BMF - IV B 5 - S 0301/19/10009 :001

Mitteilungspflichten bei Auslandsbeziehungen nach § 138 Absatz 2 AO und § 138b AO

Bezug: BStBl 2018 I S. 289

Bezug: BStBl 2018 I S. 815

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihre Schreiben zu den Mitteilungspflichten bei Auslandsbeziehungen nach § 138 Absatz 2 AO und § 138b AO. Für die späte Beantwortung, die ihre Ursache u. a. in erforderlichen Abstimmungen hat, bitte ich um Ihr Verständnis.

Zu Ihren Fragen teile ich Ihnen Folgendes mit:

1. Mitteilung bei Überschreiten der Beteiligungsgrenzen nach § 138 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 AO

Die Mitteilungspflicht nach § 138 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 AO besteht immer dann, wenn die maßgebenden Beteiligungsgrenzen erstmals erreicht bzw. überschritten werden. Erhöht sich die gemeldete Beteiligung, besteht demzufolge keine weitere Mitteilungspflicht. Jedoch besteht eine erneute Mitteilungspflicht, wenn die maßgebenden Beteiligungsgrenzen nachdem sie zwischenzeitlich unterschritten wurden durch weiteren Erwerb von Beteiligungen erneut erreicht bzw. überschritten werden.

Die Veräußerung von Beteiligungen ist mitzuteilen, wenn Beteiligungen veräußert werden, deren Anschaffungskosten insgesamt 150.000 € überschreiten, bzw. immer dann, wenn eine Beteiligung in Höhe von mindestens 10 Prozent veräußert wird. Im Gegensatz zum Beteiligungserwerb besteht diese Mitteilungspflicht unabhängig von einem Unterschreiten der für den Erwerb von Beteiligungen maßgebenden 10-Prozent-Grenze. Es wird derzeit geprüft, inwieweit gesetzgeberischer Klarstellungs- bzw. Änderungsbedarf zu den Mitteilungspflichten besteht.

Die Mitteilungspflicht nach § 138 Absatz 2 AO gilt für jeden Steuerpflichtigen mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland, der Beteiligungen im Sinne des § 138 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 AO erwirbt. Damit sind grundsätzlich sowohl die unmittelbaren als auch die mittelbaren Anteilseigner hinsichtlich des Erwerbes bzw. Veräußerung der Auslandsbeteiligung mitteilungspflichtig.

2. Definition des „ausländischen Investmentfonds“ im Sinne des

Die Begriffsbestimmungen des Kapitalanlagegesetzbuchs gelten entsprechend, soweit sich keine abweichenden Bestimmungen nach den Begriffsbestimmungen aus dem Investmentsteuergesetz ergeben.

3. Meldepflicht eines Fondsanlegers in Bezug auf eine Anlage in einem ausländischen Fonds

Der Ausdruck „Vermögensmasse“ schließt ausländische Investmentfonds ein. Ausnahmen von der Mitteilungspflicht sind derzeit abschließend in den BMF-Schreiben vom 5. Februar und vom geregelt.

4. Meldepflicht eines Fondsanlegers in Bezug auf die vom Fonds gehaltenen ausländischen Beteiligungen

Nach dem Gesetzeswortlaut ist auch der Erwerb von unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen an ausländischen Investmentfonds mitteilungspflichtig. Inwieweit aufgrund der im Zusammenhang mit diesem Themenkomplex bestehenden Fragen gesetzlicher Regelungsbedarf besteht, wird im Rahmen der Prüfung der Mitteilungspflichten (vgl. Nummer 1) entschieden werden.

5. Berechnung der 150.000-Euro-Grenze

Nach dem Sinn und Zweck des § 138 Absatz 2 AO ist die 150.000-Euro-Grenze gesellschaftsbezogen zu sehen. Die Formulierung „Summe der Anschaffungskosten aller Beteiligungen“ bezieht sich demzufolge auf die unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen einschließlich früher erworbener Beteiligungen an einer Gesellschaft/einem Fonds.

6. Begriff der Anschaffungskosten nach § 138 Absatz 2 Nummer 3 AO

Die Mitteilungspflicht besteht dann, wenn die Anschaffungskosten aller unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen die 150.000-Euro-Grenze einschließlich früher erworbener Beteiligungen an einer Gesellschaft/einem Fonds erstmalig sowie nach zwischenzeitlichem Unterschreiten erneut überschreiten. Auf die Ausführungen zu Nummer 1 nehme ich Bezug. Aus Vereinfachungsgründen kann auf die Anschaffungskosten des Mitteilungspflichtigen abgestellt werden.

7. Definition des Drittstaates im Sinne des § 138 Absatz 3 AO

Aktuelle Informationen zum territorialen Status der EU-Länder und besonderer Gebiete sowie anderer Länder oder Gebiete und darüber, ob für sie die EU-Verträge gelten, können der Internetseite der Europäischen Union entnommen werden, https://ec.europa.eu (derzeit: https://ec.europa.eu/taxation_customs/business/vat/eu-vat-rules-topic/territorial-status-eucountries-certain-territories_de).

