OFD München - S 2190 - 32 St 416

Abgrenzungsprobleme bei Absetzungen für Abnutzung und Eigenheimzulage (Maßgeblichkeit des Bauantrags, Kaufvertrages, Bemessungsgrundlage usw.)

Bezug:

Aufgrund verschiedener Anfragen wird u.a. im Hinblick auf die Gesetzesänderungen zum zu folgenden Problemfällen wie folgt Stellung genommen:

I. Eigenheimzulage; Zeitlicher Anwendungsbereich § 19 EigZulG

Anspruchsberechtigte erhalten weiterhin Eigenheimzulage entsprechend der bisherigen Rechtslage, wenn im Fall der Anschaffung die Wohnung oder die Genossenschaftsanteile aufgrund eines vor dem rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsakts angeschafft wurden oder im Fall der Herstellung mit der Herstellung des Objekts vor dem begonnen wurde (§ 19 EigZulG).

1. Anschaffung

Zur Entscheidung der Frage, welche Fassung des Eigenheimzulagengesetzes anzuwenden sei, ist im Anschaffungsfall allein auf den Kaufvertrag bzw. einen gleichstehenden Rechtsakt abzustellen; der Zeitpunkt des Übergangs von Gefahr, Besitz, Nutzen und Lasten ist dabei nicht maßgeblich, sondern erst zu beachten bei der Beantwortung der Frage, ab wann der Begünstigungszeitraum zu laufen beginnt. Als weitere Voraussetzung zur Auszahlung der EHZ ist dann noch zu klären, ab welchem Zeitpunkt Eigennutzung vorliegt.

Beispiel

Wurde dementsprechend der notarielle Kaufvertrag noch vor dem rechtswirksam abgeschlossen (z.B. mit einem Bauträger), ist die bisherige Fassung des EigZulG auch dann anzuwenden, wenn der Eigentumsübergang des Objekts erst in 2004 oder noch später erfolgt (weil der Bauträger die Wohnung erst noch fertig stellen muss). Ab dem Jahr der Eigennutzung können dann im Regelfall für 8 Jahre Zulagen ausbezahlt werden.

2. Herstellung

Im Herstellungsfall sind gem. § 19 Abs. 5 EigZulG drei Varianten zu unterscheiden:

  • bei Objekten, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, gilt als Beginn der Herstellung der Zeitpunkt, in dem der Bauantrag bei der zuständigen Kommune gestellt wird. Der Zeitpunkt der Weiterleitung an die zuständige Genehmigungsbehörde (z.B. Landratsamt) und der Genehmigungszeitpunkt sind für die Entscheidung der Frage, ob noch die bisherige Fassung des EigZulG anzuwenden ist, ohne Bedeutung ( BStBl 2004 II S. 262). Dies gilt auch dann, wenn der Anspruchsberechtigte noch in 2003 als Nichteigentümer den Bauantrag gestellt hat und (z.B. aufgrund von Terminproblemen) die Übertragung des Baugrundstücks erst im Jahr 2004 notariell protokolliert wird.

  • bei baugenehmigungsfreien Objekten, für die Bauunterlagen einzureichen sind, ist ebenfalls der Zeitpunkt maßgeblich, in dem die Bauunterlagen bei der zuständigen Kommune eingereicht werden; auch insoweit ist eine spätere Zustimmung durch die Kommune ohne Bedeutung.

  • müssen weder Bauantrag noch Bauunterlagen eingereicht werden (z.B. bei bestimmten Ausbauarbeiten im Dachgeschoss), ist der tatsächliche Beginn der Bauarbeiten maßgeblich; dieser ist vom Anspruchsberechtigten ggf. (z.B. durch Vorlage von Einkaufsbelegen) nachzuweisen (dazu auch BStBl 2004 II S. 209).

    Beispiel

    Y ist Besitzer eines unbebauten Grundstücks am Tegernsee. Im Dezember 2003 hat er bei der Gemeinde einen Bauantrag mit Bauplan zur Herstellung eines Einfamilienhauses mit Garage eingereicht. Im Laufe des Jahres 2004 wird noch ein Tekturplan nachgereicht und der Bauantrag vom Landratsamt Miesbach genehmigt.

    Y beginnt im Frühjahr 2005 mit dem Aushub und stellt das Gebäude in 2008 fertig. Kurz vor Weihnachten 2008 zieht er mit seiner Familie ein und nutzt das EFH bis 2015. Y erhält in den Jahren 2008 bis 2015 Eigenheimzulage nach der in 2003 geltenden Fassung, da der maßgebliche Bauantrag noch in 2003 bei der Gemeinde eingereicht worden ist.

