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FG Berlin-Brandenburg Urteil v. - 7 K 7161/15 EFG 2019 S. 1851 Nr. 22

Gesetze: UStG § 3 Abs. 1, UStG § 3 Abs. 6 S. 5, UStG § 3 Abs. 7 S. 1, UStG § 3 Abs. 7 S. 2 Nr. 1, UStG § 4 Nr. 1 Buchst. a, UStG § 6, MwStSystRL Art. 14, MwStSystRL Art. 32 Abs. 1, MwStSystRL Art. 36, EWGRL 388/77 Art. 8 Abs. 1 Buchst. a) S. 1, EWGRL 388/77 Art. 8 Abs. 1 Buchst. a) S. 2, UStAE Abschn. 3.12 Abs. 4

Umsatzsteuerlicher Leistungsort einer Lieferkette, bei der der erste Lieferer eine „einfache” Lieferung und der erste Abnehmer eine Montagelieferung im Sinne des Art. 8 Abs. 1 Buchst. a) Satz 2 Richtlinie 77/388/EWG und Art. 36 MwStSystRL erbringt: Anwendbarkeit der Grundsätze zum Reihengeschäft, Voraussetzungen des § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG

Leitsatz

1. Liefert ein inländisches Unternehmen im Rahmen eines Reihenschäfts Maschinen, für die es bereits einen Probelauf durchgeführt hat, an zum selben Konzern gehörende ausländische Vertriebsgesellschaften, die den Endkunden unter anderem die Montage (Installation) und einen erfolgreichen Probelauf als Beginn für die Gewährleistung schulden und werden die Maschinen durch von den Endkunden beauftragte Spediteure bei dem inländischen Unternehmen abgeholt, so stellen die Lieferungen der Maschinen und die Installationen jeweils einheitliche Leistungen der Vertriebsgesellschaften in Form von Lieferungen an die Endkunden dar.

2. Können die Endkunden entscheiden, wer, wann mit welchem Ziel die Waren bei dem inländischen Unternehmen abholt (Transportverantwortung), erlangen sie im Zeitpunkt der Abholung die Verfügungsmacht, wenn sie danach nicht gehindert sind, die Ware – ggf. nach einem Weiterverkauf – z.B. zu einem anderen Ziel umzuleiten oder zu vernichten. Aus Sicht des inländischen Unternehmens liegen dann unbewegte Lieferungen in einem Reihengeschäft vor, welche den bewegten Lieferungen der Vertriebsgesellschaften vorausgehen, nach § 3 Abs. 6 Satz 5, Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG im Inland steuerbar und nicht nach § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG und § 6 UStG steuerfrei sind. Insoweit ist unerheblich, wenn das inländische Unternehmen zollrechtlich als Ausführer auftritt.

3. Die Anwendung des § 3 Abs. 6 UStG setzt voraus, dass der Lieferung eine Warenbewegung zugrunde liegt, d. h. mit dem Wechsel der Verfügungsmacht muss eine Beförderung oder Versendung des Liefergegenstandes einhergehen. Ferner setzt die Anwendung des § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG voraus, dass die Beförderung durch einen Dritten vom Lieferer oder Abnehmer beauftragt wurde. Eine dahin gehende ausdrückliche Regelung enthalten Art. 8 Abs. 1 Buchst. a) Satz 1 Richtlinie 77/388/EWG und Art. 32 Abs. 1 MwStSystRL nicht.Jedoch setzen Art. 28c Teil A. Buchst. a Unterabschn. 1, Art. 15 Nr. 1 und Art. 2 Richtlinie 77/388/EWG und Art. 138 Abs. 1, Art.146 Abs. 1 Buchst. a, b MwStSystRL voraus, dass die Steuerbefreiungen für innergemeinschaftliche Lieferungen bzw. Ausfuhrlieferungen nur gewährt werden, wenn der Liefergegenstand vom Lieferer, vom Abnehmer oder von einem Dritten auf ihre Rechnung befördert wird. Dies belegt, dass der deutsche Gesetzgeber zu Recht die gleiche Voraussetzung auch im Rahmen der Umsetzung der Art. 8 Abs. 1 Buchst. a) Satz 1 Richtinie 77/388/EWG und Art. 32 Abs. 1 MwStSystRL aufgestellt hat.

4. Die Vorschrift des § 3 Abs. 6 UStG greift nicht ein, wenn sich der Liefergegenstand als bestimmungsgemäßes Objekt des Leistungsaustausches der Beteiligten von dem Gut, das befördert oder versendet wurde, unterscheidet.

5. Für andere Fälle als den in § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG geregelten, also insbesondere den Fall, dass der Zweiterwerber/Endkunde den Gegenstand abholt oder in seinem Auftrag abholen lässt, gilt § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG nicht.

6. Eine ausdrückliche unionsrechtliche Regelung für Reihengeschäfte existiert nicht.

7. Die Grundsätze über Reihengeschäfte sind auch dann anwendbar, wenn in einer Kette von zwei Lieferungen die erste (hier: von dem inländischen Unternehmen an die Vertriebsgesellschaft) nicht mit Montageleistungen verbunden ist, während dies bei der zweiten (hier: von der jeweiligen Vertriebsgesellschaft an die Endkunden) der Fall ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn die produzierten Maschinen bereits vor dem Transport dem Grunde nach funktionsfähig und vertragsgemäß sind und die transportbedingten Herrichtungsarbeiten und das Anpassen in die Umgebung beim Kunden kein solches Gewicht haben, dass dies die Kontinuität der Lieferbewegung unterbrechen würde. Auf das von der Finanzverwaltung (Abschn. 3.12 Abs. 4 UStAE) und Teilen der Literatur erörterte Kriterium der Änderung der Marktgängigkeit kommt es dabei nicht an.

Fundstelle(n):
EFG 2019 S. 1851 Nr. 22
GAAAH-32955

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FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 14.08.2019 - 7 K 7161/15

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