8. Mitteilungspflichten der Versicherungsunternehmen

Die Ausnahmen von der Mitteilungspflicht in Textziffer 1.3.4 des BStBl I S. 289, erfolgten vor dem Hintergrund, dass diese Positionen gemäß § 341b HGB wie Umlaufvermögen behandelt werden. Es bestehen momentan jedoch keine Bedenken, die in § 341b Absatz 4 HGB aufgeführten Verträge, die von Pensionsfonds bei Lebensversicherungsunternehmen zur Deckung von Verpflichtungen gegenüber Versorgungsberechtigten eingegangen werden, ebenfalls von der Mitteilungspflicht auszunehmen.

9. Definition des beherrschenden/bestimmenden Einflusses

Die Textziffer 1.4.2 des enthält die maßgeblichen Kriterien für die Begriffe beherrschender und bestimmender Einfluss. Mit dem Begriff bestimmender Einfluss soll u. a. die Erfassung von Stiftungen sichergestellt werden. Der Besitz von Vetorechten und Sperrminoritäten kann h. E. einen bestimmenden Einfluss begründen.

Es wird geprüft, inwieweit die Begrifflichkeiten durch Gesetzesänderung oder BMFSchreiben weiter konkretisiert werden können ohne die durch das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz erfolgte Verschärfung und Erweiterung der Mitteilungspflicht und dem damit verfolgten Sinn und Zweck, die gesetzmäßige und gleichmäßige Besteuerung aller Steuerpflichtigen zu gewährleisten, zu unterlaufen.

10. Definition des gesellschaftsrechtlichen Einflusses

Entsprechend Textziffer 1.4.2 des kann ein rechtlicher Einfluss sowohl auf beteiligungsähnlichen Rechten (Kapitalbeteiligung, Stimmrechte) als auch auf vertraglichen Beziehungen, wie z. B. einem Treuhandvertrag, beruhen. Ein gesellschaftsrechtlicher Einfluss kann demzufolge beispielsweise bestehen, wenn durch bestehende Beteiligungsverhältnisse Aufsichtsratsmitglieder bestellt werden können und diese ihre Kontrolltätigkeit, Beratungs- und Unterstützungsfunktion des Vorstands der Gesellschaft, Stiftung etc. wahrnehmen.

11. Definition des finanziellen Einflusses

Ein mitteilungspflichtiger Einfluss auf finanzieller Grundlage kann infolge finanzieller Abhängigkeit der Drittstaat-Gesellschaft bestehen, u. a. durch Mitwirkung bei der Gestaltung der Finanzierung der Gesellschaft in Form von Darlehen. Die Darlehensvergabe an die Drittstaat-Gesellschaft kann im Einzelfall daher auch dann einen mitteilungspflichtigen Einfluss begründen, wenn sie zu marktüblichen Konditionen erfolgt.

12. Definition des geschäftlichen Einflusses

Ein beherrschender oder bestimmender Einfluss auf die geschäftlichen Angelegenheiten äußert sich durch wesentliche Einflussnahme auf die bzw. durch Mitbestimmung der Geschäftspolitik der Drittstaat-Gesellschaft, z. B. auch durch geschäftliche Abhängigkeiten zwischen Konzernmutter und ausländischen Tochtergesellschaften.

13. Mitteilungspflichten Dritter über Beziehungen inländischer Steuerpflichtiger zu Drittstaat-Gesellschaften nach § 138b AO Definition der Herstellung/Vermittlung von Beziehungen

Die Mitteilungspflicht umfasst die Herstellung und Vermittlung von Beziehungen sowohl im Rahmen eines persönlichen Kontakts zwischen inländischem Steuerpflichtigen und mitteilungspflichtiger Stelle als auch im Rahmen des Onlinegeschäftes. Voraussetzung sind aktive Tätigkeiten der mitteilungspflichtigen Stellen. Darunter fallen z. B. die Anschaffung und die Veräußerung von Anteilen und Beteiligungen an Drittstaat-Gesellschaften im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, die Anschaffung und die Veräußerung von Anteilen und Beteiligungen an Drittstaat-Gesellschaften im eigenen Namen und auf fremde Rechnung sowie die Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung und Veräußerung von Anteilen und Beteiligungen an Drittstaat-Gesellschaften.

14. Definition des beherrschenden/bestimmenden Einflusses

Die in Textziffer 1.4.2 des aufgeführten Kriterien gelten entsprechend für die Mitteilungspflicht nach § 138b AO. Auf die Ausführungen unter Nummer 9 wird Bezug genommen.

15. Definition der gesellschaftsrechtlichen/finanziellen/geschäftlichen Angelegenheiten einer Drittstaat-Gesellschaft

Die in Textziffer 1.4.2 des aufgeführten Kriterien gelten entsprechend für die Mitteilungspflicht nach § 138b AO. Auf die Ausführungen unter Nummer 10 bis 12 wird Bezug genommen.

