Einkommensteuer | Kein Ansatz pauschaler Kilometersätze bei Benutzung regelmäßig verkehrender Beförderungsmittel (BFH)
Der Ansatz der pauschalen Kilometersätze nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 2 EStG anstelle der tatsächlichen Aufwendungen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 1 EStG für sonstige berufliche Fahrten kommt nicht in Betracht, wenn der Steuerpflichtige ein regelmäßig verkehrendes Beförderungsmittel i.S. des § 4 Abs. 1 BRKG benutzt (; veröffentlicht am ).
Sachverhalt: Der Kläger war im Streitjahr als Bundesbetriebsprüfer des BZSt mit Dienstsitz in Bonn im Außendienst tätig. Dort hatte er keinen eigenen Arbeitsplatz, er war keiner erste Tätigkeitsstätte zugewiesen. Das BZSt erkannte den Wohnort des Klägers als Dienstort im reisekostenrechtlichen Sinn an. Die Erstattung der Reisekosten richtete sich nach dem Bundesreisekostengesetz (BRKG).
Im Streitjahr war der Kläger in B mit der Mitwirkung an einer Außenprüfung beauftragt. Hierfür fuhr er von seinem Wohnort per Bahn und S Bahn in der Regel für eine Woche im Monat zu dem zu prüfenden Unternehmen (arbeitstägliche Strecke hin und zurück: 378 km). Das BZSt erstattete hierfür die tatsächlich entstandenen Bahnfahrtkosten in Höhe von insgesamt 1.726,40 €.
Ferner unternahm der Kläger eine Dienstreise nach C (insgesamt 916 km) sowie eine Dienstreise nach D (insgesamt 510 km). Das BZSt erstattete ihm für die Dienstreise nach C die tatsächlich entstandenen Flug- und Bahnkosten in Höhe von 156 €. Die Dienstreise nach D führte der Kläger mit einem PKW durch, wobei das BZSt 20 Cent je Kilometer zurückgelegter Strecke erstattete (insgesamt 102 €).
Das FA schätzte die Besteuerungsgrundlagen der Kläger zunächst. Gegen den nach Abgabe der Steuererklärung erlassenen Änderungsbescheid legten die Kläger Einspruch ein und begehrten die Berücksichtigung von Aufwendungen für haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen sowie von Fahrtkosten bei den Einkünften des Klägers. Als Fahrkosten setzte der Kläger anstelle der ihm tatsächlich entstandenen und erstatteten Kosten pauschale Kilometersätze abzüglich der Erstattungen an.
Das FA berücksichtigte mit geändertem Bescheid v. die geltend gemachten Aufwendungen für die haushaltsnahen Dienst- und Handwerkerleistungen. Die geltend gemachten Fahrtkosten des Klägers erkannte es nur in Höhe von 51 € an, was sich aufgrund des höheren Arbeitnehmer-Pauschbetrags nicht auswirkte. Den Einspruch der Kläger wies das FA zurück
Mit ihrer Klage machte die Klägerin geltend, ihr gegenüber sei bereits mit dem Einkommensteuerbescheid vom eine vollständige Abhilfe erfolgt, da sie nur die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen begehrt habe. Die Einspruchsentscheidung sei ihr gegenüber rechtswidrig ergangen und deshalb isoliert aufzuheben.
Der Kläger begehrte eine Änderung des Einkommensteuerbescheids v. unter Berücksichtigung der geltend gemachten Fahrtkosten in Höhe von 2.895 €.
Die Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg:
Bei zusammenveranlagten Ehegatten kommt eine isolierte Aufhebung der gegenüber beiden Ehegatten erlassenen Einspruchsentscheidung in Betracht, wenn der Rechtsbehelf nur von einem Ehegatten eingelegt wird und dieser nicht unmissverständlich zum Ausdruck bringt, er lege den Rechtsbehelf auch für den anderen Ehegatten ein (z.B. BFH, Urteil v - IX R 16/17).
