Online-Nachricht - Donnerstag, 22.04.2021

Verfahrensrecht | Anerkennung einer ausländischen Stiftung (FG)

Bei Stiftungen nach ausländischem Recht ist Prüfungsmaßstab allein das innerstaatliche deutsche Recht; gleichviel ob die betreffende Körperschaft im In- oder im Ausland ansässig ist. Die Bundesrepublik ist nicht verpflichtet, den Gemeinnützigkeitsstatus ausländischen Rechts anzuerkennen (; Revision anhängig, BFH-Az. V R 15/20).

Sachverhalt: Klägerin war eine rechtsfähige Stiftung nach österreichischem Recht, die unter Anwendung des sog. Typenvergleichs nach den Feststellungen des FG nach ihrer wirtschaftlichen und rechtlichen Struktur einem deutschen Körperschaftsteuersubjekt entspricht. Sie fällt damit in den Anwendungsbereich des § 2 Nr. 1 KStG, sodass im Streitfall das Verfahren wegen gesonderter Feststellung gem. § 60a Abs. 1 Satz 1 AO i.V. mit § 60a Abs. 2 Nr. 2 AO über die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 AO als Annexverfahren zur Körperschaftsteuer anzuwenden war.

Die Klägerin verfügte über Vermögen im Inland sowie in Österreich und war nach österreichischem Recht als gemeinnützig anerkannt. Nach ihrer Satzung ist Stiftungszweck die Förderung von Kunst und Kultur, insbesondere des politischen deutschsprachigen Kabaretts im Sinne des Lebenswerkes des Stifterehepaares. Nach den weiteren Bestimmungen der Satzung verfolgt die Stiftung mildtätige und gemeinnützige Ziele im Sinne der österreichischen Bundesabgabenordnung. Die Satzung der Klägerin entspricht nicht vollständig der Mustersatzung nach § § 60 Abs. 1 Satz 2 AO.

Nach dem Gerichtsbescheid des Niedersächsischen Fg erfüllt die Satzung der Klägerin dennoch die Voraussetzungen der §§ 51, 59, 60 und 61 AO:

  • Ausgangspunkt und Maßstab der Prüfung ist dabei allein das (innerstaatliche) deutsche Recht, unabhängig davon, dass die betreffende Körperschaft im Ausland ansässig ist.

  • Die Bundesrepublik Deutschland ist auch aus Gründen des Unionsrechts - insbesondere der Grundfreiheiten - nicht verpflichtet, den Gemeinnützigkeitsstatus ausländischen Rechts anzuerkennen. Ausgangspunkt und Maßstab sind sonach allein § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG i.V. mit §§ 52 ff. AO.

  • Die Satzung der Klägerin muss daher gem. § 60 Abs. 1 Satz 2 AO die in der Anlage 1 zur AO bezeichneten Festlegungen enthalten.

  • Dabei ist bei der im Streitfall vorliegenden grenzüberschreitenden Gemeinnützigkeit im Anwendungsbereich der unionsrechtlichen Grundfreiheiten nach Auffassung des Gerichts jedoch zu berücksichtigen, dass ausländische Körperschaften typischerweise keine den Vorgaben des § 60 Abs. 1 Satz 2 AO entsprechende Satzung haben, sodass die vorgenannten Regelungen eine (mittelbare) Diskriminierung der ausländischen Körperschaften beinhalten würden, ohne dass hierfür eine Rechtfertigung besteht.

  • § 60 Abs. 1 Satz 2 AO muss damit im Lichte der Grundfreiheiten einschränkend in der Weise ausgelegt werden, dass im Ergebnis auch eine nicht in deutscher Sprache abgefasste Satzung genügt, wenn diese materiell vergleichbare Festlegungen enthält.

  • Dies muss auch dann gelten, wenn die Satzung zwar - wie im Streitfall - in deutscher Sprache abgefasst ist, aber von der Mustersatzung abweichende Formulierungen enthält.

  • Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist das beklagte Finanzamt zum Erlass eines Feststellungsbescheides nach § 60a AO verpflichtet.

Hinweis:

Der Senat hat die Revision zugelassen, da die Frage des Zusammenwirkens der Vorschriften anderer Staaten (hier der österreichischen Bundesabgabenordnung) mit den deutschen Vorschriften des Gemeinnützigkeitsrechts bei im Inland beschränkt steuerpflichtigen ausländischen Stiftungen bisher nicht höchstrichterlich entschieden ist. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az. V R 15/20 anhängig.

Quelle: Niedersächsisches Fg, Newsletter v. (il)

Fundstelle(n):
NWB TAAAH-76780