Online-Nachricht - Donnerstag, 28.01.2021

Einkommensteuer | Wertguthabenvereinbarung unter Ehegatten (BFH)

Schließen Ehegatten im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses zusätzlich eine Wertguthabenvereinbarung i.S. des SGB IV ab, muss für diese gesondert ein Fremdvergleich erfolgen. Im Rahmen der Gesamtwürdigung ist wesentliches Indiz, ob die Vertragschancen und -risiken fremdüblich verteilt sind. Eine einseitige Verteilung zu Lasten des Arbeitgeber-Ehegatten ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer-Ehegatte unbegrenzt Wertguthaben ansparen sowie Dauer, Zeitpunkt und Häufigkeit der Freistellungsphasen nahezu beliebig wählen kann (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Kläger und Revisionsbeklagten werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger erzielte in den Streitjahren 2010 bis 2013 Einkünfte aus Gewerbebetrieb und ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Die Klägerin arbeitete in dessen Betrieb halbtags als Bürofachkraft mit. Hierzu schlossen die Kläger am rückwirkend einen Arbeitsvertrag sowie eine Ergänzungsvereinbarung zu einem Zeitwertguthabenmodell ab.

Die Kläger vereinbarten darüber hinaus, dass vom Bruttogehalt der Klägerin in Höhe von 1.410 € ein Betrag von 1.000 € zuzüglich Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung in ein Wertguthabenkonto einbezahlt werden soll. Bei der Gewinnermittlung führte der Kläger die Einzahlungen einer Rückstellung zu und aktivierte das "Treuhandkonto". Der Kontostand betrug am 149.327,63 €. Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellte für den Zeitraum 2011 bis 2014 fest, dass ein ausreichender Insolvenzschutz gegeben sei. Eine Rückstellung für das Wertguthaben erkannte das FA nach einer Außenprüfung im Jahr 2014 nicht an

Der BFH hob das Urteil des FG auf und verwies zur anderweitigen Verhandlung zurück an das FG:

  • Für die Beurteilung, ob Verträge zwischen nahen Angehörigen durch die Einkunftserzielung (§ 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 EStG ) veranlasst oder aber durch private Zuwendungs- oder Unterhaltsüberlegungen (§ 12 Nr. 1 und 2 EStG) motiviert sind, ist seit der Neuausrichtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Anschluss an den die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten maßgebend.

  • Zwar ist weiterhin Voraussetzung, dass die vertraglichen Hauptpflichten klar und eindeutig vereinbart sowie entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt werden. Jedoch schließt nicht mehr jede geringfügige Abweichung einzelner Sachverhaltsmerkmale vom Üblichen die steuerrechtliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses aus. Vielmehr sind einzelne Kriterien des Fremdvergleichs im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung unter dem Gesichtspunkt zu würdigen, ob sie den Rückschluss auf eine privat veranlasste Vereinbarung zulassen. Diese Grundsätze gelten nach § 7 Satz 1 GewStG auch für die Gewerbesteuer.

  • Wesentliche Rechtsfolge einer Wertguthabenvereinbarung ist, dass Einstellungen in das Wertguthaben keine Beitragspflicht zur Sozialversicherung auslösen (§ 23b Abs. 1 Satz 1 SGB IV) und auch nicht der Lohnsteuer unterliegen, da dem Arbeitnehmer noch kein Arbeitslohn zufließt ().

  • Das FG hat übersehen, dass die Wertguthabenvereinbarung die Hauptleistungspflichten des Arbeitsverhältnisses berührt. In den Zeiten der Freistellung erbringt die Klägerin ihre Arbeitsleistung vollständig bzw. in Teilen nicht und der Kläger kann die entsprechenden Zahlungen an die Klägerin, die nach den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften als Arbeitslohn gelten, dem Wertguthabenkonto entnehmen.

  • Gelangt das FG im zweiten Rechtsgang was nach den bisherigen Feststellungen eher fraglich ist zu dem Ergebnis, dass die Wertguthabenvereinbarung fremdüblich ist, wären die entsprechenden Rückstellungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 249 Abs. 1 HGB ertragsteuerlich anzuerkennen.

Anmerkung von Honorarprofessor Dr. Gregor Nöcker, Richter im X. Senat des BFH:

Obwohl die Entscheidung des BFH in seinen Hauptaussagen nicht überrascht, gilt es zu differenzieren. Denn anders als es zunächst scheint, können auch Ehegatten im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses eine Wertgutachtenvereinbarung schließen. Diese Vereinbarung ist nicht (unbedingt) hinsichtlich der Höhe des dem Wertguthabenkonto zuzuführenden Betrags begrenzt.

Soweit Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten betroffen sind, unterliegen sie dem sog. Fremdvergleich. Dies gilt auch für die Vereinbarung einer zusätzlichen Leistung, z.B. einer Direktversicherung oder einer Versorgungszusage. Allerdings bedarf es eines Fremdvergleichs bei einem wirksam vereinbarten Arbeitsverhältnisses nicht, wenn eine echte Bargeldlohnumwandlung vorliegt (so schon ). In diesem Fall wird lediglich der (wirksam) vereinbarte Barlohn in eine andere Leistung gewandelt.

Im vorliegenden Fall ist eine solche Barlohnumwandlung nicht erfolgt, da die volle Lohnsumme zu keinem Zeitpunkt ausbezahlt worden ist. Von Anfang an ist vereinbart worden, dass ein größerer Teil nicht als Barlohn geleistet wird.

Folglich ist ein Fremdvergleich (allein) für die Wertguthabenvereinbarung nötig geworden. Seit dem (BStBl II 1996, 34) kommt es dabei auf eine Würdigung im Rahmen einer Gesamtbetrachtung an – und nicht mehr auf die Prüfung von (geringfügigen) Abweichungen im Tatsächlichen. Entscheidend ist meist die Abwägung von Vertragschancen und -risiken (so schon ).

Da vorliegend die Vertragsrisiken zu Lasten des Arbeitgebers klar überwiegen – die Klägerin hat „alle Freiheiten der Welt“ das Wertguthaben zu nutzen – muss das FG erneut würdigen, ob den Fremdvergleichsgrundsätzen Genüge getan wurde. Dass die Wertguthaben-vereinbarung den sozialversicherungsrechtlichen Regelungen entspricht, reicht nicht aus.

Darüber hinaus ist ein interner Betriebsvergleich durchzuführen. Anderen (fremden) Arbeitnehmern müssen (wirklich) vergleichbare Modelle angeboten werden. Auch ist die vertragsgemäße Durchführung nicht zu vergessen. Vorliegend bestehen Zweifel an der Verpfändung des richtigen Kontos.

Unerheblich scheint aus Sicht des BFH die Höhe der vereinbarten Zuführung zum Wertguthaben – wobei in der Praxis dennoch Vorsicht geboten ist. Denn gerade die Vereinbarungen hoher Wertguthaben zugunsten von Arbeitnehmer-Ehegatten intensiviert die Prüfungsdichte der Finanzverwaltung.

Quelle: ; NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
NWB AAAAH-69787