Umsatzsteuer | Änderung der Bemessungsgrundlage bei Rabatten im Punktsystem (BFH)
Beteiligt sich ein Unternehmer an
einem von einem Dritten betriebenen Rabattsystem, das an Kunden des
Unternehmers umsatzabhängige Punkte ausgibt, so mindert sich die
Bemessungsgrundlage des Unternehmers erst, wenn der Kunde die Punkte
tatsächlich einlöst (; veröffentlicht am
).
Sachverhalt: Die Klägerin ist eine GmbH, die u.a. auch im Einzelhandel tätig ist und dabei Umsätze zum ermäßigten Steuersatz und zum Regelsteuersatz ausführt. Die A Card ist ein seit März 2008 bestehendes Bonus- und Rabattsystem der Firma A Card GmbH. Dieses Unternehmen betreut und organisiert die A Card als Herausgeberin und Vertragspartner der Kunden sowie als Dienstleisterin der sogenannten Partnerunternehmen.
Die Klägerin ist Vertragspartner der A Card GmbH. Kunden, die Inhaber einer A Card sind, können bei den teilnehmenden Organgesellschaften der Klägerin umsatzabhängige Punkte bei ihren Einkäufen sammeln. Zum Zeitpunkt des ersten Einkaufs kann der Kunde noch nicht über die dadurch erworbenen Punkte verfügen; sie sind frühestens am Folgetag für den Kunden verfügbar. Der Kunde hatte im Streitjahr (2008) u.a. die Möglichkeiten seine erworbenen A Card-Punkte bei einem weiteren Einkauf in einem Markt an Zahlung statt einlösen (sog. "instore redemption").
Die Abrechnung der gesammelten und eingelösten Punkte der Kunden zwischen der Klägerin und der A Card GmbH erfolgte durch die A Card GmbH als Systemanbieter in einem monatlichen "Punkteclearing" gegenüber der Klägerin.
Die Klägerin erklärte die für ihre Kunden bei deren Einkäufen ausgegebenen A Card-Punkte und den entsprechenden der A Card GmbH für einen Abrechnungszeitraum hierfür geschuldeten Betrag umsatzsteuerlich als Entgeltminderung. Eine Unterscheidung, ob diese Punkte später von den Kunden durch die "instore redemption" oder anderweitig eingelöst wurden, erfolgte nicht.
Das FA erkannte die Entgeltminderungen nicht an und behandelte diese als umsatzsteuerrechtlich unbeachtlichen Werbeaufwand. Der dagegen gerichteten Sprungklage gab das FG statt (). Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision.
Der BFH hat das Urteil des FG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen:
Vorliegend hat sich die Bemessungsgrundlage geändert. Allerdings ist die Änderung weder mit der Verfügbarkeit des Rabattes am Folgetag des "ersten Umsatzes" noch mit dem "Punkteclearing" eingetreten. Die Bemessungsgrundlage hat sich erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Inanspruchnahme des Rückgewähranspruchs durch den Kunden beim "zweiten Umsatz" geändert.
Bemessungsgrundlage (§ 10 Abs. 1 UStG) war das vollständige von den Kunden entrichtete Entgelt, weil die Klägerin das ungeschmälerte Entgelt vereinnahmt hat. Die Ausgabe der A Card-Punkte im Zeitpunkt dieses Umsatzes hatte schon deshalb noch keinen Einfluss auf die Bemessungsgrundlage, weil die Kunden über den Gegenwert der erworbenen Punkte erst frühestens am Folgetag verfügen konnten.
Zu einer Änderung (Minderung) der Bemessungsgrundlage ist es in den Fällen, in denen die Kunden durch einen "zweiten Umsatz" von ihrem Rabattanspruch Gebrauch gemacht haben ("instore redemption"), gekommen. Denn nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist zur Gewährleistung der steuerlichen Neutralität als endgültige Besteuerungsgrundlage bei Lieferung eines Gegenstands nur die tatsächlich dafür erhaltene Gegenleistung anzusehen.
Entscheidend für die Bestimmung der Bemessungsgrundlage und damit auch für deren Änderung ist, dass die Leistung des Unternehmers "letztendlich" nur mit der Bemessungsgrundlage besteuert wird, die sich aufgrund der von ihm wirklich vereinnahmten Gegenleistung ergibt. Deshalb ist die Steuerbemessungsgrundlage immer dann zu vermindern, wenn der Steuerpflichtige nach der Bewirkung des Umsatzes die Gegenleistung oder einen Teil davon nicht erhält. So ist es in den Fällen der "instore redemption", denn der Klägerin verbleibt dabei im Ergebnis nur das um 0,5 % reduzierte Entgelt (§ 17 Abs. 1 UStG).