    Für die Prüfung der Einkunftsgrenzen ist § 5 EigZulG in der für das Jahr 2003 geltenden Fassung anzuwenden.

2.1 Bauvoranfrage

Die Einreichung einer Bauvoranfrage ist nicht mit der Stellung eines Bauantrags gleichzustellen und somit nicht als Herstellungsbeginn i. S. von § 19 EigZulG anzusehen (s. H 42a (Bauantrag) EStH 2003).

2.2 Herstellung unter Verwendung des vom Veräußerer gestellten Bauantrags

Zu beachten ist, dass bei Erwerb eines unbebauten Grundstücks oder teilfertigen Gebäudes, für das der Veräußerer bereits eine Baugenehmigung beantragt hatte, nicht der Bauantrag des Veräußerers maßgebend ist, sondern der Herstellungsbeginn des Erwerbers (zur Differenzierung siehe Rz 92 des .

3. Förderung von Genossenschaftsanteilen

Die Förderung des Erwerbs von Genossenschaftsanteilen kann nach den bisherigen Grundsätzen erfolgen, wenn der/die Genosse/-in vor dem einer begünstigten Genossenschaft beigetreten ist. Der Beitritt erfolgt durch schriftliche Beitrittserklärung des potentiellen Genossen und Zulassung durch die Genossenschaft (§ 15 GenG). Gem. (BStBl 2002 I S. 525) braucht der Anspruchsberechtigte in diesen Fällen im Förderzeitraum keine Wohnung der Genossenschaft zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen.

Erfolgt der Beitritt nach dem kann eine Förderung nur erfolgen, wenn das Genossenschaftsmitglied innerhalb des Förderzeitraums eine Genossenschaftswohnung zu eigenen Wohnzwecken nutzt, § 17 EigZulG i.d.F. des Haushaltsbegleitgesetz 2004.

II. Degressive Abschreibung gem. § 7 Abs. 5 EStG

1. Höhe der degressiven AfA

Bei im Inland belegenen Gebäuden, die vom Steuerpflichtigen bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft werden, können gem. § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe EStG weiterhin als Absetzung für Abnutzung im Jahr der Fertigstellung und in den folgenden 7 Jahren jeweils 5 vom Hundert der AfA-BMG berücksichtigt werden, wenn das Gebäude aufgrund eines vor dem rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags angeschafft oder auf Grund eines vor dem gestellten Bauantrags hergestellt worden ist.

Bei Bauantrag oder Kaufvertrag nach dem ist § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe c anzuwenden mit der Folge, dass als Absetzung für Abnutzung im Jahr der Fertigstellung und den 9 folgenden Jahren 4 vom Hundert der AfA-BMG berücksichtigt werden.

2. Inanspruchnahme der erhöhten AfA durch den Veräußerer

Der Erwerber kann nach der BFH-Rechtsprechung (BStBl 2001 II S. 599) auch für den Fall, dass der/die Veräußerer im Jahr der Fertigstellung selbst entsprechende (erhöhte) Absetzungen für Abnutzung oder Sonderabschreibungen vorgenommen hat/haben, die Abschreibung gem. § 7 Abs. 5 EStG erhalten; die Begünstigung von 5 %/4 % kann dann allerdings für den/die Erwerber nur noch für die verbleibenden 7/9 Jahre gewährt werden.

3. Erwerb und Fertigstellung

Im Gegensatz zur Eigenheimzulage (s. obige Ausführungen) ist es für die degressive AfA im Falle eines Erwerbs mit folgender Fertigstellung unerheblich, ob der Steuerpflichtige selbst oder der Veräußerer den Bauantrag gestellt hat. Insoweit ist eine objektorientierte Betrachtungsweise anzuwenden. Ist nämlich der Bauantrag für ein Gebäude vor dem gestellt worden, kann der Erwerber eines unbebauten Grundstücks oder eines teilfertigen Gebäudes, der das Gebäude aufgrund des vom Veräußerer gestellten Bauantrags fertig stellt, die degressive AfA mit 5 % in den ersten 8 Jahren auch dann in Anspruch nehmen, wenn er das unbebaute oder teilfertige Gebäude nach dem erwirbt.

