Berechnungsgrundlagen für das Vorliegen einer verfassungswidrigen Doppelbesteuerung einer Rente der Deutschen Rentenversicherung
durch Anwendung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG in der Fassung des Alterseinkünftegesetzes (Nachfolgeentscheidung
im 2. Rechtsgang zum , BFHE 254 S. 545)
Leitsatz
1. Auch wenn die mit dem AltEinkG geschaffene Übergangsregelung für die Besteuerung von Leibrenten aus der Basisversorgung
(§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG) grundsätzlich verfassungsgemäß ist, darf es in keinem Fall zu einer verfassungswidrigen
doppelten Besteuerung der Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezüge kommen. Eine solche doppelte Besteuerung liegt vor,
wenn die dem Steuerpflichtigen voraussichtlich steuerunbelastet zufließenden Rententeilbeträge geringer sind als die von ihm
aus versteuertem Einkommen bezahlten Altersvorsorgeaufwendungen. Die erforderliche Berechnung ist auf der Grundlage des Nominalwertprinzips
vorzunehmen (Anschluss an , BFHE 254 S. 545).
2. Der dem Steuerpflichtigen künftig voraussichtlich steuerunbelastet zufließende Rententeilbetrag ermittelt sich aus dem
steuerfreien Jahresbetrag der Rente (vgl. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 4 EStG), der ausschließlich mit
der im Zeitpunkt des Renteneintritts gegebenen durchschnittlichen weiteren statistischen Lebenserwartung des Steuerpflichtigen
selbst zu multiplizieren ist. Die Lebenserwartung der Ehefrau und eine ihr möglicherweise zukünftig zukommende Hinterbliebenenrente
sind in die Berechnung nicht einzubeziehen. Über die Steuerfreistellung in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz
4 EStG hinausgehende steuerliche Abzugsbeträge wie der Werbungskostenpauschbetrag, der auf die Renteneinkünfte entfallende
Grundfreibetrag, der Sonderausgabenpauschbetrag, der Sonderausgabenabzug für Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge aus
der Rente sind ebenso wie ein steuerfreier Zuschuss des Rentenversicherungsträgers zur Krankenversicherung bei der Ermittlung
des voraussichtlich steuerunbelastet zufließenden Rentenbetrags nicht als Steuerfreistellungen zu berücksichtigen.
3. Maßgebend für die Ermittlung der im Zeitpunkt des Renteneintritts gegebenen durchschnittlichen weiteren statistischen Lebenserwartung
ist die im Zeitpunkt des Renteneintritts letztverfügbare Sterbetafel.
4. Der aus versteuertem Einkommen geleistete Teilbetrag der Altersvorsorgeaufwendungen ist für die Veranlagungszeiträume bis
2004 in der Weise zu ermitteln, dass die Beiträge zu den verschiedenen Sparten der Sozialversicherung gleichrangig am beschränkten
Sonderausgabenabzug teilnehmen. Dasselbe gilt auch für Beiträge zu privaten Kranken- und Pflegeversicherungen, soweit sie
der Erlangung eines mit dem Niveau der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungen vergleichbaren Schutzes dienen. Soweit
die Beiträge einem weitergehenden Schutz dienen, nehmen sie nur nachrangig am Sonderausgabenabzug teil. Beiträge zu kapitalbildenden
Lebensversicherungen sind im Hinblick auf den beschränkten Sonderausgabenabzug nur nachrangig zu berücksichtigen, ebenso Beiträge
zu Haftpflicht- und Unfallversicherungen.
5. Eine Kürzung der Rentenversicherungsbeiträge um kalkulatorisch nicht auf den Erwerb von Rentenbezügen entfallende Beitragsteile
hat nicht zu erfolgen. Beträgt die festgesetzte Einkommensteuer eines Beitragsjahres 0 EUR, sind die Altersvorsorgeaufwendungen
gleichwohl nur dann aus nicht versteuertem Einkommen erbracht worden, wenn sie bereits aufgrund des Sonderausgabenabzugs von
der Einkommensbesteuerung ausgenommen sind. Bei zusammenveranlagten Ehegatten ist der gewährte Sonderausgabenabzug – anders
als bei der Einkünfteermittlung – einheitlich zu betrachten und im Verhältnis der ggf. vorrangig zu berücksichtigenden Versicherungsbeiträge
beider Ehegatten aufzuteilen und der entsprechende Anteil am Sonderausgabenabzug den Rentenversicherungsbeiträgen des Klägers
zuzuordnen.
6. In den Veranlagungszeiträumen ab 2005 ist der aus versteuertem Einkommen geleistete Teilbetrag der Altersvorsorgeaufwendungen
in der Weise zu ermitteln, dass der prozentuale Anteil der vom Steuerpflichtigen geleisteten Rentenversicherungsbeiträge an
der Summe der von beiden Ehegatten geleisteten Rentenversicherungsbeiträge, ohne die steuerfreien Arbeitgeberanteile an den
Rentenversicherungsbeiträgen, ermittelt wird. Dieser prozentuale Anteil am Sonderausgabenabzug entfällt auf die Rentenversicherungsbeiträge
des Steuerpflichtigen. Die nicht durch diesen anteiligen Sonderausgabenabzug berücksichtigten Rentenversicherungsbeiträge
des Steuerpflichtigen sind die von ihm aus versteuertem Einkommen geleisteten Teilbeträge seiner Altersvorsorgeaufwendungen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer: ECLI:DE:FGBW:2019:1001.8K3195.16.00
Fundstelle(n): DB 2019 S. 14 Nr. 49 EFG 2020 S. 116 Nr. 2 EStB 2020 S. 187 Nr. 5 ErbStB 2020 S. 45 Nr. 2 GStB 2020 S. 210 Nr. 6 NWB-Eilnachricht Nr. 51/2019 S. 3744 AAAAH-36774
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FG Baden-Württemberg, Urteil v. 01.10.2019 - 8 K 3195/16
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