OFD München - S 2190 - 32 St 413

Aktuelle Abgrenzungsprobleme bei Absetzungen für Abnutzung und Eigenheimzulage (Maßgeblichkeit des Bauantrags, Kaufvertrages usw.)

Aufgrund verschiedener Anfragen wird u. a. im Hinblick auf die angekündigten Änderungen im Steuervergünstigungsabbaugesetz zu folgenden Problemfällen wie folgt Stellung genommen:

1) Eigenheimzulage (bisherige Rechtslage)

Anspruchsberechtigte erhalten weiterhin Eigenheimzulage entsprechend der bisherigen Rechtslage, wenn im Fall der Anschaffung die Wohnung oder die Genossenschaftsanteile aufgrund eines vor dem rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsakts angeschafft wurden oder im Fall der Herstellung mit der Herstellung des Objekts vor dem begonnen wurde (§ 19 EigZulG).

Zur Entscheidung der Frage, welche Fassung des Eigenheimzulagengesetzes anzuwenden sei, ist im Anschaffungsfall allein auf den Kaufvertrag bzw. einen gleichstehenden Rechtsakt abzustellen; der Zeitpunkt des Übergangs von Gefahr, Besitz, Nutzen und Lasten ist dabei nicht maßgeblich, sondern erst zu beachten bei der Beantwortung der Frage, ab wann der Begünstigungszeitraum zu laufen beginnt. Als weitere Voraussetzung zur Auszahlung der EHZ ist dann noch zu klären, ab welchem Zeitpunkt Eigennutzung vorliegt.

Wurde dementsprechend der notarielle Kaufvertrag noch vor dem rechtswirksam abgeschlossen (z.B. mit einem Bauträger), ist die bisherige Fassung des EigZulG auch dann anzuwenden, wenn der Eigentumsübergang des Objekts erst in 2003 oder noch später erfolgt (weil der Bauträger die Wohnung erst noch fertig stellen muss). Ab dem Jahr der Eigennutzung können dann im Regelfall für 8 Jahre Zulagen ausbezahlt werden.

Im Herstellungsfall sind gem. § 19 Abs. 5 EigZulG drei Varianten zu unterscheiden:

  • bei Objekten, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, gilt als Beginn der Herstellung der Zeitpunkt, in dem der Bauantrag bei der zuständigen Kommune gestellt wird. Der Zeitpunkt der Weiterleitung an die zuständige Genehmigungsbehörde (z.B. Landratsamt) und der Genehmigungszeitpunkt sind für die Entscheidung der Frage, ob noch die bisherige Fassung des EigZulG anzuwenden ist, ohne Bedeutung. Dies gilt auch dann, wenn der Anspruchsberechtigte noch in 2002 als Nichteigentümer den Bauantrag gestellt hat und (z.B. aufgrund von Terminproblemen) die Übertragung des Baugrundstücks erst im Jahr 2003 notariell protokolliert wird.

  • bei baugenehmigungsfreien Objekten, für die Bauunterlagen einzureichen sind, ist ebenfalls der Zeitpunkt maßgeblich, in dem die Bauunterlagen bei der zuständigen Kommune eingereicht werden; auch insoweit ist eine spätere Zustimmung durch die Kommune ohne Bedeutung.

  • müssen weder Bauantrag noch Bauunterlagen eingereicht werden (z.B. bei bestimmten Ausbauarbeiten im Dachgeschoss), ist der tatsächliche Beginn der Bauarbeiten maßgeblich; dieser ist vom Anspruchsberechtigten ggf. (z.B. durch Vorlage von Einkaufsbelegen) nachzuweisen.

Y ist Besitzer eines unbebauten Grundstücks am Tegernsee. Im Dezember 2002 hat er bei der Gemeinde einen Bauantrag mit Bauplan zur Herstellung eines Einfamilienhauses mit Garage eingereicht. Im Laufe des Jahres 2003 wird noch ein Tekturplan nachgereicht und der Bauantrag vom Landratsamt Miesbach genehmigt.

Y beginnt im Frühjahr 2004 mit dem Aushub und stellt das Gebäude in 2008 fertig. Kurz vor Weihnachten 2008 zieht er mit seiner Familie ein und nutzt das EFH bis 2015. Y. erhält in den Jahren 2008 bis 2015 Eigenheimzulage nach der in 2002 geltenden Fassung, da der maßgebliche Bauantrag noch in 2002 bei der Gemeinde eingereicht worden ist.

