Zum Nachweis der ausländischen Abnehmereigenschaft haben alle Flughafenshops unter Einsichtnahme in das Grenzübertrittspapier auf dem Kassenzettel die Nummer des Grenzübertrittpapiers, den Namen und den Wohnort des Abnehmers sowie den Zielort der Reise und die Flugnummer zu vermerken.

Die Sonderregelung für DFS, wonach bisher der buchmäßige Abnehmernachweis auf Grund von mündlichen Angaben des ausländischen Abnehmers dann als ausreichend angesehen werden konnte, wenn aus zeitlichen Gründen eine Einsichtnahme in das Grenzübertrittspapier und die Aufzeichnung aller Angaben (insbesondere vollständige Anschrift) unverhältnismäßige Schwierigkeiten bereiten würde, ist überholt und ab sofort nicht mehr anzuwenden.

2.3 Lieferungen an Reisende bei innergemenischaftlichen Beförderungen

Die Tax-Free-Regelung ist bei innergemeinschaftlichen Personenbeförderungen weggefallen. Verkäufe von Gegenständen an Bord von Eisenbahnen, Seeschiffen (auch Fähren) oder Luftfahrzeugen unterliegen ab der deutschen USt, wenn der Abgangsort des Beförderungsmittels im Inland liegt (§ 3e UStG).

3. Ausfuhrnachweis

Nach § 6 Abs. 4 UStG sind Beleg- und Buchnachweis materiell rechtliche Voraussetzungen für die USt-Befreiung einer Ausfuhrlieferung (§ 6 Abs. 1 UStG). Der Ausfuhrnachweis kann dabei nur durch Urkunden, aber nicht durch Zeugenaussagen u. ä. oder gar Vermutungen erbracht werden ( BFH/NV 1988, 125 sowie Az. 10 K 76/97 - Nichtzulassungsbeschwerde vom Az. V B 176/99 als unbegründet zurückgewiesen). Durch einen Beleg mit (echtem) Zollstempelabdruck kann ein Ausfuhrnachweis nicht erbracht werden, wenn eine zollamtliche Überwachung des Warenausgangs nicht stattgefunden hat ( EFG 2000, 657).

Die Steuerbefreiung darf nur bei inhaltlich zutreffenden Nachweisen gewährt werden. Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Belege gehen zu Lasten des Unternehmers. Werden Sachverhalte geltend gemacht, die sich auf Auslandsvorgänge beziehen, muss der Unternehmer die erforderlichen Beweismittel vorlegen ( BFH/NV 1994, 449 und v. , BFH/NV 1997, 580).

Die Steuerbefreiung ist für den Besteuerungs- bzw. Voranmeldungszeitraum der tatsächlichen Ausfuhr anzuwenden, wenn zumindest der Buchnachweis geführt wird. Bei Ausfuhren im Reiseverkehr kann der Umsatz zunächst als stpfl. und erst für den Voranmeldungszeitraunm des Eingangs der Belege als steuerfrei behandelt werden (Merkblatt USt M 3 - Tz. 3.4). Werden steuerfreie Ausfuhrlieferungen erklärt, obwohl der Ausfuhrnachweis (noch) nicht vorliegt, muss dies dem FA angezeigt werden. Werden bei Außenprüfungen fehlende Ausfuhrnachweise nicht innerhalb gesetzter Fristen vorgelegt, ist die Steuerbefreiung zu versagen. Wird der Ausfuhrnachweis vom Unternehmer während eines Einspruchsverfahrens nachgereicht, ist beim Außenprüfer eine Stellungnahme einzuholen.

4. Steuerverkürzungen durch fingierte Ausfuhrlieferungen

4.1 Gutglaubensschutz bei gefälschten Ausfuhrbelegen oder unrichtigen Spediteurbescheinigungen

Zunehmend werden auch Steuerverkürzungen durch fingierte Ausfuhrlieferungen im Einzelhandel festgestellt. Die Steuerverkürzungen treten ein, wenn Unternehmer stpfl. Inlandsumsätze als Ausfuhrlieferungen erklären. Haben Bedienstete des Unternehmers oder des Spediteurs firmeninterne Weisungen missachtet und vorsätzlich oder fahrlässig an den Steuerbetrügereien mitgewirkt, begründet dies beim Unternehmer keinen Gutglaubensschutz.

Wenn Abnehmer stpfl. Inlandsumsätze unter Verwendung gefälschter Belege als Ausfuhrlieferungen darstellen, begründet dies beim Unternehmer ebenfalls keinen Gutglaubensschutz.

4.2 Billigkeitsmaßnahmen in Zusammenhang mit gefälschten Ausfuhrbelegen

Bei gefälschten Ausfuhrbelegen kann eine Steuerbefreiung aus sachlichen Billigkeitsgründen nicht gewährt werden. Nach der Rspr. des BFH sind sachliche Billigkeitsgründe nur dann gegeben, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass er die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage - hätte er sie geregelt - i. S. der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte. Nach der Gesetzeslage ist eine Steuerbefreiung von einem gültigen Ausfuhrbeleg abhängig. Fehlt ein solcher Beleg oder ist er gefälscht, wird durch die Einziehung des Steueranspruchs nicht gegen das Gebot der Gleichheit und des Vertrauensschutzes und das Erfordernis der Zumutbarkeit verstoßen. Ein vom Gesetzgeber nicht gewollter Überhang des gesetzlichen Tatbestands liegt ebenfalls nicht vor.

Eine sinngemäße Anwendung des § 6a Abs. 4 UStG ist nicht möglich, weil die Sachverhalte nicht vergleichbar sind. Die dort geregelte Überwälzung der Steuerschuldnerschaft betrifft vornehmlich Exporte im kommerziellen Warenverkehr in Gebiete, zu denen keine Zollgrenzen mehr bestehen. Zum Drittausland bestehen aber Zollgrenzen, die einen beleg- oder buchmäßigen Ausfuhrnachweis ermöglichen.

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Fundstelle(n):
NWB EN 891/2002
OAAAA-86530