16. Definition des Bekannt-Sein-Müssens im Sinne des § 138b AO

In den in § 138b Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 AO genannten Fällen setzt die Mitteilungspflicht voraus, dass der mitteilungspflichtigen Stelle bekannt ist, dass der inländische Steuerpflichtige aufgrund der von der mitteilungspflichtigen Stelle hergestellten oder vermittelten Beziehung alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 AStG erstmals unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss auf die gesellschaftsrechtlichen, finanziellen oder geschäftlichen Angelegenheiten einer Drittstaat-Gesellschaft ausüben kann. Laut Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/11132 S. 27) reicht ein Kennen-Müssen für diese Mitteilungspflicht nicht aus.

§ 138b Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 AO ergänzt die Mitteilungspflicht in Fällen, in denen die Voraussetzungen der Nummer 1 nicht erfüllt sind (z. B. wegen mangelnder Kenntnis der mitteilungspflichtigen Stelle, dass der inländische Steuerpflichtige durch die hergestellte oder vermittelte Beziehung einen beherrschenden Einfluss auf die Drittstaat-Gesellschaft erlangt hat) (vgl. BT-Drucksache 18/11132 S. 27). Eine Mitteilungspflicht besteht hiernach auch dann, wenn der inländische Steuerpflichtige

  • eine von der mitteilungspflichtigen Stelle hergestellte oder vermittelte Beziehung zu einer Drittstaat-Gesellschaft erwirbt und

  • dadurch eine unmittelbare Beteiligung von insgesamt mindestens 30 Prozent am Kapital oder am Vermögen der Drittstaat-Gesellschaft erreicht.

Bei Ermittlung dieser Beteiligungsquote sind anderweitige (frühere oder gleichzeitige - lt. Gesetzesbegründung, vgl. BT-Drucksache, a. a. O.) Erwerbe des inländischen Steuerpflichtigen miteinzubeziehen, soweit sie der mitteilungspflichtigen Stelle bekannt sind oder bekannt sein mussten.

Weitere Angaben zur Frage, wann die mitteilungspflichtige Stelle Kenntnis über bereits frühere oder gleichzeitige Beteiligungserwerbe haben musste, sind weder dem Gesetzeswortlaut noch der Gesetzesbegründung zu entnehmen. Es muss sich nach hiesigem Verständnis um Kenntnisse handeln, die die mitteilungspflichtige Stelle in der Vergangenheit z. B. im Rahmen der Herstellung oder Vermittlung eines Erwerbs durch den inländischen Steuerpflichtigen, oder im Zusammenhang mit dem aktuellen Erwerb erlangt hat. Die mitteilungspflichtige Stelle muss deshalb Vorsorge dafür treffen, dass derartige Kenntnisse jederzeit verfügbar sind. Eine Verletzung der Mitteilungspflicht nach Nummer 2 liegt demzufolge vor, wenn die mitteilungspflichtige Stelle trotz bestehender Kenntnis oder trotz Kennen-Müssen aller relevanten Umstände keine Mitteilung erstattet.

Das Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit setzt zusätzlich voraus, dass die Mitteilungspflicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt wurde (§ 379 Absatz 2 Nummer 1d AO). Leichte Fahrlässigkeit genügt nicht, um ein Bußgeld festsetzen zu können.

17. Mitteilungspflichtige Stelle im Sinne der Rz. 2.1 des

Nach dem Gesetzeswortlaut sind ausländische Zweigniederlassungen deutscher Kreditinstitute von der Mitteilungsverpflichtung nach § 138b AO nicht erfasst. Es wird geprüft, ob es insoweit einer gesetzgeberischen Regelung bzw. eines entsprechenden Hinweises im BMFSchreiben bedarf.

18. Ersatzmerkmal nach Rz. 2.2 des

Das Ersatzmerkmal ist nur für natürliche Personen zu bilden; die Regelungen hierzu orientieren sich an dem lohnsteuerlichen Ordnungsmerkmal eTIN für die Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigungen. Im Lohnsteuerbereich existieren entsprechende Programme, die aus hiesiger Sicht auch für Mitteilungen nach § 138b AO verwendet werden können.

19. Formular zur Mitteilung nach § 138b AO

Nach § 138b AO sind die Mitteilungen dem Finanzamt nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu erstatten. Der amtlich vorgeschriebene Vordruck ist mit BStBl I S. 289, veröffentlicht worden und in dieser Fassung zu verwenden. Ihre Anmerkungen werden im Rahmen der Überarbeitung des BMF-Schreibens geprüft.

Auf Ihre Ausführungen zur Abfrage im Vordruck BZSt 2 „Kein ausländischer Betrieb/keine ausländische Betriebsstätte/keine ausländischen Beteiligungen“ komme ich so bald wie möglich mit gesondertem Schreiben zurück.

Mit freundlichen Grüßen

...

BMF v. - IV B 5 - S 0301/19/10009 :001

Fundstelle(n):
IStR 2020 S. 598 Nr. 15
QAAAH-51106