Sozialgerichtliches Verfahren - Rechtsweg - Zuständigkeitsbestimmung - Durchbrechung der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses - willkürliche Entscheidung
Gesetze: § 58 Abs 1 Nr 4 SGG, § 98 SGG, § 17a Abs 2 S 3 GVG, Art 19 Abs 4 GG
Instanzenzug: Az: S 8 AS 6133/17
Gründe
1I. Die am bei dem SG Stuttgart eingegangene und gegen eine Versagung von Leistungen nach dem SGB II gerichtete E-Mail des Klägers, in welcher er als seinen Wohnort die Straße angegeben hatte, wurde ausgedruckt und als Klage eingetragen. Am hat eine Meldeauskunft ebenfalls diese Anschrift des Klägers ergeben. Das SG Stuttgart hat sich nach Anhörung der Beteiligten für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das SG Berlin verwiesen (Beschluss vom ).
2Nachdem das SG Berlin den Kläger in dem dort anhängigen Verfahren erfolglos zum Betreiben des Rechtsstreits aufgefordert hatte und Zustellversuche erfolglos verlaufen waren, behandelte das SG das Verfahren nach § 6 Abs 3 der Anordnung über die Erhebung von statistischen Daten in der Sozialgerichtsbarkeit als erledigt.
3Nach Wiederaufnahme des Verfahrens wegen des Eingangs einer E-Mail des Klägers vom und Anhörung der Beteiligten erklärte sich das SG Berlin für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das ). Auch das SG Stuttgart hat sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit dem BSG zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts vorgelegt (Beschluss vom ).
4II. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 58 Abs 1 Nr 4 SGG durch das BSG liegen vor ( - SozR 3-1720 § 17a Nr 11).
5Unbesehen der Frage, ob ein per E-Mail eingegangenes Schreiben das Schriftformerfordernis des § 90 SGG erfüllt (vgl hierzu ; - SozR 4-1500 § 67 Nr 9; ; ; - zu § 23 Abs 1 Satz 1 BVerfGG), ist zuständiges Gericht das SG Berlin. Dies ergibt sich aus der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des .
6Das Gesetz schreibt in § 98 SGG iVm § 17a Abs 2 Satz 3 GVG vor, dass eine Verweisung wegen örtlicher oder sachlicher Unzuständigkeit für das Gericht, an das verwiesen wird, bindend ist. Nur in seltenen Ausnahmefällen kommt eine Durchbrechung der Bindungswirkung in Betracht, wenn die Verweisung auf einer Missachtung elementarer Verfahrensgrundsätze oder auf willkürlichen Erwägungen beruht. Eine fehlerhafte Auslegung des Gesetzes allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Willkür liegt vielmehr erst vor, wenn die Rechtslage in krasser Weise verkannt wird und die vertretene Auffassung jeden sachlichen Grundes entbehrt, sodass sich die Verweisung bei Auslegung und Anwendung der maßgeblichen Normen in einer nicht mehr hinnehmbaren Weise von dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des gesetzlichen Richters entfernt (stRspr; vgl nur - Juris RdNr 9; - RdNr 7). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
7Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2018:230418BB11SF418S0
Fundstelle(n):
GAAAG-93822