BewR Gr 16.

16. Bewertung der bebauten Grundstücke (§ 76 BewG)

(1) 1§ 76 BewG sieht für die Wertermittlung bei den bebauten Grundstücken zwei Verfahren vor, deren Anwendung sich hauptsächlich nach der Art des in Betracht kommenden Grundstücks richtet. 2Wegen des Ertragswertverfahrens vgl. die Abschnitte 18 bis 33, wegen des Sachwertverfahrens vgl. die Abschnitte 34 bis 46.

(2) 1Einfamilienhäuser und Zweifamilienhäuser werden nach § 76 Abs. 1 BewG grundsätzlich im Ertragswertverfahren bewertet. 2Eine Ausnahme bilden solche Grundstücke, die besonders gestaltet oder ausgestattet sind. 3Diese werden nach § 76 Abs. 3 Nr. 1 BewG im Sachwertverfahren bewertet.

(3) Eine besondere Gestaltung liegt vor allem dann vor, wenn das Gebäude wegen der Größe der Wohnfläche, der Form oder der Anordnung der Wohnräume oder in anderer Weise so stark von der üblichen Gestaltung abweicht, daß im Falle der Vermietung eine dem Wert des Grundstücks angemessene Miete nicht erzielt werden könnte.

(4) 1Ob eine besondere Ausstattung vorliegt, ist nach dem Gesamtcharakter des Grundstücks zu entscheiden. 2Die folgenden Merkmale können für diese Entscheidung als Anhaltspunkte herangezogen werden. 3Ein einzelnes Merkmal genügt jedoch nicht, vielmehr müssen mehrere solcher Merkmale bei im übrigen guter Ausstattung gleichzeitig vorliegen.

Merkmale:

  1. Dach mit Kupfer oder Blei gedeckt.

  2. Fassade aus Naturstein oder anderen wertvollen Baustoffen.

  3. Treppen aus besonders wertvollem Material, z. B. Marmor oder Naturstein; Geländer kunstgeschmiedet, geschnitzt oder aus wertvollem Metall.

  4. Türen aus Eiche (massiv) oder Edelholz (massiv oder furniert).

  5. Verglasung aus Spiegelglas, Isolier- oder Bleiverglasung.

  6. Räume mit wertvoller Vertäfelung der Wände oder Decken, eingebauten Wandschränken mit Türen aus Edelholz oder massiver Eiche, sonstige kostbare Wand- und Deckenbehandlung, wie z. B. kostbare Stoff- oder Lederbespannung, wertvolle Wand- und Deckenmalereien.

  7. Wertvoller Fußbodenbelag, z. B. Parkett aus verschiedenen Holzarten oder aus Edelholz, Marmorböden, Solnhofer Platten, Veloursböden.

  8. Klimaanlage.

  9. Je Wohnung mehr als 2 Bäder oder zusätzlich zu einem Bad mehrere Duschen.

  10. Offener Kamin aus wertvollem Baustoff.

  11. Schwimmbecken.

  12. Aufwendige Nebengebäude oder Außenanlagen, z. B. Reithalle, Tennisplatz, Wasserspiele.

(5) 1Mietwohngrundstücke, gemischtgenutzte Grundstücke und Geschäftsgrundstücke werden ebenfalls grundsätzlich im Ertragswertverfahren bewertet. 2Jedoch sind bei den Geschäftsgrundstücken bestimmte Gruppen (Absätze 6 und 7) und bei allen drei Grundstücksarten bestimmte Einzelfälle (Absatz 8) ausgenommen und ins Sachwertverfahren verwiesen.

(6) 1Nach dem Sachwertverfahren werden solche Gruppen von Geschäftsgrundstücken bewertet, für die weder eine Jahresrohmiete ermittelt noch die übliche Miete nach § 79 Abs. 2 BewG geschätzt werden kann (§ 76 Abs. 3 Nr. 2 BewG). 2Es handelt sich hierbei um meist eigengenutzte Geschäftsgrundstücke mit Gebäuden, die mit Rücksicht auf ihre Verwendung innerhalb bestimmter gewerblicher Betriebe besonders gestaltet und auch bei den gewerblichen Betrieben derselben Art von Fall zu Fall sehr unterschiedlich sind. 3Danach werden insbesondere folgende Gruppen von Geschäftsgrundstücken im Sachwertverfahren bewertet: Fabrikgrundstücke, Theatergrundstücke, Lichtspielhäuser, Sanatorien, Kliniken, Privatschulen, Grundstücke mit größeren Verwaltungsgebäuden, Grundstücke für Bank- und Kreditinstitute, Grundstücke für Versicherungsunternehmen sowie Werkstätten, Bahngrundstücke, Hafengrundstücke, Garagengrundstücke, Tankstellengrundstücke, Molkereigrundstücke, Kühlhäuser, Trockenhäuser, Markthallen, Verkaufsstände, Ausstellungs- und Messehallen, Trinkhallen, Hallenbäder, Badehäuser und Transformatorenhäuser. 4Von den Verwaltungsgebäuden, Versicherungsgebäuden u. ä. sind die nach dem Ertragswertverfahren zu bewertenden Bürohäuser zu unterscheiden. 5Bürohäuser sind nach ihrer baulichen Gestaltung dazu bestimmt oder geeignet, zu Bürozwecken vermietet zu werden.

