Online-Nachricht - Mittwoch, 11.07.2018

Verfahrensrecht | Zurückweisung eines Bevollmächtigten (BFH)

Die Erlaubnis eines Bevollmächtigten zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen auf dem Gebiet eines ausländischen Rechts sowie des Rechts der EU umfasst nicht die Vertretung von Unionsbürgern im Verfahren vor der Familienkasse wegen Kindergeld (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 80 Abs. 5 AO sind Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu befugt zu sein.

Sachverhalt: Der Kläger war ein in Deutschland und Polen niedergelassener Rechtsbeistand. Seit 2016 ist er in Deutschland als Rechtsanwalt zugelassen. Der Präsident des zuständigen OLG erteilte ihm 2011 nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) die Erlaubnis, Rechtsdienstleistungen auf dem Gebiet des polnischen Rechts sowie auf dem Gebiet des Rechts der EU und des EWR zu erbringen. Am zeigte der Kläger bei der zuständigen Familienkasse, die Vertretung eines polnischen, nach Deutschland entsandten Arbeitnehmers an. Er beantragte für seinen Mandanten die Bewilligung von Kindergeld und legte für diesen Einspruch ein. Mit Bescheid v. wies die Familienkasse den Kläger nach § 80 Abs. 5 AO als Bevollmächtigten zurück.

Die Richter des BFH führten hierzu u.a. Folgendes aus:

  • Die Zurückweisung eines Bevollmächtigten wegen unbefugter Hilfeleistung in Kindergeldsachen wird nicht rückwirkend rechtswidrig, wenn der Bevollmächtigte später als Rechtsanwalt zugelassen wird.

  • Verfahren betreffend Kindergeld gehören zu den Steuersachen i.S. des § 80 Abs. 5 AO a.F. Das Kindergeld ist als Steuervergütung ausgestaltet (vgl. § 31 Satz 3 EStG). Nach § 155 Abs. 4 AO i.V.m. § 31 Satz 3 EStG sind auf das Verfahren über die Bewilligung des Kindergeldes die Vorschriften der AO anzuwenden. Das Kindergeld wird durch die als Bundesfinanzbehörden geltenden Familienkassen verwaltet.

  • Der Kläger ist nach den Feststellungen des FG in einer Vielzahl von Fällen bei der Familienkasse als Bevollmächtigter in Kindergeldverfahren aufgetreten. Er gehörte im Zeitpunkt des Ergehens des Zurückweisungsbescheids nicht dem in § 3 StBerG genannten Personenkreis an.

  • Er hat auch nicht, wie § 3a StBerG es ermöglicht, als in Polen niedergelassener Rechtsbeistand nur vorübergehend und gelegentlich geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen erbracht. Vielmehr hat er eine Niederlassung in Deutschland unterhalten und von dort dauerhaft Hilfeleistungen in Steuersachen erbracht.

  • Der Kläger ist auch nicht in entsprechender Anwendung der Regelung aus § 4 Nr. 10 oder Nr. 11 StBerG befugt, geschäftsmäßig Hilfe speziell in Kindergeldverfahren zu leisten. Denn die in § 4 StBerG benannten Ausnahmevorschriften stellen eine abschließende Auflistung dar und können über die konkrete Regelung hinaus nicht allgemein auf ähnliche Fälle angewandt werden.

  • Die Erlaubnis des Klägers nach dem RDG steht der Zurückweisung nicht entgegen. Dabei kann offen bleiben, inwieweit das RDG überhaupt neben dem StBerG anwendbar ist, weil nach § 1 Abs. 3 RDG Regelungen in anderen Gesetzen über die Befugnis, Rechtsdienstleistungen zu erbringen, von dem RDG unberührt bleiben.

  • Denn die Erlaubnis des Klägers, Rechtsdienstleistungen auf dem Gebiet des polnischen Rechts sowie auf dem Gebiet des Rechts der EU und des Rechts des EWR zu erbringen, umfasst nicht die Vertretung im Verfahren vor der Familienkasse wegen Kindergeld. Das Kindergeldrecht ist in §§ 31, 32, 62 ff. EStG geregelt und damit Teil des deutschen Steuerrechts. Für das Verfahren sind die Vorschriften über die AO anzuwenden.

  • Die Zurückweisung verletzt nicht das Recht des Klägers aus Art. 12 GG auf freie Berufsausübung und verstößt auch nicht gegen Unionsrecht.

Quelle: ; NWB Datenbank (Ls)

Fundstelle(n):
NWB GAAAG-88499