Teilungsversteigerungsverfahren: Zustellung des Zuschlagsbeschlusses an den trotz Prozessfähigkeit des Verfahrensbeteiligten bestellten Prozesspflegers; Nichtigkeitsbeschwerde wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen für die Bestellung des Prozesspflegers
Leitsatz
1. Ist ein Verfahrensbeteiligter, für den ein besonderer Vertreter nach § 57 ZPO (Prozesspfleger) bestellt wurde, tatsächlich prozessfähig oder erlangt er die Prozessfähigkeit im Laufe des Verfahrens wieder, endet das Amt des Prozesspflegers nicht von selbst, sondern erst mit dem Wirksamwerden der gerichtlichen Aufhebung der Bestellung. Eine trotz Prozessfähigkeit des Verfahrensbeteiligten an den Prozesspfleger erfolgte Zustellung des Zuschlagsbeschlusses ist deshalb wirksam und löst die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde des § 96 ZVG i.V.m. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO aus.
2. Der Nichtigkeitsgrund nach § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO ist nicht gegeben, wenn der Verfahrensbeteiligte durch einen Prozesspfleger gemäß § 57 ZPO vertreten wird, obwohl die Voraussetzungen für dessen Bestellung nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind.
Gesetze: § 57 ZPO, § 569 Abs 1 S 1 ZPO, § 579 Abs 1 Nr 4 ZPO, § 96 ZVG
Instanzenzug: LG München II Az: 7 T 1174/19vorgehend AG Weilheim Az: 2 K 49/12
Gründe
I.
1Die Beteiligten zu 1 und 3 sind Geschwister und Miteigentümer des im Eingang dieses Beschlusses näher bezeichneten Grundstücks. Auf Antrag des Beteiligten zu 1 ordnete das Vollstreckungsgericht im Mai 2012 die Zwangsversteigerung zur Aufhebung der Gemeinschaft an dem Grundstück an und ließ im August 2016 den Beitritt des Beteiligten zu 2 zu. Mit Beschluss vom bestellte der Rechtspfleger des Vollstreckungsgerichts auf Antrag des Beteiligten zu 1 für die Beteiligte zu 3 einen Prozesspfleger gemäß § 57 ZPO. Dessen Anträge auf Abberufung lehnte er im August und November 2018 ab und bestimmte Versteigerungstermin auf den . Die Terminbestimmung wurde dem Prozesspfleger zugestellt, eine Mitteilung an die Beteiligte zu 3 erfolgte nicht.
2In dem Versteigerungstermin, in dem die Beteiligte zu 3 nicht anwesend gewesen ist, hat das Vollstreckungsgericht den Beteiligten zu 4 und 5 auf deren Bargebot von 800.000 € den Zuschlag erteilt. Der Zuschlagsbeschluss ist dem Prozesspfleger am zugestellt und an die Beteiligte zu 3 formlos übersandt worden. Am haben die Beteiligten zu 4 und 5 im Rahmen der Räumungsvollstreckung den Zuschlagsbeschluss durch die Gerichtsvollzieherin der Beteiligten zu 3 durch Einlegung in den Briefkasten zugestellt.
3Gestützt darauf, die Voraussetzungen für die Bestellung des Prozesspflegers hätten nicht vorgelegen, hat die Beteiligte zu 3 mit am eingegangenem anwaltlichen Schriftsatz sofortige Beschwerde gegen den Zuschlagsbeschluss eingelegt. Das Landgericht hat die Beschwerde als unzulässig verworfen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit dieser möchte die Beteiligte zu 3 weiterhin die Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses erreichen. Die Beteiligten zu 4 und 5 beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
II.