Die Einreichung einer Bauvoranfrage ist nicht mit der Stellung eines Bauantrags gleichzustellen und somit nicht als Herstellungsbeginn i. S. von § 19 EigZulG anzusehen (s. H 42a (Bauantrag) EStH 2001).

Zu beachten ist, dass bei Erwerb eines unbebauten Grundstücks oder teilfertigen Gebäudes, für das der Veräußerer bereits eine Baugenehmigung beantragt hatte, nicht der Bauantrag des Veräußerers maßgebend ist, sondern der Herstellungsbeginn des Erwerbers (zur Differenzierung siehe Satz 2 der Tz. 121 des Einführungserlasses vom , BStBl 1998 I S. 190).

Die Förderung des Erwerbs von Genossenschaftsanteilen kann nach den bisherigen Grundsätzen erfolgen, wenn der/die Genosse/-in vor dem einer begünstigten Genossenschaft beigetreten ist. Der Beitritt erfolgt durch schriftliche Beitrittserklärung des potentiellen Genossen und Zulassung durch die Genossenschaft (§ 15 GenG). Gem. (BStBl 2002 I S. 525) braucht der Anspruchsberechtigte im Förderzeitraum keine Wohnung der Genossenschaft zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen.

2) Lineare Abschreibung in den Fällen des § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG i. d. F. des Steuersenkungsgesetzes vom

Die o.a. Grundsätze sind in Fällen des § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG i. d. F. des Steuersenkungsgesetzes vom hinsichtlich des Herstellungsbeginns entsprechend anzuwenden (s. BStBl 2002 I S. 710); auch insoweit handelt es sich um eine personenorientierte Förderung, die nicht mit der Übertragung des unbebauten Grundstücks oder teilfertigen Objekts weitergereicht werden kann.

3) Degressive Abschreibung gem. § 7 Abs. 5 EStG

Bei im Inland belegenen Gebäuden, die vom Steuerpflichtigen bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft werden, können gem. § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe b EStG weiterhin als Absetzung für Abnutzung im Jahr der Fertigstellung und in den folgenden 7 Jahren jeweils 5 vom Hundert der AfA-BMG berücksichtigt werden, wenn das Gebäude aufgrund eines vor dem rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags angeschafft worden ist.

Dies gilt nach der neueren BFH-Rechtsprechung (BStBl 2001 II S. 599) auch für den Fall, dass der/die Veräußerer im Jahr der Fertigstellung selbst entsprechende (erhöhte) Absetzungen für Abnutzung oder Sonderabschreibungen vorgenommen hat/haben; die Begünstigung von 5 % kann dann allerdings für den/die Erwerber nur noch für die verbleibenden 7 Jahre gewährt werden.

Im Fall der Herstellung kann der Bauherr die o. a. Absetzungsbeträge beanspruchen, wenn der Bauantrag vor dem bei der zuständigen Kommune gestellt wurde (R 42a Abs. 4 EStR 2001).

Im Gegensatz zur Eigenheimzulage und linearen Abschreibung (s. obige Ausführungen) ist es für die degressive AfA im Falle eines Erwerbs mit folgender Fertigstellung unerheblich, ob der Steuerpflichtige selbst oder der Veräußerer den Bauantrag gestellt hat. Insoweit ist eine objektorientierte Betrachtungsweise anzuwenden. Ist nämlich der Bauantrag für ein Gebäude vor dem gestellt worden, kann der Erwerber eines unbebauten Grundstücks oder eines teilfertigen Gebäudes, der das Gebäude aufgrund des vom Veräußerer gestellten Bauantrags fertig stellt, die degressive AfA mit 5 % in den ersten 8 Jahren auch dann in Anspruch nehmen, wenn er das unbebaute oder teilfertige Gebäude nach dem erwirbt.

Das gilt auch, wenn der Bauantrag vor dem von einer Personengesellschaft oder einer Gemeinschaft gestellt worden ist und nach dem , aber bevor das Gebäude fertig gestellt ist, weitere Personen der Gesellschaft oder Gemeinschaft beitreten (R 42a Abs. 5 EStR 2001). Ist eine Person zwar im Jahr der Fertigstellung (hier: 2002), aber nach Fertigstellung beigetreten, kommt die bisherige 5 %ige degressive AfA auf die Anschaffungskosten dieser Person nur in Betracht, wenn der notarielle Kaufvertrag bis zum rechtswirksam abgeschlossen wurde und auch der Übergang von Nutzen und Lasten noch in 2002 stattgefunden hat.

