Online-Nachricht - Montag, 22.06.2020

Einkommensteuer | Kindergeld bei mehraktiger Berufsausbildung (BFH)

Eine einheitliche Erstausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ist nicht anzunehmen, wenn ein Kind nach Abschluss einer kaufmännischen Ausbildung eine Ausbildung zum Fachwirt und anschließend ein Studium aufnimmt, welche jeweils eine vor Beginn des Ausbildungsganges absolvierte Zeit der Berufstätigkeit voraussetzen (, NV; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Der Kindergeldanspruch bei neben der Ausbildung ausgeübter Erwerbstätigkeit hat in der Rechtsanwendung häufig zu Problemen geführt. Insbesondere war höchst umstritten, wann ein Kindergeldanspruch aufgrund einer mehraktigen Ausbildung besteht. Mit hat der BFH seine Rechtsprechungsgrundsätze fortentwickelt und präzisiert. In diesem Zusammenhang hat er Abgrenzungskriterien aufgestellt, ob eine unschädliche einheitliche Erstausbildung oder eine schädliche Zweitausbildung vorliegt. Eine Zweitausbildung liegt demnach vor, wenn die Berufstätigkeit im Vordergrund steht. Für diese Abgrenzung sind insbesondere die Art und der zeitliche Umfang der daneben ausgeübten Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen ( sowie ). Weitere Informationen zu diesen Entscheidungen finden Sie bei Selting/Heidemann, NWB 26/2019, S. 1887 sowie bei Krönauer/ Kießling, NWB 42/2019, S. 3056.

Sachverhalt: Das Kind des Klägers beendete die Ausbildung zur Bankkauffrau. Es bekundete bereits vor Beendigung der Ausbildung das Interesse an einer Fortbildung zur Sparkassenfachwirtin. Ein Jahr nach Abschluss der Ausbildung begann es die Fortbildung. Nach Abschluss der Fortbildung führte es ein berufsbegleitendes Studium der Betriebswirtschaftslehre mit Erfolg durch. Neben den Ausbildungsgängen stand das Kind während des gesamten Streitzeitraums in einem Vollzeitbeschäftigungsverhältnis.

Das , stellte auf die Voraussetzung der durchgeführten Berufstätigkeit für die Fortbildungen ab und versagte den Kindergeldanspruch.

Der BFH bestätigte die Auffassung des FG und führte aus:

  • Für eine einheitliche Erstausbildung ist darauf abzustellen, ob sich die einzelnen Ausbildungsabschnitte als integrative Teile einer einheitlichen Ausbildung darstellen. Insoweit kommt es vor allem darauf an, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang (z.B. dieselbe Berufssparte, derselbe fachliche Bereich) zueinander stehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden (Senatsurteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 30).

  • An einer Ausbildungseinheit fehlt es dagegen, wenn die Aufnahme des zweiten Ausbildungsabschnitts eine berufspraktische Tätigkeit voraussetzt oder das Kind nach dem Ende des ersten Ausbildungsabschnitts eine Berufstätigkeit aufnimmt, die nicht nur der zeitlichen Überbrückung bis zum nächstmöglichen Beginn des weiteren Ausbildungsabschnitts dient ().

  • Im Streitfall fehlt es an einer Ausbildungseinheit zwischen der Ausbildung zur Bankkauffrau und den nachfolgenden Ausbildungsgängen (Sparkassenfachwirtin, Studium der Betriebswirtschaftslehre), weil beide nachfolgenden Ausbildungsgänge jeweils eine vor Beginn durchgeführte berufspraktische Erfahrung voraussetzten.

Quelle: (JT)

Fundstelle(n):
IAAAH-51327