4Nach Ansicht des Beschwerdegerichts ist die Beschwerde unzulässig, weil sie nicht fristgerecht eingelegt worden sei. Die zweiwöchige Beschwerdefrist gemäß § 96 ZVG, §§ 793, 569 Abs. 1 ZPO habe, da die Beteiligte zu 3 in dem Versteigerungstermin nicht anwesend gewesen sei, mit der Zustellung des Zuschlagsbeschlusses begonnen. Es bestünden zwar Zweifel, ob mit der Zustellung an den Prozesspfleger am eine wirksame Zustellung an die Beteiligte zu 3 erreicht worden sei. Diese mache geltend, prozessfähig zu sein. Die Prozessunfähigkeit sei fraglich. In einem solchen Fall empfehle die Kommentarliteratur eine Zustellung sowohl an den gesetzlichen Vertreter als auch an die Partei selbst. Ein eventueller Mangel der Zustellung sei aber jedenfalls gemäß § 189 ZPO durch die Zustellung des Zuschlagsbeschlusses an die Beteiligte zu 3 im Parteibetrieb am geheilt worden. Die zweiwöchige Beschwerdefrist sei deshalb spätestens am abgelaufen und die am eingegangene Beschwerde verspätet.
III.
5Das hält rechtlicher Nachprüfung nur im Ergebnis stand.
61. Die Rechtsbeschwerde ist ungeachtet der möglicherweise fehlenden Prozessfähigkeit der Beteiligten zu 3 zulässig, da auch eine Partei, deren Prozessfähigkeit in der Vorinstanz verneint worden ist, wirksam ein Rechtsmittel einlegen kann, um eine andere Beurteilung zu erreichen (st. Rspr.: vgl. Senat, Urteil vom - V ZR 89/80, BGHZ 86, 184, 186; Urteil vom - V ZR 188/88, BGHZ 110, 294, 295; Urteil vom - V ZR 8/13, WM 2014, 1054; , BGHZ 143, 122, 123). Die Bestellung eines besonderen Vertreters nach § 57 ZPO steht dem nicht entgegen. Sieht der Prozesspfleger von einem Rechtsmittel in der Hauptsache ab, kann die Partei dieses selbst einlegen; insoweit gilt sie als prozessfähig (vgl. , FamRZ 1966, 571; Beschluss vom - LwZB 5/94, NJW 1995, 404; Beschluss vom - XII ZB 142/15, FamRZ 2016, 1679 Rn. 19).
72. Mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung lässt sich die Zulässigkeit der Zuschlagsbeschwerde der Beteiligten zu 3 nicht verneinen. Es lässt rechtsfehlerhaft offen, ob die Zustellung des Zuschlagsbeschlusses an den Prozesspfleger wirksam war und gemäß § 88 Satz 2, § 98 ZVG i.V.m. § 569 Satz 2 ZPO für die Beteiligte zu 3 die zweiwöchige Beschwerdefrist des § 96 ZVG i.V.m. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO in Gang gesetzt hat. Wäre die Zustellung unwirksam, hätte der Mangel nicht durch die Zustellung des Zuschlagsbeschlusses an die Beteiligte zu 3 im Parteibetrieb durch die Beteiligten zu 4 und 5 gemäß § 189 ZPO geheilt werden können.
8a) Nach § 189 ZPO gilt ein unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangenes Dokument zwar in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem es der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist. Hätte die Zustellung des Zuschlagsbeschlusses nicht an den Prozesspfleger, sondern an die Beteiligte zu 3 erfolgen müssen, wären die Voraussetzungen für eine Heilung nach dieser Vorschrift aber dennoch nicht gegeben. Die Heilung setzt nämlich voraus, dass das Gericht eine förmliche Zustellung mit Zustellungswillen bewirken wollte. Dieser Zustellungswille muss sich auf einen bestimmten Adressaten beziehen. Nur Zustellungsmängel, die der an diesen gerichteten Zustellung anhaften, können nach § 189 ZPO geheilt werden. Nicht ausreichend für eine Heilung ist es hingegen, wenn dieser Person, ohne dass seitens des Gerichts an sie zugestellt werden sollte, das Dokument tatsächlich zugeht (vgl. , BGHZ 214, 294 Rn. 37 mwN). War der Wille des Gerichts auf Zustellung an den gesetzlichen Vertreter der Partei gerichtet, kann die Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften deshalb nicht durch den tatsächlichen Zugang des zuzustellenden Schriftstücks bei der vertretenen Partei geheilt werden.
