Erstattete Milchabgaben als Entschädigung i. S. von § 24 EStG
Gesetze: EStG § 24; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Gründe
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Erstattung zuviel gezahlter Abgaben nach der Milch-Garantiemengen-Verordnung (MilchGarMV) zu tarifbegünstigten außerordentlichen Einkünften führt.
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wurden im Streitjahr (1994) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist Milch erzeugender Landwirt; er ermittelt seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Klägerin und ihr Vater erwarben 1983 landwirtschaftliche Flächen. Sie beantragten zunächst vergeblich den Übergang einer Milchreferenzmenge von 85 690 kg auf den Kläger. Erst in der Revisionsinstanz schlossen die Kläger mit dem Amt für Land- und Wasserwirtschaft einen Vergleich mit der Folge, dass das Amt mit Bescheid vom dem Kläger rückwirkend zum den Übergang einer Milchreferenzmenge von 40 000 kg bescheinigte. Der Kläger hatte in der Zwischenzeit Milch über die ihm zunächst zustehende Referenzmenge hinaus erzeugt und war deshalb mit einer Milchabgabe belegt worden. Das Hauptzollamt (HZA) erstattete ihm aufgrund der Bescheide vom 27. Oktober und die danach zuviel erhobenen Milchabgaben (70 745,29 DM) zzgl. Zinsen (21 964,50 DM). Außerdem erhielt er für die nach § 4b MilchGarMV (rückwirkend) ausgesetzte Milchreferenzmenge eine Vergütung in Höhe von 3 443,70 DM.
In ihrer Einkommensteuererklärung 1994 machten die Kläger geltend, die vom HZA erstatteten Beträge seien gemäß § 24 EStG begünstigt. Es handele sich um Entschädigungen für entgangene Einnahmen. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) vertrat dagegen —nach einer Außenprüfung— die Auffassung, es handele sich um laufende Einnahmen und setzte die Einkommensteuer 1994 durch Änderungsbescheid vom auf 15 962 DM fest. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) führte u.a. aus: § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG sei nicht gegeben. Ersatz für Einnahmen werde gewährt, wenn die Ersatzleistung unmittelbar dazu diene, den Verlust der entgangenen oder entgehenden Einnahmen voll oder zum Teil auszugleichen (, BFHE 135, 488, BStBl II 1982, 552). Dem Kläger seien indes keine Einnahmen entgangen, vielmehr habe er Betriebsausgaben in Höhe der sofort abziehbaren Milchabgabe gehabt. Er habe diese auch erfolgswirksam gebucht. Einnahmen für die über die Milchreferenzmenge hinaus erzeugte Milch seien ihm nicht entgangen, weil er nach § 11 MilchGarMV insoweit keinen Vergütungsanspruch gehabt habe.
Da die Milchabgabe zu Unrecht erhoben worden sei, habe der Kläger als der Abgabenschuldner (§§ 3, 11 MilchGarMV) einen Erstattungsanspruch gehabt (Schmidt/Seeger, Einkommensteuergesetz, § 13 Rz. 163; König in Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, A 1479 b). Nur diesen habe das HZA erfüllt. Es handele sich nach allgemeinen Grundsätzen um Einnahmen bei der Einkunftsart, bei der entsprechende Beträge zuvor als Betriebsausgaben abgezogen worden seien (, BFHE 175, 546, BStBl II 1995, 118; Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 4 Rz. 460 ”Abfindungen”).
Auch die Zinszahlung sei keine Entschädigung für entgangene Einnahmen, sondern eine Gegenleistung für eine erzwungene Kapitalüberlassung (, BFHE 146, 408, BStBl II 1986, 557, sowie , BFH/NV 1993, 165).
Ebenso falle die Entschädigung für die vorübergehend vom bis zum ausgesetzte Milchreferenzmenge nicht unter § 24 EStG. Sie sei ein Ausgleich für eine Einschränkung einer Subvention (-H, Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 1992, 203). Es handele sich aber offensichtlich nicht um eine Zusammenballung von Einnahmen, die sonst auf mehrere Jahre verteilt worden wären (vgl. , BFHE 147, 157, BStBl II 1986, 806; Horn in Herrmann/Heuer/Raupach —HHR—, Einkommensteuer und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 24 EStG Anm. 40 ”Milch-Garantiemengen-VO; Finanz-Rundschau —FR— 1988, 441, u.a.).
Die Revision ließ das FG nicht zu.
Dagegen wendet sich die Beschwerde mit der Begründung, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Sie betreffe eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle und bedürfe im Interesse einer einheitlichen Entwicklung und Anwendung des Rechts einer höchstrichterlichen Entscheidung. Entgegen der Ansicht des FG könne die Erhebung der Milchabgabe nicht in die Zahlung eines Entgeltes durch die Molkerei und die Leistung einer Betriebsausgabe an das HZA umgedeutet werden. Selbst wenn man das annehme, könne auch die Erstattung einer Betriebsausgabe unter § 24 EStG fallen (Horn in HHR, a.a.O., § 24 EStG Anm. 38).
Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Die Kläger haben die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) nicht -wie gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlich— dargelegt. Die vom BFH zu § 115 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. entwickelten Rechtsgrundsätze gelten nämlich auch nach der Neufassung der Vorschriften über die Revisionszulassung weiter (BFH-Beschlüsse vom XI B 57/01, BFH/NV 2002, 51, und vom IV B 109/01, BFH/NV 2002, 1036, jeweils m.w.N., sowie Senatsbeschluss vom IV B 110/01, juris; Dürr in Schwarz, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 116 Rz. 27). Danach setzt die Darlegung des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage voraus, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts erforderlich ist und im konkreten Streitfall voraussichtlich auch herbei geführt werden kann (Senatsbeschlüsse vom IV B 63/01, juris, und vom IV B 134/01, BFH/NV 2003, 466, sowie , BFH/NV 2002, 217). Hat der BFH eine Rechtsfrage bereits entschieden, besteht in der Regel kein Bedarf für eine neuerliche Entscheidung derselben Frage. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn Finanzgerichte der Rechtsprechung des BFH nicht gefolgt sind bzw. im Fachschrifttum oder auch mit der Nichtzulassungsbeschwerde selbst neue gewichtige Argumente gegen die höchstrichterliche Rechtsprechung vorgetragen werden, die der BFH bisher nicht erwogen hat (Senatsbeschlüsse vom IV B 133/95, BFHE 180, 450, BStBl II 1997, 82, und in BFH/NV 2003, 466, jeweils m.w.N.).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung der Kläger nicht. Sie tragen vor allem vor, das Urteil des FG sei materiell-rechtlich fehlerhaft, weil die Abschöpfung der Vergütung für die gelieferte Milch durch Abführung der Milchabgabe nicht in die Leistung einer Betriebsausgabe umgedeutet werden könne. Zweck der Milchabgabe sei vielmehr, die Milchproduktion einzuschränken. Selbst wenn die Erstattung zu viel erhobener Milchabgaben die Erstattung von Betriebsausgaben darstelle, sei dies wegen der Zusammenballung unter § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG zu fassen. Damit erschöpft sich die Begründung der Kläger im Wesentlichen —im Stile einer Revisionsbegründung— in der Behauptung, die erstinstanzliche Entscheidung sei aus den in der Beschwerde genannten Gründen rechtswidrig. Das reicht jedoch zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht aus (BFH-Beschlüsse vom VII B 83/01, BFH/NV 2002, 934, II.5. der Gründe, und vom IV B 110/01, juris).
Im Übrigen haben die Kläger nicht dargelegt, dass der nach ihrer Auffassung zu klärenden Frage und damit der Rechtssache über ihren Fall hinaus tatsächlich Bedeutung für die Allgemeinheit zukommt, die Rechtssache also Breitenwirkung hat (Dürr in Schwarz, a.a.O., § 116 Rz. 28). Insbesondere reicht die Angabe der Kläger, der BFH habe über einen vergleichbaren Fall, also die Erstattung zu Unrecht erhobener Milchabgaben, noch nicht entschieden, dazu nicht aus (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom II B 129/94, BFH/NV 1995, 910, und vom VIII B 72/96, BFH/NV 1997, 882).
Auch wenn man davon ausgeht, dass es sich hier nicht um ausgelaufenes Recht handelt, weil die Milchabgabe nach Maßgabe von Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1256/99 des Rates vom (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften —ABlEG— Nr. L 160 S. 73) zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 vom (ABlEG Nr. L 405 S. 1) grundsätzlich weiter erhoben wird (§ 4 der Verordnung zur Durchführung der Zusatzabgabenregelung vom —Zusatzabgabenverordnung—, BGBl I 2000, 27), und sich die aufgeworfene Frage so weiterhin stellen kann, haben die Kläger doch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht ausreichend dargelegt. Sie gehen nämlich nicht darauf ein, dass eine einschlägige Entscheidung des BFH zur Frage der Erstattung geleisteter Betriebsausgaben bereits vorliegt.
Das FA macht insoweit zu Recht darauf aufmerksam, dass der , BFHE 107, 265, BStBl II 1973, 121) wie auch das , EFG 1994, 398) die Frage, ob der Ausgleich von geleisteten Betriebsausgaben unter § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG fällt, bereits verneint haben. Die Kläger haben sich in der Beschwerdebegründung mit diesen Entscheidungen nicht auseinander gesetzt.
2. Es ist auch nicht offensichtlich, dass das FG falsch entschieden hätte (s. hierzu Senatsbeschluss vom IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837, II.3. der Gründe). Vielmehr wird in der Literatur überwiegend die Ansicht vertreten, dass die Milchabgabe eine Betriebsausgabe sei und erstattete Milchabgaben nicht nach §§ 24, 34 EStG begünstigt seien (Schmidt/Seeger, a.a.O., § 13 Rz. 163; König in Felsmann, a.a.O., A 1479 b, sowie Kleeberg in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 13 Rdnr. B 227; vgl. auch Leingärtner/Zaisch, Die Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirtschaft, 2. Aufl., Rdnr. 155; Jachmann in Kirchhof, Einkommensteuergesetz, Kompaktkommentar, 2. Aufl., § 13 Rn. 63, sowie Altehoefer/Bauer/Fichtelmann/Fischer/Freund/Walter, Besteuerung der Land- und Forstwirtschaft, 3. Aufl., Rn. 324).
3. Schließlich geben auch die wirtschaftlichen und/oder finanziellen Auswirkungen der Entscheidung für den betroffenen Steuerpflichtigen —mögen sie noch so gewichtig sein— der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (, BFH/NV 1999, 1514; vgl. auch Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., 2002, § 115 Rz. 24).
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 1040
BFH/NV 2003 S. 1040 Nr. 8
TAAAA-70401