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StuB Nr. 18 vom Seite 717

Bilanzierung von Verschmelzungen im handelsrechtlichen Jahresabschluss

Grundlagen und Rechnungslegung beim übertragenden Rechtsträger

WP/StB Prof. Dr. Peter Oser

Die Verschmelzung ist die „Mutter“ aller Umwandlungen. Für beide an einer Verschmelzung beteiligten Rechtsträger ordnet das Umwandlungsgesetz auch Rechnungslegungspflichten an (§§ 17 Abs. 2, 24 UmwG). Diese sollen in zwei Beiträgen beleuchtet werden. Dieser erste Beitrag widmet sich Grundlagen der Rechnungslegung bei Verschmelzungen (u. a. der „Rückwirkung“) und der Bilanzierung beim übertragenden Rechtsträger (= handelsrechtliche Schlussbilanz). Ein weiterer Beitrag diskutiert die (reizvollere) Bilanzierung einer Verschmelzung beim übernehmenden Rechtsträger (= Zugangsbilanzierung und -bewertung des erworbenen Vermögens) und rundet diese mit einem umfassenden Beispiel ab.

Gehrmann, Verschmelzung, infoCenter, NWB SAAAB-26813

Kernfragen
  • Welche Arten der Umwandlung werden unterschieden?

  • Was bedeutet „Rückwirkung“ im Handels- und Steuerrecht?

  • Welche Anforderungen gelten für die handelsrechtliche Schlussbilanz?

I. Begriff und Arten der Umwandlung

[i]Kusch, Verschmelzung, Grundlagen, NWB RAAAE-83079 Gehrmann, Umwandlungsrecht, infoCenter, NWB QAAAB-04896 Forst/Hannweber/Schaaf, Bilanzierung bei Unternehmenskauf und Umwandlung/Umstrukturierung, in: Prinz/Kanzler, Handbuch Bilanzsteuerrecht, 3. Aufl., Rz. 1820, NWB RAAAG-89758 Sedes materiae des Rechts der Verschmelzung ist das Zweite Buch des Umwandlungsgesetzes (§§ 2-122m UmwG). Unter Verschmelzung i. S. des Umwandlungsgesetzes (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) versteht man die Übertragung des gesamten Vermögens eines oder mehrerer Rechtsträger (= übertragende Rechtsträger) auf einen anderen (bestehenden oder neuen) Rechtsträger (= übernehmender Rechtsträger) im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften am übernehmenden oder neuen Rechtsträger an die Anteilsinhaber der übertragenden Rechtsträger; die übertragenden Rechtsträger gehen im Zuge der Verschmelzung unter Auflösung ohne Abwicklung unter (§ 2 UmwG).

Bei der Verschmelzung unterscheidet man zwischen der Verschmelzung im Wege der Aufnahme oder im Wege der Neugründung. Nach der Verschmelzungsrichtung unterscheidet man zwischen Aufwärtsverschmelzung (Tochter auf Mutter, auch up-stream-merger genannt), Abwärtsverschmelzung (Mutter auf Tochter, auch down-stream-merger genannt) und Seitwärtsverschmelzung (Tochter 1 auf Tochter 2, auch side-stream-merger genannt). Nach dem Sitz der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger lassen sich inländische und grenzüberschreitende Verschmelzungen innerhalb der EU/des EWR unterscheiden.

II. Rückwirkung in Handels- und Steuerbilanz

1. Handelsbilanz

Bei Umwandlungen ist zwischen handels- und steuerrechtlicher Rückwirkung zu unterscheiden. Die handelsrechtliche Rückwirkung zielt auf die Festlegung des Umwandlungsstichtags (= Verschmelzungsstichtags), der gem. § 5 Abs. 1 Nr. 6 UmwG im Verschmelzungsvertrag zwingend geregelt sein muss und der mit dem steuerlichen Übertragungsstichtag (§ 2 Abs. 1 UmwStG) nicht identisch ist. Er betrifft das Innenverhältnis der beteiligten Rechtsträger und bestimmt den Zeitpunkt, von dem an „die Handlungen der übertragenden Rechtsträger als für Rechnung des übernehmenden Rechtsträgers vorgenommen gelten“ (sog. Für-Rechnung-Phase). Ist der Umwandlungsstichtag z. B. der 1.1.202X, so wirtschaftet der übertragende Rechtsträger bis zum 31.12.202X-1 24:00 Uhr für eigene und ab dem S. 7181.1.202X 00:00 für fremde Rechnung; das Ergebnis aus Rechtsgeschäften ab dem Umwandlungsstichtag – sei es Gewinn oder Verlust – gilt als Ergebnis des übernehmenden Rechtsträgers.

Diese umwandlungsrechtliche Fiktion entfaltet indes mit Eintragung der Verschmelzung ins Handelsregister (HR) nur eine schuldrechtliche (Rück-)Wirkung, so dass sie – zwecks Vermeidung von Missverständnissen – zutreffender als „Rückbeziehung“ bezeichnet werden sollte; sie kann dagegen nicht die dingliche Zuordnung von Vermögensgegenständen und Schulden mit Wirkung für die Vergangenheit ändern, da dies zivilrechtlich nicht zulässig ist; auch wirtschaftliches Eigentum kann nicht rückwirkend begründet werden.

2. Steuerbilanz

Dagegen bestimmt § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG: „Das Einkommen und das Vermögen der übertragenden Körperschaft sowie des übernehmenden Rechtsträgers sind so zu ermitteln, als ob das Vermögen der Körperschaft mit Ablauf des Stichtags der Bilanz, die dem Vermögensübergang zugrunde liegt (steuerlicher Übertragungsstichtag) [...] auf den übernehmenden Rechtsträger übergegangen wäre.“ Mithin ist steuerrechtlich so zu bilanzieren, als ob das Reinvermögen des übertragenden Rechtsträgers bereits zum Übertragungsstichtag auch dinglich auf den übernehmenden Rechtsträger übergegangen wäre (steuerrechtliche Fiktion). Zwar kann auch das Steuerrecht das Verbot der dinglichen Rückwirkung nicht verdrängen; für Zwecke der Besteuerung der beteiligten Rechtsträger wird indes – anders als im Handelsrecht – fingiert, dass der dingliche Transfer des Reinvermögens bereits erfolgt sei. Dabei fingiert § 2 Abs. 1 UmwStG nur die Rückbeziehung von Rechtsfolgen, nicht auch von tatsächlichen Voraussetzungen.

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