9b) Danach kommt eine Heilung nach § 189 ZPO nicht in Betracht. Der Zustellungswille des Vollstreckungsgerichts war auf die Zustellung des Zuschlagsbeschlusses an den Prozesspfleger als gesetzlichen Vertreter der Beteiligten zu 3 gerichtet, weil es die Zustellung nach § 172 Abs. 1 ZPO an diesen als geboten angesehen hat. Einen Willen, an die Beteiligte zu 3 persönlich zuzustellen, hatte das Vollstreckungsgericht nicht. Die Zustellung an diese erfolgte allein im Parteibetrieb im Rahmen der Zwangsvollstreckung durch die Beteiligten zu 4 und 5.
IV.
10Die Entscheidung stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
111. Die Zuschlagsbeschwerde der Beteiligten zu 3 ist nach Ablauf der zweiwöchigen Beschwerdefrist des § 96 ZVG i.V.m. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingelegt worden und war damit verfristet. Die Zustellung des Zuschlagsbeschlusses an den besonderen Vertreter gemäß § 57 ZPO war wirksam und hat für die Beteiligte zu 3 die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde in Gang gesetzt.
12a) Nach § 57 ZPO kann auf Antrag des Klägers ein besonderer Vertreter (sog. Prozesspfleger) bestellt werden, wenn Klage gegen eine prozessunfähige Partei erhoben werden soll und Gefahr im Verzug ist. Der Prozesspfleger hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Seine Vertretungsmacht entspricht weitgehend dem gesetzlichen Umfang der Prozessvollmacht gemäß § 81 ZPO, d.h. er ist befugt, Prozesshandlungen vorzunehmen und sachlich rechtliche Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen (vgl. Stein/Jonas/Jacoby, ZPO, 23. Aufl., § 57 Rn. 13). Er ist Zustellungsadressat (§ 170 Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 182 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Zustellung an die nicht prozessfähige Partei ist unwirksam (§ 170 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
13b) Die Vorschrift des § 57 ZPO gilt, anders als die Rechtsbeschwerde meint, auch in der Teilungsversteigerung.
14aa) Die nach dem Wortlaut nur das Klageverfahren erfassende Vorschrift des § 57 ZPO ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Zwangsvollstreckungsverfahren grundsätzlich entsprechend anwendbar, wenn sich die Zwangsvollstreckung gegen einen prozessunfähigen Schuldner richtet (vgl. , WuM 2011, 530 Rn. 9 mwN); davon ausgenommen soll das Verfahren der Vermögensauskunft nach § 807 ZPO sein (vgl. MüKoZPO/Lindacher/Hau, 6. Aufl., § 57 Rn. 5; Stein/Jonas/Jacoby, ZPO, 23. Aufl., § 57 Rn. 2; Wieczorek/Schütze/Schulte, ZPO, 4. Aufl., § 57 Rn. 2; Zöller/Althammer, ZPO, 33. Aufl., § 57 Rn. 1a; generell ablehnend Musielak/Voit/Weth, ZPO, 17. Aufl., § 57 Rn. 1; PG/Gehrlein, ZPO, 12. Aufl., § 57 Rn. 1; HK-ZPO/Bendtsen, 8. Aufl., § 57 Rn. 2). Auch in der Teilungsversteigerung nach § 180 ZVG gilt § 57 ZPO, wenn der Antrag auf Aufhebung der Gemeinschaft gegen einen prozessunfähigen Teilhaber gerichtet ist. Andernfalls könnte der andere Teilhaber seinen Auseinandersetzungsanspruch nur schwer oder unter Umständen gar nicht durchsetzen. Er ist nicht weniger schutzwürdig als die klagende Partei im Erkenntnisverfahren.