Die Minderung der Bemessungsgrundlage ist noch nicht mit dem Erwerb des Rückgewähranspruchs durch den Kunden am Folgetag des "ersten Umsatzes" eingetreten. Es handelt sich bei der Buchung des Rückzahlungsanspruchs auf der A Card nicht um die (teilweise) Rückzahlung des Kaufpreises, sondern erst um die Dokumentierung des Rückzahlungsanspruchs, der auch nur gegenüber einer zwar umfangreichen, aber doch begrenzten Zahl an Vertragspartnern geltend gemacht werden kann. Eine Erfüllung des Rückzahlungsanspruchs liegt deshalb zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor. Das wird im Übrigen auch dadurch deutlich, dass die Klägerin am Folgetag des "ersten Umsatzes" noch gar nicht belastet ist.
Die Minderung der Bemessungsgrundlage ist auch nicht bereits mit dem "Punkteclearing", sondern erst mit der tatsächlichen Inanspruchnahme des Rabattes durch den Kunden beim "zweiten Umsatz" eingetreten. Denn nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH kommt es bei der Gewährung von Rabatten erst dann zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage, wenn der Kunde tatsächlich über die Gutschrift durch Auszahlung oder anderweitig verfügt hat, d.h. wenn das gezahlte Entgelt tatsächlich (teilweise) an den Kunden zurückgewährt wird.
Diese zu Rabattierungen im Zweierverhältnis zwischen leistendem Unternehmer und Kunde entwickelten Grundsätze gelten auch in der vorliegenden Fallgestaltung unter Einbeziehung eines Dritten, hier der A Card GmbH.
Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat keine Feststellungen dazu getroffen, in welchem Umfang Kunden der Klägerin im Streitjahr die ihnen gewährten Rabatte bei dem Bezug eines "zweiten Umsatzes" tatsächlich in Anspruch genommen haben, mit der Folge, dass sich die Bemessungsgrundlage für die Umsätze der Klägerin insoweit vermindert hat.
Anmerkung von Dr. Hans-Hermann Heidner, Richter im V. Senat des BFH:
Der Änderung der Bemessungsgrundlage stand nicht entgegen, dass mit dem A-Card System auch Kundenbindungs- und Werbegesichtspunkte verbunden waren, weil das jedem Rabattsystem zu eigen ist. Zudem wäre die Ablehnung einer Änderung der Bemessungsgrundlage unter diesem Aspekt nicht mit der Rechtsprechung des EuGH, wonach die Leistung des Unternehmers "letztendlich" nur mit der Bemessungsgrundlage besteuert wird, die sich aufgrund der von ihm wirklich vereinnahmten Gegenleistung ergibt, zu vereinbaren gewesen. Auch die vom FA aufgeworfene Frage, ob der Kunde nicht im Grunde seine Daten an die A-Card GmbH und/oder deren Partnerunternehmen verkauft, hat der V. Senat zu Recht verneint. Dieser Gesichtspunkt ist zwar nicht von der Hand zu weisen, hatte aber in den tatsächlichen Vertragsgestaltungen keinen Niederschlag gefunden.
Kernpunkt des Falles ist die Frage, ob das EuGH-Urteil Freeman () und die ihm folgende Rechtsprechung des BFH, wonach es bei der Gewährung von Rabatten erst dann zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage kommt, wenn das gezahlte Entgelt tatsächlich teilweise an den Kunden zurückgewährt wird, nicht nur im Zweierverhältnis zwischen Unternehmer und Kunde, sondern auch bei Einbeziehung eines Dritten Anwendung findet. Im Zweierverhältnis ist dieses Ergebnis unmittelbar einleuchtend, denn solange der Kunde noch nicht von seinem Rabattanspruch Gebrauch gemacht hat, verfügt der leistende Unternehmer noch über das volle ungeminderte Entgelt. In der vorliegenden Fallgestaltung aber war der Rückvergütungsanspruch des Kunden bei der Klägerin im bereits im Zeitpunkt des "Punkteclearings" abgeflossen und stand ihr als Entgelt( bestandteil) für mindestens drei Jahre nicht mehr zur Verfügung; in ca. 90 % der Fälle war der Abfluss sogar endgültig. Damit fallen der Wertabfluss bei der Klägerin und der Wertzufluss beim Kunden zeitlich auseinander, was die streitentscheidende Frage aufwirft, auf welchen dieser Gesichtspunkte es im Endergebnis ankommt. Der BFH hat sich für die Beantwortung dieser Frage auf den Gesetzeswortlaut in § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG in der bis geltenden Fassung zurückgezogen, wonach Entgelt alles ist, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten. Die Bemessungsgrundlage ändert sich deshalb erst in dem Zeitpunkt, in dem sich der Aufwand des Leistungsempfängers (Kunden) ändert. Das aber ist nicht der Zeitpunkt des Punkteclearings, sondern der Moment, in dem der Kunde die 0,5 % Rabatt aus dem "ersten Umsatz" auf das Entgelt des "zweiten Umsatzes" tatsächlich erhält.
Quelle: ; NWB Datenbank (ImA)
Fundstelle(n):
HAAAH-45352