Tritt ein weiterer Gesellschafter nach dem Jahr der Fertigstellung bei oder wird ein Anteil entgeltlich übertragen, so kann für diesen Gesellschafter (seinen Anteil) die degressive AfA nicht mehr gewährt werden. Insoweit ist nur noch eine lineare AfA möglich, da der Anteil nach dem Jahr der Fertigstellung angeschafft worden ist und nicht die Gesellschaft als Bauherr, sondern der einzelne Gesellschafter (hier als Erwerber) die Modalitäten für die Absetzung für Abnutzung vorgibt (§ 7a Abs. 7 EStG).

4) Begünstigte Anschaffungskosten gem. FördG

Eine andere Betrachtungsweise ergibt sich lediglich bei Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz und zwar insoweit, als § 1 Abs. 1 Satz 2 FördG - abweichend von § 7a Abs. 7 EStG - bestimmt, dass bei Personengesellschaften und Gemeinschaften an die Stelle des Steuerpflichtigen die Gesellschaft bzw. Gemeinschaft tritt. Dies bedeutet, dass nicht der einzelne Gesellschafter, sondern die Gesellschaft als solche die Voraussetzungen für die Begünstigung erfüllt. Hat dementsprechend eine Gesellschaft die Voraussetzungen erfüllt, kommen auch später beitretende Gesellschafter in den Genuss der - verteilungsfähigen, aber noch nicht ausgeschöpften - Sonderabschreibungen gem. der im Anschaffungsjahr geltenden Prozentsätze. Wurden deswegen in 1998 von einer Gesellschaft Wohnungen gekauft oder fertiggestellt, so können - aufgrund des fünfjährigen Verteilungszeitraums - Gesellschafter, die bis zum beigetreten sind, bisher nicht ausgeschöpfte Sonderabschreibungen (aufgrund der Anschaffung/Fertigstellung durch die Gesellschaft in 1998) nun auch noch für 2002 in Anspruch nehmen.

Folgerichtig muss aber auch berücksichtigt werden, dass damit grundsätzlich nur die AK/HK der Gesellschaft/Gemeinschaft Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibungen sein können. Anschaffungskosten des Gesellschafters, die die der Gesellschaft übersteigen, können nur in Form von linearer AfA gem. § 7 Abs, 4 EStG berücksichtigt werden; so z.B. für das bei geschlossenen Immobilienfonds von einem Neugesellschafter zu entrichtende Agio. das in einer Ergänzungsbilanz als zusätzlicher Anschaffungsaufwand eingestellt wird (s. Tewes in Praxishandbuch Immobilienkapitalanlagen, Teil 7/3.4 Seite 47 (1)).

Dies gilt ebenfalls für Aufwendungen wie die Eigenkapitalvermittlungsprovisionen, die nicht unmittelbar zur Anschaffung der Immobilie durch den Fonds, sondern zur Anwerbung von Gesellschaftern anfallen. Diese Aufwendungen sind zwar nach ständiger BFH-Rechtsprechung (zuletzt BStBl 2001 II S. 717 m. w. N.) auf der Ebene der Gesellschaft als Anschaffungskosten zu qualifizieren, es handelt sich dabei aber nicht um begünstigte Aufwendungen im Sinne des § 3 FördG.

Dabei spielt es nach der BFH-Rechtsprechung keine Rolle, ob diese Aufwendungen direkt vom Gesellschafter bezahlt werden, oder ob diese Kosten an den Fonds zu entrichten sind und vom Fonds an die entsprechenden Vertragspartner weitergeleitet werden (vgl. Az. IX R 20/98 in DStR 2002 S. 948 m. w. N.).

Diese Sperrwirkung des § 1 Abs. 1 Satz 2 FördG greift nur dann nicht, wenn nicht die Gesellschaft, sondern der Gesellschafter selbst die nach dem FördG begünstigte Investition ausgeführt hat (s. BStBl 2002 II S. 309).

OFD München v. - S 2190 - 32 St 413

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:


Fundstelle(n):
NWB EN 302/2003
UAAAA-81204