15bb) Funktionell zuständig für die Bestellung des Prozesspflegers gemäß § 57 ZPO in dem Teilungsversteigerungsverfahren ist entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht der Richter, sondern der Rechtspfleger. Diesem sind in vollem Umfang die nach den gesetzlichen Vorschriften vom Richter wahrzunehmenden Geschäfte des Amtsgerichts in Verfahren nach dem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung übertragen (§ 3 Nr. 1 Buchst. i RPflG). Der Rechtspfleger trifft alle Maßnahmen, die zur Erledigung der ihm übertragenen Geschäfte erforderlich sind (§ 4 Abs. 1 RPflG). Dazu gehört als verfahrensleitende Maßnahme die Bestellung des Prozesspflegers gemäß § 57 ZPO. Ein Ausnahmefall des § 4 Abs. 2 RPflG liegt nicht vor. Auch die Vorschrift des § 15 RPflG, wonach bestimmte Angelegenheiten, die dem Betreuungsgericht übertragen sind, dem Richter vorbehalten bleiben, ist nicht einschlägig. Bei der Bestellung des Prozesspflegers handelt es sich nicht um eine Betreuungssache im Sinne dieser Vorschrift.
16c) Die Zustellung des Zuschlagsbeschlusses an den Prozesspfleger wäre auch dann wirksam gewesen, wenn - was die Rechtsbeschwerde geltend macht - die Voraussetzungen für dessen Bestellung nicht vorgelegen haben sollten. Sein Amt wäre in diesem Fall nicht erloschen.
17aa) Unter welchen Voraussetzungen das Amt des Prozesspflegers endet, wenn der Vertretene prozessfähig war oder im Laufe des Verfahrens prozessfähig geworden ist, ist höchstrichterlich allerdings noch nicht geklärt. Der Senat hat die Frage bislang, anders als das Schrifttum es teilweise verstanden hat (vgl. BeckOK ZPO/Hüsch [], § 57 Rn. 9; Zöller/Althammer, ZPO, 33. Aufl., § 57 Rn. 9), offengelassen (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 60/09, BGHZ 182, 293 Rn. 19).
18(1) Die überwiegende Ansicht nimmt an, das Amt des Prozesspflegers ende kraft Gesetzes, wenn die Partei prozessfähig wird. Die Stellung des besonderen gesetzlichen Vertreters gemäß § 57 ZPO könne nicht stärker sein als die des gesetzlichen Vertreters der Partei (vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Anders/Gehle/Vogt-Beheim, ZPO, 79. Aufl., § 57 Rn. 12; BeckOK ZPO/Hüsch [], § 57 Rn. 9; Musielak/Voit/Weth, ZPO, 17. Aufl., § 57 Rn. 5; MüKoZPO/Lindacher/Hau, 6. Aufl., § 57 Rn. 20; PG/Gehrlein, ZPO, 12. Aufl., § 57 Rn. 5; Zöller/Althammer, ZPO, 33. Aufl., § 57 Rn. 9; Wieczorek/Schütze/Schulze, ZPO, 4. Aufl., § 57 Rn. 19).
19(2) Nach anderer Ansicht endet die Bestellung des Prozesspflegers nicht von selbst; sie müsse bei Feststellung bzw. Eintritt der Prozessfähigkeit oder bei Wegfall der sonstigen Voraussetzungen aufgehoben werden (vgl. RGZ 105, 401, 405 f.; Stein/Jonas/Jacoby, ZPO, 23. Aufl., § 57 Rn. 14 f.; Käck, Der Prozesspfleger, 1990, S. 90 ff., 101).
20bb) Die zuletzt genannte Ansicht ist vorzugswürdig. Ist ein Verfahrensbeteiligter, für den ein besonderer Vertreter nach § 57 ZPO (Prozesspfleger) bestellt wurde, tatsächlich prozessfähig oder erlangt er die Prozessfähigkeit im Laufe des Verfahrens wieder, endet das Amt des Prozesspflegers nicht von selbst, sondern erst mit dem Wirksamwerden der gerichtlichen Aufhebung der Bestellung. Eine trotz Prozessfähigkeit des Verfahrensbeteiligten an den Prozesspfleger erfolgte Zustellung des Zuschlagsbeschlusses ist deshalb wirksam und löst die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde des § 96 ZVG i.V.m. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO aus.