3.1 Personengesellschaft oder Gemeinschaft

Das gilt auch, wenn der Bauantrag vor dem von einer Personengesellschaft oder einer Gemeinschaft gestellt worden ist und nach dem , aber bevor das Gebäude fertig gestellt ist, weitere Personen der Gesellschaft oder Gemeinschaft beitreten (H 42a „zeitliche Anwendung” EStH 2003). Ist eine Person zwar im Jahr der Fertigstellung, aber nach Fertigstellung beigetreten, kommt die bisherige 5 %ige degressive AfA auf die Anschaffungskosten dieser Person nur in Betracht, wenn der notarielle Kaufvertrag bis zum , rechtswirksam abgeschlossen wurde und auch der Übergang von Nutzen und Lasten noch in 2003 stattgefunden hat.

Tritt ein weiterer Gesellschafter nach dem Jahr der Fertigstellung bei oder wird ein Anteil entgeltlich übertragen, so kann für diesen Gesellschafter (seinen Anteil) die degressive AfA nicht mehr gewährt werden. Insoweit ist nur noch eine lineare AfA möglich, da der Anteil nach dem Jahr der Fertigstellung angeschafft worden ist und nicht die Gesellschaft als Bauherr, sondern der einzelne Gesellschafter (hier als Erwerber) die Modalitäten für die Absetzung für Abnutzung vorgibt (§ 7a Abs. 7 EStG).

III. Begünstigte Anschaffungskosten gem. FördG

Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 FördG tritt bei Personengesellschaften und Gemeinschaften an die Stelle des Steuerpflichtigen die Gesellschaft bzw. Gemeinschaft. Die Ausführungen unter Tz 3.1 sind insoweit nicht auf die Fälle des Fördergebietsgesetz zu übertragen.

Dies bedeutet, dass nicht der einzelne Gesellschafter, sondern die Gesellschaft als solche Anspruchsberechtigte für die Sonder-AfA ist, sofern die Voraussetzungen für die Begünstigung auf Ebene der Gesellschaft/Gemeinschaft erfüllt sind. Hat dementsprechend eine Gesellschaft die Voraussetzungen erfüllt, kommen auch später beitretende Gesellschafter in den Genuss der – verteilungsfähigen, aber noch nicht ausgeschöpften – Sonderabschreibungen gem. der im Anschaffungsjahr geltenden Prozentsätze. Wurden deswegen in 1998 von einer Gesellschaft Wohnungen gekauft oder fertiggestellt, so können – aufgrund des fünfjährigen Verteilungszeitraums – Gesellschafter, die bis zum beigetreten sind, bisher nicht ausgeschöpfte Sonderabschreibungen (aufgrund der Anschaffung/Fertigstellung durch die Gesellschaft in 1998) nun auch noch für 2002 in Anspruch nehmen.

Zur Bemessungsgrundlage rechnen in diesen Fällen – entgegen der bisherigen Auffassung (vgl. Verfügung vom , Az.: S 2190 – 32 St 413) – nicht nur die Aufwendungen, die der Anschaffung oder Herstellung oder den nachträglichen Herstellungskosten bzw. Modernisierungsmaßnahmen der Immobilie unmittelbar zuzuordnen sind, sondern auch die von den beitretenden Gesellschaftern im Zusammenhang mit dem Beitritt aufzubringenden „Nebenkosten”, wie z.B. Gebühren für Platzierungsgarantie oder Eigenkapitalbeschaffung (siehe Tewes – Praxishandbuch Immobilienkapitalanlagen, Teil 7/3.4 Seite 47/1). Die vorstehend genannte Verfügung vom ist insoweit (Tz 4 2. Absatz „Steuerliche Behandlung der Anschaffungskosten des Gesellschafters”) nicht mehr anzuwenden. Vorstehende Rechtsauffassung ist auf alle offenen Fälle anzuwenden. Das Erfordernis, den Kaufpreis auf den Grund und Boden und das Gebäude bzw. den Grund und Boden, die Altbausubstanz und die begünstigten Modernisierungsaufwendungen aufzuteilen, bleibt davon unberührt.

Weiterhin nicht begünstigt sind Anschaffungskosten eines Neu-Gesellschafters, soweit dieser in Fällen des Gesellschafterwechsels dem ausscheidenden Gesellschafter einen höheren Kaufpreis zahlt, als dieser, den auf seine Beteiligung entfallenden AK/HK der Gesellschaft entspricht; ein entsprechend gezahlter Mehrwert ist für diesen Gesellschafter gem. § 7 Abs. 4 EStG abzuschreiben.

Diese Sperrwirkung des § 1 Abs. 1 Satz 2 FördG greift nur dann nicht, wenn nicht die Gesellschaft, sondern der Gesellschafter selbst die nach dem FördG begünstigte Investition ausgeführt hat (s. BStBl 2002 II S. 309).

OFD München v. - S 2190 - 32 St 416

Fundstelle(n):
GAAAB-44595