Online-Nachricht - Dienstag, 04.08.2020

Einkommensteuer | Künstliche Befruchtung als agB (FG)

Kosten für die künstliche Befruchtung einer Frau können zu steuerlich abzugsfähigen außergewöhnlichen Belastungen (agB) führen, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Frau verheiratet ist oder in einer festen Beziehung lebt (; Revision zugelassen).

Sachverhalt: Bei der im Streitjahr 40 Jahre alten Klägerin, die zu ihrem Beziehungsstatus keine Angaben macht, wurde eine krankheitsbedingte Fertilitätsstörung (Unfruchtbarkeit) festgestellt. In ihrer Einkommensteuererklärung machte sie Kosten für eine Kinderwunschbehandlung in Höhe von ca. 12.000 €, worin auch Aufwendungen für eine Samenspende enthalten sind, als außergewöhnliche Belastungen geltend. Dies lehnte das FA mit der Begründung ab, dass solche Kosten nur bei verheirateten oder in einer festen Beziehung lebenden Frauen abzugsfähig seien.

Die Klage hatte in vollem Umfang Erfolg:

  • Die gesamten Aufwendungen für die Kinderwunschbehandlung wurden als außergewöhnliche Belastungen anerkannt. Die Unfruchtbarkeit der Klägerin stellt einen Krankheitszustand dar und ist nicht auf ihr Alter zurückzuführen.

  • In der heutigen Zeit sind Schwangerschaften von Frauen über 40 nicht ungewöhnlich. Aus den anzuerkennenden Kosten sind die Aufwendungen für die Samenspende nicht herauszurechnen, da diese mit der Behandlung eine untrennbare Einheit bildeten.

  • Der Familienstand der Klägerin ist unerheblich, da die Behandlung in Übereinstimmung mit den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte vorgenommen wurde. Jedenfalls in dem Bundesland, in dem die Klägerin behandelt wurde, sind künstliche Befruchtungen alleinstehender Frauen nicht durch diese Richtlinien ausgeschlossen. Zudem wird die Zwangslage unfruchtbarer Frauen durch die Krankheit hervorgerufen, nicht durch eine Ehe oder eine Partnerschaft. Schließlich ist erwiesen, dass Kinder alleinerziehender Eltern in ihrer Entwicklung nicht beeinträchtigt sind.

Die Revision ist zugelassen. Ein Aktenzeichen ist derzeit nicht bekannt.

Hinweis

Das vollständige Urteil ist auf der Homepage des FG Münster veröffentlicht. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: FG Münster online, Pressemitteilung v. (JT)

Fundstelle(n):
NWB NAAAH-54983