21(1) Die Bestellung des Prozesspflegers beruht auf der Anordnung des Gerichts. Die Beendigung des Amts des Prozesspflegers muss schon deshalb - von dem Fall des Verfahrenseintritts des ordentlichen gesetzlichen Vertreters des Verfahrensbeteiligten abgesehen (MüKoZPO/Lindacher/Hau, 6. Aufl., § 57 Rn. 20; Zöller/Althammer, ZPO, 33. Aufl., § 57 Rn.9) - ebenfalls der gerichtlichen Entscheidung vorbehalten bleiben (vgl. Stein/Jonas/Jacoby, ZPO, 23. Aufl., § 57 Rn. 14). Das entspricht der Rechtslage bei dem einstweiligen besonderen Vertreter nach § 779 Abs. 2 Satz 1 ZPO, dessen Amt erst mit der gerichtlichen Aufhebung der Vertreterbestellung endet (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 60/09, BGHZ 182, 293 Rn. 19), sowie derjenigen bei der Betreuung gemäß § 1896 BGB. Eine gerichtlich angeordnete Betreuung endet, wenn sie nicht befristet ist oder der Betroffene verstirbt, durch die gerichtliche Aufhebung (§ 1908d Abs. 1 Satz 1 BGB; vgl. , FamRZ 2012, 295 Rn. 11 f.).
22(2) Dass die Prozesspflegschaft nur durch gerichtliche Aufhebung endet, ist aus Gründen der Rechtssicherheit und -klarheit geboten.
23Im gerichtlichen Verfahren muss verlässlich feststehen, ob der Verfahrensbeteiligte durch den Prozesspfleger wirksam vertreten wird und Zustellungen an diesen wirksam vorgenommen werden können (§ 170 Abs. 1 ZPO). Würde die Bestellung des Prozesspflegers von selbst enden, wenn der Verfahrensbeteiligte prozessfähig wird, oder wäre sie unwirksam, wenn der Beteiligte von Anfang an prozessfähig war, wären nachfolgende Zustellungen an ihn nicht zulässig. Das führte zu erheblicher Rechtsunsicherheit. Weil der Verfahrensbeteiligte jederzeit, auch noch im Rechtsmittelverfahren, geltend machen kann, von Anfang prozessfähig gewesen oder zwischenzeitlich geworden zu sein (vgl. , FamRZ 2016, 1679 Rn. 19), und die Prozessunfähigkeit zweifelhaft sein kann, müsste das Gericht vorsorglich vor jeder Zustellung von mit befristeten Rechtsmitteln anfechtbaren Entscheidungen die Prozessfähigkeit des betroffenen Verfahrensbeteiligten neu prüfen. Dazu wäre regelmäßig die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich. Das wäre mit dem Zweck des § 57 ZPO, den anderen Verfahrensbeteiligten einen effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. , NJW 2011, 1739 Rn. 11), nicht vereinbar. Richtigerweise bleiben Verfahrenshandlungen des Prozesspflegers und Zustellungen an ihn auch dann wirksam, wenn seine Bestellung aufgehoben wird, weil sich herausstellt, dass der Vertretene doch prozessfähig ist (vgl. , FamRZ 2016, 1679 Rn. 20).
24(3) Dass Zustellungen an einen Prozesspfleger auch dann wirksam sind, wenn die Voraussetzungen für seine Bestellung nicht (mehr) vorlagen, steht nicht in Widerspruch zu der Entscheidung des Senats zum Zustellungsvertreter gemäß § 6 Abs. 1 ZVG (vgl. Beschluss vom - V ZB 182/11, NJW-RR 2012, 1012). § 6 ZVG dient der Erleichterung der Zustellung in Fällen, in denen der Aufenthalt des Schuldners unbekannt ist oder die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung aus sonstigen Gründen gegeben sind. Der Zustellungsvertreter wird nicht gesetzlicher Vertreter der Partei bzw. des Verfahrensbeteiligten; seine Aufgabe beschränkt sich darauf, die zuzustellenden Schriftstücke entgegen zu nehmen und den Adressaten zu ermitteln und zu benachrichtigen. Das rechtfertigt es, die Wirksamkeit von Zustellungen, die auf diese Weise bewirkt werden, nach den für öffentliche Zustellungen geltenden Grundsätzen zu beurteilen. Dazu gehört, dass eine unter Verstoß gegen § 185 ZPO angeordnete öffentliche Zustellung die Zustellungsfiktion des § 188 ZPO jedenfalls dann nicht auslöst und damit keine Frist in Lauf setzt, wenn die öffentliche Zustellung bei sorgfältiger Prüfung der Unterlagen nicht hätte angeordnet werden dürfen (vgl. , NJW-RR 2019, 294 Rn. 11 mwN). Demgemäß hat der Senat die Zustellung an einen für den Schuldner bestellten Zustellungsvertreter für unwirksam erachtet, der bestellt worden ist, obwohl für das Gericht erkennbar war, dass der Schuldner über ein Postfach erreicht werden konnte (Beschluss vom - V ZB 182/11, NJW-RR 2012, 1012 Rn. 7).
