Online-Nachricht - Donnerstag, 25.02.2021

Einkommensteuer | Nachsteuer i.S. des § 34a Abs. 4 Satz 2 EStG als Bestandteil der BMG für den Solidaritätszuschlag (BFH)

Die Nachsteuer erhöht die festzusetzende Einkommensteuer und damit die Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag (Bestätigung des BStBl I 2008, 838, Rz. 27: ; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 1 Abs. 2 SolZG 1995 finden auf die Festsetzung des Solidaritätszuschlags die Vorschriften des EStG entsprechende Anwendung. Der Solidaritätszuschlag bemisst sich nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 SolZG 1995 vorbehaltlich der Abs. 2 bis 5, soweit - wie im Streitfall - eine Veranlagung zur Einkommensteuer vorzunehmen ist, nach der nach Abs. 2 berechneten Einkommensteuer. Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag ist die Einkommensteuer, die abweichend von § 2 Abs. 6 EStG unter Berücksichtigung von Freibeträgen nach § 32 Abs. 6 EStG in allen Fällen des § 32 EStG festzusetzen wäre (§ 3 Abs. 2 SolZG 1995).

Sachverhalt: Streitig ist, ob die Einkommensteuer auf den Nachversteuerungsbetrag i.S. des § 34a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Streitjahres 2014 (EStG) in die Bemessungsgrundlage des Solidaritätszuschlags einzubeziehen ist. Die Kläger sind der Ansicht, die Einkommensteuer auf den Nachversteuerungsbetrag sei nicht zwingend Bestandteil der tariflichen Einkommensteuer.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Die Einkommensteuer auf den Nachversteuerungsbetrag (Nachsteuer) ist Teil der festzusetzenden Einkommensteuer nach § 2 Abs. 6 EStG und damit Bestandteil der Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag. Ausgangsgröße für die Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer ist nach § 2 Abs. 6 EStG die tarifliche Einkommensteuer.

  • Die tarifliche Einkommensteuer ist die Steuer, die sich bei Anwendung des Einkommensteuertarifs (§ 32a EStG) auf das zu versteuernde Einkommen i.S. des § 2 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 EStG ergibt, wobei für Teile des Einkommens die in § 32a Abs. 1 EStG erwähnten Sondertarifvorschriften der §§ 32b, 32d, 34, 34a, 34b und 34c EStG Anwendung finden (vgl. Blümich/Ratschow, § 2 EStG Rz 180).

  • Die besondere Tarifvorschrift des § 34a EStG ist daher im Rahmen der Festsetzung des Solidaritätszuschlags anwendbar. Denn diese wird bei der Ermittlung der festzusetzenden Steuer i.S. von § 2 Abs. 6 EStG berücksichtigt und nicht durch § 3 Abs. 2 SolZG 1995 modifiziert oder gar ausgeschlossen (zutreffend: . rkr.).

  • Die Einkommensteuer i.S. des § 3 Abs. 2 SolZG 1995 umfasst auch die Einkommensteuer auf den Nachversteuerungsbetrag.

  • Im Rahmen des § 34a EStG ist zwischen dem nach Abs. 1 mit einem Steuersatz von 28,25 % besteuerten nicht entnommenen Gewinn (Begünstigungsbetrag) und dem nach Abs. 4 mit einem Steuersatz von 25 % zu belastenden Nachversteuerungsbetrag zu unterscheiden.

  • Übersteigt der positive Saldo der Entnahmen und Einlagen des Wirtschaftsjahres bei einem Betrieb oder Mitunternehmeranteil den nach § 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 EStG ermittelten Gewinn (Nachversteuerungsbetrag), ist vorbehaltlich Abs. 5 eine Nachversteuerung durchzuführen, soweit zum Ende des vorangegangenen VZ ein nachversteuerungspflichtiger Betrag nach Abs. 3 festgestellt wurde (§ 34a Abs. 4 Satz 1 EStG). Die Einkommensteuer auf den Nachversteuerungsbetrag beträgt 25 % (§ 34a Abs. 4 Satz 2 EStG).

  • Die Besonderheit dieser Tarifvorschrift ist, dass sie an den Nachversteuerungsbetrag i.S. des § 34a Abs. 4 Satz 1 EStG und nicht an das zu versteuernde Einkommen i.S. des § 2 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 EStG anknüpft.

  • § 32a Abs. 1 Satz 2 EStG i.V.m. § 34a Abs. 4 Satz 2 EStG modifizieren für die Nachversteuerung damit die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer.

  • Gesetzessystematisch folgt dies aus dem Umstand, dass der Nachversteuerungsbetrag nicht Bestandteil des Gewinns im VZ des Entnahmeüberhangs ist und daher in diesem VZ nicht in das zu versteuernde Einkommen i.S. des § 2 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 EStG eingehen kann. Denn der Saldo des Nachversteuerungsbetrags wurde bereits als Teil der Summe der Einkünfte, des Gesamtbetrags der Einkünfte und des zu versteuernden Einkommens in den Veranlagungszeiträumen erfasst, in denen der jeweilige Begünstigungsbetrag mit dem Sondertarif des § 34a Abs. 1 EStG versteuert wurde

  • Die Nachsteuer wird über den Verweis auf § 34a EStG in § 32a Abs. 1 Satz 2 EStG ("vorbehaltlich") Bestandteil der tariflichen und festzusetzenden Einkommensteuer und geht damit in die Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag ein (ebenso BStBl I 2008, 838, Rz 27 sowie u.a. Blümich/Ratschow, § 34a EStG Rz 1 und Rz 18; Niehus/Wilke in Herrmann/Heuer/Raupach, § 34a EStG Rz 24).

  • Kraft dieser ausdrücklichen gesetzlichen Regelungsanordnung ist es unerheblich, dass der Nachversteuerungsbetrag im Streitjahr nicht in dem zu versteuernden Einkommen enthalten ist.

Anmerkung von Dr. Nils Trossen, Richter im IX Senat des BFH:

Das Ergebnis des BFH erstaunt vor dem Hintergrund der Besteuerungssystematik und des Wortlauts der Regelung nicht. Die Vorschrift des § 34a EStG ist unter Berücksichtigung des Ziels des Gesetzgebers zu sehen, die unterschiedlichen Besteuerungsregime von Personen- und Kapitalgesellschaften einander anzunähern und insbesondere Personengesellschaften im Fall der "Thesaurierung" steuerlich den Kapitalgesellschaften zumindest teilweise gleichzustellen. Da auch die Ausschüttung von Gewinnrücklagen aus einer Kapitalgesellschaft mit SolZ belastet wird, kann für den Nachversteuerungsbetrag i.S. des § 34a Abs. 4 Satz 2 EStG nichts anderes gelten.

Die Entscheidung betrifft allein die Frage, ob auf die Nachsteuer i.S. des § 34a Abs. 4 Satz 2 EStG SolZ entfällt. Zu der Frage der Verfassungsmäßigkeit des SolZ äußert sich die Entscheidung nicht, da das Jahr 2014 betroffen war. Zu dieser Frage ist auf die beiden Verfahren IX R 15/20 (anhängig beim BFH) und 2 BvR 1505/20 (anhängig beim BVerfG) hinzuweisen. In diesen ist die Frage streitig, ob trotz des in 2019 ausgelaufenen Solidarpakts II und der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ab 2020 die Erhebung des SolZ für Veranlagungszeiträume ab 2020 verfassungsmäßig ist.

Quelle: ; NWB Datendank (il)

Fundstelle(n):
NWB VAAAH-72368