Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - keine ausreichende Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage - Grundsicherung für Arbeitsuchende - Bedarfsgemeinschaft von getrennt lebenden Ehegatten - Regelbedarfsstufe 2
Gesetze: § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB 2, § 20 Abs 2 S 1 SGB 2, § 20 Abs 4 SGB 2
Instanzenzug: Az: S 6 AS 4724/14 Gerichtsbescheidvorgehend Sächsisches Landessozialgericht Az: L 3 AS 1090/15 Urteil
Gründe
1Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht in der erforderlichen Weise dargelegt worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG, § 169 SGG).
2Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr; vgl etwa - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
3Die Klägerin hat die Frage formuliert, "ob Ehegatten, die weder gemeinsam leben noch über einen gemeinsamen Hausstand verfügen noch zusammen wirtschaften über einen Regelleistungssatz im Umfange von 100 % oder nur über einen Regelleistungssatz im Umfange von 90 % verfügen". Sinngemäß ist damit die Frage aufgeworfen, ob auch in verschiedenen Wohnungen lebende Ehegatten eine Bedarfsgemeinschaft bilden und bei ihnen jeweils nur ein Regelbedarf gemäß § 20 Abs 4 SGB II in Verbindung mit der Fortschreibung der Regelbedarfe (hierzu Behrend in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 20 RdNr 98, 100) in gegenüber dem Regelbedarf für alleinstehende Leistungsberechtigte reduzierter Höhe zu berücksichtigen ist.
4Die Beschwerdebegründung legt indes bereits die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage nicht dar. Hierzu hätte die Klägerin unter anderem vortragen müssen, dass und weshalb sich die Frage nicht bereits aus dem Gesetz oder aufgrund der Rechtsprechung des BSG beantworten lässt (vgl Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 160a RdNr 50 mwN). Denn eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort nahezu außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist ( - juris RdNr 6; - juris RdNr 7). Zu entsprechenden Darlegungen hätte vorliegend besonderer Anlass bestanden, weil § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB II für die nichteheliche Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft unter anderem auf das Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt abstellt, während § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II für Ehegatten dieses Tatbestandsmerkmal gerade nicht aufführt, sondern es ausreichen lässt, dass die Ehegatten nicht dauernd getrennt leben, und weil das BSG die Anforderungen an die Annahme des Tatbestandsmerkmals "nicht dauernd getrennt leben" bereits dargelegt ( - BSGE 105, 291 = SozR 4-4200 § 7 Nr 16, RdNr 13 ff; - SozR 4-4200 § 9 Nr 12 RdNr 17 f) und auch entschieden hat, wann von der grundsätzlich gebotenen Anwendung des § 20 Abs 4 SGB II auch bei nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten eine Ausnahme zu machen ist ( - SozR 4-4200 § 9 Nr 12 RdNr 22; - BSGE 118, 82 = SozR 4-4200 § 21 Nr 21, RdNr 16).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2020:060220BB4AS2920B0
Fundstelle(n):
EAAAH-48775