252. Die verspätet eingegangene Zuschlagsbeschwerde der Beteiligten zu 3 ist auch nicht als sogenannte Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 569 Abs. 1 Satz 3 ZPO statthaft.
26a) Nach dieser Vorschrift wird, wenn die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder Restitutionsklage vorliegen, die Beschwerdefrist dergestalt verlängert, dass die Beschwerde innerhalb der für diese Klagen geltenden Frist erhoben werden kann. Die Regelung eröffnet kein Wiederaufnahmeverfahren gegen Beschlüsse, sondern erschöpft sich in der Fristverlängerung. Gegen den Zuschlagsbeschluss ist die sogenannte Nichtigkeitsbeschwerde statthaft, wenn ein Beschwerdegrund nach § 100 Abs. 1 ZVG geltend gemacht wird. Um einen solchen Beschwerdegrund handelt es sich bei dem Nichtigkeitsgrund nach § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 20/19, WM 2020, 1432 Rn. 9 und 17 f.).
27b) Der Nichtigkeitsgrund des § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO setzt voraus, dass eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat. Die Vorschrift bezweckt den Schutz der Partei, die ihre Angelegenheiten im Prozess nicht verantwortlich regeln konnte oder der die Handlungen eines vollmachtlosen Vertreters nicht zugerechnet werden darf. Dadurch wird das verfassungsrechtlich gewährleistete Selbstbestimmungsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) sowie das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) der Partei gesichert. Es soll vermieden werden, dass jemand in einem Verfahren, in dem er nicht persönlich als Handelnder auftreten kann, eine für ihn nachteilige Entscheidung hinnehmen muss, wenn ihm nicht das Handeln eines Vertreters oder einer Vertreterin aufgrund gesetzlicher Vorschriften zugerechnet werden kann (vgl. IVb ZR 707/80, BGHZ 84, 24, 28 ff.; Beschluss vom - I ZB 83/19, NJW-RR 2020, 1191 Rn. 15). Ein solcher Fall ist gegeben, wenn eine für prozessfähig gehaltene Partei tatsächlich prozessunfähig ist (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 20/19, WM 2020, 1432 Rn. 18).
28c) Dagegen bewirkt die gerichtliche Bestellung des Prozesspflegers auch dann eine gesetzmäßige Vertretung im Sinne des § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO, wenn der Verfahrensbeteiligte von vornherein prozessfähig war oder er während des Verfahrens prozessfähig wird (vgl. Stein/Jonas/Jacoby, ZPO, 23. Aufl., § 57 Rn. 15; Käck, Der Prozeßpfleger, 1990, S. 101; vgl. zur Betreuung OLG Karlsruhe, FamRZ 2017, 653, 654; BeckOK ZPO/Fleck [], § 579 Rn. 6; Musielak/Voit/Musielak, ZPO, 17. Aufl., § 579 Rn. 5; PG/Meller-Hannich, ZPO, 12. Aufl., § 579 Rn. 9; kritisch Dunz, NJW 1961, 441, 443). Der Prozesspfleger ist, wie oben ausgeführt (Rn. 20), bis zum Wirksamwerden der gerichtlichen Aufhebung der Bestellung gesetzlicher Vertreter des Beteiligten. Er kann alle erforderlichen Verfahrenshandlungen vornehmen. Diese bleiben auch dann wirksam, wenn die Bestellung aufgehoben wird, weil sich herausgestellt hat, dass der Vertretene doch prozessfähig ist (vgl. , FamRZ 2016, 1679 Rn. 20; RGZ 105, 401, 406). Der Nichtigkeitsgrund nach § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO ist deshalb nicht gegeben, wenn der Verfahrensbeteiligte durch einen Prozesspfleger gemäß § 57 ZPO vertreten wird, obwohl die Voraussetzungen für dessen Bestellung nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind.