Nach den bindenden Feststellungen des FG hat vorliegend auch die Klägerin Einspruch gegen den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr eingelegt. Ihr Einspruch hat sich nicht etwa durch den Erlass des geänderten Einkommensteuerbescheids v. erledigt. Die Einspruchsentscheidung ist daher auch ihr gegenüber zu Recht ergangen.
Darüber hinaus kann der Kläger anstelle der ihm tatsächlich entstandenen und erstatteten Kosten für die mit Flugzeug sowie Bahn und S Bahn durchgeführten Fahrten nach C und B keine pauschalen Kilometersätze ansetzen.
In diesem Zusammenhang hat das FG der ersten Instanz () zutreffend erkannt, dass im BRKG für diese unter Benutzung regelmäßig verkehrender Beförderungsmittel durchgeführten Fahrten keine pauschalen Kilometersätze i.S. einer Wegstreckenentschädigung festgesetzt und daher nur die tatsächlich entstandenen Aufwendungen als Werbungskosten anzusetzen sind (ebenso Schmidt/Krüger, EStG, 39. Aufl., § 9 Rz 213; Blümich/Thürmer, § 9 EStG Rz 311; Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Rz 479; im Ergebnis auch Köhler in Bordewin/Brandt, § 9 EStG Rz 996).
Anmerkung von Dr. Stephan Geserich, Richter im VI. Senat des BFH:
Die isolierte Aufhebung einer Einspruchsentscheidung kommt nach ständiger Rechtsprechung des BFH nur ausnahmsweise in Betracht. Das macht der BFH im verfahrensrechtlichen Teil der Besprechungsentscheidung nochmals deutlich.
Bei Aufhebung einer Einspruchsentscheidung durch eine isolierte Anfechtungsklage wird das Verfahren in den Stand vor Erlass der Einspruchsentscheidung zurückversetzt. Die Zulässigkeit einer solchen Klage setzt daher voraus, dass entweder ein besonderes rechtliches Interesse des Einspruchsführers und Klägers an der Wiederholung des Vorverfahrens besteht, etwa weil anderenfalls der Rechtsschutz verkürzt würde oder die Entlastungswirkung des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens entwertet wäre, oder dass sich eine eigenständige Beschwer ausschließlich aus der Einspruchsentscheidung ergibt.
Eine dahingehende selbständige Beschwer durch die Einspruchsentscheidung nimmt die Rechtsprechung auch in Fällen an, in denen die Einspruchsentscheidung gegenüber einer Person ergeht, die keinen Einspruch erhoben hat. Durch die isolierte Anfechtungsklage und Aufhebung einer Einspruchsentscheidung kann der Rechtsschein beseitigt werden, der durch eine Zurückweisung des Rechtsbehelfs als unbegründet gegenüber demjenigen erzeugt wird, der keinen Einspruch erhoben hat (vgl. z.B. , BStBl II 2015, 474, Rz 12; zu zusammenveranlagten Ehegatten vgl. z.B. , Rz 8; zur Entscheidung über einen Einspruch, obwohl die Änderung eines Bescheids gemäß § 164 Abs. 2 AO beantragt war). Allerdings muss aufgrund der Zurückweisung des nicht erhobenen Einspruchs (als unbegründet) die abstrakte Möglichkeit bestehen, dass der Adressat in seinen Angriffsrechten gegen die Wirksamkeit (Bekanntgabe) des Ausgangsbescheids beschränkt sein könnte ().
Voraussetzung für die isolierte Aufhebung der Rechtsbehelfsentscheidung ist in Fällen der Anfechtungsklage überdies, dass die Kläger einen entsprechenden – eingeschränkten - Antrag gestellt haben. Ansonsten ist das Gericht gehalten, den Klageantrag auszuschöpfen; es ist an das vom Kläger zu bestimmende Klagebegehren gebunden und kann nicht von sich aus seine Entscheidung auf die Aufhebung der Einspruchsentscheidung beschränken ().
Quelle: ; NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
NAAAH-77391