(7) 1Im Sachwertverfahren werden auch Hotelgrundstücke, Zeltplätze (Campinggrundstücke), Warenhausgrundstücke und Lagerhausgrundstücke bewertet. 2Hotelgrundstücke sind Grundstücke, die der Beherbergung dienen. 3Zu ihnen gehören auch Fremdenheime. 4Das Sachwertverfahren ist dagegen nicht bei Grundstücken anzuwenden, bei denen die Beherbergung nur eine untergeordnete Rolle spielt. 5Zeltplätze sind als Geschäftsgrundstücke im Sachwertverfahren zu bewerten, wenn sie als bebaute Grundstücke anzusehen sind und für gewerbliche Zwecke genutzt werden. 6Die Behandlung der Zeltplätze als bebaute Grundstücke setzt voraus, daß sich auf ihnen Gebäude mit einigem Wert befinden (vgl. Abschnitt 11 Abs. 1), z. B. ein oder mehrere Gebäude mit Gaststätten, Aufenthaltsräumen, Läden, Waschräumen o. ä. 7Als Warenhausgrundstücke werden Geschäftsgrundstücke bewertet, die im ganzen oder weit überwiegend dem Betrieb eines Einzelhandelsunternehmens dienen und die üblichen Ladengrundstücke an Umfang übertreffen. 8Auf die Art des Betriebs kommt es hierbei nicht an. 9Als Warenhäuser sind auch die – hinsichtlich der Art der angebotenen Waren beschränkten – Kaufhäuser und Spezialkaufhäuser größeren Umfangs anzusehen. 10Lagerhausgrundstücke dienen überwiegend dem Handel und dem Speditionsgewerbe. 11Wie Lagerhäuser sind auch Auslieferungslager von Fabrikationsbetrieben sowie Umschlagsschuppen und Lagergebäude zu behandeln, die von Handelsbetrieben (Holzhandel, Schrotthandel, Baustoffhandel u. a.) benutzt werden.

(8) 1Für die Anwendung des Sachwertverfahrens im Einzelfall kommen nach § 76 Abs. 3 Nr. 2 BewG z. B. zusammen mit dem Betriebsinventar vermietete Geschäftsgrundstücke in Betracht, bei denen die einheitlich bemessene Gesamtmiete eine Aufteilung in das auf die Benutzung des Grundstücks entfallende Entgelt und in das auf die Überlassung des Inventars entfallende Entgelt auch im Wege der Schätzung nicht zuläßt (vgl. hierzu RFH-Urteil vom 14.2.1935, RStBl S. 723). 2Das gleiche gilt in den Fällen eigengenutzter Mietwohngrundstücke, Geschäftsgrundstücke und gemischtgenutzter Grundstücke, bei denen für die Schätzung der üblichen Miete Vergleichsgrundstücke nicht zur Verfügung stehen.

(9) 1Grundstücke mit Behelfsbauten, die nach § 76 Abs. 3 Nr. 3 BewG im Sachwertverfahren bewertet werden, sowie Grundstücke, für die das Sachwertverfahren vorgeschrieben ist, weil die Vervielfältigertabellen in den Anlagen 3 bis 8 zum Bewertungsgesetz keinen für diese Fälle im Ertragswertverfahren anzuwendenden Vervielfältiger enthalten, können zu jeder der in § 76 Abs. 1 BewG aufgezählten fünf Grundstücksarten gehören. 2Bei den Behelfsbauten handelt es sich vor allem um solche Gebäude, die nur für einen vorübergehenden Zweck errichtet worden sind oder deren Lebensdauer infolge ihrer Bauart, ihrer Bauausführung oder infolge der Verwendung bestimmter Baustoffe verhältnismäßig gering ist. 3Zu ihnen gehören z. B. Behelfsheime und behelfsmäßige Ladengebäude. 4Zu den Grundstücken, die in Ermangelung eines im Ertragswertverfahren anzuwendenden Vervielfältigers im Sachwertverfahren bewertet werden, gehören u. a. Grundstücke mit Gebäuden in Holzfachwerk, die ohne massive Fundamente errichtet sind, oder Grundstücke mit Gebäuden aus Wellblech, soweit die Gebäude nicht unter den Begriff der Behelfsbauten fallen.

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