29d) Eine Rechtsschutzlücke entsteht für den von dem Prozesspfleger vertretenen Verfahrensbeteiligten dadurch nicht. Ihm wird insbesondere nicht der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verweigert.
30aa) Die Bestellung des Prozesspflegers gemäß § 57 ZPO ist zwar nicht mit der sofortigen Beschwerde des § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO anfechtbar, weil mit der Bestellung dem entsprechenden Antrag nach § 57 Abs. 1 ZPO stattgegeben wurde (vgl. , FamRZ 2016, 1679 Rn. 16 f.; so auch MüKoZPO/Lindacher/Hau, 6. Aufl., § 57 Rn. 18; Musielak/Voit/Weth, 17. Aufl., § 57 Rn. 4; PG/Gehrlein, ZPO, 12. Aufl., § 57 Rn. 4; Stein/Jonas/Jacoby, ZPO, 23. Aufl., § 57 Rn. 12; aA Zöller/Althammer, ZPO, 33. Aufl., § 57 Rn. 7). Im Zwangsversteigerungsverfahren ist eine Anfechtung sogar ausdrücklich ausgeschlossen. Nach § 95 ZVG kann gegen eine Entscheidung, die vor der Beschlussfassung über den Zuschlag erfolgt, die sofortige Beschwerde nur eingelegt werden, soweit die Entscheidung die Anordnung, Aufhebung, einstweilige Einstellung oder Fortsetzung des Verfahrens betrifft.
31bb) Die Bestellung des Prozesspflegers kann aber regelmäßig mit der Hauptsache - hier mit der Zuschlagsbeschwerde (§ 95 ZVG) - zur Überprüfung gestellt werden (vgl. , FamRZ 2016, 1679 Rn. 18 f.; so auch MüKoZPO/Lindacher/Hau, 6. Aufl., § 57 Rn. 18; Musielak/Voit/Weth, 17. Aufl., § 57 Rn. 4; PG/Gehrlein, ZPO, 12. Aufl., § 57 Rn. 4; Stein/Jonas/Jacoby, ZPO, 23. Aufl., § 57 Rn. 12; aA Zöller/Althammer, ZPO, 33. Aufl., § 57 Rn. 7). Sieht der Prozesspfleger von einem Rechtsmittel in der Hauptsache ab, kann die vermeintlich prozessunfähige Partei dieses selbst einlegen (vgl. , FamRZ 1966, 571; Beschluss vom - LwZB 5/94, NJW 1995, 404; Beschluss vom - XII ZB 142/15, FamRZ 2016, 1679 Rn. 19).
32cc) Der betroffene Verfahrensbeteiligte kann außerdem in dem Rechtstreit bzw. hier in dem Zwangsversteigerungsverfahren jederzeit geltend machen, prozessfähig zu sein. Er hat Anspruch auf Klärung seiner Prozessfähigkeit durch das Gericht, wenn und soweit sein persönliches Vorbringen die Möglichkeit einer ihm günstigeren Entscheidung eröffnet; auch insoweit gilt er als prozessfähig Um ihm eine sachgerechte Wahrnehmung seiner Rechte zu ermöglichen, ist er deshalb weiterhin an dem Verfahren zu beteiligen, insbesondere sind ihm die Schriftsätze, Verfügungen und Entscheidungen zur Kenntnis zu bringen (vgl. , FamRZ 2016, 1679 Rn. 19). Das muss nicht, kann aber durch eine förmliche Zustellung erfolgen (vgl. Musielak/Voit/Weth, ZPO, 17. Aufl., § 57 Rn. 5; MüKoZPO/Lindacher/Hau, 6. Aufl., § 57 Rn. 23; PG/Gehrlein, ZPO, 12. Aufl., § 57 Rn. 5; Käck, Der Prozeßpfleger, 1990, S. 97; Dunz, NJW 1961, 441, 442 f.; kritisch Stein/Jonas/Jacoby, ZPO, 23. Aufl., § 57 Rn. 13). Das bedeutet aber nicht, dass eine solche Zustellung eine gesonderte Rechtsmittelfrist in Gang setzt.
