Online-Nachricht - Donnerstag, 13.02.2020

Einkommensteuer | Behandlung von Aufwendungen zur Sanierung eines Entwässerungskanals (BFH)

Aufwendungen für die (Erst- oder Zweit-)Herstellung von Zuleitungsanlagen eines Gebäudes zum öffentlichen Kanal gehören zu den Herstellungskosten des Gebäudes, soweit die Kosten für Anlagen auf privatem Grund und nicht für Anlagen der Gemeinde außerhalb des Grundstücks entstanden sind. Aufwendungen für die Ersetzung, Modernisierung oder (ggf. teilweise) Instandsetzung einer vorhandenen und funktionsfähigen Kanalisation sind demgegenüber - als Werbungskosten oder Betriebsausgaben - sofort abziehbar, da sie weder zu den Anschaffungs- noch zu den Herstellungskosten zählen, sondern lediglich der Erhaltung des Grundstücks dienen (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Im Juli 2010 wurde zugunsten des Klägers ein Erbbaurecht an einem zu diesem Zeitpunkt mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstück bestellt. Nach Abriss des alten Gebäudes ließ der Kläger auf dem Grundstück ein Zweifamilienhaus errichten. Das Gebäude wurde im Jahr 2016 fertiggestellt und vermietet.

Neben den Aufwendungen für den Anschluss des Hauses an das Strom-, (Trink-)Wasser- und Gasnetz trug der Kläger im Streitjahr (2014) Aufwendungen in Höhe von 10.070 € für die Beseitigung eines Schadens in dem - bereits vorhandenen - Abwasserkanal auf öffentlichem Grund, die Erneuerung und den Anschluss des Kontrollschachts auf seinem Grundstück sowie die Hauseinführung des Abwasserrohrs. Den durch Wurzeleinwuchs entstandenen Schaden im Anschlusskanal - dem Kanal vom öffentlichen Straßenkanal bis einschließlich der ersten Reinigungs- bzw. Prüföffnung auf dem Grundstück - hatte die Stadt im Zusammenhang mit einem Antrag des Klägers auf Einleitung von Abwasser in die öffentliche Abwasseranlage festgestellt und den Kläger unter dem zur Sanierung des Anschlusskanals durch Setzen eines "Schlauchliners" auf eigene Kosten aufgefordert.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger u.a. die Kosten für die Beseitigung des Kanalschadens in Höhe von 10.070 € als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das FA erkannte die Aufwendungen nicht an. Der Einspruch des Klägers hatte keinen Erfolg und auch das FG wies die Klage als unbegründet ab ().

Der BFH hat das Urteil des FG aufgehoben:

  • Für die steuerliche Zuordnung von Erschließungsaufwand zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. zu den Werbungskosten hat die höchstrichterliche Rechtsprechung folgende Grundsätze entwickelt:

    • Aufwendungen für eine erstmalige Erschließungsmaßnahme stellen regelmäßig Anschaffungskosten des Grund und Bodens dar. Voraussetzung ist, dass die Erschließungsmaßnahme das Grundstück auch tatsächlich "erschließt" und damit seinen Zustand verändert.

    • Aufwendungen für eine - nachträgliche - Erschließungsmaßnahme und Aufwendungen für eine Zweiterschließung können im Einzelfall auch sofort als Werbungskosten (bzw. Betriebsausgaben) abziehbar sein, wenn der Zustand des Grundstücks dadurch nicht verändert wird. Führt die Maßnahme zu einer Werterhöhung des Grundstücks, steht dies einem Sofortabzug des Aufwands nicht entgegen.

    • Hausanschlusskosten einschließlich der sog. Kanalanstichgebühr gehören zu den Herstellungskosten des Gebäudes, soweit die Kosten für Anlagen auf privatem Grund und nicht für Anlagen der Gemeinde außerhalb des Grundstücks entstanden sind.

    • Aufwendungen für die Ersetzung, Modernisierung oder Instandsetzung einer vorhandenen Kanalisation sind - als Werbungskosten oder Betriebsausgaben - sofort abziehbar, da sie lediglich der Erhaltung des Grundstücks dienen.

  • Für den Streitfall ergibt sich daraus Folgendes:

    • Die Aufwendungen für die Instandsetzung und teilweise Erneuerung des vorhandenen und funktionsfähigen Abwasserrohrsystems sind als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung sofort abziehbar, da sie lediglich der Erhaltung des Grundstücks dienen.

    • Sie sind nicht als Herstellungskosten zu qualifizieren, da sie weder der Herstellung eines neuen, bisher nicht vorhandenen Abwasserrohrsystems noch der Wiedererstellung eines zerstörten oder unbrauchbar gewordenen Rohrsystems dienten und auch nicht das Grundstück in seiner Funktion bzw. seinem Wesen verändert haben.

    • Lediglich die Aufwendungen des Klägers für die Verbindung des - sanierten - Abwasserkanals mit dem neuen Gebäude i.H.v. 535,50 € (brutto) dienten insoweit der Herstellung des auf dem Erbbaugrundstück errichteten Zweifamilienhauses. Sie sind als Herstellungskosten im Rahmen der AfA zu berücksichtigen und mithin nicht sofort abziehbar.

Anmerkung von Dr. Nils Trossen, Richter im IX. Senat des BFH:

Die Entscheidung betrifft die häufig umstrittene Konstellation, ob Aufwendungen für den Kanalanschluss (diese zählen zu den Hausanschlusskosten) zu den Herstellungskosten des Gebäudes, den (nachträglichen) Anschaffungskosten des Grund und Bodens oder den abzugsfähigen Werbungskosten des vermieteten Gebäudes gehören. Kanalanschlusskosten zählen weder zu den Erschließungsbeiträgen i.S. des gesetzlichen Erschließungsbeitragsrechts noch zu den sonstigen Anliegerbeiträgen aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften.

Kanalanschlusskosten sind vielmehr wie folgt aufzuteilen:

  • Aufwendungen für die erstmalige Herstellung eines Kanals gehören zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes, soweit sie auf das eigene Grundstück entfallen. Sie dienen der Herstellung eines funktionstüchtigen, nutzbaren und bewohnbaren Gebäudes.

  • Anschlusskosten für die Neuerrichtung eines Kanals außerhalb des eigenen Grundstücks (d.h. auf öffentlichem Grund) gehören zu den Anschaffungskosten des Grund und Bodens.

  • Aufwendungen zur Instandsetzung, Ersetzung oder Modernisierung eines bereits vorhandenen Kanals sind abzugsfähige Werbungskosten/Betriebsausgaben. Denn weder der Zustand des Grundstücks noch des Gebäudes wird dadurch verändert, solange er sich nicht von der bisherigen Erschließung unterscheidet. Dies gilt unabhängig davon, ob die Kosten auf öffentlichem oder privatem Grund entstanden sind.

Die Kosten für die Verbindung des Kanalanschlusses (Hauseinführung) mit dem Gebäude (Kernbohrung, Wandeindichtung) zählen zu den Herstellungskosten des Gebäudes. Beachten Sie, dass nach dem Aufwendungen für einen Hausanschluss, soweit sie nicht als Werbungskosten/Betriebsausgaben abzugsfähig sind, in Höhe des Arbeitslohns als steuerbegünstigte Handwerkerleistung nach § 35a Abs. 3 EStG berücksichtigt werden können. Dies betrifft vor allem die Aufwendungen, soweit sie auf den öffentlichen Grund entfallen.

Hinweis:

Für die NWB erscheint in Kürze ein .

Quelle: ; NWB Datenbank (ImA)

Fundstelle(n):
NWB OAAAH-42172