BGH Beschluss v. - 4 StR 540/20

Ablehnung von Beweisanträgen im Strafverfahren: Antrag auf Herstellung und eventueller Verwertung von Einzelbildern aus einer Videoaufzeichnung; Stellung eines Antrags auf Zeugenvernehmung "vorsorglich"

Gesetze: § 244 Abs 2 StPO, § 244 Abs 3 S 1 StPO, § 344 Abs 2 S 2 StPO

Instanzenzug: LG Essen Az: 26 Ks 5/20

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag des Neben- und Adhäsionsklägers      Z.      im Übrigen abgesehen wird.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels, die insoweit durch das Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten und die den Neben- und Adhäsionsklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Die Rügen, das Landgericht habe bei der Ablehnung der Anträge auf Aufbereitung von Videosequenzen nebst Herstellung von Einzelbildern gegen Verfahrensrecht verstoßen, haben keinen Erfolg. Bei diesen Anträgen handelte es sich nicht um Beweisanträge im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO, sondern um nach Maßgabe der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) zu beurteilende Beweisermittlungsanträge. Denn es wurde darin kein bestimmtes Beweismittel bezeichnet (vgl. dazu , NStZ 2015, 295). Vielmehr zielten die Anträge darauf ab, bis dahin noch nicht vorhandene Augenscheinsobjekte herzustellen, von denen dann (gegebenenfalls) einzelne als konkrete Beweismittel in Betracht kommen sollten (vgl. , NStZ 1997, 562 [zur Beiziehung von Krankenunterlagen]). Eine Verletzung der Aufklärungspflicht ist nicht dargetan.
2. Soweit die Revision geltend macht, die Strafkammer habe die Vorschrift des § 244 Abs. 6 StPO verletzt, weil sie Anträge auf Vernehmung des Polizeibeamten PK N.     zu Angaben der Zeugin S.    bei ihrer polizeilichen Vernehmung nicht beschieden habe, entspricht das Vorbringen nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 StPO. Die Anträge wurden „vorsorglich“ gestellt. Die Revision hätte daher vortragen müssen, unter welcher Bedingung die Antragstellung erfolgte und warum diese Bedingung eingetreten ist, sodass ihre Ablehnung nur durch einen Beschluss unter den Voraussetzungen des § 244 Abs. 3 StPO erfolgen durfte (vgl. ‒ 1 StR 418/98, NStZ-RR 1999, 1, 3 bei Miebach/Sander; siehe dazu auch , NStZ-RR 2013, 349). Zudem wird nicht mitgeteilt, ob die Vernehmungsinhalte auf andere Weise in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind. Eine zulässige Aufklärungsrüge ist nicht erhoben.
3. Die Adhäsionsentscheidung zugunsten des Adhäsionsklägers Z.    war aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts - wie aus der Beschlussformel ersichtlich - zu ergänzen. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Sost-Scheible     
        
Bender     
        
Quentin
        
Rommel     
        
Lutz     
        

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:170321B4STR540.20.0

Fundstelle(n):
EAAAH-80935