33dd) Wenn es konkrete Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Verfahrensbeteiligte prozessfähig ist, muss zudem das Gericht dem von Amts wegen nachgehen. Das gilt auch im Zwangsversteigerungsverfahren (vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 1992, 846; Stöber/Keller, ZVG, 22. Aufl., Einleitung Rn. 150). Dabei ist das Vollstreckungsgericht nach § 79 ZVG an eine Entscheidung, die es im Verlaufe des Zwangsversteigerungsverfahrens getroffen hat, nicht gebunden. Es hat deshalb, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, bei der Entscheidung über den Zuschlag nochmals zu überprüfen, ob die von ihm angenommene Prozessunfähigkeit des Beteiligten, für den der Prozesspfleger bestellt worden ist, (fort)besteht.
34ee) Schließlich ist der Prozesspfleger verpflichtet, die Interessen des Vertretenen zu wahren (vgl. , FamRZ 2016, 1679 Rn. 20) und mit ihm in geeigneter Form Verbindung zu halten (vgl. Stein/Jonas/Jacoby, ZPO, 23. Aufl., § 57 Rn. 13). Dazu gehört es in einem Zwangsversteigerungsverfahren im Allgemeinen, den Vertretenen über die Zustellung des Zuschlagsbeschlusses so rechtzeitig zu unterrichten, dass dieser gegebenenfalls selbst Zuschlagsbeschwerde einlegen kann.
V.
351. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Dass die Beteiligte zu 3 die Gerichtskosten des von ihr erfolglos betriebenen Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen hat, folgt aus dem Gesetz (§ 26 Abs. 3 GKG); eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nach § 97 Abs. 1 ZPO kommt nicht in Betracht, weil sich die Beteiligte zu 3 und die Ersteher bei der Zuschlagsbeschwerde nicht kontradiktorisch gegenüberstehen (vgl. zur Anwendung der §§ 91 ff. ZPO Senat, Beschluss vom - V ZB 19/18, NJW 2019, 1462 Rn. 8; Beschluss vom - V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 Rn. 7).
362. Der Gegenstandswert für die Gerichtsgebühren bestimmt sich nach dem Wert des Zuschlags (Bargebot einschließlich des Werts der bestehen bleibenden Rechte; § 47 Abs. 1 Satz 1, § 54 Abs. 2 Satz 1 GKG). Die Wertfestsetzung für die anwaltliche Vertretung der Beteiligten beruht auf § 26 RVG; auch eine Teilungsversteigerung ist eine Zwangsversteigerung im Sinne dieser Vorschrift (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 135/18, JurBüro 2020, 487). Nach § 26 Nr. 2 Halbsatz 2 RVG ist für die Vertretung der Beteiligten zu 3 der Wert ihres Anteils an dem versteigerten Grundstück anzusetzen, der sich nach § 26 Nr. 2 Halbsatz 3 RVG nach dem gemäß § 74a Abs. 5 ZVG festgesetzten Verkehrswert bestimmt (1/4 von 593.000 €). Für die Vertretung der Beteiligten zu 4 und 5 als Ersteher ist nach § 26 Nr. 3 RVG das Gebot maßgeblich, dass sich aus dem Bargebot (§ 49 ZVG) und dem Wert der bestehen bleibenden Rechte zusammensetzt (vgl. Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 24. Aufl., § 26 Rn. 7; Hartmann, Kostenrecht, 50. Aufl., § 26 RVG Rn. 12).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:101220BVZB128.19.0
Fundstelle(n):
WM 2021 S. 346 Nr. 7
JAAAH-70807